Privatisierung contra Allgemeinwohlinteresse. Was die aktuelle Abweisung des Bürgerbegehrens zu Stuttgart 21 durch das Bundesverwaltungsgericht für den Kampf gegen Privatisierung bedeutet

Stuttgart21: Dummheit Tag und NachtTrotz 35.000 Unterschriften und den Gang durch die Instanzen scheitert das Bürgerbegehren für einen Ausstieg Stuttgarts aus der Finanzierung von Stuttgart 21 am 14. Juni nun auch vor dem Bundesverwaltungsgericht (BVerwG 10 C 7.15). Damit muss die Stadt sich weiter an einem vorrangig privatwirtschaftlich orientierten Projekt finanziell beteiligen, was massenhaft abgelehnt wird und dessen Kosten gegenüber der ursprünglichen Planung immer weiter in nie geahnte Höhen steigen. Dies allein wäre für mich jedoch kein Grund, darauf eigens einzugehen. Scheiterte doch bisher immer des Volkes Wille in Stuttgart nicht nur an Landesregierung und Stadtverwaltung, sondern auch an Justitia. Bemerkenswert ist allerdings die vom BVerwG in seiner jetzigen Entscheidung vertretene Rechtsauffassung zum Verhältnis von privatisierten Infrastrukturunternehmen und Allgemeinwohlinteresse. Schließlich ist aktuell wieder ein neues Privatisierungsprojekt auf der regierungsamtlichen Agenda, nämlich die Privatisierung von Autobahn und Fernstraßen…“ Ein Kommentar von Armin Kammrad vom 18.06.2016 

  • Uns wichtig im Text: „… Am Beispiel des Ausverkaufs von Staatseigentum an Privat und der damit verbundenen Sozialisierung von Kosten und Verlusten, rechtlich abgesichert durch Änderungen des Grundgesetzes, lässt sich deutlich ablesen, dass tarifliche Auseinandersetzungen allein zu kurz greifen. Da der neoliberal orientierter Gesetzgeber die Auseinandersetzung zwischen Kapital und Arbeit ins Rechtliche verlagert, ergibt sich die Legitimität – wenn nicht sogar Legalität – politischer Streiks, genau aus diesem Vorgang. Selbst das beliebte Argument, dass Streiks unbedingt zu vertraglichen Vereinbarungen führen müssen, ist mit verfassungsrechtlichen Argumenten angreifbar. Denn dazu müsste der Gesetzgeber sich neutral verhalten, was er jedoch in seinem Privatisierungswahn nicht macht. Er steht hier auf Seiten des Kapitals bzw. der „Arbeitgeber“ – wie übrigens auch mit seinen Eingriffen ins Streikrecht. Auch wenn nicht üblich, lässt sich solche Parteilichkeit des Gesetzgebers durchaus als rechtswidriger Eingriff in die Tarifautonomie nach Art. 9 GG interpretieren. Was macht das BVerwG im Falle von Stuttgart 21 anders, als eine ausschließlich auf private Gewinnerzielung ausgelegte Verfassungsinterpretation vorzulegen? Bezüglich politischer Streiks sollten sich die Gewerkschaften hieran ein Beispiel nehmen und ebenfalls kreativ werden. Widerspricht die Privatisierung nicht der Sozialverpflichtung des Eigentum nach Art. 14 Abs.2 GG?…!
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