Glückliche Gegenöffentlichkeit – und keine Ende für Sisyphos

Kommentierte Presseschau von Volker Bahl vom 13.11.2013

Sisyphos muss man sich als glücklichen Menschen vorstellen
Albert Camus

Nachdem jetzt Albert Camus hundertster Geburtstag allenthalben gefeiert wird (siehe z.B. (http://www.srf.ch/kultur/literatur/gefeiert-und-gepruegelt-100-jahre-albert-camus externer Link) sei es mir erlaubt, mich auf diesen Camus, der immer wieder von Neuem das Absurde bewältigen will, wieder einmal zu besinnen.

Sorry, wenn ich dabei nicht der gerade wieder aktuellen Mode folgen will, dass Sartre gegen Camus – oder umgekehrt -ausgespielt wird – und Camus jetzt zum „End-Sieger“ – nach dem Fall der Mauer 1989 – stilisiert wird.

Für mich persönlich waren sie beide gerade als Gegenpole geistige Heroen – und deshalb war für mich gerade das intellektuelle Spannungsverhältnis (= nicht das persönliche der Eitelkeiten) zwischen den beiden das Wichtige. (Wie auch 1989 keineswegs ein „Endpunkt der Geschichte“ geworden ist)

Dennoch jetzt einmal zu Camus: „Die Revolte ist der einzige konsequente philosophische Standpunkt.“ Denn bei Camus entsteht das Absurde immer aus der Konfrontation von menschlicher Aktion und der Wirklichkeit.

Für die Bedeutung von Gegenöffentlichkeit habe ich deshalb Albert Camus` Schlussatz seines „Der Mythos von Sisyphos“ hergenommen „Wir müssen uns Sisyphos als einen glücklichen Menschen vorstellen“ – und es mir als ein Motiv für das „Arbeiten“ in der Gegenöffentlichkeit erkoren. (www.nachdenkseiten.de/?p=9425 externer Link, dort auch wieder am Ende auf der Seite 5)

Und damit springe ich jetzt mittenhinein in eine aktuelle Auseindersetzung – oder auch „Konfrontation mit der Wirklichkeit“. Und zum Auftakt dieser aktuellen Konfrontation mit der Wirklichkeit habe ich eine These, die jede(r) im Verlaufe des folgenden Textes überprüfen kann, inwieweit sie stichaltig ist?

Die These: Der „vorherrschende“ neoliberale Mainstream braucht für seine neoliberale „Erzählung“ für das europäische Wirtschaftsgeschehen möglichst schwache Gewerkschaften – und die schwachen deutschen Gewerkschaften – eine „Grund“schwäche der Eurozone – lieben es nicht in dieser europäischen Geschichte als Versager dazustehen. Deshalb gibt es auch für sie keine schwachen deutschen Gewerkschaften zur allgemeinen Lohngestaltung – oder gar eine Auseinandersetzung mit der neoliberalen Arbeitsmarkt-Deregulierungspolitik in Deutschland, die sie in ihrer Lohngestaltungskraft so entscheidend geschwächt hat.

So ergänzen sich die neoliberale Wahrnehmung über die Rolle der Gewerkschaften in Deutschland und die Selbstwahrnehmung der deutschen Gewerkschaften hervorragend. Nur das Elend ist und bleibt, dass sich faktisch in Europa damit die Gewerkschaften neoliberal – d.h. lohndrückend – gegeneinander ausspielen lassen.

Und für die deutschen Gewerkschaften besteht die Gefahr, dass sie zum Schurken in dem Stück werden, wenn der Euro scheitert, scheitert Europa – ein „Diktum“ das die Kanzlerin Merkel auch nicht wiederholt hat, weil sie wohl ahnt, dass sie inzwischen in die Rolle geraten könnte, die „Abwicklung“ des Euro „anzuführen“. (vgl. zu diesem von Merkel genannten Kausalzusamenhang den Anfang bei „In Gefahr und größter Not…“ (https://www.labournet.de/?p=43024)

Kritik in den Medien nur im Denk-Horizont einer großen Koalition?

