Zur Tarifeinheit? Statt die Linke zu diffamieren sollte der Bundespräsident auf verfassungsmäßiges Handeln von Politik und Bahn drängen bevor zentrale Grundrechte Schaden leiden!
Kommentierte Presseschau von Volker Bahl vom 10.11.2014
Bevor man zu dem Kommentar von Thorsten Hild kommt und zu seiner Feststellung der mangelnden Achtung vor dem Grundgesetz ist jetzt gerade der Blick in die Zeitungen recht aufschlussreich: Zunächst scheint die Hetze der Medien – natürlich der speziellen “Bild” und “Focus”Focus (siehe den Kommentar von Stephan Hebel “Die Lügen der Weselsky-Jäger” (http://www.fr-online.de/wirtschaft/kommentar-bahnstreik-die-luegen-der-weselsky-jaeger,1472780,28985168.html ) überhaupt nicht zu berücksichtigen, dass es sich um die grundrechtlich abgesicherte Wahrung der Tarifautonomie handelt, wie auch die Arbeitsgerichte schon festgestellt hatten (http://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/gerichtsverhandlung-lokfuehrer-duerfen-vorerst-weiter-streiken-1.2207522 )
Diese wird aber just durch den sog. Tarifpartner “Bahn AG” systematisch unterlaufen – und nur als Diktat missbraucht – wie Pascal Beucker in der Taz feststellen muss (http://www.taz.de/Kommentar-Streik-der-Lokfuehrer/!149159/ )
Es wurde also nie richtig verhandelt, sondern gestützt auf den Gesetzgeber, der gerade – wohl auch verfassungswidrig! – diese “Tarifeinheit” durchsetzen will, der GDL diktiert, sich dem Angebot der Konkurrenz EVG zu unterwerfen. Damit wurde aber dieses Gesetz vorweggenommen, um der GDL zu zeigen, wo der “Barthel den Most holt”.
Dies war auch der Grund, wieso der Dachverband, der Beamtenbund, der GDL weiter Streikunterstützung zugesagt hat. (http://www.mmnews.de/index.php/net-news/25918-beamtenbund-chef-sichert-gdl-bei-weiteren-Streiks-unterst%C3%BCtzung-zu )
Ein Sachverhalt, der die Medien in ihrer Schelte der GDL einfach nie interessiert hat.
Dieses vorgezogene Diktat einer Tarifeinheit ist aber genau ziemlich “rechtswidrig”, weshalb Pascal Beucker wohl zu recht meint, statt hier schon vorzeitig “Triumphe” für ein strittiges Gesetzesvorhaben durch den Bund feiern zu wollen, solle dieser doch erst einmal als Eigentümer des Bahnkonzernes der Mindestpflicht als Unternehmen und Tarifpartner nachkommen – und ein Angebot unterbreiten, das nicht nur ein Diktat des Status quo beinhaltet.
Wie sieht es aber nun um die Verfassungsmäßigkeit dieses Gesetzesvorhabens der Bundesregierung überhaupt aus?
Hatte schon der renommierte Arbeitsrechtler – und in Gewerkschaftskreisen als arbeitnehmerfreundlicher Experte wohlbekannte – Professor Wolfgang Däubler festgestellt “Karlsruhe wird diese ganze Sache kassieren” (https://www.jungewelt.de/inland/%C2%BBkarlsruhe-wird-die-sache-kassieren%C2%AB )
Aber er bleibt bei dieser Feststellung unter den bekannten Juristen nicht allein, denn heute (10. November) schreibt Professor Hans Jochen Reinert in einem Gastbeitrag in der Frankfurter Rundschau unter der Überschrift “Tarifeinheit ist ein hohes Gut”: Wie vom Bundesverfassungsgericht mehrfach betont, zählt die Tarifautonomie zum Kernbereich koalitionsmäßiger Betätigung – und meint deshalb, wenn die Bundesregierung den Minigewerkschaften – so wie vorgesehen – die Flügel stutzen will, schießt sie mit Kanonen auf Spatzen. Als Alternative zu dem vorliegenden Tarifeinheitsgesetz schlägt er vor, eventuell die Möglichkeiten der Durchführung eines Arbeitskampfes gesetzlich zu regeln. (http://www.fr-online.de/meinung/gdl-streik-tarifautonomie-ist-ein-hohes-gut,1472602,28993356.html )
Tarifeinheit von oben geht eben – trotz großkoalitionären Wollens – nicht!
Aber diese Ansicht bleibt hier als Meinungsspektrum (die Juristen lieben die “Herrschende Meinung”) noch nicht stehen, denn heute (auch 10. Nov.) schreiben in der “Süddeutschen” auch noch Professor Gregor Thüsing und Professor Justus Haucap: Das Bundesarbeitsministerium sollte kein Gesetz zur Tarifeinheit durchdrücken, das nicht wirkt und verfassungswidrig sein könnte – sondern diese beiden plädieren auch für “gute Regeln für den Streik” (Nicht im Netz)
Der Kommentar von Thorsten Hild trifft als ziemlich genau die Gemengelage zu dem Streik der GDL unter dem Diktat der Tarifeinheit: “mangelnder Respekt” vor unserem Grundgesetz – was jedoch unserem Bundespräsidenten gar nicht auffällt (nur dadurch würde er glaubwürdig in seiner – sonst sehr einseitigen – Linken-Kritik!): Verkürzter Streik: Bahnvorstand und tonangebende Medien schlachten Entgegenkommen der GDL aus – und lassen dabei jede Achtung vor dem Rechtsstaat und dem Grundgesetz vermissen.
Das Entgegenkommen der GDL an die Bahn und die Reisenden, den Streik schon morgen abzubrechen und nicht bis Montag früh wären zu lassen, erweist sich als Fehler. Nicht deswegen, weil – nach der gerichtlichen Klärung der Grundrechtsfrage zugunsten der GDL und gegen den Bahnvorstand – Entgegenkommen und Kompromissbereitschaft zu signalisieren und durch entsprechendes Handeln Ausdruck zu verleihen falsch wären, im Gegenteil, sondern weil die Gegenseite, zu der man seit Beginn der Eskalation leider auch die tonangebenden privaten und öffentlich-rechtlichen Medien zählen muss, jenes Entgegenkommen verdreht darstellt und zugunsten der Bahn-Unternehmensführung, aber gegen die GDL auslegt. (http://www.wirtschaftundgesellschaft.de/2014/11/verkurzter-streik-bahnvorstand-und-tonangebende-medien-schlachten-entgegenkommen-der-gdl-aus-und-lassen-dabei-jede-achtung-vor-dem-rechtsstaat-und-dem-grundgesetz-vermissen/ )