DGB will mobilisieren (!) und zwar “ für eine neue Ordnung der Arbeit“ – wie „neu“ und in welche Richtung?
Dossier
2013 wird das Jahr einer neuen Ordnung der Arbeit. Das kündigte DGB-Vorsitzender Michael Sommer zum Jahresauftakt an. Starke Worte, die wir des öfteren vor einem lauen Herbst gehört haben… Bereits der Auftakt könnte einen Vorgeschmack bieten, daher unser Dossier zum Thema! Siehe Grundinformationen und Kommentare:
Grundinformationen
- Michael Sommer: „Wir mobilisieren 2013 für eine neue Ordnung der Arbeit“
„2013 wird das Jahr einer neuen Ordnung der Arbeit. Das kündigte DGB-Vorsitzender Michael Sommer zum Jahresauftakt an. „Die Zeit der Deregulierung von Arbeit auf dem Rücken der Beschäftigten ist vorbei“, sagte Sommer. Jahrelang gingen Arbeitsmarktreformen immer zulasten der Beschäftigten, so der DGB-Vorsitzende. Er fordert endlich Reformen für die ArbeitnehmerInnen statt gegen sie. Dafür setzen die Gewerkschaften auf gesetzliche, betriebliche und tarifpolitische Initiativen und Maßnahmen…“ DGB-Meldung vom 10.01.2013
- Dort auch die Rede von Michael Sommer zur Jahresauftakt-Pressekonferenz 2013 im pdf-Download. Aus deren Text:
- Zur Selbstdarstellung: „… Und um es noch einmal deutlich zu sagen: auch in den anstehenden Wahlkampfauseinandersetzungen bleiben wir dem Prinzip der Einheitsgewerkschaft verpflichtet, überparteilich, aber nicht neutral. Wir sind die Organisation der Arbeit, die Interessenvertreter der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in Deutschland. (…) Die gute Beschäftigungssituation ist auch ein Ergebnis der erfolgreichen Krisen- und Betriebspolitik der Gewerkschaften und Betriebsräte in den vergangenen Jahren. Aber es gibt keinen Grund, angesichts dieser Zahlen in Jubelgesänge zu verfallen. Denn wir dürfen nicht vergessen: Deutschland hat inzwischen den größten Niedriglohnsektor in ganz Europa. Nahezu jeder Vierte muss inzwischen im Niedriglohnbereich arbeiten, viele zu Löhnen, von denen niemand leben kann…“
- Zur politischen Erwartungshaltung: „… Ich hoffe allerdings, dass die Regierung wenigstens dann Handlungsfähigkeit beweist, wenn es um schnelle Entscheidungen zum Wohle der Beschäftigten und des Wirtschaftsstandortes Deutschland geht. (…) An die Damen und Herren der jetzigen Opposition, an Rot-Grün gerichtet sage ich: „Bleiben Sie bei ihrer arbeitsmarkt- und sozialpolitischen Klarheit und zeigen sie Verlässlichkeit.“…“
- Sowie zur „Mobilisierung“: „… Wir planen drei Aktionswellen mit bundesweit stattfindenden betrieblichen und örtlichen Aktivitäten im April nach Ostern sowie Anfang Juni und Anfang September. (…) Voller Selbstbewusstsein ruft der Deutsche Gewerkschaftsbund am 1. Mai unter dem Motto ‚1. Mai – Unser Tag, Gute Arbeit, sichere Renten, soziales Europa’ zur Teilnahme an unseren Veranstaltungen auf. Wir werden dann mit vielen Kolleginnen und Kolleginnen auf die Straße gehen und einen Politikwechsel für die Beschäftigten fordern. Ich selber werde auf der Hauptkundgebung des Deutschen Gewerkschaftsbundes in München reden…“
- Die Politischen Anforderungen des DGB an die Parteien für die Bundestagswahl 2013
Der DGB-Beschluss vom 2.10.2013
Kommentare
- Der Super-Pragmatismus des DGB – und wie weiter? Der DGB in einer erstaunlichen Symbiose mit der herrschenden Politik
Kommentierte Presseschau von Volker Bahl vom 15.1.2013 (aktualisiert am 16.1.2013) - DGB-Chef Sommer ist wirklich eine Katastrophe als Arbeitnehmervertreter
Artikel von und bei Thorsten Hild vom 15. Januar 2013 . Aus dem Text: „… Wenn Sommer von “den deutschen Gewerkschaften” spricht, muss man ihm ja nicht widersprechen, was seine Person anbelangt aber schon! Wenn Sommer “gute Arbeit” sagt, klingt es wie das Guten Abend der Mainzelmännchen. Überhaupt ein dummer, oberflächlicher, weil nichtssagender und braver Slogan, den sich komischerweise auch Die Linke zu eigen gemacht hat. So brav, wie die sind, hätte sie doch selbst Sommer nun wirklich einladen können, könnte man meinen. Weit gefehlt! Sommer begnügt sich desweiteren damit, müde Schlagworte, die mangels ihrer seit Jahren ausstehenden Realisierung so recht keiner mehr hören mag, wiederzukauen, wie ein Ochse, der schon viel zu lange auf der längst abgegrasten Weide steht. Wer solch obersten Arbeitnehmervertreter hat, braucht schon fast keine FDP mehr, bzw. kann dieser Vorsitzende nun wirklich froh sein, dass es die FDP gibt, denn gegen die kann er sich wenigstens noch mit Ach und Krach links abgrenzen (…) Wenn der DGB so bedeutend ist mit seiner Schlafmütze Sommer an der Spitze, warum gab es dann über Jahre so eine schlechte Lohnentwicklung, warum konnten Hartz IV und die Agenda 2010 dann bloß durchgesetzt werden (Sommer ist seit 2002 DGB Vorsitzender)? (…)Wer jetzt schon sagt, die SPD habe sich “deutlich auf die Gewerkschaften und auf gewerkschaftliche Positionen zubewegt”, hat selbst recht schwache Positionen; geeignet, um mehr für die Arbeitnehmer durchzusetzen, ist diese Selbstzufriedenheit des DGB-Vorsitzenden jedenfalls wohl kaum.“
- Vorstandsklausur des DGB: Sieht so der Kampf für einen „Kurswechsel“ aus?