Wie jetzt wieder einmal die Politik die Grenzen der Kritik bestimmt – und Deutschlands „Exportstärke“ durch das Wegschneiden seiner realwirtschaftlichen Grundlage, des Lohndumping, (vgl zur „Einführung“ noch einmal „Die ökonomischen Ungleichgewichte werden in der Krise zu einer besonderen Belastung – Deutschland als „Spielverderber“ für ein europäisches Sozialmodell“ – insbesondere die ersten Seiten dort (www.nachdenkseiten.de/?p=3877 externer Link) – sowie weiter „Deutschland als „Spielverderber“ für ein europäisches Sozialmodell – und kein Weg zum solidarischen „Nordischen Modell“ (http://archiv.labournet.de/diskussion/eu/sopo/bahl2.html) zum europäischen Tabu – jetzt durch die „ganz große gemeinsame Macht“ mit einer großen Koalition werden wird:

Und wie das Exportüberschuss-Lohndumping aus Deutschland zur „Exportstärke“ mutiert. Und Robert von Heusinger findet 8,50 Euro Mindestlohn zuviel, und das obwohl 8,50 Euro schon in Europa keinesfalls ein Spitzenwert ist (www.nachdenkseiten.de/?p=19177#h04 externer Link). Leitkommentar vom 11. November 2013 von Robert von Heusinger: 8,50 Euro Mindestlohn sind zu viel (http://www.fr-online.de/meinung/leitartikel-mindestlohn-8-50-euro-mindestlohn-sind-zu-viel,1472602,24991184.html externer Link)

Dabei tritt er sich selber noch ins Knie, d.h. setzt sich in einen Widerspruch zu sich selbst, da er – schon fast im selben Atemzug – doch so vehement dem US-Finanzminsiterium zur Seite gestanden hat, als es die deutschen Export-Überschüsse kritisierte: Exportschlager Arbeitslosigkeit – Die Kritik der USA an der deutschen Abhängigkeit von Ausfuhren ist nur allzu berechtigt. Denn die Jobs, die bei uns – durch dieses Exportüberschuss-Lohndumping-Modell – entstehen, fehlen anderswo. Das kann auf Dauer nicht gut gehen. (http://www.fr-online.de/meinung/leitartikel-wirtschaftspolitik-exportschlager-arbeitslosigkeit,1472602,24844604.html externer Link) oder auch noch breiter (https://www.labournet.de/politik/wipo/wipo-deb/wipo-all/exportschlager-arbeitslosigkeit/)

Lohndumping aus Deutschland kein Thema mehr in Europa

Ach, ich „vergaß“, das Lohndumping aus Deutschland ist ja inzwischen im großkoalitionären „Appeasement“ unter den Tisch gefallen – selbst bei den Gewerkschaften. (vgl. dazu den Abschnitt „USA stellt das Exportüberschuss-Lohndumpingmodell aus Deutschland in Frage..“ auf der Seite 5 bei www.labournet.de/?p=47524) Und dem will sich wohl auch Robert von Heusinger jetzt nicht entziehen. (siehe weiter noch Albrecht Müller „Gewerkschaften haben nicht mehr alle Tassen im Schrank“: www.nachdenkseiten.de/?p=16543#more-16543 externer Link)

Exportschlager Arbeitslosigkeit – ohne Löhne zur Verbesserung der Wettbewerbs-Fähigkeit?

Die große Frage wird dann nur für einen wie Robert von Heusinger, wie er einerseits bei der Lohnfrage doch das Exportüberschuss-Lohndumping-Modell durch seine Kritik an zu „hohen“ Mindestlöhnen huldigen will – und es dann doch wieder kritisch – wegen des Exportüberschusses betrachten will?

Und zu meinem Erstaunen, muss ich feststellen, dass es – bei allen Schwierigkeiten das deutsche Lohndumping zu überwinden – dennoch auch kein Thema mehr in Frankreich ist. (Siehe „Schwergewicht Deutschland“ (www.nachdenkseiten.de/?p=19209#h07 externer Link). Nein, ganz im Gegenteil jetzt wird in Frankreich die Politik von Hollande auch noch „Wettbewerbsfähigkeit“ durch das Drücken der Löhne getrimmt. (www.nachdenkseiten.de/?p=15116 externer Link)

Ach, waren das noch Zeiten, als die französische Wirtschafts-ministerin Christine Lagarde es noch frank und frei wagte, das Lohndumping aus Deutschland im Ecofin-Rat zur Diskussion zu stellen (http://archiv.labournet.de/diskussion/eu/sopo/lohn_bahl.html)

