Streit um politische Streiks

"Wir fordern das Recht auf politischen Streik!"„In Frankreich dauern die Streiks und Proteste gegen die Rentenreform nun seit mehr als sieben Wochen an. Der Gewerkschaftsboss der CGT, Philippe Martinez, kündigte bereits neue Ausstände für die kommende Woche an. In Deutschland könne es solche politischen Streiks nicht geben, heißt es meist. Doch stimmt das überhaupt? Die Unterscheidung in gewöhnliche und politische Streiks legt bereits nahe, dass es sich beim politischen Streik um eine Sonderform des Streiks handele. Diese Sonderbehandlung des politischen Streiks ist bereits das Ergebnis einer Politik, die zulässige und legitime Streiks von illegitimen unterscheiden will. Diese Unterscheidung ist in Deutschland zwar besonders ausgeprägt, jedoch erst seit den 1950er Jahren. Zu Beginn der Arbeiterbewegung waren die Unternehmer bemüht, Streiks generell verbieten zu lassen. Das machte im Grunde jeden Streik politisch. So wurden die ersten großen Streikwellen in Deutschland zwischen 1869 bis 1872 auch militärisch niedergeschlagen. (…) Erst seit den Streiks der Zeitungsbetriebe 1952, bei denen Beschäftigte für mehr Rechte im Betriebsverfassungsgesetz kämpften, gilt in Deutschland der politische Streik als verboten. Wie weitgehend dieses Verbot ist, bleibt allerdings umstritten: Im Grundgesetz ist das Streikrecht keineswegs eingeschränkt. (…) Das Verbot von Generalstreiks und politischen Streiks in Deutschland ist auch völker- und europarechtlich umstritten. Einige Gewerkschaften wie die IG Bau, Verdi oder die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) haben in der jüngeren Vergangenheit die Legalisierung politischer Streiks gefordert, die Debatte darum ist inzwischen aber wieder abgeflaut. (…) Bis heute ist mit den Streikverboten die Angst vor der eigenständigen politischen Tätigkeit der Arbeitenden gewissermaßen institutionalisiert.“ Beitrag von Jörg Nowak vom 24. Januar 2020 bei der DGB-Gegenblende externer Link

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