Die Rentenkommission empfiehlt: Weiter so! – nur unauffälliger…

Dossier

Seniorenaufstand: Die Rentenkommission empfiehlt: Weiter so! – nur unauffälliger…Der Abschlussbericht vermittelt, es ist alles in Ordnung. Die bisherige Rentenpolitik ist nicht zu beanstanden. Altersarmut? Gesunkenes Rentenniveau? Kommt im Bericht nicht vor. Privatvorsorge? Hat sich positiv verbreitet. Die zentrale Fragestellung der Kommission war: wie können die Kosten des Babyboomer-Bergs ab 2025 begrenzt werden? Ihre Antwort auf einen Nenner gebracht lautet: Die Rentner werden mehr, deshalb müssen die Renten sinken. Dazu ist der ab 2001 eingeschlagene Kurs konsequent fortzusetzen, mit drei zentralen Elementen. 1. Die Absenkung des Rentenniveaus soll fortgesetzt werden. Die Zauberformel lautet hierbei „Doppelte Haltelinien“, die „vor Überforderung schützen“ sollen. Zwei Korridore werden genannt. Das Rentenniveau (Netto vor Steuern) soll zwischen 44% und 49% betragen, der Beitragssatz in einer Bandbreite von 20% bis 24%. Angaben, ab wann welche Werte gelten sollen, fehlen. (…) 2. Privatvorsorge steigern und kräftiger fördern. (…) 3. Höheres Renteneintrittsalter – Festlegung nur vertagt. (…) Der Bericht ist keinesfalls harmlos. Er ist aber auch nicht überraschend, denn er erfüllt ziemlich genau die vorgegebenen Auftragsziele der Bundesregierung…“ Bewertung durch Reiner Heyse vom 31. März 2020 beim Seniorenaufstand externer Link – siehe den Bericht und weitere (gewerkschaftliche) Kommentare:

  • Bericht der Kommission Verlässlicher Generationenvertrag
  • Das „Erwarten Sie besser gar nichts“ ist da. Die Rentenkommission der Bundesregierung kreißte und gebar eine rentenpolitische Maus
    „… Was sind nun die wichtigsten Ergebnisse aus der zweijährigen Kommissionsarbeit? Die zentralen Punkt kann man so zusammenfassen: – Die Kommission schlägt nun auch für die Zeit nach 2025 eine „doppelte Haltelinie“ vor, deren Höhe alle sieben Jahre neu festgelegt werden soll. Diese könnten dazu beitragen, Beitragszahler und Rentner „vor Überforderung zu schützen“, heißt es im Bericht. Die Experten benennen allerdings lediglich Korridore. – Der Rentenbeitrag (derzeit 18,6 Prozent) soll nicht über einen Korridor von 20 bis 24 Prozent steigen. – Das Rentenniveau vor Steuern (derzeit 48 Prozent) soll nicht unter eine Grenze von 44 und 49 Prozent sinken. – Da eine verlässliche Rentenpolitik auch „langfristige Orientierung und Sicherheitsversprechen“, brauche, sollten auch weiter alle 15 Jahre „perspektivische Haltelinien“ festgelegt werden. – Außerdem sollen nach dem Willen der Kommission zwei weitere Indikatoren hinzukommen: Um eine Überforderung der Beitragszahler zu verhindern, soll jedes Jahr die Höhe der Sozialbeiträge betrachtet werden. – Um Rentnerinnen und Rentner zu schützen, soll der Abstand zwischen der „Standardrente“, also der Rente, die jemand mit einem Durchschnittseinkommen nach 45 Beitragsjahren erhält, und der Höhe der Grundsicherung überprüft werden. Je geringer dieser Abstand, desto höher die Wahrscheinlichkeit, dass die Politik das Rentenniveau nach oben anpassen muss. (…) »Umstritten war in der Kommission die Frage, ob das gesetzliche Rentenalter weiter steigen soll. Die Wissenschaftler in der Runde plädierten dafür, die Altersgrenze nach dem Jahr 2031, wenn die Rente mit 67 erreicht ist, auch weiter anzuheben. Doch nicht nur aus den Gewerkschaften gab es erheblichen Widerstand.