Ja, da wurden dann die europäischen Regeln für diese ökonomischen Ungleichgewichte schon gleich so festgelegt, dass die Defizitländer bei einem Grenzwert von 3 Prozent mit den EU-Sanktionen zu rechnen haben, während Deutschland bei seinem Überschuss erst einen Grenzwert von 6 Prozent hat – der jetzt aber mit 7 Prozent auch noch überschritten wurde. (http://www.taz.de/!126825/ externer Link) Nach dem „Aufschrei“ aus Washington fühlt sich die EU-Kommission doch immerhin bemüsigt, die deutsche Export“stärke“ zu prüfen (http://www.fr-online.de/wirtschaft/konjunktur-eu-will-deutsche-exportstaerke-pruefen,1472780,24995040.html externer Link)

Dabei ist schon die Wortwahl „Stärke“ anstatt Überschüsse wieder bezeichnend – und lässt schon auf das kommende „Nichtergebnis“ bei diesen doch vorhandenen ökonomischen Ungleichgewichten schließen. (vgl. auch (www.nachdenkseiten.de/?p=19204#h01 externer Link) Schließlich will man ja in der EU den Pakt für Wettbewerbsfähigkeit beschließen – sozusagen eine Agenda 2010 für alle (http://www.taz.de/!126241/ externer Link), der all dies neoliberal einbetonnieren will. (vgl. „..Fiskalpakt durch Wettbewerbspakt getoppt“ auf der Seite 5 unten www.labournet.de/?p=47524 – oder auch noch Jens Berger „Merkels Agenda des Schreckens“: http://www.spiegelfechter.com/wordpress/8869/pakt-fur-wettbewerbsfahigkeit-merkels-agenda-des-schreckens externer Link). Dabei wird jetzt schon das Wachstum in der EU schwächer als prognostiziert (www.nachdenkseiten.de/?p=19172#h04 externer Link)

Deutschland mit dem Vorteil des Euro, tut so als gäbe es keinen Euro

Nur auch die sich für Deutschland anschickende Regierung agiert, als lebte sie nicht in Europa – und inszeniert eine Normalität, in der so getan wird, als wäre der Mindestlohn schon die größte Herausforderung vor der Deutschland steht, moniert Ulrike Herrmann. (http://www.taz.de/1/archiv/digitaz/artikel/?ressort=me&dig=2013%2F11%2F12%2Fa0093&cHash=fecfc47d9dc1e2732a178d7b971d8765 externer Link, vgl. auch „Mindestlohn: Vollendet die Agenda 2010 – ist das allein genug?“ https://www.labournet.de/?p=46306 oder noch www.nachdenkseiten.de/?p=18980#h08 externer Link)

Ja, die allgemeine Schwäche der deutschen Gwerkschaften bei der Lohngestaltung würde dadurch überhaupt nicht überwunden. Oder wie die IMK-Autoren es im IMK-Report 87 „Wie eine einseitige deutsche Wirtschaftspolitik Chancen vergeben hat und Europa schadet“ noch einmal festhehalten haben: „Auffallend innerhalb des Euroraums war die extrem schwache deutsche Lohnentwicklung im vergangenen Jahrzehnt. Der nominale Lohnzuwachs betrug zwischen Anfang 2000 (dem Beginn des Euro) und Anfang 2012 gerade einmal 17,5 % pro Beschäftigten, also 1,4 Prozent pro Jahr. Im Durchschnitt der Mitgliedsländer des Euroraums waren es dagegen 31 %, das waren 2,3 Prozent pro Jahr.

Diese niedrigen deutschen Nominalzuwächse – so fahren die Autoren dieses Berichtes (http://www.boeckler.de/pdf/p_imk_report_87_2013.pdf externer Link pdf) fort – spiegeln zwar im Wesentlichen das Ergebnis der Lohnverhandlungen wieder – diese werden aber entscheidend von den institutionellen und politischen Rahmenbedingungen bestimmt. (vgl. dazu weiter auch „Endgültiges Ende einer sehr erfolgreichen Gewerkschaftsära in Deutschland – Jetzt nur gerichtlich beglaubigt“ – „Das Ende des Flächentarifvertrages als allgemeines Instrument zur Lohnfindung“ (http://archiv.labournet.de/diskussion/gewerkschaft/tarifpolitik/tarifeinh_bahl.html)

Deutschland in Europa – abgehoben – allein für sich, als ob es keinen Euro gäbe? Deutsche Gewerkschaften im platten Eigeninteresse und gegen Europa

Dabei finden im Mai 2014 die Europawahlen statt – die nahezu in der gesamten Eurozone als ein Votum gegen Deutschland und gegen Kanzlerin Merkel ausfallen werden.

