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Wahlanfechtung der Betriebsratswahl bei Privat Edeka Baur in Konstanz: ver.di hat Zweifel am Ergebnis und wirft der Geschäftsführung Einflussnahme vor
“Die Gewerkschaft ver.di teilte jetzt mit, dass die erstmalige Betriebsratswahl beim namhaften Privat Edeka Baur in Konstanz am zuständigen Arbeitsgericht angefochten wird. Eine diesbezügliche Klage wurde in diesen Tagen bei Gericht eingereicht. Nach Angaben von ver.di wurde die Wahl in der Filiale in der Bodanstrasse von Führungskräften massiv beeinflusst und dies hätte damit für ein Ergebnis zum Nachteil bestimmter Wahlbewerber*innen gesorgt. (…) Bereits kurz nach der Wahlausschreibung kam es nach Angaben von Klemt zu internen Auseinandersetzungen um die Frage, ob eine Personen- oder Listenwahl durchgeführt werden sollte. Zwei stellvertretende Marktleiter*innen führten demnach eine Liste gegen die ver.di Liste an. Offensichtlich strittig wurde die Kandidatur von 3 Kandidat*innen, welche während der zulässigen Fristen die Liste zu den Führungskräften wechselten. Ver.di wirft in diesem Zusammenhang Edeka Baur die plötzliche Beförderung dieser Personen mit beruflichem Aufstieg während des Wahlverfahrens und hierdurch Beeinflussung der Wahl vor. Im Zusammenhang mit erforderlichen sogenannten Stützunterschriften macht ver.di bereits hier Formfehler geltend. Kritik gibt es jedoch auch daran, dass den Listenvertretern der Führungskräfte einseitig Wahlwerbung während der Arbeitszeit genehmigt wurde, was normalerweise unzulässig ist und den Gewerkschaftsvertretern unter Androhung arbeitsrechtlicher Konsequenzen untersagt war. (…) Als regelrecht skandalös bezeichnet der zuständige Gewerkschaftssekretär die Vorgänge im Zusammenhang mit der Kündigung eines langjährigen Mitarbeiters, welcher inzwischen zwei Mal im Laufe der Betriebsratswahl von Edeka Baur gekündigt wurde. Die erste verhaltensbedingt ausgesprochene Kündigung erfolgte bereits wenige Stunden nach der Bekanntgabe der geplanten Betriebsratswahl durch ver.di…“ Meldung vom 18.02.2021 beim ver.di Landesfachbereich Handel in Baden-Württemberg und neu dazu:
- Edeka in Konstanz: Schlimmer geht immer
„Dass es nicht einfach werden würde, hatten sie geahnt. Es konnte kein Zufall sei, dass in keinem der privaten Edeka-Märkte Baden-Württembergs ein Betriebsrat gegründet wurde. Aber was dann kam, hat die Befürchtungen der GewerkschafterInnen in der Konstanzer Filiale von Jürgen Norbert Baur weit übertroffen. Schon seit Jahren wirbt dieses Unternehmen mit Slogans wie „Wir lieben Lebensmittel“ oder „Wir gestalten heute die Zukunft von morgen“ und ist ziemlich erfolgreich dabei. Dreizehn Filialen hat das kleine Baur-Imperium mittlerweile in der Region, fünf davon in Konstanz, wo es neben den üblichen Discountern kaum noch herkömmliche Lebensmittelhandlungen gibt. Und es wird wohl nicht bei dreizehn bleiben. Denn die Edeka-Genossenschaft Südwest (in Offenburg) will langfristig all ihre Märkte privatisieren, also an Einzelunternehmer ausgliedern. Dagegen sei im Prinzip nichts einzuwenden, sagt Markus Klemt, der für den Handel zuständige Gewerkschaftssekretär im Verdi-Bezirk Südbaden-Schwarzwald. „Allerdings wird, anders als bei der Genossenschaft, in keinem privatisierten Markt nach Tarif entlohnt.“ Das erkläre auch die rasche Expansion des Konstanzer Edeka-Händlers, so Klemt: „Bei ihm liegen die Löhne um bis zu dreißig Prozent unter Tarif, die Beschäftigen arbeiten 40 statt der tariflich vereinbarten 37,5 Stunden in der Woche, sie bekommen kaum Zuschläge für Sonderschichten und mussten sich während der Corona-Einschränkungen mit dem gesetzlichen Kurzarbeitergeld begnügen, während andere Handelsunternehmen jeweils zwanzig oder dreißig Prozent dazulegten.