« Und was macht man in so einer vertrackten Situation? Man reicht den schwarzen Peter weiter an eine noch zu gründende weitere Kommission, die sich mit dieser Frage ab 2026 beschäftigen soll, obgleich doch der Auftrag der nun fertigen Kommission genau das war – Antworten zu geben auf die Frage, wie es nach 2025 weitergehen kann/soll (…)Die rentenpolitische Debatte wird nach der gegenwärtig alles überlagernden Corona-Krise weitergehen und man wird das Drehen an den kritischen Stellschrauben nur (erneut) für eine kurze Zeit auf die bekannte längere Bank schieben können. Das Wachstum bei der Zahl der altersarmen Menschen (zugleich auch der Anstieg der materiell gut bis sehr gut aufgestellten Senioren, mithin also die Zunahme der Ungleichheitsstrukturen im Sinne einer sich fortsetzenden Polarisierung) wird in Verbindung mit dem für die bestehende gesetzliche Rentenversicherung besonders herausforderungsvollen Veränderungen in den vorgelagerten Systemen wie auf dem Arbeitsmarkt (Stichwort Niedriglöhne und Teilzeitarbeit zugleich die rentenpolitische Systemfrage am Gären halten. Wiedervorlage garantiert.“ Beitrag von Stefan Sell vom 28. März 2020 auf seiner Homepage externer Link
  • [ver.di] Bericht der Rentenkommission: Rentenniveau darf nicht weiter absinken – Haltelinie bei 48 Prozent ziehen
    „Die Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di) hält wesentliche Vorschläge der Mehrheit der Rentenkommission für falsch. Das betont der ver.di-Vorsitzende Frank Werneke in einer Stellungnahme. Demnach schlägt die Rentenkommission gegen das Votum des DGB einen Korridor beim Rentenniveau von 44 bis 49 Prozent vor, der künftig – beginnend ab dem Jahr 2025 – gelten soll. Zudem soll das Rentenniveau ab dem Jahr 2031 auf Grundlage von 47 Jahren Durchschnittsverdienst anstelle von 45 Jahren berechnet werden. „47 Versicherungsjahre – das geht an der Lebenswirklichkeit der meisten Beschäftigten komplett vorbei“, stellte Werneke klar. Auf diese Weise werde das Rentenniveau nur schön gerechnet. Das sei durchsichtig: „Alterssicherung ist auf das Vertrauen derer angewiesen, die jahrzehntelang Beiträge einzahlen und zu Recht eine auskömmliche Rente und damit die Honorierung ihrer Lebensleistung erwarten“, betonte Werneke. Bezogen auf das zukünftige Rentenniveau setze die Mehrheit der Kommission ein falsches Signal. Sie beschreibe einen Korridor mit einer Untergrenze für die Absicherung im Alter von nur noch 44 Prozent. „Dadurch würden die Bezieherinnen und Bezieher unterer Einkommen vollends sozial abgehängt. Das betrifft insbesondere viele Frauen”, sagte Werneke. „Die unterste Haltelinie für die Rente muss bei 48 Prozent gezogen werden – dies verbunden mit der Perspektive, das Rentenniveau in der Zukunft weiter anzuheben”. „Bei der Umsetzung der Kommissionsvorschläge darf die Politik diejenigen nicht aus dem Blick verlieren, für die die gesetzliche Rente die wichtigste Säule ihrer Alterssicherung ist“, so Werneke. Ein privates „Zwangssparen“ der Beschäftigten, wie es der Bericht als eine weitere Alternative vorsieht, halte er für Menschen, die von ihrem Erwerbseinkommen gerade so über die Runden kommen, für völlig illusionär. „Sollte das realisiert werden, wird Altersarmut für ganz viele Menschen bittere Realität.“ ver.di-Pressemitteilung vom 27.März 2020 externer Link
  • IG Metall zum Bericht der Rentenkommission: Rente retten – aber richtig!
