Herausforderungen für die internationale Solidarität
„Gegenwehr im Zeitalter der Globalisierung erfordert grenzüberschreitende Solidarität, doch diese stellt sich nicht von selbst ein. Auf allgemeinster Ebene können die Auswirkungen der Globalisierung als eine Verschiebung der Kräfteverhältnisse zu Gunsten der mobileren Elemente in der Gesellschaft gewertet werden…“ Artikel von Prof. Dr. Christoph Scherrer in der DGB-GEGENBLENDE 19 vom Januar/Februar 2013
Aus dem Text: „… Für die Entwicklung grenzüberschreitender gewerkschaftlicher Solidarität stellen diese Trends eine große Herausforderung dar. Soweit Lohnniveauunterschiede dank eines weiterhin bestehenden Produktivitätsgefälles aufrechterhalten werden können, besteht für die Gewerkschaften des Nordens kaum ein Anreiz ins Gespräch mit den Beschäftigten des globalen Südens zu kommen. Wird zudem das Produktivitätsgefälle politisch beispielsweise durch Patente gestützt, besteht sogar ein potenzieller Interessenkonflikt. Entscheiden sich Gewerkschaften für die Ausdehnung bzw. Verteidigung des Patentschutzes, dann stellen sie sich gegen Bestrebungen im Süden, bessere Positionen innerhalb der Wertschöpfungsketten zu erringen. Bündnispolitisch ist dies nicht unproblematisch. Insofern sich jedoch die Arbeitsproduktivitäten angleichen, geraten die gewerkschaftlichen Mitglieder in eine strukturelle Konkurrenz zu ausländischen Belegschaften. Wird erst dann das Gespräch gesucht, kann leicht der Appell an gewerkschaftliche Solidarität ungehört verpuffen. (…) Während die Gefahr einer solchen Abwärtsspirale seit langem diskutiert wird, sind die Auswirkungen der deutschen Exportweltmeisterstrategie erst vor kurzem Gesprächsstoff aufgeklärter GewerkschafterInnen geworden. (…) Die Standardantwort lautet leider zu häufig noch ein Bündnis mit Unternehmen und Staat auf betrieblicher, regionaler oder nationaler Ebene. Doch all diese bekräftigen nur die strukturelle Konkurrenz. Grenzüberschreitende Bündnisse beginnen erst zaghaft sich zu entwickeln und bleiben zumeist auf Konzernbelegschaften oder die absoluten Mindestrechte begrenzt. Eine Einflussnahme auf die die strukturelle Konkurrenz erwirkenden Rahmenbedingungen steht konzeptionell noch am Anfang. Wie müssten die Regeln der Weltwirtschaft aussehen, damit die Lohnabhängigen nicht systematisch in Konkurrenz zueinander gesetzt werden? Und wie können diese Regeln für eine sozialverträgliche Weltwirtschaft durchgesetzt werden?…“