“ Außerdem, so fügt er hinzu, „konnte bisher in keinem einzigen privaten Edeka-Markt ein Betriebsrat gegründet werden“. Das änderte sich im Herbst letzten Jahres, als sich Verdi-Mitglieder der Edeka-Baur-Filiale in der Konstanzer Bodanstraße zusammensetzten. (…) Kaum war Baur die geplante Betriebsratsgründung mitgeteilt worden, feuerte die Firmenleitung einen stellvertretenden Marktleiter der Bodanstraßen-Filiale, der als Initiator der Betriebsratswahl galt. Und sorgte dafür, dass statt der beabsichtigten Einheitsliste eine zweite, unternehmensnahe Liste ins Rennen ging. Damit, so Markus Klemt, „ging der Krieg los“: Laut Aussagen von Beteiligten, die namentlich nicht genannt werden wollen, zogen Beschäftigte plötzlich ihre Kandidatur für die Verdi-Liste „Auf Augenhöhe“ wieder zurück. Andere, deren Namen auf der chefnahen Liste „Future“ auftauchten, waren befördert worden. Und während „Future“ Wahlversammlungen während der Arbeitszeit abhalten durften, war dies der „Auf Augenhöhe“-Liste strikt untersagt. Die Geschäftsleitung stellt all dies in Abrede – es sei kein Druck ausgeübt worden, die Beförderungen seien längst geplant gewesen, während der Arbeitszeit habe es keine Informationsveranstaltungen gegeben. AugenzeugInnen im Betrieb sehen das anders. Auf den mit harten Bandagen geführten Wahlkampf folgte die Ernüchterung: Die Betriebsratswahl Ende Januar gewannen nicht etwa jene, die sich dafür eingesetzt hatten. Sondern die chefnahe Liste. (…) Aber immerhin, der geschasste Initiator war gewählt worden. Zwei Wochen später gewann er auch seinen Prozess vor dem Arbeitsgericht Radolfzell. Er hatte also seinen Job wieder – und stand Stunden später erneut vor der Tür. (…) Noch hat die ursprünglich für Juni vorgesehene Neuwahl des Edeka-Betriebsrats nicht stattgefunden: Man wolle erst die Mitglieder des Wahlvorstands schulen, heißt es. Das alte, nunmehr kommissarisch amtierende Gremium mit seiner firmennahen Leitung bleibt also noch eine Weile im Amt. Schon deshalb lässt die Gewerkschaft nicht locker. Bei eine Streikkundgebung von Konstanzer VerkäuferInnen am Mittwoch vergangener Woche für höhere Tariflöhne entfalteten Beschäftigte der Konstanzer Filialen von Zara und Esprit ein Banner. Darauf fordern sie „Tarif für Edeka„.“Artikel von Pit Wuhrer vom 21.07.2021 in der Kontext Wochenzeitung Ausgabe 538 - Edeka „liebt seine Lebensmittel“ und beutet seine Mitarbeiter aus!
„„Wem es nicht passt, der kann ja gehen“, so wird Jürgen Norbert Baur von einer Mitarbeiterin der Frischemärkte BAUR e. K. kurz Edeka Baur zitiert. Dies zeigt wohl ganz gut nach welcher Philosophie der Frimenpatriarch in seinen elf Filialen regiert. Das nun ausgerechnet in einer seiner Filialen in Konstanz der erste Betriebsrat in einem privatisierten Edeka entsteht, dürfte ihm freilich gar nicht passen. So erleben die Beschäftigten seit dem Beginn der Vorbereitungen für die Betriebsratswahl Union Busting wie aus dem Lehrbuch. So kündigte die Geschäftsführung einen langjähriger Mitarbeiter, im Alter von Mitte 50, weil er mit KollegInnen über die Möglichkeit einer Betriebsratsgründung gesprochen habe. Jürgen Norbert Baur und Geschäftsführerin Sabine Seibel werfen ihm unter anderem „die rechtliche Beratung von Mitarbeitern“ vor. Mit dieser verhaltendsbedingten Kündigung kam Bauer jedoch vor Gericht nicht durch und konnte auch die Betriebsratsgründung nicht verhindern. Beim Arbeitsgerichtsprozess vor dem Arbeitsgericht Radolfzell lehnte Richter Carsten Teschner die Kündigung des Mitarbeiters ab, da die Kündigung nicht gerechtfertigt ist. Der Mitarbeiter habe tadellose Arbeitszeugnisse und bisher nicht einmal eine Abmahnung bekommen. Trotz „Empfehlungen“ durch die Geschäftsführung, „aus gesundheitlichen Gründen“ nicht zur Wahl des Wahlvorstandes zu gehen, folgten laut Gewerkschaft Ende 2020 zahlreiche MitarbeiterInnen der Einladung und wählten einstimmig die vorgeschlagenen drei Verkäuferinnen in den Wahlvorstand. Bereits während der Aufstellung der Wahllisten kam es dann zum nächsten Skandal. Verdi wirft in diesem Zusammenhang Edeka Baur die plötzliche Beförderung von mehreren Mitarbeitern vor, um sie zu kaufen und dazu zu bringen auf einer Konzern nahen Liste von Führungskräften zu kandidieren. Im Zusammenhang mit erforderlichen sogenannten Stützunterschriften macht die Gewerkschaft hier zudem Formfehler geltend. Weiter wirft die Gewerkschaft den Listenvertretern der Führungskräfte vor, dass die Geschäftsführung ihnen Wahlwerbung während der Arbeitszeit genehmigte, während es den Gewerkschaftsvertretern unter Androhung arbeitsrechtlicher Konsequenzen untersagt war. Hinzu soll die direkte Beeinflussung von Mitarbeitern durch die Stellvertretenden Marktleiter gekommen sein. Auch über eine nicht statthafte Einmischung der Rechtsabteilung des Konzerns klagt Verdi...“ Hintergründe im Beitrag in den Frontberichten 04/2021 von Kevin Hoffmann vom 9. März 2021 bei Arbeitsunrecht