Gewerkschaftsdebatte – Gibts die? Grundsätzliches zu Theorie und Praxis aktueller Gewerkschaftspolitik
„Die jüngste Tarifauseinandersetzung der IG Metall hat wieder einmal grundsätzliche Fragen nach der Richtung künftiger Arbeitskonflikte aufgeworfen. Dies nicht wegen der berechtigten Lohnforderungen der IG Metall, auch nicht so sehr wegen der (angeblichen) Forderung der IG Metall nach „Arbeitszeitverkürzung“ sondern vor allem wegen der weitestgehend kritiklosen Begleitung der Forderungen in der gewerkschaftlichen Debatte und in der Linken. (…) Solche Einschätzungen und solch Schweigen sind kaum zufällig, denn insgesamt hat die sog. Gewerkschaftsdebatte ein Niveau erreicht, das im Vergleich zu den Debatten der 1970er und 1980er Jahre seines gleichen sucht. Selbst zahlreiche vermeintlich kritische Beiträge in der Debatte um die aktuelle Gewerkschaftspolitik sind durch ein hohes Maß an Realitätsverweigerung ebenso wie durch ein massives Theoriedefizit und eine Ignorierung der jüngeren Geschichte der Arbeit sowie der Gewerkschaftsbewegung gekennzeichnet. Es steht zu befürchten, dass solche Beiträge die allgemeine Defensive, in der sich die Gewerkschaften hier zu Lande in ihrer Tarifpolitik befinden, noch verstärken werden. Beispielhaft sei hier auf drei Beiträge der jüngeren Zeit verwiesen…“ Beitrag von Rolf Geffken vom 7. Februar 2018
- Uns gefällt darin natürlich besonders gut: „… Ebenso gravierend ist die Absicherung der Leiharbeit durch Tarifverträge der IG Metall und anderer Gewerkschaften g e g e n (!) gesetzliche (!) Standards. Es muss doch wohl auch Ökonomen und Gewerkschaftsfunktionären klar sein, dass beispielsweise die Durchsetzung des Equal Pay in den Betrieben m e h r Chancen hat, wenn es gar keinen Tarifvertrag (!) gibt, als einen, wie den der DGB Tarifgemeinschaft Zeitarbeit, welcher den Equal Pay verhindert. Es hilft auch wenig, wenn man – wie etwa dem Autor dieser Zeilen [Riexinger] – wegen der Benennung dieser Wahrheit „Gewerkschaftsbashing“ vorwirft. Es ist schlimm genug, dass vermutlich erstmals in der Geschichte der Gewerkschaftsbewegung von massiven Absenkungen von gesetzlichen Standards durch Tarifverträge statt von der „Förderung von Arbeitsbedingungen“ über gesetzliche Standards hinaus die Rede ist. Allerdings wird man den Verdacht nicht los, dass es exakt diese tarifvertraglichen Fehlleistungen sind, die dazu führen, dass diese entweder nicht wahrgenommen werden oder aber verharmlost oder vernachlässigt werden. Auch die Autoren des „Forums“ tun dies, wenn sie Leiharbeit und Werkverträge in einem Atemzug mit anderen Methoden der Lohnsenkung erwähnen und dies als „Hierarchie in der Unternehmenslandschaft“ bezeichnen. Nein: Diese Spaltung hat mit der unternehmensinternen Spaltung und Hierarchie nichts zu tun. Sie teilt die Belegschaft in Beschäftigte mit unterschiedlichen „Arbeitgebern“ und Tarifverträgen…“
- Siehe zum Hintergrund unsere Rubrik Tarif(verhandlungen) zur Leiharbeit