Nur ein Beispiel: In Frankreich dürften die meisten Stimmen an die rechtspopulistische Front National gehen, die für einen Austritt aus dem Euro ist (wie die deutsche AFD auch). Und die Front National positioniert sich schon für neue europäische Allianzen. (https://www.labournet.de/wp-content/uploads/2013/11/allianzenwechsel_bs.pdf pdf)

So wird es sich rächen,dass die Deutschen so tun, als würden sie auf einem ganz eigenen Kontinent namens Deutschland – ganz für sich – sitzen.

Nur diese selbstbezügliche und schon fast neurotische Politik kann wieder auch von den Gewerkschaften in Deutschland nicht durchbrochen werden, wenn man sich das Ergebnis einer IG-Metall-Umfrage ansieht: Nur 40 Prozent der von der IG Metall Befragten wertschätzen eine solidarische Krisenlösung für Europa – so das IG Metall-Vorstandsmitglied Hans-Jürgen Urban. (http://www.taz.de/1/archiv/digitaz/artikel/?ressort=me&dig=2013%2F11%2F12%2Fa0091&cHasch=a5492e7c8fd70766e7525c87e885a2f5 externer Link)

Das heißt auch die vom Export profitierenden Metaller tun so, als gäbe es den Euro nicht, der ihnen diesen Vorteil verschafft. Und die Gewerkschaften in Deutschland schließen sich diesem „neuen“ Gewerkschaftsverständnis als bloße Vertretung einer „Arbeiteraristokratie“ in der Exportindustrie an. (vgl. dazu „Zehn Prozent mehr Lohn in exportierenden Betrieben“ (http://idw-online.de:80/de/news508431 externer Link)

Nur die zu schwache allgemeine Arbeitskostenentwicklung in Deutschland stand diesem „einseitigen“ Vorteil für die Exportindustrie gegenüber,aber gerade diese zu schwache Arbeitskostenentwicklung belastet die die Europäische Währungsunion sowie die soziale Sicherung. (vgl. http://www.boeckler.de/pdf/p_imk_report_77_2012.pdf externer Link pdf)

Mit ihrer inzwischen eingenommenen Position, das Lohndumping aus Deutschland – und damit die politisch herbeigeführte Schwächung der deutschen Gewerkschaften – nicht mehr zu thematisieren, entziehen sich die deutschen Gewerkschaften nicht nur der Verantwortung für die lohnpolitisch ins Abseits Geschobenen in Deutschland, sondern treten auch den übrigen europäischen Gewerkschaften massiv bei ihrer Lohngestaltung ins Kreuz.

Ihre Haltung zu den Exportüberschüssen – und damit die alleinige Vertretung der zum Schaden der anderen überbordenden Exportüberschüsse – kann man daher auch nicht wahrnehmen.

Die verlorene allgemeine lohngestaltende Verhandlungsmacht – muss sie zum Ende des Euro führen? Und was bringt jetzt der Mindestlohn dazu?

Aber fahren wir noch einmal mit dem IMK-Report 87 fort: In den niedrigen Effektivlohnsteigerungen kommen damit die begrenzte Verhandlungsmacht der Gewerkschaften, die zunehmende Bedeutung tariffreier Bereiche sowie die hohe Arbeitslosigkeit zum Ausdruck. (S. 14) (vgl. http://www.boeckler.de/pdf/p_imk_report_87_2013.pdf externer Link pdf)

Angesichts schon einmal dieser „Diagnose“ über die Schwächen der deutschen Gewerkschaften soll doch noch fortgefahren werden, was weitere Ökonomen zur Frage sagen, was dann eigentlich der Mindestlohn in dieser Situation in Deutschland zu bringen vermag?

