Ratifizierung der EU-Sozialcharta: Bundesarbeitsminister gegen Recht auf Wohnen und Recht auf Schutz gegen soziale Ausgrenzung
„… Soziale Standards sind die Grundpfeiler einer gerechten Demokartie, um auch diejenigen zu schützen, die über ein geringes Einkommen verfügen. Nun hat sich Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) dagegen ausgesprochen, ein neues “Recht auf Wohnen” sowie ein “Recht auf Schutz gegen Armut und soziale Ausgrenzung” per Gesetz zu definieren. Das jedenfalls ergeht aus einem Positionsentwurf hervor, in dem die Bundesregierung die revidierte Europäische Sozialcharta in deutsches Recht schreiben will. Das Bundesarbeitsministerium begründet die Ablehnung damit, dass die Vorgaben “nicht ausreichend konturiert” wären. Hierzu soll auch der Deutsche Bundestag angehört werden. Dieser soll das Völkerrechtsabkommen ratifizieren, um die sozialen Grundrechte zu definieren, die der Europarat festlegte. Deutschland hatte das Abkommen zwar unterzeichnet, die Vorgaben waren aber bisher nicht bindend. Die Debatte um die sozialen Grundrechte wird seit Jahren zum Teil kontrovers diskutiert. Der Sozialausschuss soll sich im Oktober hierzu zusammenfinden…“ Beitrag „SPD-Arbeitsminister gegen neue Sozialrechte“ von Sebastian Bertram vom 26.09.2020 bei gegen-hartz.de – siehe dazu erste Kommentare:
- Stellungnahme: Paritätischer fordert uneingeschränkte Ratifizierung der EU-Sozialcharta
„Deutschland hat seit dem 1. Juli die EU-Ratspräsidentschaft inne. Die Bundesregierung hat in ihrem Programm zur Ratspräsidentschaft zu Recht die Bedeutung des Sozialen betont, will nun jedoch entscheidende Passagen EU-Sozialrechte-Charta nicht ratifizieren. (…) In ihrer praktischen Politik wird die Bundesregierung dem Anspruch, gemeinsam zu handeln, nicht immer gerecht. Das gilt auch in ihrer Ratspräsidentschaft, und es gilt leider insbesondere für die Förderung des Sozialen und des sozialen Zusammenhalts. Die aktuelle Diskussion um die Ratifizierung der revidierten Europäischen Sozialcharta durch Deutschland belegt dies nachdrücklich. In einer aktuellen Stellungnahme kritisiert der Paritätische Wohlfahrtsverband die geplante Nicht-Ratifizierung zentraler Passagen der revidierten Sozialcharta scharf.“ Meldung vom 25.09.2020 - Schutz vor Armut ist nicht gewollt. Lisa Ecke über den Sozialminister, der gegen Sozialrechte agiert
„Nach schlappen 24 Jahren will auch die Bundesregierung demnächst die revidierte Europäische Sozialcharta ratifizieren, sich also zu ihrer Umsetzung verpflichten. Zwölf zusätzliche Rechte wurden in die erneuerte Fassung von 1996 aufgenommen. Während bereits 37 der 47 Staaten des Europarates die revidierte Sozialcharta ratifiziert haben, sträubt sich die Bundesregierung immer noch. Zwar soll noch in der aktuellen Legislaturperiode die Ratifizierung erfolgen, jedoch werden im Entwurf zur Umsetzung der Charta grundlegende Kernelemente von ihr abgewiesen. Bundessozialminister Hubertus Heil (SPD) hat jetzt erneut deutlich gemacht, dass er etwa den Schutz vor Armut und sozialer Ausgrenzung sowie das Recht auf Wohnung ablehnt. Sein Ministerium begründet dies mit noch bestehenden Prüfungsbedarf zur Vereinbarkeit der Charta mit nationalem Recht. Das ist scheinheilig, schließlich hat sich die Bundesregierung bereits fast ein Vierteljahrhundert Zeit gelassen…“ Kommentar von Lisa Ecke vom 27.09.2020 beim ND online - Siehe die Sonderseite zur Europäische Sozialcharta und darin Die Europäische Sozialcharta und ihre Umsetzung in Deutschland
- Siehe im LabourNet-Archiv: Informationen zur EU-Grundrechte-Charta und zur Verfassungsdebatte