„Die Gewerkschaften fordern in ihren öffentlichen Aufrufen ständig einen politischen „Kurswechsel“. Zu einer Klausur hinter verschlossenen Türen lädt der DGB-Bundesvorstand aber Politiker ein, die bestenfalls für ein „Weiter so“ stehen, wenn nicht sogar – wie etwa die Kanzlerin – für eine weitere Beschneidung von Arbeitnehmerinteressen. Warum laden die Gewerkschaftsspitzen den SPD-Kanzlerkandidaten Steinbrück ein, der doch unerbittlich an dem von den Gewerkschaften zumindest in wesentlichen Teilen bekämpften Agenda-Kurs festhält? Warum gerade den grünen Ministerpräsidenten Winfried Kretschmann, für den Schwarz-Grün „eine zweite Tür“ ist?…“
Kommentar von Wolfgang Lieb vom11. Januar 2013 bei den Nachdenkseiten
- »Gegen eigene Interessen«: Linkspartei kritisiert DGB. Offener Brief an Michael Sommer beklagt Ausgrenzung durch den Dachverband
„In der LINKEN organisierte Gewerkschafter haben in einem Offenen Brief an den DGB-Vorsitzenden Michael Sommer die Ausgrenzung ihrer Partei durch den Dachverband kritisiert. Man sei »verwundert«, heißt es in dem von neun Bundestagsabgeordneten unterzeichneten Schreiben, dass der DGB zu seiner Vorstandsklausur in dieser Woche zwar Kanzlerin Angela Merkel, den SPD-Spitzenkandidaten Peer Steinbrück sowie den grünen Ministerpräsident von Baden-Württemberg, Wilfried Kretschmann, eingeladen habe – nicht jedoch die Linkspartei…“ Beitrag in Neues Deutschland vom 14.01.2013 . Siehe dazu den offenen Brief vom 14.1.2013
- Merkel würdigt Gewerkschaften trotz „strittiger Themen“
„Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat die Rolle der Gewerkschaften bei der Bewältigung der Finanz- und Wirtschaftskrise gelobt. Aber es gebe auch strittige Themen wie Steuererhöhungen und gesetzlichen Mindestlohn, sagte Merkel in ihrem am Samstag veröffentlichten Video-Podcast. (…)“ Außerdem haben die Gewerkschaften eine ausgesprochen konstruktive und positive Rolle bei der Überwindung der Euro-Schuldenkrise gespielt“, sagte Merkel.“ dts-Agenturmeldung vom 12.01.2013 - Es “riestert”, “gabrielt” und “steinmeiert” kräftig in der Gewerkschaftsspitze
„Heute Vormittag gab im Interview mit dem Deutschlandfunk der Chef der Gewerkschaft IG Bergbau, Chemie und Energie, Michael Vassiliadis, seinen Senf zum SPD-Rentenkonzept. Dieser müsste den Arbeitnehmern kräftig Magenschmerzen bereiten, wenn nicht sogar Brechreiz hervorrufen. Man konnte fast den Eindruck gewinnen, da plant jemand schon einmal seinen Aufstieg als Arbeitsminister in einer großen Koalition. Das wiederum hätte ja durchaus Tradition…“ Artikel von und bei Thorsten Hild vom 11. September 2012 . Aus dem Text: „… Was haben denn die Gewerkschaften seit der Schröder-Ära für die Arbeitnehmer herausgeholt, “das ein ordentliches Auskommen im Alter beinhaltet”? Richtig, die Reallöhne sind kräftig gesunken. Sie ermöglichen immer mehr Menschen bereits heute kein “ordentliches Auskommen”, geschweige denn in der Zukunft. Was ist das für ein Kerl, dieser Vassiliadis. Nicht zu fassen! Gewerkschaftsmitglieder sollten ernsthaft darüber nachdenken, wie man solch Spitzenfunktionäre absetzen und die Gewerkschaften wieder als Interessenvertretung der Arbeitnehmer organisieren kann. Denn Vassiliadis ist ja kein Einzelfall. “Riestert” es kräftig an der Spitze der IG Berbau, Chemie und Energie, so “schrödert”, “gabrielt” und “steinmeiert” es nicht minder heftig bei der IG Metall und im DGB…“
- Wer sich in diesem Zusammenhang geschichtlich bilden möchte, sei auf zwei ältere Specials im LabourNet-Archiv verwiesen:
Gewerkschaften und Rot-Grün und Bündnis für Arbeit (und Wettbewerbsfähigkeit): Daten, Fakten und Proteste…