Während die Gewerkschaften überhaupt noch um die Durchsetzung eines Mindestlohnes von 8,50 Euro bangen: „Jetzt nicht auf halber Strecke stehen bleiben“ (http://www.dgb.de/themen/++co++3bf57d42-3d65-11e3-9c79-00188b4dc422 externer Link) und es noch in der Diskussion ist, ob Ost- und West-Deutschland ihn gleichermaßen erhalten soll (http://www.portal-sozialpolitik.de/home/einheitlicher-mindestlohn-in-west-und-ost externer Link), macht das DIW doch schon etwas deutlicher, was der Mindestlohn überhaupt bewirken kann: Anstatt die Verhandlungsposition der Gewerkschaften zu erhöhen, werden nur bestimmte Löhne verboten: Man könnte jedoch zusätzlich versuchen, die Position der Arbeitnehmer zu stärken (oh, das würde an dem festen „Glauben“ der „segensreichen“ Wirkung der Hartz-„Reformen“ rühren, in dem gerade diese große Koalition doch fest geeint steht! – Dabei haben regulierte Arbeitsmärkte auch ökonomisch ihren Vorteil – mit höherer Produktivität und mehr Innovationen (http://idw-online.de/de/news556776 externer Link)

Aber schauen wir uns doch einmal weiter an, was der Fachmann vom DIW weiter erklärt: „Arbeit ist zumutbar, wenn der Arbeitslose, sie annehmen möchte. Eine Arbeitstelle abzulehnen, sollte keine existentielle Bedrohung darstellen, wie es seit Hartz IV der Fall ist. Und: eine solche Lockerung der Sanktionen würde eine Untergrenze für Arbeitszufriedenheit schaffen zusätzlich zur Lohnuntergrenze.“ (sic!) (http://www.diw.de/documents/publikationen/73/diw_01.c.429038.de/13-41-4.pdf externer Link pdf)

Neben den Defiziten bei der Stärkung der Position der ArbeitnehmerInnen – auch noch verteilungspolitisch ein „Rohrkrepierer“

Nun darüber hinaus wird die verteilungspolitische Reichweite eines Mindestlohnes noch vom DIW ausgelotet: „Durch einen Mindestlohn könnte zwar die Lohnspreizung verringert werden, und Gerechtigkeitsvorstellungen, wie sie von einer großen Mehrheit der Bevölkerung geteilt werden, würden weniger verletzt. Zu einer Einebnung der Ungleichheit bei den verfügbaren Einkommen der privaten Haushalte und zu einer Verringerung der Armut käme es aber nicht. Ebenfalls nicht zu erwarten wäre, dass die Zahl derjenigen ArbeitnehmerInnen, die Leistungen nach Hartz IV beziehen (Aufstocker) stark zurückginge. Ein kräftiger gesamtwirtschaftlicher Kaufkraftschub (Stichwort „Binnennachfrage stärken“) ist ebenfalls nicht zu anzunehmen. (http://www.diw.de/documents/publikationen/73/diw_01.c.428116.de/13-39-1.pdf externer Link pdf)

Und um dieses „Bißchen“ Mindestlohn einzuführen, inszenieren sie jetzt ein Gedöns, als ob sie irgendetwas Bedeutendes „hervorbringen“.

Und wieweit wird es überhaupt einen Mindestlohn in Deutschland geben?

Aber schauen wir dann noch weiter, welche Chancen denn – nach einem gesetzlichen Erlass – eine Durchsetzung diese Mindestlohnes überhaupt hätte? Dazu schreiben die Ökonomen Karl Brenke und Gert G. Wagner vom DIW in der Süddeutschen Zeitung vom 4. November unter der allgemeinen Überschrift „Kontrolle ist wichtig“: Eine starke Position zur Durchsetzung von Mindestlöhnen hat eine betriebliche Interessenvertretung der Arbeitnehmer – sprich Betriebsräte. Allerdings ist den SOEP-Daten zufolge lediglich knapp ein Drittel derjenigen ArbeitnehmerInnen, die weniger als 8,50 Euro je Stunde verdienen, in einem Betrieb tätig, der einen Betriebsrat hat.

Von den Arbeitnehmern, die mehr verdienen, hatten zwei Drittel eine solche Interessenvertretung.

