SWMH: Stellenabbau als Dank für Kurzarbeit? Diamant „Süddeutsche“ mutiert zum Kiesel

The European Initiative for Media Pluralism“…Wie andere Verlage schickte auch der Süddeutsche Verlag die SZ-Redaktion im April in Kurzarbeit, trotz des anschwellenden Informationsinteresses der Leserschaft im Zeichen der Pandemie. Nach Abflauen der ersten Infektionswelle erfolgte am 15. September eine böse Überraschung. Da kündigte der Verlag ein „Effizienzprogramm“ an, nötig angeblich zur „langfristigen Konsolidierung“ der SZ. 50 redaktionelle Stellen sollten noch vor Weihnachten wegfallen. (…) Garniert wurde die Maßnahme mit einem „Freiwilligenprogramm“: Wer länger als drei Jahre an Bord war, bekommt eine Abfindung. Obendrauf gab es eine „Turboprämie“ für alle, schon bis Ende Oktober das Haus verlassen. (…) Das Ganze vor dem Hintergrund einer „Digitaloffensive“, an der sich alle Bereiche der SWMH beteiligen sollen. (…) [SZ-Betriebsrat und Redakteur Franz Kotteder] beklagt eine zunehmende Arbeitsverdichtung und Zeitknappheit bei der Produktion der Tageszeitung. Unter solch widrigen Konditionen mache sich in der Redaktion zunehmend Frustration breit..“  Artikel von Günter Herkel vom 02.02.2021 aus Menschen machen Medien des ver.di-FB 8 externer Link, siehe dazu:

