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Emanzipation in der Krise. In der sich entfaltenden Systemkrise scheint der abermalige Absturz in die Barbarei vorgezeichnet. Doch das muss nicht zwangsläufig so sein.
„… Es gibt eine Grundvoraussetzung emanzipatorischer Praxis in der sich entfaltenden Weltkrise des Kapitals, die schlicht nicht aufgegeben werden kann. Es gilt, den Menschen zu sagen, was Sache ist. Das, was die meisten Menschen ahnen oder dumpf spüren, muss klar benannt und zur Grundlage sozialer Bewegungen und Kämpfe werden: Der Kapitalismus ist am Ende – und in seiner Agonie droht er, die Menschheit mit sich in den Abgrund zu reißen, indem er ihr die sozialen und ökologischen Lebensgrundlagen entzieht. Das kapitalistische Weltsystem stößt an seine inneren und äußeren Entwicklungsgrenzen. Die Wirtschafts- und die Klimakrise bilden dabei nur zwei Momente desselben Krisenprozesses, bei dem der uferlose Wachstumszwang des Kapitals – das Bestreben, vermittels der Ausbeutung von Arbeit in der Warenproduktion aus Geld mehr Geld zu machen – eine ökologisch verwüstete Welt und eine ökonomisch überflüssige Menschheit produziert. Es gilt folglich, bewusst im gesellschaftlichen Kampf und Diskurs nach Wegen aus dem Krisen- und Katastrophenkapitalismus zu suchen, da die Welt in Barbarei zu versinken droht…“ Artikel von Tomasz Konicz am 24. Oktober 2022 im untergrundblättle und mehr daraus:
- Weiter im Artikel von Tomasz Konicz am 24. Oktober 2022 im untergrundblättle : „… Die Überwindung des Kapitalverhältnisses ist somit Richtschnur aller linken Praxisbemühungen. Soziale Kämpfe, Proteste und Bewegungen müssen somit als Teilmomente eines Transformationskampfes um eine postkapitalistische Gesellschaft begriffen und geführt werden. Dies, die Überwindung des weltweit amoklaufenden Verwertungszwangs des Kapitals, ist das absolute Minimum, die Conditio sine qua non jeglicher Zivilisationsentfaltung im 21. Jahrhundert. Sagen, was Sache ist, bedeutet somit, die Überwindung des kollabierenden Kapitals als zivilisatorische Überlebensnotwendigkeit klar zu benennen. Alle progressive Praxis muss sich an dieser Realität der Systemtransformation orientieren. Und eben dieses Insistieren auf der Notwendigkeit der emanzipatorischen Systemtransformation stellt auch die klare Trennlinie zum linken Opportunismus dar, zum Bestreben, in der Krise vermittels Demagogie noch schnell Karriere als Krisenverwalter zu machen. (…) Die spätkapitalistische Wertvergesellschaftung zerfällt, aber der gesellschaftliche Fetischismus – die ohnmächtige Auslieferung der Subjekte an die unbewusst durch sie selbst hervorgebrachte gesellschaftliche Dynamik – beliebt bestehen. Begriffslos taumeln die Akteure, auch gerade in der deutschen Linken, in den drohenden Weltbürgerkrieg als dem Fluchtpunkt der transformationsbedingt einsetzenden Auseinandersetzungen. Es gibt sie somit tatsächlich, die „wirkliche Bewegung, welche den jetzigen Zustand aufhebt“, die der junge Marx gemeinsam mit Engels in seiner Frühschrift „Die Deutsche Ideologie“27 konstatierte und als eine progressive Bewegung imaginierte, nur ist es eben kein zivilisatorischer Automatismus, der die Menschheit in den Kommunismus führt. Marx, durch dessen gesamtes Werk sich die Spaltung zwischen überholtem Fortschrittsglauben und wichtiger kategorialer Kritik zieht, brachte hier den Fetischismus des Kapitals zum Ausdruck, um zugleich dem Glauben an den ewigen Fortschritt, an den hegelschen Weltgeist zu erliegen. Die wirkliche, den Spätkapitalismus in seinen Grundfesten erschütternde Bewegung, ist die des blind über die Gesellschaft ablaufenden Verwertungsprozesses des Kapitals, das an sich selber zugrunde geht. Es ist der Fetischismus, den Marx schon damals ahnte. Es gilt folglich, aller Evidenz zu trotz, darum zu kämpfen, diese unausweichliche Transformationsbewegung, die den jetzigen Zustand totsicher aufheben wird und die in ihrem Verlauf und Ergebnis immer noch offen ist, im Transformationskampf zu einer bewusst agierenden Bewegung zu formen. Die Systemtransformation ist unvermeidbar, es kommt darauf an, sie in eine progressive, emanzipatorische Richtung zu lenken – im Kampf gegen die Kräfte der Barbarei, die das Kapital in seiner Krise wieder ausschwitzt.“