Protest gegen den Einsatz von Soldat/innen in der Corona-Pandemie bei der Stadt Bochum (und Bremen): Das Gesundheitssystem braucht Geld – keine Soldat*innen
„Das Bochumer Friedensplenum erklärt zum Einsatz von Soldat/innen in der Corona-Pandemie bei der Stadt Bochum: »Der Einsatz von Soldat*innen im Gesundheitswesen offenbart die schlimmen Defizite im Gesundheitswesen, das aus sich heraus einer Pandemie nicht gewachsen ist. Das ist die Folge falscher Politik, die in diesem Jahr 45 Milliarden Euro für den Militärhaushalt, aber nur 15 Milliarden für Gesundheit bereit stellt. Die Personallücken im Gesundheitswesen müssen durch gut ausgebildete und ordentlich bezahlte Fachkräfte geschlossen werden, kurzfristig durch Menschen, die arbeitslos geworden sind und die dringend nötigen Aufgaben sehr gern übernehmen würden. Andernorts ist das möglich. In Düsseldorf z. B. verstärken jetzt entlassene MitarbeiterInnen von Kaufhof/Karstadt das Amt. Soldat*innen werden u. a. zum Töten ausgebildet, ihre Kampfanzüge in Gesundheitsämtern erinnern daran in verstörender Weise. In der Coronakrise und danach fordern wir: Schluss mit Hochrüstung, die Milliarden verschlingt. Keine neuen Atombomber! Keine Kampfdrohnen! Stattdessen mehr Geld für Gesundheit, Pflege, Bildung! Die sozialen Folgen der Seuche machen es dringender denn je: Abrüsten statt Aufrüsten! Die Menschen, die jetzt über Belastungsgrenzen hinaus Verwaltungen und das Gesundheitssystem aufrecht erhalten, verdienen höheren Lohn. Die öffentlichen Arbeitgeber müssen in der Tarifauseinandersetzung ihre beschämende Blockadehaltung endlich aufgeben…“ Aufruf des Bochumer Friedensplenums vom 22.10.2020 bei bo-alternativ zur Aktion am gleichten Tag, wenn die Bundeswehr um 13 Uhr vor dem Rathaus antritt – siehe ersten Bericht und Hintergründe und eine weitere Aktion in Bremen:
- Rückzugsgefecht von Stadt und Bundeswehr
„Der Anblick von uniformierten Bundeswehrsoldat*innen ist schon eine ästhetische Zumutung, wenn sie dann noch in Reih und Glied mit Maske im Rathausinnenhof aufgestellt werden, dann wird es gruselig. Eigentlich hätten sie vor dem Rathaus stehen sollen. Das Friedensplenum hatte Protest angekündigt. Das hätte schlechte Bilder für die Medien geben können. Die Begrüßung des Militärpersonals wurde kurzfristig in den Innenhof des Rathauses verlegt. Der Pressesprecher der Stadt reklamierte Hausrecht für den Bereich und die Polizei verwehrte allen Menschen, die in der Nähe des Transparentes des Friedensplenums gesichtet worden waren, den Zugang zum Rathausinnenhof. Die Zeremonie im Innenhof hätte vor hundert Jahren nicht peinlicher aussehen können. Nur dass eine grüne Sozialdezernentin den Militäreinsatz freundlich empfing, erinnerte daran, dass wir im Jahr 2020 sind. Das Grundgesetz definiert recht eindeutig, dass der Einsatz der Bundeswehr im Inneren verboten ist. Nur in extremen Notfällen, wenn es keine Alternativen gibt, soll er erlaubt sein. Wenn andere Städte die Unterversorgung der Gesundheitsämter mit zivilen Kräften lösen, dann ist dies ein überwältigender Nachweis, dass der Bundeswehreinsatz in Gesundheitsämtern verfassungswidrig ist…“ Bericht vom 22.10.2020 bei bo-alternativ - Bundeswehr jagt nach Corona-Infizierten
