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Euromed „Workers Economy“: Treffen der selbstverwalteten Betriebe in Europa
Dossier
Seit 2007 (in Argentinien) finden, mit wachsenden Zahlen teilnehmender selbstverwalteter Betriebe und daran interessierter Gruppierungen, alle zwei Jahre Treffen zum Meinungs- und Erfahrungsaustausch über Selbstverwaltung statt. Zu den aufrufenden Organisationen bzw Selbstverwaltungen gehören neben vio.me und fralib etwa auch die Workers’ University aus Bosnien und die Organisation for Workers’ Initiative & Democratisation (BRID) aus Kroatien und eine Reihe anderer mehr, darunter auch Alternativgewerkschaften wie die CGT aus Spanien oder Solidaires aus Frankreich. Es tauschen sich aus VertreterInnen von selbstverwalteten Betrieben, von gewerkschaftlichen, gemeinnützigen und universitären Organisationen aus Spanien, Italien, Frankreich, Deutschland, Croatie, Slovenien, Bosnien, Großbritannien, Türkei, Polen und aus Griechenland – sowie Delegationen aus Argentinien, Mexiko, Uruguay… Siehe unseren Überblick über bisherige Treffen und uns bekannte Initiativen:
- ropäisches Workers-Economy-Netzwerk, das vierte Treffen in Barcelona: Vernetzung von Betrieben in der Hand der Arbeitenden
„Angesicht sich zuspitzender Krisen sind Gegenwehr und Alternativen notwendiger denn je. Seit zehn Jahren vernetzen sich europäische Betriebe, die von den Beschäftigten übernommen wurden. Von Anfang an lag der Schwerpunkt auf dem Mittelmeerraum und öffnete sich auch für Neugründungen ohne Vorgeschichte von Betriebsbesetzungen. Willkommen wären ebenfalls Betriebe aus anderen europäischen Ländern, die sind aber bislang nicht vertreten. (…)
Erst nach fünf Jahren, im Oktober 2024, fand wieder ein Workers-Economy-Treffen statt, diesmal in Barcelona, im Sozialen Zentrum Can Batlló. Eingeladen hatte die anarchosyndikalistische Gewerkschaft CGT in Kooperation mit der Stiftung Salvador Segui. Während bisher zwischen 150 und 300 Leute zu den Treffen kamen, waren diesmal kaum mehr als 40 Teilnehmende dabei.
Einige Wissenschaftler:innen waren extra aus Lateinamerika angereist. Aus Barcelona nahm das Verlags- und Druckereikollektiv Descontrol teil, dessen Betriebsräume im Can Batlló wir besichtigen konnten. Ebenfalls aus Barcelona kam ein Vertreter von el Poblet. Die »Genossenschaft für gesellschaftliche Transformation durch Selbstorganisation und Vernetzung« betreibt in der Carrer Independencia ein Zentrum mit verschiedenen Beratungs- und Kursangeboten und hat eine eigene Währung.
Aus Thessaloniki waren Kolleg:innen von Vio.Me gekommen, der noch immer besetzten, nun aber räumlich eingeschränkten Fabrik (die SoZ hat mehrmals berichtet). Ebenfalls aus Thessaloniki kamen Kollektivist:innen vom Café Pagkaki, das 2009 von jungen Erwerbslosen gegründet wurde. Es bietet Produkte aus alternativem und solidarischem Handel zu möglichst günstigen Preisen an.
Die neu gegründete Genossenschaft GKN For Future (GFF) war mit einem Vorstandsmitglied vertreten, das über das Fabrikkollektiv von GKN in Florenz berichtete. (…)
Der GKN-Kollege war auch für RiMaflow gekommen, beide Kollektive sind Teil des Netzwerks Fuorimercato, das Austauschbeziehungen außerhalb des Marktes organisiert. Ebenfalls von Fuorimercato waren Vertreter:innen von Solidaria aus Bari und Contadinazioni aus Sizilien dabei. Das Kollektiv von Einheimischen und Geflüchteten in Bari produziert die ausbeutungsfreie Tomatensauce SfruttaZero, die auf jedem Glas das Foto eines Kollektivmitglieds abbildet. Die Initiative ContadinAzioni unterstützt Wanderarbeiter:innen in ihren Kämpfen und beim Aufbau selbstverwalteter Betriebe.
Ein Kollege aus Berlin gab einen Input zur Demokratischen Arbeitszeitrechnung von der gleichnamigen Initiative (IDA). (…)
Es war ein schönes Wiedersehen, aber von der Aufbruchstimmung der vorherigen Treffen war in Barcelona nichts zu spüren. Mehrfach wurde die Unmöglichkeit benannt, die drei Ziele: sinnstiftende Arbeit, sinnvolle Produkte und günstige Preise gleichzeitig umsetzen zu können. Viele Fragen, wie bspw. die nach einem klaren Blick auf die sich verschärfenden Verhältnisse, nach einem gemeinsamen Selbstverständnis oder nach dem Umgang mit öffentlicher Förderung, wurden angesprochen. Deutlich war der Wunsch nach weiterer Zusammenarbeit, dass es ein langer Prozess ist und dass das nächste Treffen größer werden soll. Jedoch fanden sich keine Verantwortlichen dafür, und so bleibt nur die Hoffnung, dass das vielleicht eine von den nicht dabei gewesenen Gruppen in die Hand nimmt.“ Bericht von Elisabeth Voß in der Soz Nr. 02/2025- 4. Encuentro Europeo de Economía de los Trabajadores y las Trabajadoras
„Las jornadas se celebrarán en el espacio vecinal y autogestionado ‘Can Batlló’ entre el 11 y el 13 de octubre, y tienen como objetivo el conocimiento y el fortalecimiento de las estrategias sindicales entre personas trabajadoras de diferentes territorios…“ Einladung der CGT(span.)
