Kapitalkonforme Zurichtung: Wenige Chancen, große Bedrohung für die Lohnabhängigen. Die Auswirkungen der Digitalisierung der Arbeitswelt

isw-report 106: Digitale Arbeit und Industrie 4.0„Erst wenige Jahre ist es her, dass zwei Drittel der Lohnabhängigen sich vom verstärkten Computereinsatz in der Arbeitswelt positive Effekte erhofften. Aber mittlerweile hat sich das Stimmungsbild gewandelt, ist der Anteil prinzipiell optimistisch gestimmter Beschäftigter deutlich zurückgegangen. Dafür gibt es schlechte Gründe, denn während das Management von »neuen Gestaltungsspielräumen für die Mitarbeiter« spricht und auch in den Führungsetagen vieler Gewerkschaften noch von einer zu erwartenden »Digitalisierungsdividende für die Beschäftigten« phantasiert wird, macht sich in den Belegschaften eine begründete Skepsis breit, weil von den propagierten positiven Auswirkungen der Mikroelektronik im Arbeitsalltag nicht viel zu sehen ist: Nach einer im November 2017 veröffentlichten DGB-Umfrage betonen 93 Prozent der Befragten, dass durch die Digitalisierung ihre Arbeitsbelastung größer geworden ist oder bestenfalls gleich geblieben sei. Fast die Hälfte (46 Prozent) spricht ausdrücklich von gestiegenen Anforderungen und einem größeren Leistungsdruck. (…) Die Prognosen über flächendeckende Arbeitserleichterungen bei gleichzeitiger Erweiterung der Entscheidungsbefugnisse haben offensichtlich mit der Realität nicht viel zu tun, denn hauptsächlich sind mit der Digitalisierung neue Formen der Überwachung und Reglementierung entstanden, die zu einem verstärkten Leistungsdruck führen. Das rigide, auf technische Herrschaft aufbauende Produktionsregime des Fordismus wird in intensivierter Form fortgesetzt: »Digitalisierung erweitert den Optionsspielraum für die Anwendung von Technik und die Gestaltung von Organisation und Arbeit insbesondere für die Unternehmen und ihre Leitungen.« (…) Vor allem die jetzt schon bestehenden Spaltungslinien zwischen den Stammbelegschaften und den prekär Beschäftigen werden deutlicher hervortreten. (…) Zweifellos werden auch neue anspruchsvolle Arbeitsplätze entstehen, aber (wie es in der »Managerliteratur« heißt) es verlieren sehr viele Beschäftigte »an Kompetenzen, wenn ihre Arbeitsplätze digitalisiert werden«…“ Artikel von Werner Seppmann in der jungen Welt vom 21. April 2020 externer Link

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