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»Ich bin ein Kostenfaktor« – Angst, Scham, Eigensinn: was fehlender Sozialprotest mit den von Armut betroffenen Menschen macht
„Armutsbetroffene leiden vor allem unter Ängsten und Schamgefühlen. Sie besitzen aber einen Überlebenswillen, das heißt, sie entwickeln individuelle Gegenstrategien. Ein Großteil der Linken hat sich von ihnen entfremdet. Gibt es noch Hoffnung? (…) Scham verbreitet sich bei den Armutsbetroffenen ebenfalls wie ein Virus. Scham als soziales Gefühl ist in Gesellschaften präsent, in denen soziale Ungleichheit herrscht. (…) Eine häufige Folge ist der soziale Rückzug. Orte der Beschämung finden sich fast überall: in Ämtern, Arztpraxen, Krankenhäusern, Schulen, am Arbeitsplatz, Familien, in der Nachbarschaft, in sozialen Einrichtungen, in Presseredaktionen und Pflegeheimen usw. Es handelt sich um Orte, an denen mehr oder weniger subtile Abhängigkeitsverhältnisse und Hierarchien bestehen. (…) Viele arme Menschen entwickeln Überlebensstrategien außerhalb von Lohnarbeit. So zum Beispiel in der informellen Ökonomie durch Schwarzarbeit. Durch Tricks beim Jobcenter (zum Beispiel durch Krankschreibungen) oder durch massenhafte Klagen bei Sozialgerichten. Der Niedriglohnsektor ist oftmals die einzige Perspektive für Erwerbslose. Das wissen die Langzeitarbeitslosen und entwickeln Gegenstrategien, was viele durchaus zu handelnden Subjekten macht. (…) Leider zeigt sich dieser Eigensinn nicht kollektiv auf der Straße. Seit 15 Jahren, nach Einführung von Hartz IV, lässt sich beispielsweise in der linken Szene Berlins feststellen, dass die sozialen Kämpfe kontinuierlich abgenommen haben. Es fand ein Entfremdungsprozess zwischen vielen linken Akteuren und Armutsbetroffenen bzw. Marginalisierten statt. (…) Ein wichtige Voraussetzung für Sozialprotest ist allerdings auch ein Vertrauen in die Veränderbarkeit des Bestehenden…“ Beitrag von Anne Seeck vom 21. April 2020 aus ak (analyse & kritik) #659