- 4. Encuentro Europeo de Economía de los Trabajadores y las Trabajadoras
- Betriebe rückerobern statt Sozialplan verhandeln – Rückeroberte Betriebe vernetzen sich europaweit
„Noch ist er nicht entschieden, doch das Beispiel des Kampfes der Belegschaft um die Rückeroberung ihres Betriebs GKN bei Florenz hat die Gewerkschafts- und Arbeiter:innenbewegung und die Linke in Deutschland und Europa angefeuert. Mit ihm wird die Diskussion um den Kampf gegen Betriebsschließungen über das in Deutschland übliche Niveau von Sozialplan oder Sozialtarif hinausgehoben und auf eine grundlegende Systemtransformation orientiert. Mit dabei bedacht wird auch die Verbindung von Ökonomie und Ökologie.
Der ehemalige Autozulieferer GKN reiht sich in erfolgreiche Betriebsrückeroberungen in Italien, Griechenland, Frankreich und Spanien ein, die schon früher diesen Schritt gewagt und nun exGKN in ihre Vernetzung aufgenommen haben. Da ist RiMaflow in der Nähe von Mailand. 2013 hatten Kolleg:innen die Hallen besetzt, die alte Produktion konnten sie nicht fortsetzen, die Maschinen waren abtransportiert worden. 22 Arbeiter:innen begannen daraufhin zu experimentieren: Sie reparierten und recycelten Computer und Haushaltsgeräte, eröffneten eine Mensa, organisierten Kulturaktivitäten mit der Nachbarschaft, vernetzten sich mit Biobäuer:innen, produzierten Biosoßen und Biolikör, bauten mit dem Ableger Fuori Mercato ein Vertriebssystem für biologisches Obst und Gemüse um Mailand herum auf.
Ihre Produkte stammen aus dem italienischen Süden von Genossenschaften mit fairer Bezahlung der Helfer:innen. Ende 2018 konnten sie eine Vereinbarung mit der Eigentümerbank Unicredit erzielen, die Abfindungen an die Beschäftigten und den Kauf einer benachbarten Halle beinhaltete. (…) In Géménos bei Marseille arbeitet Scop Ti (Société coopérative ouvrière provençale de thés et infusions) seit 2015 als kollektiv verwaltete Teekooperative. Zuvor hatten die Arbeiter:innen über drei Jahre den Betrieb besetzt und den Abtransport der Maschinen verhindert. Der Eigentümerkonzern Unilever musste damals insgesamt 20 Millionen Euro Entgeltnachzahlungen und gesetzlich vorgeschriebene Entschädigungen an die 132 Arbeiter:innen zahlen – das Gründungskapital für eine Genossenschaft. (…) Bei uns besser bekannt ist Vio.Me aus Thessaloniki, über das in der SoZ des öfteren berichtet wurde. Nach zwei Jahren Besetzung haben die Kolleg:innen mit der Produktion diverser ökologischer Reinigungsmittel begonnen, die betreiben sie nun seit über elf Jahren. (…) Zur Vernetzung der rückeroberten Betrieben in Europa, auch zur Beratung und Unterstützung durch Aktivist:innen aus Süd- und Mittelamerika, gab es ein erstes Treffen bei Fralib Anfang 2014. (…) Das zweite Treffen fand 2016 drei Tage lang in Thessaloniki bei Vio.Me statt. (…) Die dritte Konferenz fand im April 2019 bei RiMaflow nahe Mailand statt. Sie brachte Teilnehmer:innen aus Italien, Frankreich, Spanien, Belgien, Kroatien, Griechenland, Ungarn, Kurdistan, Deutschland, Russland, Brasilien und Argentinien zusammen.
Auch diesmal waren Vertreter:innen der rückeroberten Betriebe in der Minderzahl, in der Mehrzahl waren Kooperativen aus Landwirtschaft und Vertrieb, Gewerkschaften, soziale Zentren, Politaktivist:innen und unterstützenden Initiativen. Dadurch stand der Informationsaustausch über diese Projekte im Mittelpunkt. Der Kooperationsfonds für rückeroberte Betriebe wurde zwar besprochen, aber nicht beschlossen. Deswegen werden sich die Betriebe nun in direktem Kontakt vernetzen. Eine Verabredung für ein viertes Treffen wurde zwar für 2021 in Spanien angestrebt, musste aber wegen Corona verschoben werden. Inzwischen laufen Beratungen über einen Termin noch im Herbst dieses Jahres.“ Artikel von Manfred Neugroda in der Soz Nr. 09/2024
Die bisherigen Treffen:
- Das erste Treffen in Europa war 2014 bei Fralib in Frankreich
- Zweites Treffen der selbstverwalteten Betriebe in Europa: Ab 28. Oktober 2016 in Griechenland
- [12. – 14. April 2019 in Mailand] 3. Europäisches Treffen selbstverwalteter Betriebe bei der Kooperative RiMaflow
- Siehe https://elis.netz.coop/
Siehe die Betriebe/Initiativen:
- Dossier: Autozulieferer GKN schliesst Florentiner Werk Campi Bisenzio und setzt 450 Familien auf die Strasse – nun besetzt
- Dossier: If they can’t do it, we can – Selbstverwaltung bei Viomihaniki Metalleutiki (Vio.Me)
- Dossier: Fralib: Teebeutel – selbstverwaltet