[Film- und Diskussionsreihe der RLS NRW] „Ihr Kampf ist unser Kampf!“ – Streik 1973 bis 2023 und darüber hinaus
„Vor 50 Jahren fanden in Deutschland über 300 sogenannte „wilde Streiks“ statt, von denen in NRW vor allem die Streiks im Sommer 1973 bei Pierburg und Ford im Gedächtnis geblieben sind. Viele der spontanen Streiks waren von Migrant*innen getragen, die tagtäglich rassistischen und sexistischen Lohnhierarchien ausgesetzt waren. Diese „wilden Streiks“ blieben nicht ohne Rückwirkung auf die „offiziellen“ Arbeitskämpfe der DGB-Gewerkschaften und führten insgesamt zu einer Politisierung der sozialen Auseinandersetzungen in der BRD. Gemeinsam mit zahlreichen Kooperationspartner*innen widmet die Rosa-Luxemburg-Stiftung NRW den Streiks 1973 eine Film- und Diskussionsreihe.“ Infoseite der Rosa-Luxemburg-Stiftung NRW mit konkreten Angaben zu Zeitpunkt und Inhalt der Film- und Diskussionsreihe und vielen Publikationen zum Thema und insbesondere:
- «Der Streik hat mir geholfen als junger Mensch Kraft aufzubauen». Dokumentation zur Tagung «Gelingende und misslingende Solidarisierungen – 50 Jahre spontane Streiks»
„«Für mich war die ganze Aktion, der ganze Streik ein Wendepunkt. Für vieles». So erinnert Mitat Özdemir sich an die Streiktage im Sommer 1973. Der 1948 in der Türkei geborene war zur Zeit des Streiks bei Ford in Köln in den Wohnheimen des Konzerns als Sozialbetreuer tätig. Er erwähnt auch die Kraft, die nicht nur ihm der Streik für sein Leben, im Grunde bis heute, gab. Aber sind solche Erinnerungen Teil des offiziellen Gedächtnisses der Bundesrepublik, Erinnerungen von damals «Gastarbeiter» genannten Migrant*innen? Erst recht fehlt die Erinnerung an Arbeits- und andere Kämpfe von Migrant*innen, und eine Debatte darüber, welche Wirkung und Folgen diese auf die Gesellschaft hatten und haben. Die Tagung «Gelingende und misslingende Solidarisierungen» Anfang September in Düsseldorf widmete sich den Fragen von «Anerkennungskämpfen der Migration», von Gemeinsamkeiten und Interessenkonflikten zwischen «einheimischen» und eingewanderten Arbeiter*innen. Zum einen wurde an die stark, aber keineswegs ausschließlich migrantisch geprägten «spontanen» Streiks nicht nur des Sommers 1973 erinnert (vgl. dazu den Beitrag von Simon Goeke). Genauso ging es zum anderen um die Wirkungen dieses Engagements von Einwanderer*innen auf die Gewerkschaften (vgl. dazu die Beiträge von Nihat Öztürk und Christiane Benner). Nicht zuletzt stellt sich die Frage, inwieweit sich heute auch für aktuelle gesellschaftliche Auseinandersetzungen produktiv daran anknüpfen lässt…“ Bericht von Florian Weis und Bernd Hüttner bei der Rosa Luxemburg Stiftung samt Fotos und der Dokumentation der Vorträge der Tagung - Konferenz „50 Jahre spontane Streiks – Gelingende und misslingende Solidarisierungen“ am 1. und 2. September 2023 in Düsseldorf
„Im August 2023 jähren sich zum fünfzigsten Mal die spontanen Streiks beim Autozulieferer Pierburg in Neuss und bei Ford in Köln, die bereits damals eine recht große Aufmerksamkeit erfuhren, vor allem aber in den folgenden Jahrzehnten wegen des weit überproportionalen Anteils von Migrant*innen unter den Streikenden und ihres – vor allem bei Ford in Köln – «inoffiziellen» Charakters für eine neuere politische und wissenschaftliche Debatte und einen (post-)migrantischen Aktivismus eine geradezu symbolische Bedeutung erlangten. Die Erinnerung an die Streiks von 1973 war in den letzten Jahren vor allem davon geprägt, migrantischen Widerstand, migrantische (Arbeits-)Kämpfe und migrantische Akteur*innen in den Mittelpunkt sichtbar zu machen und zu würdigen. Auch lassen sich die Kämpfe von 1973 einem längeren zeitlichen Bogen von Arbeitsauseinandersetzungen zuordnen, der beispielsweise vom Spätsommer 1969 («Septemberstreiks») bis 1974 (erfolgreicher ÖTV-Streik) datiert werden kann. Die Streiks in dieser Phase der bundesrepublikanischen Geschichte lassen sich bei näherer Betrachtung nicht dichotomisch als «wilde» Streiks gegen die DGB-Gewerkschaften und ihre «legalen» Arbeitskämpfe beschreiben, sondern zeigen eher ein widersprüchliches Wechselspiel denn einen schroffen Gegensatz. Der vorwiegend von Frauen getragene Streik in Neuss, der sich gegen die faktisch ausschließlich Frauen diskriminierende Lohngruppe 2 richtete, war auch deshalb erfolgreich, weil sich die Mehrheit von Betriebsrat und lokaler IG Metall solidarisch verhielten. Damit dies gelingen kann, sind Solidarisierungsbedingungen entscheidend, die verbindende Kämpfe erlauben. In Neuss gelang dies, in Köln nicht. Doch sollte auch dieser Unterschied von gelungener und gescheiterter Solidarisierung nicht zu einer weiteren Dichotomie ausgebaut werden; auch aus dem Scheitern können wertvolle Schlussfolgerungen gezogen werden…“ Infos bei der RLS NRW zur Konferenz vom 01.09.2023, 17:00 bis 02.09.2023, 19:00 Uhr im DGB-Haus (Friedrich-Ebert-Straße 34-38, 40210 Düsseldorf)