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[5.7.2016 in Berlin] Aufruf zur Kundgebung: Klima retten! DGB-Pro-Kohle-Kurs endlich beenden! Gewerkschaftlicher Kohlelobbyismus nicht in unserem Namen
„Was würden Sie tun, wenn jemand in Ihrem Namen gravierende Aussagen unterschreibt, über die Sie in Ihrem Verein, Gremium o.ä. nie Beschlüsse gefasst haben und die Sie selbst für falsch halten, um nicht zu sagen schlimm? Aber: Genau das haben die allermeisten VertreterInnen der Gewerkschaften des DGB Berlin getan, als sie die „Anforderungen an die künftige Landespolitik in Berlin“ unterzeichnet haben, die der DGB Bezirk Berlin-Brandenburg zur bevorstehenden Wahl zum Berliner Abgeordnetenhaus herausgebracht hat. Auf S. 17 finden sich in dem 28-Seiten-Papier zum Thema Energie Aussagen, die auch nur halbwegs klimafreundlichen GewerkschafterInnen die Schamesröte ins Gesicht treiben. Enthalten diese Zeilen doch ein klares Bekenntnis der Berliner Gewerkschaften zur „Braunkohle in der Lausitz … bis weit in dieses Jahrhundert“ Wer sich auch nur oberflächlich mit der Thematik befasst hat, weiß, dass sich mit diesem Bekenntnis die Berliner DGB-Gewerkschaften mit der Vernichtung diverser Lausitzer Dörfer für den Braunkohletagebau einverstanden erklären. Im Namen ihrer Mitglieder. Das Dorf Proschim z.B. (erste Erwähnung um 1300) mit seinen 380 EinwohnerInnen und knapp 100 Dauerarbeitsplätzen würde auf ewig vernichtet werden, damit der Tagebau in der Region Welzow ganze 6 (in Worten sechs) Jahre weiter betrieben werden kann. Welch ein Irrsinn! (…) Deshalb kommt zur Kundgebung am Dienstag. dem 5. Juli 2016, um 13 Uhr, vor dem Haus des DGB Bezirk Berlin-Brandenburg, Keithstraße 1 + 3, 10787 Berlin“ Aufruf der klimaaktiven GewerkschafterInnen aus Berlin, Cottbus, Hamburg vom 30. Juni 2016 (Aufruf erhielten wir per Email) und nun der Bericht von Astrid Matthiae für die InitiatorInnen der ´klimaaktiven Mittagspause´ mit einem Foto von Christine Kühnel – wir danken!
Klimaaktive GewerkschafterInnen protestieren vor DGB Berlin
Zu einer ´klimaaktiven Mittagspause´trafen sich gestern, am 5. 7. 2016, gut 30 GewerkschafterInnen vor dem Berliner Gewerkschaftshaus. Auf ihren Sandwiches standen Slogans wie
- `Für Kohle-Ausstieg zügig und fair Ich bin ver.di-Mitglied + Klimaretterin Und DU?´
- `Klima und Lausitzdörfer egal? NEIN! Für uns GewerkschafterInnen nicht´
- ´Wann sagt auch der DGB Berlin: Klima retten! Lausitzdörfer erhalten! Für Kohle-Ausstieg Zügig und sozialverträglich`
- ´Wann sagt auch der DGB Berlin: Klima-Solidarität statt Pro-Kohle-Lobbyismus?´
- ´In meinem Namen bitte für Kohle-Ausstieg zügig und sozialverträglich! Statt
- „Braunkohle in der Lausitz bis weit in dieses Jahrhundert“ (s. DGB Berlin: „Anforderungen an die künftige Landespolitik in Berlin“ S. 17)
Kern der Aktion war ein symbolisches Übermalen von Teilen der Titelseite der „Anforderungen an die künftige Landespolitik in Berlin“, die der örtliche DGB aus Anlass der bevorstehenden Wahl zum Abgeordnetenhaus herausgeben hat. Weiß überpinselt wurden die Logos der DGB-Einzelgewerkschaften, bis auf das der IG BCE. Denn nur diese Gewerkschaft hat in ihren Gremien beschlossen, wogegen die klimaaktiven GewerkschafterInnen und ihre FreundInnen aus Umweltgruppen protestieren: das Bekenntnis zur „Braunkohle in der Lausitz mit ihren leistungsfähigen Tagebauen mit einer Reichweite bis weit in dieses Jahrhundert.“ (s.S.17)
Bedeutet es doch u.a. das OK für neue Tagebaue und damit die Vernichtung diverser Lausitzer Dörfer im Namen der Mitglieder der Einzelgewerkschaften. Dort aber gibt es keine Beschlüsse, mit denen sich das in den „Anforderungen ….“ formulierte Bekenntnis rechtfertigen ließe, weder auf Bundes- , noch auf Landesebene.
