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Was tun, wenn Intel kommt? Chancen und Herausforderungen der gewerkschaftlichen Arbeit bei der geplanten Intel-Ansiedlung in Magdeburg
„Als am 15. März 2022 der US-Chiphersteller Intel verkündete, in der sachsen-anhaltischen Landeshauptstadt Magdeburg zwei neue Fabriken zur Halbleiterproduktion zu eröffnen, waren Lokalpresse und Politik hocherfreut. (…) Diese Reaktionen waren erwartbar, doch auch die Gewerkschaften schlossen sich der Freude über die geplanten Fabriken und die damit versprochenen 10.000 Arbeitsplätze an. So verkündete die Bezirksleitung der IG Metall: »Wenn Intel kommt, ist die IG Metall schon da!« (…) Für die Magdeburger Fabrik lässt sich bereits ein ähnliches Vorgehen [wie in Irland] prognostizieren, um Tarifbindungen und gewerkschaftliche Organisierungen zu verhindern. (…) Ein Tarifvertrag wird bei Intel auch mittelfristig nicht zu erwarten sein. Um dennoch einen hohen Organisierungsgrad zu erreichen, müssen insbesondere die Industriegewerkschaften ihre tradierten Organisierungs-Strategien überarbeiten…“ Artikel von Mathias Grabow erschienen in express – Zeitung für sozialistische Betriebs- und Gewerkschaftsarbeit Ausgabe 6/2023
Was tun, wenn Intel kommt?
Chancen und Herausforderungen der gewerkschaftlichen Arbeit bei der geplanten Intel-Ansiedlung in Magdeburg – von Mathias Grabow*
Als am 15. März 2022 der US-Chiphersteller Intel verkündete, in der sachsen-anhaltischen Landeshauptstadt Magdeburg zwei neue Fabriken zur Halbleiterproduktion zu eröffnen, waren Lokalpresse und Politik hocherfreut. Bundeswirtschaftsminister Habeck sprach in Anbetracht globaler Machtverschiebungen vom einem »wichtige[n] und starke[n] Impuls für die Wirtschaft in schwieriger Zeit und ein[em] zentrale[n] Sprung für die digitale Souveränität Europas«[1], und der Ost-Beauftrage der Bundesregierung Carsten Schneider betonte die vermeintliche Attraktivität der ostdeutschen Länder als Investitionsstandorte.[2] Diese Reaktionen waren erwartbar, doch auch die Gewerkschaften schlossen sich der Freude über die geplanten Fabriken und die damit versprochenen 10.000 Arbeitsplätze an. So verkündete die Bezirksleitung der IG Metall: »Wenn Intel kommt, ist die IG Metall schon da!«[3] Der Bezirksleiter Thorsten Gröger sah in der geplanten Ansiedlung »ein wichtiges Zeichen für die ganze Region«, das »unglaubliche Sogwirkung auch für andere wirtschaftliche Bereiche entfalten« könne. »Sachsen-Anhalt kann das Silicon Valley Ostdeutschlands werden und sich zum wahren Jobmagnet entwickeln.«
Angekündigter Baustart für die mit 6,8 Mrd. Euro aus öffentlicher Hand geförderten Fabriken war das Frühjahr 2023. Mittlerweile ist über ein Jahr seit der Ankündigung Intels vergangen, der veranschlagte Baustart wurde auf unbestimmte Zeit verschoben. Als Gründe führt Intel die gestiegenen Baukosten sowie die gestiegenen Energiekosten an. Momentan befindet sich Intel in einem Förderpoker mit dem Bund, denn statt 6,8 Mrd. Euro möchte Intel nun ca. 10 Mrd. Euro aus öffentlichen Mitteln beziehen. Auch darüber hinaus ist Intel ein wiederkehrendes Thema im stadt- und landespolitischen Diskurs. Doch eine Stimme fehlt in diesen öffentlichen Auseinandersetzungen fast gänzlich – und zwar die gewerkschaftliche.