„In den letzten Jahren wurden Gelder für die Daseinsvorsorge drastisch gekürzt und gleichzeitig der Militärhaushalt gigantisch erhöht. Das Ergebnis dieser Politik formuliert das Presseamt der Stadt folgendermaßen: »24 Soldatinnen und Soldaten der Bundeswehr werden die Stadt Bochum bei der Kontaktnachverfolgung im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie und bei der mobilen Abstrichnahme unterstützen. Die ersten 15 Kräfte stehen ab Donnerstag, 22. Oktober, zur Verfügung.« Die Bundeswehrvorhut tritt am Donnerstag um 13 Uhr auf dem Rathausplatz an. Ob die Soldat*innen in Tarnuniform antreten, ist unbekannt. Bisher gibt es offenbar auch noch keine Planungen die Bundeswehr in Kitas, Grundschulen oder Pflegeheimen einzusetzen.“ Meldung vom 21.10.2020 bei bo-alternativ - Keine Ausweitung des Bundeswehreinsatzes in Bremen und anderswo
„Die VVN-BdA Bremen und das Bremer Friedensforum protestieren gegen die angekündigte Ausweitung des Einsatzes der Bundeswehr in Bremen wie im gesamten Inland. Dieser leiste der Militarisierung des zivilen Lebens weiteren Vorschub und höhle das Grundgesetz aus. Beide sehen mit größter Sorge, dass in Bremen die rot-grün-rote Regierung mit der Ankündigung, mehr Soldat*innen im Gesundheitsamt und sogar im Ressort selbst einzusetzen, eine weitere Tür zur Übernahme ziviler Aufgaben durch das Militär öffnet. Die Bundeswehr soll aufgrund der Corona-Pandemie in Zukunft noch häufiger zum Einsatz innerhalb Deutschlands kommen. Das kündigte Bundeskanzlerin Angela Merkel kürzlich an. Aktuell sind etwa 1.400 Soldat*innen im Inlandseinsatz, weitere 13.600 stehen bereit. Regine Albrecht (VVN-BdA) und Ekkehard Lentz (Friedensforum) lehnen diese Ausweitung ab: „Die Bundesregierung nutzt die Pandemie, um Einsätze der Bundeswehr im Inland weiter zu normalisieren. Jahrelang hat man den Gesundheitssektor und den zivilen Katastrophenschutz zugunsten einer massiven militärischen Aufrüstung kaputt gespart und die aktuelle Notsituation damit selbst herbeigeführt“, werfen Albrecht und Lentz der Bundesregierung vor. Seit Beginn der Corona-Pandemie versuche die Regierung den Einsatz des Militärs im Inland auszuweiten – der zwischenzeitlich erwogene Einsatz bewaffneter Soldat*innen wurde zum Glück noch nicht realisiert. VVN-BdA und Bremer Friedensforum sind dennoch besorgt: „Die Geschichte lehrt, dass der Einsatz von Militär im Inland demokratiegefährdend ist.“ Das preußisch-deutsche Militär nahm Mitte des 19. Jahrhunderts eine unrühmliche Rolle als „Staat im Staat“ ein. Später hieß es sogar: „Gegen Demokraten helfen nur Soldaten“. Dies und die Erfahrung des Faschismus habe dazu geführt, dass das Grundgesetz eine klare Beschränkung des Aufgabenbereichs des Militärs vorsieht. Gerade in Zeiten immer neuer Rechtsextremismus-Skandale in der Bundeswehr sei es fatal, Soldat*innen mehr Kompetenzen im Inland zuzuschlagen…“ Pressemeldung des Bremer Friedensforums vom 14. Oktober 2020 - Siehe zum Hintergrund auch unser Dossier: Die Gesundheitsdiktatur (?) – Notstand wegen Corona-Virus verlangt nach Wachsamkeit gegenüber dem Staat