Klimaforscher Hans Joachim Schellnhuber: „Wir brauchen einen Klima-Corona-Vertrag“

Coronavirus, die Hetze und der Ausnahmezustand: China im Shitstorm„Über einen positiven Klimaeffekt der Coronakrise kann sich niemand freuen, schließlich ist der Preis dafür zu hoch“, sagt der Klimaforscher Hans Joachim Schellnhuber im Interview von Joachim Wille beim Klimareporter vom 23. März 2020 externer Link: „… Sinnvoll ist es dagegen, jetzt schon zu überlegen, welche Lehren wir aus dieser dramatischen Entwicklung für den Umgang mit der Klimakrise ziehen können. (…) Die Hauptlehre ist: Man sollte den Experten gut zuhören, statt Horoskope zu lesen oder im Netz nach Verschwörungstheorien zu suchen. Bei Covid-19 haben manche Politiker anfangs versucht, die Gefahr herunterzuspielen, sie auszusitzen, Gelassenheit zu demonstrieren – und konnten sich am Ende der Einsicht doch nicht verschließen, dass hier eine exponentielle Ansteckungsdynamik vorliegt. Beim menschengemachten Klimawandel droht ebenfalls ein Verlauf, der sich mit den Standardpraktiken des politischen Geschäfts nicht mehr beherrschen lässt. Die Wissenschaft kann dies klar belegen, und man sollte sie wie bei der Corona-Pandemie endlich ernst nehmen. Das könnte dann ein Kipppunkt für den Umgang mit der Erderwärmung sein. (…) Die Parallelen sind frappierend: Das Virus macht genauso wie CO2 nicht an den nationalen Grenzen halt – wir haben ein Menschheitsproblem. Es gibt eindeutige wissenschaftliche Erkenntnisse, die man wie beim Klima nicht dauerhaft wegschwindeln kann. Und wir haben bei der Pandemie einen Verzögerungseffekt, nämlich durch Inkubationszeiten und Symptomlosigkeit mancher Infizierter – ähnlich wie beim Klima, wo zum Beispiel die großen Eisschilde derzeit möglicherweise schon ins irreversible Schmelzen geraten, ohne dass man das direkt beobachten kann. Die Lehre daraus: Richtiges Timing ist alles. Man muss handeln, bevor die Sache eskaliert, nicht erst, wenn man schon mitten im Schlamassel steckt…“

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