Union Busting Light
Ich möchte an dieser Stelle nicht der Stille der Gewerkschaften auf den Grund gehen, sondern diesen Beitrag nutzen, um einen genaueren Blick auf die geplante Intel-Ansiedlung in Magdeburg und die Frage nach den Chancen und Herausforderungen der gewerkschaftlichen Arbeit vor Ort diskutieren. Bereits kurz nach der Ankündigung der Intel-Ansiedlung in Magdeburg wurden Parallelen zur Ansiedlung des US-Automobilkonzern Tesla in Grünheide bei Berlin gezogen. Nicht nur hinsichtlich des unkritischen Umgangs von lokaler und überregionaler Presse und Politik mit den Investitionsplänen oder auch des Umstands, dass beide Unternehmen mit dem verschwörungsgläubigen Elon Musk und dem evangelikalen Pat Gelsinger von neoliberalen Mystikern geführt werden, lohnt sich der Vergleich beider Fabriken auch aus gewerkschaftlicher Sicht. Ebenfalls lohnt sich an dieser Stelle der Blick auf einen anderen US-Konzern, und zwar Amazon und seine deutschen Niederlassungen, von denen sich bereits zwei in Magdeburg befinden. Vor einigen Jahren wirkten internationale Großkonzerne noch überfordert mit dem deutschen Arbeitsrecht und insbesondere dem Betriebsverfassungsgesetz. Sie versuchten Betriebsratsgründungen – wie aus den USA gewohnt – zu verhindern. Das bescherte den Konzernen zwar kaum strafrechtlichen Verfahren, zumindest jedoch eine Steigerung des gewerkschaftlichen Organisierungsgrades in ihren Betrieben. In den letzten Jahren zeigte sich aber, dass längst moderne, an den deutschen Arbeitsmarkt angepasste Methoden des Union Busting entwickelt wurden. Statt Betriebsräte zu verhindern, sind die Unternehmen dazu übergegangen, Betriebsratsgründungen voranzutreiben und mit Hilfe von ausgewiesenen Union-Busting-Kanzleien und gelben Pseudo-Gewerkschaften unternehmensfreundliche Listen aufstellen zu lassen.
Amazon hat zunächst genau das aktiv versucht: Die Gründung von Betriebsräten zu verhindern. Betroffene Kolleg:innen wehrten sich dagegen mit Unterstützung der Gewerkschaften. Das Unternehmen reagierte mit einem Strategiewechsel und begann unternehmensfreundliche Listen aufstellen zu lassen und diese verdeckt zu fördern. Das Ziel: gewerkschaftliche Listen möglichst klein zu halten. Nachdem sich mehrheitlich arbeitgebernahe Betriebsratsgremien an vielen Amazon-Standorten befinden, ist der Konzern im nächsten Schritt darum bemüht, gewerkschaftlich organisierte Betriebsratsmitglieder aus dem Unternehmen zu entfernen. Momentan betrifft dies mehrere befristete Kolleg:innen[4], die nach Ablauf ihrer Befristung nicht unter den Schutz des § 15 Kündigungsschutzgesetz (KSchG) fallen.
Bei Neuansiedlungen, wie im Falle von Intel und Tesla, werden Betriebsratsgründungen forciert, noch bevor eine größere Zahl an Beschäftigten in der Produktion oder anderen eher klassisch stärker organisierten Betriebsbereichen angestellt worden sind. So wird Gewerkschaften die Möglichkeit der Initiierung der Betriebsratsgründung genommen, Betriebsratsgremien werden klein gehalten und kapitalnahe Listen erhalten die bestmöglichen Ausgangsbedingungen. Die Folge: die Aushöhlung der Betriebsratsarbeit. Die Wahl des Betriebsrates bei Tesla erfolgte beispielsweise, als erst 2.000 Beschäftigte, hauptsächlich im Bereich des mittleren Managements, angestellt waren. Heute zählt Tesla ca. 9.000 Beschäftigte in Grünheide. Die durch dieses Wachstum anberaumte Betriebsratswahl ist aber erst für 2024 angesetzt und die IG Metall wird offensiv von Seiten der Unternehmensführung und den arbeitgebernahen Betriebsratsmitgliedern angegriffen.[5]
Ein ähnliches Vorgehen ist auch bei Intel zu erwarten. Hier bedarf es auf Seiten der Gewerkschaften einer klugen Strategie, um dieser Form des Union Busting etwas entgegenzusetzen. Zwar werden Betriebsratsgründungen durch Unternehmen wohl kaum zu verhindern sein, doch gerade im öffentlichen Diskurs müssen die Gewerkschaften auf diese zwar legale, aber umso verwerflichere Variante des Union Busting hinweisen. Insbesondere Unternehmen wie Intel sind stark um ihre öffentliche Wahrnehmung besorgt, und so besteht die Chance, eine Betriebsratsgründung durch Intel selbst hinauszuzögern. Eine kluge, offensive Öffentlichkeitsarbeit der Gewerkschaften ist hier der Schlüssel zum Erfolg, die bisherige öffentliche Passivität der Gewerkschaften muss schnellstmöglich abgelegt werden.
