»Wir sind noch viel zu sehr nach innen gekehrt«
Ein Gespräch von Linken-Politiker Thomas Händel und Armin Schild (SPD, IG Metall) über die Krise, die Europawahl und neue Bündnisse. Interview von Jörg Meyer im ND online vom 14.02.2014
- Aus dem Text: „… Händel: Nur ein Beispiel: der letzte EU-weite Generalstreik. Mir als Metaller ist es peinlich, wie bescheiden wir da dabei waren. Deshalb kritisieren uns Gewerkschafter aus anderen Ländern zu recht: »Euch interessiert das wohl nicht, ihr seid ja die Krisenprofiteure.« Die europäische Arbeiterbewegung muss wieder gemeinsam handeln. Die deutsche Arbeiterbewegung darf sich nicht als etwas Besonderes verhalten, die sich auf der Couch ausruht, weil die Buden hier brummen – zu Lasten der anderen. (…) Die Konkurrenz via Lohnkosten gibt nicht immer den Ausschlag. Es gibt viele Betriebe hier, die mit griechischen Betrieben nicht konkurrieren. Richtig ist aber auch: Wir haben die schlechteste Lohnpolitik aller EU-Staaten und sind gleichzeitig die leistungsfähigste Industrienation. Wir haben in Deutschland auch deshalb keine vernünftige Lohnpolitik, weil der Druck von Hartz IV und dem Niedriglohnbereich auf die Tariflöhne erheblich ist. Hätten die deutschen Beschäftigten mehr Geld und damit eine höhere Kaufkraft, könnten schwächere Staaten ihre Produkte besser verkaufen. Die IG Metall muss auch deshalb ihre lohnpolitische Führungsrolle in Deutschland stärker ausfüllen. (…) Schild: Natürlich vermissen auch wir im Koalitionsvertrag einige Punkte schmerzlich. Fakt ist, dass er geschlossen wurde mit eben der Angela Merkel, die wesentlich mitverantwortlich ist, für die europäische Austeritätspolitik. Dadurch sind seit der Finanzmarktkrise fünf Jahre verloren und Millionen von Menschen um ihre Lebensperspektiven, ihre Renten gebracht worden. Es war eine schwere Entscheidung für diese Koalition. Es hätte niemandem geholfen, unseren Einfluss nicht geltend zu machen, angesichts dieser desaströsen Bilanz neoliberaler Politik. (…) Händel: Die Gewerkschaften in Europa konzentrieren sich zu sehr allein auf ihr Kerngeschäft: Betriebs- und Tarifpolitik, Branche für Branche, jeder kämpft für sich. Das übergreifende Ganze einer Arbeiterbewegung kommt nicht mehr zum Tragen. Jede Gewerkschaft verweist auf die andere…“