Wie sich Superreiche vor Steuern drücken: In deutschen Gewerbesteueroasen sparen die Reichsten der Gesellschaft viel Geld
„… Während die Ausgaben steigen, fehlt es Kommunen an Einnahmen, beispielsweise aus der Gewerbesteuer. Ein Grund dafür: Unternehmer und Superreiche verlagern ihre Firmen auf dem Papier in sogenannte Steueroasen. Viele denken dabei an weit entfernte Südseeinseln, doch die Orte mit extrem niedrigen Steuern gibt es auch in Deutschland. Firmen zahlen dort für ihre Tochterfirmen deutlich weniger Gewerbesteuer als an ihrem Heimatstandort, was ihnen oft Millionen Euro einspart. Recherchen des ARD-Magazins „Plusminus“ und der Süddeutschen Zeitung zeigen, dass in einer solchen Gemeinde beispielsweise der Milliardär Ludwig Merckle und seine Familie zu finden sind. Sie haben diverse Firmen in Schönefeld in Brandenburg angemeldet, wo die Gewerbesteuer sehr niedrig ist…“ Reportage von Katrin Kampling, Caroline Walter und Nils Wischmeyer vom 2. November 2022 in der Süddeutschen Zeitung online , siehe mehr daraus und dazu:
- Weiter aus der Reportage von Katrin Kampling, Caroline Walter und Nils Wischmeyer vom 2. November 2022 in der Süddeutschen Zeitung online : „… Einzelne Kommunen als „Steueroase“ zu bezeichnen, hält man für diskreditierend. Ob Steueroase oder nicht, sicher ist: Reiche sparen mit einem Firmensitz in solchen Niedrigsteuer-Gemeinden viel Geld. Für den Berliner Finanzsenator Daniel Wesener ist das nicht hinnehmbar. „Sie führen nicht nur zur Steuervermeidung, sondern im schlimmsten Fall wird hier auch gegen geltendes Steuerrecht verstoßen. (…) Fällt beispielsweise ein Gewinn von 100 Millionen Euro in Schönefeld statt in beispielsweise München an, zahlt ein Unternehmen womöglich mehr als acht Millionen Euro weniger Gewerbe- und Körperschaftssteuer. Zwar ist die Rechnung stark vereinfacht, da die tatsächliche Steuerhöhe sehr individuell ist. Aufsummiert aber könnten den Haushaltskassen über eine Milliarde Euro durch die Lappen gehen. (…) Grundsätzlich ist es für Firmen nicht verboten, in eine Stadt mit niedriger Gewerbesteuer zu ziehen, wie Henning Tappe von der Uni Trier erklärt. Legal sei die Nutzung der Gemeinden, solange dort eine „Betriebsstätte“ existiere. Dafür dürfen dort nicht nur Anrufe und Post weitergeleitet werden, sondern es muss eine gewisse Aktivität herrschen. Auch Entscheidungen müssen an dem Firmensitz getroffen werden, wenn man die steuerlichen Vorteile in Anspruch nehmen will. Ist das nicht gegeben, kann eine Firma zu einem Fall für die Steuerprüfung werden. (…) Der ehrenamtliche Schwimmbad-Chef Thomas Heider ist kein Experte für Steuern, wie es Wesener ist. Dass es anders laufen muss als bisher, findet aber auch er und ist sich sicher: Würden Unternehmen solche Sparmodelle nicht nutzen, wäre der Betrieb von Schwimmbädern wie in Wuppertal auch ohne die ehrenamtliche Arbeit eines ganzen Vereins gesichert. „Es macht mich wütend. Wir müssten nicht unsere Freizeit opfern. Auch wenn wir das gerne machen, ist es aber trotzdem ein Opfer von Freizeit, und andere leben in Saus und Braus“, sagt Heider.“
- Siehe auch Video des Beitrags in Plusminus am 02.11.2022 : Steueroasen: Wie Superreiche bei der Gewerbesteuer tricksen