Als Vorbild für die Halbleiterfabriken in Magdeburg soll die Intel Fabrik in Leixlip in Irland gelten.[6] Es bleibt offen, ob sich dies nur auf die architektonische Gestaltung des Gebäudes und die Produktionsanlagen bezieht oder auch auf die betriebliche Organisation. Da Intel mit Eamonn Sinnott einen der Mitbegründer der irischen Fabrik nach Magdeburg entsendet, ist jedoch Letzteres zu erwarten. Angesprochen auf das Thema Gewerkschaften bei Intel entgegnete Sinnott dem irischen Independent: »Most employees just don‘t see the need for a union«.[7] Diese These begründet Sinnott damit, dass Intel gute Arbeitsbedingungen bieten und Probleme auf individueller Basis lösen würde – die Argumentationsweise von der Gewerkschaft als einer »dritten Partei« von außen neben Arbeitgeber und Arbeitnehmer wird seit Jahren auch von Amazon forciert. In Irland zeigt sich, dass dieses Vorgehen, das darauf abzielt, durch die Individualisierung von Arbeitsbedingungen Kollektivierungsprozesse in Belegschaften zu verhindern, für die Kapitalseite durchaus von Erfolg gekrönt sein kann. So sind die eigentlich starken irischen Gewerkschaften kaum in der Tech-Branche vertreten und es fällt ihnen schwer, dort Fuß zu fassen. Darunter leiden meistens die Kolleg:innen, die in den Niedriglohnbereichen der jeweiligen Unternehmen angestellt sind und die kaum Zugang zu den individuell verhandelten Leistungen haben.
Für die Magdeburger Fabrik lässt sich bereits ein ähnliches Vorgehen prognostizieren, um Tarifbindungen und gewerkschaftliche Organisierungen zu verhindern. In einem Interview mit der Magdeburger Volksstimme betonte der Personalchef von Intel in Magdeburg, Bernd Holthaus, dass Intel vermutlich branchenübliche Löhne zahlen wolle und allen Mitarbeiter:innen individuelle »Pakete« aus Sonderleistungen und Vergünstigungen wie »Job-Rad, Pensionspläne, Aktienkauf, Hilfestellungen bei privaten Krisen« schnüren will. Da sich in deutschen Tarifauseinandersetzungen leider oftmals weniger stark auf die Arbeitsbedingungen konzentriert wird als im internationalen Vergleich üblich, sondern auf die Bereiche von Lohn und Arbeitszeit, wird es für die Gewerkschaften hierzulande wahrscheinlich umso schwieriger, bei Konzernen wie Intel einen hohen Organisierungsgrad zu erreichen. Ein Tarifvertrag wird bei Intel auch mittelfristig nicht zu erwarten sein. Um dennoch einen hohen Organisierungsgrad zu erreichen, müssen insbesondere die Industriegewerkschaften ihre tradierten Organisierungs-Strategien überarbeiten.
Herausforderung Organizing
Die Arbeit in Firmen wie Intel oder Tesla hat kaum noch etwas mit einem fordistisch organisierten Industriebetrieb zu tun. Sie ähnelt viel mehr dem modernen Dienstleistungssektor. Daran müssen sich auch die gewerkschaftlichen Methoden und Forderungen orientieren. Ver.di hat durch eine Neu-Orientierung der eigenen Organizing-Konzepte beachtliche Mitgliedergewinne erzielen können.[8] Zentral war hier, dass das Organizing nicht mehr allein Aufgabe hauptamtlicher Gewerkschaftssekretär:innen war, sondern diese Aufgaben inner- und außerbetrieblichen Akteur:innen übergeben wurde. Insbesondere in Zeiten innerbetrieblicher Konflikte konnten hierdurch auch skeptische Kolleg:innen für die Idee der Organisierung in der Gewerkschaft gewonnen werden.
