[Wir bitten um Teilnahme an der Befragung] Wo sind die Betriebsaktivist:innen von heute?
„Liebe Kolleginnen und Kollegen, Projekte wie LabourNet Germany und der express sind abhängig davon, Informationen aus den Betrieben und der Arbeitswelt zu erhalten. In der Geschichte dieser Medien gab es immer Betriebsgruppen, die diese Projekte auch als die ihren begriffen. Diese Basis wird dünner, manche meinen gar, es gibt sie gar nicht mehr. Wenn es sie aber doch noch gibt, dann hat sie sich verändert. Wie genau, diese Frage hat sich die Stiftung Menschenwürde und Arbeitswelt gestellt und mich (Torsten Bewernitz, Redaktion express) damit beauftragt, eine entsprechende Kurzstudie durchzuführen. Im Rahmen dieser Studie sind zwei Fragebögen entstanden. Wir möchten euch bitten, diese Fragebögen, soweit sie auf euch zutreffen, im folgenden Monat (bis zum 6. März) auszufüllen…“Aufruf von Stiftung Menschenwürde und Arbeitswelt, Redaktion LabourNet Germany und Redaktion express, siehe im Weiteren die Links zu den Fragebögen – wir danken im Voraus! Siehe Infos zum Fragebogen und nun zur Auswertung:
- Was tun und was wollen linke Betriebsgruppen heute? Organizer:innen und Gewerkschaftshauptamtliche schauen anders auf den Betrieb als Betriebsaktive
„Von September 2021 bis April 2022 führte die Stiftung Menschenwürde und Arbeitswelt eine Untersuchung über den Stand der Bewegung in den Betrieben durch. Im Rahmen der Studie wurde auch eine kleine Online-Umfrage durchgeführt, die 37 Aktive aus Betriebsgruppen (im folgenden «Interne») und 13 Organizer:innen und Gewerkschaftshauptamtliche (im folgenden «Externe») beantwortet haben. (…) Die Fragen zu betrieblichen Themen bewegten sich auf zwei verschiedenen Ebenen: Zum einen wurde nach den tatsächlichen Themen des betrieblichen (bzw. gewerkschaftspolitischen) Alltags gefragt, zum anderen nach der Relevanz von betrieblichen Themen. Darauf antworteten Gewerkschaftssekretär:innen und Organizer:innen durchaus anders als Betriebsaktive: Bei den Externen standen die Themen Betriebsrat und Mitbestimmung deutlich im Vordergrund, bei den Internen steht die Tarifpolitik unangefochten an erster Stelle – hier spielte die zum Zeitpunkt der Befragung aktuelle Kampagne für einen Tarifvertrag für studentische Hilfskräfte eine wesentliche Rolle. Betriebsratsmobbing wird von den Externen fünfmal so häufig genannt wie bei den Internen. Beide Gruppen benennen mehr als einmal die Befristungen (auch hier spielen die Hochschulangehörigen eine wesentliche Rolle). Die Internen wiederum nennen das Thema Arbeitszeit bzw. Entlastung achtmal, die externen nur zweimal, den Arbeits- und Gesundheitsschutz viermal und die Umsetzung der Corona-Regelungen zweimal, während das Thema Gesundheitsschutz bei den Hauptamtlichen gar keine Rolle spielt. Die Externen wiederum nennen die Themen Organizing, Antirassismus und feministische Belange mehr als einmal, betriebsalltägliche Themen hingegen wie Parkplätze, Arbeitskleidung, Überwachung, Personalmangel, Mobbing (allgemein, nicht auf Union Busting bezogen), Outsourcing und Verlagerung oder als allgemeineres Thema prekäre Beschäftigungsverhältnisse nur einmal. Unter den Internen ist die Selbstwahrnehmung der Themen, die sie behandeln, teilweise ganz anders. Auch sie nennen zweimal Organizing. Das Thema hat im Betrieb sogar noch mehr Bedeutung, wenn wir ähnliche Antworten hinzuziehen: «Gewerkschaft politisieren», «die Gewerkschaft im Betrieb vertreten» und «Vermittlung gewerkschaftlicher Methoden». Dann aber wird es branchenspezifisch: Vor allen Dingen Beschäftigte aus den Hochschulen und aus Krankenhäusern nennen sehr branchenspezifische Aspekte; gleiches gilt für prekäre Beschäftigungsverhältnisse, in der die individuelle und meist juristische oder Ämterhilfe im Vordergrund steht. Die Internen benennen jedoch auch allgemeinere Themen, die spezifisch