Produktionstechnik vom Standpunkt der Arbeitenden: Wie sieht eine arbeiterfreundliche Produktionstechnologie aus?
„… Die Vorstellung vom materiellen Überfluss durch hohe Produktivität per Hypertechnisierung, die die Freizeitgesellschaft und das hedonistische Biedermeier gesamtgesellschaftlich erst ermögliche, führe nicht nur zu massiven ökologischen Problemen (hoher Energiebedarf und viel Abfall). Die Delegation von Arbeit an Maschinen verringere zwar günstigenfalls unangenehme Arbeit, stelle aber für die umfassende sinnlich-geistige Entwicklung der Menschen ein Problem dar. (…) Die Vorstellung, im „Reich der Notwendigkeit“ so effizient wie möglich den erforderlichen Reichtum zu schaffen für ein Leben, das als frei erst gelten kann jenseits und getrennt von notwendigen Arbeiten und Tätigkeiten, legt sich keine Rechenschaft ab von den Folgen instrumenteller Rationalität. Im Unterschied zur Vorstellung von einer strikten Trennung zwischen einem „Reich der Freiheit“ und einem „Reich der Notwendigkeit“ durchlaufen die Menschen bei Arbeitsschluss keinen Persönlichkeitstransformator…“ Artikel von Meinhard Creydt vom 11. September 2021 bei Telepolis
– ein Überblick über anthropozentrische Produktionskonzepte in den 1970-90er Jahren. Siehe dazu:
- Welche Wirtschaft brauchen wir? Die meisten machen sich Sorgen um die Wirtschaft, nicht wegen ihr.
„Dabei steht an, das Wirtschaftlichkeitsprinzip in den umfassenderen Horizont einer Gesellschaft des guten Lebens einzuordnen und ihr unterzuordnen.
Maximierung des Ergebnisses bei Minimierung des Aufwands – das ist der Inhalt von Effizienz oder des Wirtschaftlichkeitsprinzips. Produktiveres Wirtschaften vergrössert die Masse der Produkte und Dienstleistungen. Die grosse Mehrheit setzt das Wirtschaftswachstum nicht ins Verhältnis zu anderen gesellschaftlich relevanten Zielen. Umweltschützer machen auf die natürlichen Bedingungen menschlichen Überlebens aufmerksam. Weniger Öffentlichkeit geniessen die negativen Folgen der gegenwärtigen Wirtschaft für die Lebensqualität oder für das gute Leben. (…)
Die bürgerliche Gesellschaft mit kapitalistischer Ökonomie ist alles andere als eine offene Gesellschaft. Der Preiskampf schreibt den Beteiligten etwas vor, was sie von sich aus nicht wollen. (…) Die Kapital-Akkumulation ist nicht gebunden an übergeordnete inhaltliche Vorgaben, sondern stellt einen Selbstzweck dar. Die kapitalistische Ökonomie bildet nicht das äussere Mittel oder die Bedingung einer qualitativ bestimmten Lebensweise. (…) Die Kapital-Akkumulation bildet unter gegebenen Strukturen einen Sachzwang. Vom einzelnen Unternehmen aus erscheint die Akkumulation des Kapitals als Mittel dafür, dem drohenden Verlust der Wettbewerbsfähigkeit zu begegnen. Wer sich diesen Notwendigkeiten gegenüber Freiheiten herausnimmt, dem droht der geschäftliche Ruin. Die Länder stehen unter dem Druck des Weltmarkts. Jede einzelne Bevölkerung leidet unter der Konkurrenz, aber alle Nationen versprechen sich von der Konkurrenz mit anderen einen Vorteil bzw. wenigstens die Abwendung empfindlicher Nachteile. Das Ergebnis ist ein Rattenrennen. Die siegreiche Ratte bekommt den ganzen Käse, die anderen haben ihre Kräfte im Verhältnis zum Ergebnis übermässig verausgabt. Aus dieser Falle kommt man ohne eine Deglobalisierung nicht heraus. (…)
Wie lange noch wollen Lohnabhängige wegen ihrer Abhängigkeit vom Lohn und Staatsbürger wegen der Abhängigkeit des Staats vom Erfolg des nationalen Kapitals das Wachstum einer recht eigenartigen Wirtschaft gutheissen? Sie lebt zu einem grossen Teil davon, Angebote hervorzubringen, welche die Lebensqualität nicht nur nicht erhöhen, sondern ihr schaden. Wie lange wollen wir den Widersinn einer Wirtschaft akzeptieren, die kein Optimum kennt, sondern unendlich wachsen muss? „Seine Energien in der ewigen Neuschaffung von Wirtschaftseinrichtungen und Produktionsmethoden erschöpfen, heisst seine Kräfte vergeuden. Wir müssen mit unserer Hauseinrichtung und dem ewigen Grossreinemachen endlich fertig werden, damit wir uns würdigeren Aufgaben zuwenden können“ (Werner Sombart). (…)
Es geht darum, vom Streit um die richtige Förderung der falschen Ökonomie überzugehen dazu, die Wirtschaft an ihrem Beitrag zur Lebensqualität zu messen. Wenn wir begreifen, wie viele unattraktive Arbeitsplätze Menschen erschöpfen und wenn wir verstehen, wie viele Produkte fragwürdige Angebote darstellen, dann können wir in gemeinsamer demokratischer Erwägung, Beratung und Entscheidung die Frage beantworten: Wo liegt das Optimum der für die befürwortenswerte Lebensqualität erforderlichen wirtschaftlichen Aufwände? Die gegenwärtig völlig hypertrophierte, grotesk überdimensionierte und sich in absurden Produkten bzw. Dienstleistungen verlaufende Ökonomie lässt sich dann auf ihr Optimum reduzieren.“ Artikel von Meinhard Creydt vom 23. Dezember 2024 im untergrundblättle
Siehe u.a. auch unser Dossier: [Broschüre von Meinhard Creydt] „Was kommt nach dem Kapitalismus?“