Diese Form des Organizing hat durchaus zu Konflikten mit Geschäftsführungen geführt, doch diese sind wünschenswert, denn sie zeigen den Kolleg:innen, auf welcher Seite die gewerkschaftlich Aktiven stehen und dass sie durchaus bereit sind, die Forderungen der Belegschaft auch mit härteren Bandagen zu erkämpfen. Gleichzeitig müssen die Gewerkschaften Forderungen entwickeln, die an diesen neuen Hochtechnologie-Arbeitsmarkt angepasst sind. In der Tech-Branche ist Bezahlung allein längst nicht mehr der treibende Faktor. Weiterbildungen und Aufstiegschancen sind beispielsweise Bereiche, die in vielen Unternehmen der Tech-Branche unregulierter sind und oft nur wenigen im Unternehmen zugestanden werden. Hier besteht möglicherweise ein Anknüpfungspunkt für gewerkschaftliche Forderungen. Ebenfalls wird es mittel- und langfristig zu Entlassungswellen bei Intel kommen, denn nur so wird Intel in dem stark von konjunkturellen Schwankungen betroffenen Chip-Markt die eigene Profitrate aufrechterhalten können, auch hier müssen die Gewerkschaften schnell und zielgerichtet reagieren können. Zu guter Letzt muss auch angemerkt werden, dass wir endlich Organizing-Strategien entwickeln müssen, die an die Realitäten und Erfahrungen der Lohnabhängigen in Ostdeutschland angepasst sind. Das Bild, welches Kolleg:innen hier von Gewerkschaften haben, ist immer noch geprägt von einem SED-geführten FDGB auf der einen Seite und einem sozialpartnerschaftlich agierenden westdeutschen DGB, der besonders in den Nachwende-Jahren Probleme hatte, die Solidarität zwischen westdeutschen und ostdeutschen Kolleg:innen zu fördern und nicht selten die Interessen der ostdeutschen Kolleg:innen denen der westdeutschen unterordnete. Dies bedeutet für uns als ostdeutsche Gewerkschafter:innen, dass wir hier vor Ort spezifische, an ostdeutsche Realitäten und Erfahrungen angepasste Organizing-Methoden, die nachhaltige Kollektivierungsprozesse ermöglichen, entwickeln müssen.
Mit Blick auf den regionalen Arbeitsmarkt zeigt sich in Bezug auf die geplante Intel-Ansiedlung eine weitere Chance für die Gewerkschaften. Auch wenn erwartbar ist, dass nur ein Teil der benötigten Arbeitskräfte wie Anlagenmechaniker:innen und Industrielektriker:innen tatsächlich aus der Region kommen werden, sind diese Arbeitskräfte regional wie überregional Mangelware. Dies führt schon jetzt dazu, dass in verschiedenen Betrieben ein hoher Mangel an Fachpersonal herrscht, es zu Arbeitsverdichtungen, aber auch zu Produktionsausfall auf ganzen Linien kommt. Betroffen sind hier oftmals Unternehmen, die nicht tarifgebunden sind oder in denen Haustarifverträge gelten, die erst langfristig die Angleichung an Branchen- und Flächentarifverträge vorsehen. Beispielsweise führte die Eröffnung einer Fabrik des Fertig-Holzhaus Herstellers Nokera [9] in Betrieben im nahegelegenen Jerichower Land zu einer enormen Abwanderung von Fachkräften und der Stilllegung von Produktionslinien, auch wenn nur ca. 500 Personen in dieser Fabrik beschäftigt werden sollen. Die Intel-Ansiedlung führt momentan bereits jetzt bei einigen Unternehmen zu der Angst, Beschäftigte ganzer Betriebsbereiche an Intel zu verlieren.
Diese Angst der Kapitalseite müssen die Gewerkschaften nutzen, um die Tarifbindung in den verschiedenen, oftmals mittelständischen Unternehmen voranzutreiben. Die Intel-Ansiedelung in Kombination mit dem bereits herrschenden Fachkräftemangel kann somit die Arbeitermacht in der Region, insbesondere auf der strukturellen Ebene, fördern. Für die Gewerkschaften bietet sich hier die Möglichkeit, die Angst der Kapitalseite vor einem Fachkräftemangel gesamtgesellschaftlich und innerbetrieblich zu nutzen. So besteht letztlich die Chance, die einzelnen Betriebe in die Tarifbindung zu treiben.
Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass die Ansiedlung von Intel in Magdeburg die Gewerkschaften vor enorme Herausforderungen stellen wird. Die gewerkschaftliche Organisierung in den Halbleiterfabriken wird kein Selbstläufer werden. Die Erfahrungen mit vergleichbaren internationalen Unternehmen zeigen, dass sie sich längst dem deutschen Recht angepasst haben und Strategien und Gesetzeslücken gefunden haben, um betriebliche Mitbestimmung und gewerkschaftliche Organisierung in ihren Betrieben zu verhindern. Für die Gewerkschaften macht das erforderlich, endlich die öffentliche Stille zu beenden, offensiv in die Debatten um das Thema Intel in Magdeburg einzutreten und dabei klarzumachen, dass auch die Lohnabhängigen Bedingungen an Intel stellen werden, die eine Ansiedlung und insbesondere die enorme Förderung aus dem Staatshaushalt rechtfertigen. Im Fall von Intel sollten die Gewerkschaften nicht auf Sozialpartnerschaft setzen; Intel hat längst den Klassenkampf von oben begonnen und weiß ihn zu führen. Dies bedeutet für die Gewerkschaften die Notwendigkeit der Weiterentwicklung von Methoden, sowohl in der Abwehr der Strategien der Kapitalseite als auch bezüglich der Unzulänglichkeit eigener Methoden der gewerkschaftlichen Organisierung, insbesondere mit Blick auf die veränderten Arbeitsrealitäten in der Tech-Industrie und den ostdeutschen Arbeitsmarkt. Glücklicherweise steigert die Ansiedlung Intels in Magdeburg auch die Macht der Arbeiter:innen in der Region. Die Angst vor Fachkräftemangel und damit verbundene Produktionsausfälle auf der Kapitalseite bietet für die Arbeitskämpfe in der Region die Chance, Verbesserungen zu erkämpfen. Hierfür braucht es offensive und kämpferische Gewerkschaften, die den Konflikt mit der Kapitalseite nicht scheuen.
Gewerkschaften sind auf Kooperationen mit außergewerkschaftlichen Akteur:innen der Zivilgesellschaft angewiesen. Nur durch derartige strategische Kooperationen, wie wir sie zuletzt zwischen ver.di, der EVG und Fridays for Future gesehen haben, können die Gewerkschaften ihre eigenen Machtressourcen effektiv nutzen und ausbauen. Eine Vielzahl von außerbetrieblichen, politischen Akteur:innen verfügt heutzutage über eine Vielzahl von Machtressourcen, sei es auf der personellen, der infrastrukturellen, der diskursiven oder der gesamtgesellschaftlichen Ebene.
Artikel von Mathias Grabow erschienen in express – Zeitung für sozialistische Betriebs- und Gewerkschaftsarbeit Ausgabe 6/2023
* Mathias Grabow ist Bildungswissenschaftler aus Magdeburg. Er arbeitet in der politischen Bildung und ist Betriebsratsvorsitzender. Neben seiner Lohnarbeit ist er in verschiedenen politischen Zusammenhängen aktiv, wie dem Bildungskollektiv KlassenFragen und der Gruppe Sozialkombinat Ost.
Anmerkungen
1) https://www.bmwk.de/Redaktion/DE/Pressemitteilungen/2022/03/20220315-habeck-intel-investition-in-magdeburg-wichtiger-impuls-fur-wirtschaft-in-schwieriger-zeit-und-zentraler-sprung-fur-die-digitale-souveranitat-europas.html
2) https://www.bundesregierung.de/breg-de/themen/deutsche-einheit/intel-magdeburg-2017962
3) https://www.igmetall-niedersachsen-anhalt.de/gesellschaft/meldung/gewerkschaft-begruesst-investitionsentscheidung-intels-in-magdeburg-wenn-intel-kommt-ist-die-ig-metall-schon-da
4) https://www.tagesschau.de/investigativ/ndr/amazon-betriebsraete-101.html
5) https://www.rbb24.de/studiofrankfurt/wirtschaft/tesla/2023/01/tesla-ig-metall-vorwurf-falschinformationen-gewerkschaft.html
6) https://www.mdr.de/nachrichten/sachsen-anhalt/landespolitik/intel-gigafabrik-irland-besuch-landesregierung-erkenntnisse100.html#Sachsen
7) https://www.independent.ie/business/technology/why-have-the-unions-given-up-on-tech-firm-engagement/34714600.html
8) https://taz.de/Strategien-des-Arbeitskampfes/!5908339/ und
https://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/gewerkschaften-mehr-als-45-000-neue-verdi-mitglieder-in-zwei-monaten-dpa.urn-newsml-dpa-com-20090101-230306-99-845048
9) https://www.volksstimme.de/amp/sachsen-anhalt/regionale-wirtschaft/weltweit-grosste-fabrik-fur-wohnhauser-aus-holz-entsteht-im-jerichower-land-3424191?reduced=true
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