    „Die Rentenkommission der Bundesregierung hat ihre Vorschläge präsentiert. Leider sind die meisten eher unkonkret. Hinweise zur Stärkung der gesetzlichen Rentenversicherung – Fehlanzeige! (…) Das Positive fasst Jörg Hofmann, Erster Vorsitzender der IG Metall, so zusammen: „Es ist gut, dass sich die Kommission an der Debatte über den weiteren Anstieg des Renteneintrittsalters nicht beteiligt. Viele Beschäftigte werden nicht einmal bis 67 arbeiten können. Gut ist auch, dass die Kommission erwägt, Beamte in die gesetzliche Rentenversicherung einzubeziehen.“ Ein Rentenniveau, das auf 44 Prozent sinken kann, ist für Hofmann inakzeptabel. Außerdem müsse das Ziel einer Rentenreform eine Erwerbstätigenversicherung sein. Die unzureichende Reformperspektive kritisiert auch Hans-Jürgen Urban, der im IG Metall-Vorstand für Sozialplitik zuständig ist: „Der Geburtsfehler ist, dass die Rentenkommission primär nach den akzeptablen Kosten fragt und erst dann nach den Leistungen, die damit finanzierbar sind. Wir brauchen aber einen Richtungswechsel und müssen wieder stärker diskutieren, wie hoch ein akzeptables Rentenniveau sein müsste. So rum wird ein Schuh draus.“ (…) Die IG Metall fordert eine Stabilisierung des Rentenniveaus und eine schrittweise Anhebung auf 53 Prozent. Außerdem sollen die Renten der allgemeinen Lohnentwicklung folgen. Alles andere würde bedeuten, dass Rentnerinnen und Rentner immer mehr an Kaufkraft verlieren und damit an sozialer Sicherheit. (…) Die Gewerkschaften haben ihre Kritik an den Kommissionsvorschlägen dokumentiert. Der DGB ist mit Annelie Buntenbach in der Rentenkommission vertreten. Sie hat Sondervoten zu einzelnen Punkten abgegeben. Insbesondere hat sie klargemacht, dass das Rentenniveau wieder steigen muss. Die IG Metall hat ein eigenes, detailliertes Rentenkonzept vorgelegt, das Altersarmut verhindert und den Lebensstandard sichert. Darin wird auch eine Frage beantwortet, mit der sich die Rentenkommission lediglich am Rande beschäftigt hat: Die solidarische Finanzierung der Rentenversicherung. Die IG Metall schlägt vor, dass alle Erwerbstätigen in die gesetzliche Rentenversicherung einzahlen. Also auch Ärzte, Anwälte, Beamte, Selbstständige und Abgeordnete. Die Einführung einer solidarischen Erwerbstätigenversicherung wäre ein echter rentenpolitischer Kurswechsel und ein großer Schritt in Richtung eines solidarischen Neuaufbaus der Alterssicherung.“ Standpunkt der IG Metall vom 27. März 2020 externer Link
  • DGB zum Abschlussbericht der Rentenkommission: Fragen und Antworten – „Weder Fluch noch Segen für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer“
    Die Kommission „Verlässlicher Generationenvertrag“ hat sich auf einen groben Fahrplan für die Rente geeinigt. Was sind die zentralen Inhalte? Wo sind die Forderungen der Gewerkschaften erfüllt, wo gibt es Widerspuch? Wir haben die wichtigsten Punkte zusammengestellt. Der Abschlussbericht der Rentenkommission „Verlässlicher Generationenvertrag“ enthält unter anderem Empfehlungen für die doppelte Haltelinie beim Rentenniveau und den Beiträgen, flankiert durch eine 15-jährige Vorausschau, Empfehlungen für klarere Förderstrukturen bei der betrieblichen und privaten Vorsorge sowie arbeitsmarktpolitische Impulse – denn gute Arbeit ist die Basis für eine gute Altersabsicherung. Explizit nicht vereinbart wurde hingegen, dass die Regelaltersgrenze in Zukunft weiter steigen soll. „Insgesamt ist der Bericht für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer weder Fluch noch Segen. Manches wurde erreicht, einige unsoziale Katastrophen konnten die Gewerkschaften abwenden“, sagt DGB-Vorstand Annelie Buntenbach…“ DGB-Antworten zum Abschlussbericht von 26. März 2020 externer Link – siehe dazu:

    • Die unrühmliche Rolle des DGB. Der DGB hält sich und Annelie Buntenbach zu Gute, dass sie schlimmeres verhindert hätten. Das mag an einigen Stellen zutreffend sein, kann aber nicht darüber hinwegtäuschen: Der DGB trägt den von der Kommission empfohlenen Weg mit. Das Rentenniveau wird weiter gesenkt (nach DGB-Position nur nicht so stark), die private Zusatzvorsorge wird weiter ausgebaut und staatlich gefördert. Lediglich bei der Heraufsetzung des Renteneintrittsalters konnten Börsch-Supan und Co. ausgebremst werden. Der DGB hat vor 4 Jahren in einem Grundsatzpapier zu Rentenreformen festgehalten, er müsse darauf achten, “anschlussfähig” zu den Konzepten der großen Parteien zu bleiben. Das war ein Offenbarungseid, denn Anschlussfähigkeit zur Regierungskoalition heißt, den neoliberalen Kurs bei der Rente mitzutragen. Das kann und darf aber nicht die Rolle der Gewerkschaften sein. Der Hinweis, dass die Sozialpolitik so als Einfallstor für die rechten Menschenfänger geöffnet wird, soll nur die Dringlichkeit zu einem Kurswechsel unterstreichen…“ Aus: Bewertung durch Reiner Heyse vom 31. März 2020 beim Seniorenaufstand externer Link
  • Wir erinnern an: Eine Rentenkommission mit öffentlichem Auftrag als Geheimbund?
Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=169037
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