Wirtschaftsdemokratie statt kapitalistischem Wachstumszwang
„… Der Kapitalismus wächst oder er ist in der Krise. Neue systemische Ziele sind deshalb gefragt: gesellschaftliche Gebrauchswerte, ökologische Nachhaltigkeit, soziale Gerechtigkeit und mehr gute Arbeit. Das erfordert Markteingriffe, den Ausbau öffentlicher Güter und Infrastruktur und mehr Demokratie in Wirtschaft und Gesellschaft. (…) Die Jagd nach Mehrwert ist der zentrale Antrieb einer privatkapitalistischen Wirtschaft. Erlahmt sie, aus welchen Gründen auch immer, verliert das System an Stabilität. Der Kapitalismus wächst oder er ist in der Krise. Diesen Wachstumszwang kann er nicht einfach abschütteln. Auch die Gewerkschaften sind traditionell Wachstumsfans. Es gehört zu ihrem Kerngeschäft, wirtschaftliche Zuwächse in höhere Einkommen, kürzere Arbeitszeiten und bessere Arbeitsbedingungen umzuwandeln. Die Erfolge dieser Politik sind bis heute nach Geschlecht, ethnischer Herkunft und Weltregionen ungleich verteilt. (…) Strategien für ein neues Wachstums- und Entwicklungsmodell, die zugleich sozialen und ökologischen Belangen gerecht werden wollen, müssen mit neuen Initiativen für gute Arbeit und soziale Sicherheit einhergehen. In diese Richtung weist eine „Arbeitsökologie“, die Nachhaltigkeit nicht nur für die Umwelt, sondern auch für die menschliche Arbeitskraft und die Gesellschaft insgesamt einfordert. (…) Erforderlich sind politische Eingriffe in die Märkte, bis in die Unternehmensentscheidungen hinein. Erforderlich ist auch eine eingreifende Arbeitsmarkt- und Sozialpolitik, die der abhängigen Arbeit ein ausreichendes Maß an sozialer Sicherheit garantiert. Darunter wird eine Transformation, die bei Beschäftigten und Gewerkschaften Akzeptanz finden will, nicht zu haben sein. (…) Nicht Rationalisierung und Beschäftigungsabbau von oben, sondern Demokratisierung von unten muss in den Betrieben die Oberhand gewinnen. Sonst wird die Transformation zu einer Gefahr für Beschäftigte und den sozialen Zusammenhalt der Gesellschaft. Und für die politische Demokratie…“ Artikel von Hans-Jürgen Urban vom 11. Dezember 2019 im Arbeit&Wirtschaft Blog des ÖGB