Deshalb taucht an dieser Stelle wieder das Problem auf, das für die Forderung nach einem gesetzlichen Mindeslohn der Ausganspunkt war: Geschwächte Gewerkschaften – die für die allgemeine Durchsetzung – siehe das Beispiel USA – eine Kontrollinstanz nötig hätten, die einen solchen Mindestlohn überhaupt garantiert. Nach den bisherigen Vorstellungen für einen Mindestlohn in Deutschland fehlt so etwas bisher vollkommen – also Robert von Heusinger kann weiter ruhig schlafen, einen allgemeinen Mindestlohn von 8,50 Euro wird es unter diesen Bedingungen – ohne Konrolle – sowieso nicht geben können.

Wunschvorstellungen zur rationale Trennung der Eurozone werden obsolet – da der Euro eher im abzusehenden Crash auseinanderfliegen könnte?

Um dies jedoch den Deutschen – in ihrer ökonomischen Blindheit für eine gemeinsame Währung, wo eben allein die Lohnfrage eine entscheidende „Schraube“ bleibt, um nationale Wettbewerbsfähigkeit zu „verbessern“, (vgl. auch „IMK u.a.: Deutsche Arbeitskosten – Eine Quelle der Instabilität im Euro-Raum“ http://archiv.labournet.de/diskussion/eu/sopo/lohn_bahl2.html) hatten zwei sehr unterschiedliche Geister wie Heiner Flassbeck und George Soros schon einmal vorgeschlagen, in der Eurozone zu einer Trennung von einer gemeinsamen Währung zu kommen (vgl. vor allem ab dem Abschnitt „Die Trennung in der Eurozone“ auf der Seite 19 f. bei (https://www.labournet.de/politik/eu-politik/eu-krise/eukrise-allg/die-deutsche-kanzlerin-gibt-jetzt-in-und-fur-europa-das-paulinchen-mit-dem-feuerzeug/) – oder weiter auch noch – unter Einbeziehung der Rolle der EZB – „EZB landet Propaganda-Coup im deutschen Interesse – aber da kommt Soros mit einem „Gegenschlag“ den Südländern zu Hilfe“ (https://www.labournet.de/politik/eu-politik/eu-krise/eukrise-allg/ezb-landet-proganda-coup-im-deutschen-interesse-aber-da-kommt-soros-mit-einem-gegenschlag-den-sudlandern-zu-hilfe/ – dort vor allem ab der Seite 2 f.)

Retten kann nur der Gläubiger – wie vor allem Deutschland – und nicht die südeuropäischen Schuldner. Nur der Gläubiger hofft, sich selbst – und sein Geld – am besten retten zu können, wenn er das Risiko des Euro-Crash (politisch oder ökonomisch?) in Kauf nimmt.

Europawahlen: Wie stark werden die Euro-Gegner werden – oder doch ein „Wettkampf“ zwischen der politischen Macht der Euro-Gegner und einer „Europäischen Bürger-Initiative“ zum Erhalt des Euro und Europas?

Ja, das wird jetzt – mit Blick auf die Europawahlen – ein recht seltsames Szenario: Wir bekommen eine wohl stark zunehmende politische „Front“ von Euro-Gegnern im Europa-Parlament. Dabei löst die Aussicht, den Euro zu verlassen oder gar aufzugeben, bei Stephan Schulmeister bezüglich der unübersehbaren und ökonomisch schwerwiegenden Folgen einen wahren Horror aus und vermag ihm den Schweiß auf die Stirn zu treiben angesichts der daraus folgenden Dauerkrise für Europa. (vgl. den Abschnitt „Auswegslos eingekesselt in diese Alternativlosigkeit – oder doch ein Entrinnen über eine „EBI“ („Europäische Bürger-Initiative“) auf der Seite 7 f. bei https://www.labournet.de/?p=47524)

Aber noch härter als jeder blaue Brief aus Brüssel dürfte die „Überschuss-Fans“ die Tatsache treffen, dass dieses Modell des Exportwahns auf Sand gebaut ist – denn schon wie es im Kinderlied heißt „Wer soll das bezahlen – wer hat so viel Pinke-Pinke….“ – und so sind bisher schon 600 Milliarden Euro einfach verloren, wie das DIW es vorgerechnet hat. (vgl. die Seite 7 unten „Exportwahn auf Sand gebaut“ bei (https://www.labournet.de/?p=45417) – und auch diese wurden hauptsächlich durch viele ArbeitnehmerInnen mit dem Lohndumping „bezahlt“.

