Ökonomie als „gespaltenes“ Denken – oder Denken in Gegensätzen als historische Abfolge?
Der diesjährige Wirtschaftsnobelpreis an 1.) Eugene Fama und 2.) Robert J. Shiller. Kommentierte Presseschau von Volker Bahl vom 15.10.2013
Rudolf Hickel sieht in der Verleihung dieses Wirtschafts-Nobelpreises – wegen der reichlich gegensätzlichen Positionen – einen schlechten Wirtschaftspluralismus. (www.nachdenkseiten.de/?p=18929 )
So sehr dies rein wissenschftlich betrachtet plausibel erscheint, neige ich langsam dazu, diesen Preis einfach zu historisieren und darin ein Spiegelbild wirkungsmächtiger Ökonomie-Theorien auf die wirtschaftliche Praxis zu sehen, die sich in diesem „Spiegel“ auch wieder erkennen könnte – und Mängel hinter sich lassen könnte…
Nehmen wir dazu die Darstellung von Nikolaus Piper in der Süddeutschen, der vielleicht selbst ein „Grenzgänger“ zwischen diesen Theoriebildungen sein könnte: „Eugene Fama, der Erfinder der Theorie der effizienten Kapitalmärkte, untersuchte in den sechziger Jahren, wie sich die Kurse nach einem Aktiensplit verhalten. Dabei fand er heraus, dass neue Informationen erstaunlich schnell in die Preise von Aktien eingehen. Diese Erkenntnis wurde Grundlage der Theorie von den effizienten Kapitalmärkten. Diese gibt es in drei unterschiedlichen Formen. Die schwache Effizienz, die mittelstarke Effizienz – und schließlich in der – dritten – starken Form, dass alle Informationen in den Preisen stecken…
Diese starke Form der These ist am problematischten, sie war aber auch die politisch wirksamste, zumindest in den Zeiten, als die Finanzmärkte weltweit dereguliert wurden (Joschka Fischer zu Heiner Flassbeck: „Ihr wollt doch nicht etwas gegen die Finanzmärkte unternehmen?“ (= um das Jahr 2000 rum, bevor es dann in Deutschland unter Rot-Grün so richtig mit der Finanzmarkt-Deregulierung losging). Dabei belegen Investoren wie Warren Buffet schon lange, dass man den Markt schlagen kann – und die Finanzkrise widerlegte eindrucksvoll diese These…
Und schon der Ökonom John Maynard Keynes wusste in den dreissiger Jahren. „Der Markt kann länger verrückt spielen, als du zahlungsfähig bist.“
Aus diesen Erkenntnissen hat Robert J. Shiller seine Erkenntnisse gezogen. Die Theorie, dass Kapital-Märkte immer effizient seien, hält er für den größten Irrtum in der Geschichte des ökonomischen Denkens. Bekannt wurde Shiller durch seine praktischen Vorschläge: Er schlug ein Steuersystem gegen die wachsende Ungleichheit in der Gesellschaft vor. Dieses Steuersystem ist an die Ungleichheit der Einkommensverteilung gebunden. Nimmt die Ungleichheit zu, steigt automatisch der Steuersatz für die Reichen. (Soweit Nikolaus Piper in der Süddeutschen vom 15. Oktober 2013 im Wirtschaftsteil – und auch noch: www.sueddeutsche.de/wirtschaft/wirtschaftsnobelpreis-shillers-gespuer-fuer-draengende-fragen-1.1794484 sowie www.fr-online.de/wirtschaft/wirtschafts-nobelpreis-warum-aktienpreise-steigen,1472780,24622560.html )
P.S.: Das könnte sich doch die Sozialdemokratie jetzt für ihre Koaltionsverhandlungen als Beispiel nehmen, um ihren Irrtum bei der Finanzmarktderegulierung wieder „einzudämmen“!
Aber so richtig könnten die Politiker ihren Erkenntnisgewinn – nach oder „aus“ ihren Irrtümern – dokumentieren, indem sie das Regime der öffentlichen Finanzen aus den „Klauen“ der sich irrenden Finanzmärkte befreien würden – und jetzt doch in der Eurozone über die Eurobonds nachdenken könnten. (vgl. zu dieser „alten“ Idee für Europa, die jetzt wieder von den „Grillini“ in Italien auf den Tisch gelegt wurde die Seite 9 „…. oder doch mit Eurobonds die Staatsschulden in den Griff bekommen“ bei www.labournet.de/?p=45417) so sehr sich die Merkel auch dagegen sträubt!
Und da können wir dann wieder bei den Gedanken von Stephan Schulmeister anknüpfen in seinem Aufsatz „Euroabwicklung: Der finale Schritt in den Wirtschaftskrieg“ aus den „Blättern“: „Europa wird auch in Zukunft Zubauten in einer Reaktion auf konkrete Herausforderungen bekommen müssen!“ (http://stephan.schulmeister.wifo.ac.at/index.php?id=6 )