gemeint, aber verallgemeinerbar sind: Lohn, Unternehmenstransformation, Personalfragen, Arbeitsbedingungen, Arbeitsverdichtung, Stellenstreichung, Digitalisierung, Überlastung, Jugendarbeit, Datenschutz, (Betriebs-)Rente, Sozialpolitik, Integration von behinderten Beschäftigten, Standorterhalt. Schließlich werden noch ganz abstrakte Themen genannt, da treffen sich Interne und Externe tendenziell wieder: Etablierung von Solidarität, Antidiskriminierung/Diversität, Sozialpolitik, Aktivismus gegen Rechtsextremismus und für Klimaschutz sind so überbetriebliche Themen. Zu guter Letzt wird auch das Thema «Streik» genannt. (…) An dieser Schnittstelle finden wir die Aspekte, wo die Arbeit des kritisch-solidarischen, linken Gewerkschaftsumfelds beginnt: «Was sicherlich immer eine Schwäche der DGB-Gewerkschaften ist, ist das Führen von Auseinandersetzung als gesellschaftliche Kämpfe und nicht nur als rein betriebliche. «Vernetzung» ist hier ein Kernaspekt: «Austausch, Diskussion von guten, gelungenen Ansätzen und Strukturen. Unabhängig von bürokratischen Gewerkschaftsstrukturen. International Vernetzung und Austausch. Vielfältige und undogmatische Diskussionen».“ Beitrag von Torsten Bewernitz aus der Soz Nr. 7/2022 (Torsten Bewernitz von der Redaktion express hat auch die Studie für die Stiftung durchgeführt) - Von der Betriebsintervention zum Organizing
„Im Herbst 2021 hat die Stiftung Menschenwürde und Arbeitswelt express-Redakteur Torsten Bewernitz mit einer Recherche zum Stand des Be-triebsaktivismus heute beauftragt. Die Ergebnisse der – vorerst internen – Studie werfen auch für uns als Redaktion die Frage auf, in welche Richtung sich unser Projekt weiter entwickeln könnte und sollte. Die Studie unseres Redakteurs schließt außerdem an das kürzlich veröffentlichte Interview mit Wolfgang Schaumberg (express 2-3/2022 und 4/2022) über linke Politik im Betrieb an. Unser Jubiläum bietet Anlass für eine solche Reflexion. Wir dokumentieren eine gekürzte und überarbeitete Fassung des Fazits der Studie. (…) Für den express und »artverwandte« Projekte ergeben sich 2022 aus dem Gesagten m.E folgende Aufgabenfelder: Zum ersten die Vernetzung jener »neuen« betriebslinken Gruppen, die aktuell entstehen und bereits relativ stark sind, wie in der Pflege und der Krankenhausbewegung, unter den Riders und in Einzelunternehmen wie amazon. Zum zweiten, und das wurde kürzlich von Berliner Rider:innen auch ausdrücklich so gewünscht, die Vernetzung von Betriebsaktiven der älteren und der jüngeren Generation. Vielfach wurde in der Befragung ein Bedürfnis nach Orten, Zeiten und Medien für einen überbetrieblichen Austausch deutlich. Die schwierigere Aufgabe bleibt es, dort Strukturen zu entdecken und zu fördern, wo diese kaum noch zu finden sind, namentlich etwa im Einzelhandel und imChemiesektor, sowie überall dort, wo es zwar renitente Einzelpersonen oder Kleinstgrüppchen gibt, denen aber bislang Rückhalt, Basis und Vernetzung fehlt…“ Überlegungen zur Rolle des express 2022 von Torsten Bewernitz im express – Zeitung für sozialistische Betriebs- und Gewerkschaftsarbeit – 5/2022 - „… Die Befragung wird etwa eine Viertelstunde in Anspruch nehmen, alle Daten bleiben natürlich anonym. Und wer wünscht, kann sich ein kleines Dankeschön auswählen.
- Ein erster Fragebogen wendet sich an hauptberufliche Organizer:innen und Gewerkschaftssekretäre
- Für betrieblich Aktive gibt es diesen zweiten Fragebogen
Wir bedanken uns jetzt schon für die Bereitschaft und Kooperation. Weitere Fragen, Anregungen und Gesprächsangebote nehme ich gerne entgegen (Mailadresse in den Fragebögen)
Torsten, im Auftrag der Kooperationspartner: Stiftung Menschenwürde und Arbeitswelt, Redaktion LabourNet Germany und Redaktion express„
Wir danken im Voraus und werden selbstverständlich über die Ergebnisse und deren Nutzung (auch für unsere weitere Arbeit) berichten!