Das schwache deutsche Streikrecht ist für Arbeitgeber noch zu stark, sodass sie jetzt auch ihre Angriffe auf das deutsche Streikrecht fortsetzen.

Dazu ist es zunächst begrüßenswert, dass Gewerkschaftstage – wie jetzt v der NGG – auf das ganz große Defizit des deutschen Streikrechtes hinweisen – und betonen, das Recht auf politischen Streik ist völlig legitim (http://www.jungewelt.de/2013/11-11/025.php externer Link – siehe dazu allgemein noch einmal „Einen Generalstreik in Europa auch für Deutschland -ein zentrales Theam vor dem 14. November“: http://archiv.labournet.de/diskussion/gewerkschaft/erfahrung/polstreik_bahl2.html  oder auch schon früher „Exportüberschuss und ein Politischer Streik für Deutschland – dringend erforderlich“ http://archiv.labournet.de/diskussion/gewerkschaft/erfahrung/polstreik_bahl.html )

Aber nicht diese Ausweitung steht politisch auf der Tagesordnung, sondern die weiteren Angriffe auf dieses deutsche recht „kastrierte“ Streikrecht des „Nipperdey`schen Käfigs“ von Arbeitgeberseite (www.nachdenkseiten.de/?p=19209#h13 externer Link )

Und so gerät das deutsche Streikrecht – ausgerechnet wieder ins Visier der Arbeitgeber (https://www.labournet.de/politik/gw/tarifpolitik/tarifdebatte/tarifeinheit/streikrecht-im-visier/).  Das ist nicht neu, denn schon einmal versuchten die Arbeitgeber – sogar im Verbund mit dem DGB (!) – das Streikrecht der Kleinen unter Kontrolle zu bringen ( vgl. dazu „Der „Seitensprung“ des DGB: Der jetzige Lokführer-Streik unter der Drohung eines Gesetzes ihn zu verbieten – und zwei brandaktuelle Gutachten (Wolfgang Däubler und RWI)“ (http://archiv.labournet.de/diskussion/gewerkschaft/tarifpolitik/dgbbda_bahl.html).

So legt jetzt gleich das IW ein Gutachten vor, dass diese „bösen“ Kleinen „auf Krawall gebürstet sind“ (https://www.labournet.de/politik/gw/tarifpolitik/tarifdebatte/tarifeinheit/gewerkschaften-die-kleinen-sind-auf-krawall-geburstet-iw/) – und dabei haben sie „nur“ das legitime Interesse auf Lohnerhöhungen – und vielleicht verfolgen sie diese etwas effektiver.

Und ein letzter Blick zurück auf die aufgestellte These:

Und beim Blick zurück auf die eingangs aufgestellte These,(= ist es inzwischen genügend klar geworden, welche Rolle die deutschen Gewerkschaften einnehmen? Oder fehlt noch irgendein „Beweisstück“?) muss man konstatieren, die Gewerkschaften könnten ein wesentlicher „Player“ für den Euro und in einer „EBI“ werden, wenn sie den Euro und Europa auch für sich „perspektivisch“ als die angemessene und auch unter den europäischen Gewerkschaften als „ihre“ Zukunft mit einer angemessenen Lohnkoordinierung in der Eurozone betrachten könnten, statt dem kurzfristigen Vorteil des Exportüberschusses hinterher zu hecheln – und das Risiko dabei in Kauf nehmen, dass der Euro „scheitert“. Gerade die deutschen Gewerkschaften stehen also wieder einmal wie „Herakles am Scheideweg“. Aber vielleicht lässt sie die Wucht der Euro-Gegner bei der Europawahl aufwachen, welche Folgen es gerade für die – für sie auch bisher so vorteilhafte – Exportindutrie in Deutschland hätte, wenn es keinen Euro mehr geben wird.

Und – ich gebe der Kanzlerin ungern recht, aber mit ihrer klaren Aussage „Wenn der Euro scheitert, scheitert auch Europa“ lag sie richtig – auch wenn sie schamhaft inzwischen diese klare Diagnose verschweigt!

Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=48233
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