Kapitalismus ohne Wachstum oder Postwachstum jenseits des Kapitalismus?
Artikel von Dennis Eversberg und Barbara Muraca in spw 210 – Gutes Linkes Leben
- Aus dem Text: „… Die Verkleinteiligungsdynamik des flexiblen Kapitalismus betrifft also nicht nur Bearbeitung der Güter und Rohstoffe, sondern auch und gerade die dazu benötigte Arbeit. Wenn sich der Bedarf am Produkt eines Betriebes ständig unvorhersehbar ändern kann, bleibt diesem auch im Hinblick auf die Arbeitskraft kaum etwas anderes übrig, als seine Investitionsrisiken zu minimieren, indem er sich an möglichst wenige Arbeitskräfte dauerhaft bindet und diejenigen, deren Leistungen bei einem Rückgang der Nachfrage auf das niedrigste kurzfristig zu erwartende Niveau nicht mehr gebraucht würden, nur noch befristet, auf Leiharbeits- oder Werkvertragsbasis zu beschäftigen. (…) Das Ganze kann allein deshalb nicht stabil so weiterlaufen, weil alle beschriebenen Flexibilisierungs-, also Verkleinteiligungsprozesse keine einmal zu erbringenden Optimierungsleistungen sind, sondern entsprechend der kapitalistischen Wettbewerbslogik stetig fortgesetzt werden müssen, wenn sich die beteiligten Unternehmen an ihren Märkten halten wollen bzw. die jeweilige Volkswirtschaft wettbewerbsfähig bleiben soll. (…) Postwachstum kann somit zu einer Leitidee werden, die antagonistische Formen von Kritik und Widerstand mit neuen sozialen Experimenten verbindet, in denen schon jetzt und heute alternative Formen des Zusammenlebens nicht nur entworfen, sondern durch kollektive Praktiken auch erlebt werden können. In dieser Hinsicht ist es durchaus richtig, dass gutes Leben im flexiblen Kapitalismus beginnen kann – es muss aber zwangsläufig über diesen hinausweisen, und die bei der Suche danach entwickelten neuen sozialen Strukturen müssen sich notwendig gegen die Zwänge des flexiblen Kapitalismus richten.“