  • Perfide Spiele in der SWMH: „Geht man so mit Menschen um?“ Das Stuttgarter Pressehaus verschärft den Streit mit seinem langjährigen Betriebsratschef. Über Nacht wird das Türschloss seines Büros ausgewechselt. New
    „… 34 Jahre und elf Monate ist Samir Alicic ins Stuttgarter Pressehaus gefahren. Er ist einer von denen, die mit ihrer Firma verheiratet sind, Tag und Nacht im Einsatz, und nie auf die Uhr schauen. Das ist bis zum 1. Juni diesen Jahres so. An diesem Tag kommt er später. Erst um 10:30 Uhr. Eigentlich ist er gekündigt und krankgeschrieben, trotzdem ist er da, weil ihm die Schließung des Druckhauses an der Plieninger Straße 150 keine Ruhe lässt. Hier ist sein zweiter Wohnsitz, wenn nicht sein erster. Die Geschäftsleitung würde wahrscheinlich entgegnen: Hier war er. Sie hat ihn zum 1. April dichtgemacht. Zu alt, zu teuer, zu ineffizient, wird begründet, gedruckt wird nur noch in Esslingen bei der MHS Print, die raus ist aus dem Tarif. „Offiziell“, sagt der Betriebsratschef, war der 31. Mai sein letzter Arbeitstag. Mit „offiziell“ meint er seine Kündigung und jene aller Kollegen, die vor der Wahl standen, sich abfinden zu lassen oder in Esslingen neu anzufangen – so ihre Bewerbung erfolgreich war. Wie berichtet, wollte Alicic weder Geld noch eine Bewerbung schreiben. Mit Hilfe der Gewerkschaft Verdi klagt er auf Weiterbeschäftigung zu den bisherigen Bedingungen, im Notfall bis zum Europäischen Gerichtshof, und weil das dauern kann, amtiert er seinem Verständnis nach weiter. Sehr zum Verdruss der Geschäftsleitung, für die er längst zur Persona non grata geworden ist. (…) Der Vorgang ist inzwischen auch in München angekommen – bei der Südwestdeutschen Medienholding (SWMH), der großen Mutter, zu deren Reich die Stuttgarter Zeitungsgruppe gehört. In Harald Pürzel steht hier ein Mann dem Konzernbetriebsrat (KBR) seit 2007 vor, der den Gegensatz zwischen Kapital und Arbeit noch definieren kann, viele „Grobheiten“ erlebt und überstanden hat. Aber das? Einfach ein Türschloss auswechseln, um einen ungeliebten Betriebsratsvorsitzenden loszuwerden? Er hat 34 Jahre Gremienarbeit hinter sich, aber das kennt er nicht. (…) Bevor er sich richtig aufregt, schickt er eine Mail an die Geschäftsführer Dachs und Degen, in denen er sie auffordert, seinem Kollegen unverzüglich wieder die Tür zu öffnen, und er belehrt sie, dass sie eine Straftat begangen haben: eben die Behinderung der Betriebsratsarbeit. Den nächsten juristischen Streit behält er sich vor. (…) Nun ist es nicht so, dass derlei Perfides den Stuttgarter Verlagsmanagern vorbehalten blieben. Seit SWMH-CEO Christian Wegner in München regiert, also seit fünf Jahren, gehört es auch beim ehrwürdigen Süddeutschen Verlag („Süddeutsche Zeitung“) zum Arsenal der Grausamkeiten. Geholzt wird im Verlagsbereich, in dem sogenannte Versetzungsschreiben die Runde machen, ausgesandt mit der Weihnachtspost 2022. Darin werden Beschäftigte angewiesen, künftig ihren Arbeitsplatz an einem anderen SWMH-Standort anzutreten, wenn die Firma befindet, dass sie dort gebraucht werden. Das könnte sich zu einem regen Pendelverkehr zwischen München, Stuttgart, Landsberg und Hof entwickeln, ist rechtlich umstritten, aber auf jeden Fall rechtswidrig, wenn in einem bestehenden Vertrag der Arbeitsort fixiert ist. Aktuell betroffen sind die Buchhaltungen und dort die langjährigen, rentennahen Fachkräfte, wie im Betriebsrats-Info des Süddeutschen Verlags nachzulesen ist. „Wir reden hier von Kolleginnen, die Jahrzehnte sehr gute und wertvolle Arbeit geleistet haben“, schreibt der Vorsitzende Jens Ehrlinger und fragt: „Warum geht man so mit Menschen um?“ (…) Ist es die Unfähigkeit, mitmenschlich zu denken, die Lust am Quälen, die Angst vor dem Gesichtsverlust, wenn ein Fehler korrigiert wird, oder geht es nur um das eigene Geld? Für Pürzel ist es das einzige Motiv, das er nachvollziehen kann. Es ist der Bonus, den ein Topmanager kriegt, wenn er seine von Eigentümern und Banken diktierte Zielvorgaben erreicht. Je dünner die Belegschaft, desto fetter der Bonus.“ Beitrag von Josef-Otto Freudenreich vom 7. Juni 2023 in der Kontext: Wochenzeitschrift Ausgabe 636 externer Link
  • ver.di zum Stellenabbau bei der Stuttgarter Zeitungsgruppe in der SWMH – Probleme nicht mit Personalabbau und Tarifflucht lösen. ver.di kritisiert außerdem: Ressorts sollen aufgelöst und lokale Berichterstattung minimiert werden
    ver.di und die dju kritisieren den heute verkündeten Stellenabbau bei der Stuttgarter Zeitungsgruppe der Südwestdeutsche Medienholding SWMH scharf. Es sollen rund 60 Beschäftigte die Zeitungsgruppe verlassen, bereits mit der letzten Umstrukturierung unter der Überschrift „regionale Medienhausstrategie“ sind 100 Arbeitsplätze abgebaut worden. Der Abbau betrifft die Redaktion Stuttgarter Zeitung/Stuttgarter Nachrichten und die Lokalredaktionen vor Ort, sowie die fünften Bücher; die Ressorts sollen aufgelöst werden. Ziel sei es, so ver.di, die lokale Berichterstattung deutlich zu minimieren. Alle Leser*innen der unterschiedlichen Zeitungen im Stadtgebiet Stuttgart sollen dann den gleichen Inhalt erhalten. Die Lokalredaktionen sollen zusammengelegt werden in einer neuen Gesellschaft, in die auch Technik und zentrale Dienste integriert werden. Hier droht ein tarifloser Zustand. Der gesamte Stellenabbau wird nach Einschätzung der Gewerkschaft über zwanzig Prozent ausmachen…“ dju-Pressemitteilung vom 20.01.2022 externer Link, ver.di-Landesbezirk Baden-Württemberg

Siehe auch von 2017: Bizarrer Kleinkrieg: Schwarzwälder Bote gegen den Betriebsratsvorsitzenden Thomas Ducks

Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=186554
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