Zur Illustration: Das OK zur Vernichtung für Braunkohle träfe mindestens acht Dörfer, u. a. Proschim mit seinen 380 EinwohnerInnen und knapp 100 Dauerarbeitsplätzen in Landwirtschaft, Direktvermarktung, Handwerk, IT, sowie Solar- , Wind- und Bioenergie. Die erzeugte Ökostrommenge deckt u.a. das Fünffache des Bedarfs der benachbarten Kleinstadt Welzow. Für die unwiederbringliche Vernichtung von Proschim, erstmals erwähnt um 1300, hätte die Braunkohlewirtschaft ganze sechs Jahre „gewonnen“.
Seit Monaten haben klimaaktive Gewerkschaftsmitglieder gegen diese – nicht nur – klimavergessene Kompetenzüberschreitung protestiert, u.a. mit Flugblättern und Protestmails, und haben mehrere Gewerkschaften aufgefordert, ihr jeweiliges Logo zurückzuziehen. Zur IG BAU, Mitglied der Klima-Allianz, passt die Unterschrift unter den „Anforderungen …“ am wenigsten.
Zum Teil waren sich die Angesprochenen bewusst, dass die Beschlusslage in ihrer eigenen Gewerkschaft nicht zu dem Pro-Braunkohle-Bekenntnis in den „Anforderungen…“ passt. Das Logo zurückziehen wollen sie bisher trotzdem nicht. Deswegen wurde mit dem öffentlichen Übermahlen schon mal gezeigt, wie´s geht.
Die Aktion fand auch statt auf dem Hintergrund des kürzlich – einstimmig minus eins – gefassten Beschlusses des Abgeordnetenhauses, Berlin zur „Divestment-Hauptstadt“ zu erklären und aus der Kohlefinanzierung auszusteigen.
Auch direkt im Sinne des Kohleausstiegs hat die Berliner Landesregierung auf mehreren Ebenen Einflussmöglichkeiten auf die Braunkohleplanung in der Lausitz, und zwar über die gemeinsame Landesplanung von Berlin und Brandenburg.
Will der Berliner DGB bzw. seine Mitgliedsgewerkschaften, dass diese Einflussmöglichkeit von einer künftigen Landesregierung im Sinne von S. 17, sprich im Sinne der Kohlelobby wahrgenommen wird? Ist das die Wahlempfehlung der Berliner Gewerkschaften an ihre Mitglieder?
Die angesprochenen Gewerkschaften drücken sich und verweisen auf die Einheit im DGB, die es zu wahren gelte. Und die laufe nach dem Prinzip, die Gewerkschaft mit den meisten Mitgliedern in der betreffenden Branche sagt den anderen, wo´s inhaltlich lang geht.
Nach diesem Muster wurden seinerzeit – die Älteren erinnern sich evtl. – DGB-weit Gewerkschaftsausschlüsse gegen AKW-GegnerInnen durchgesetzt.
Und jetzt wissen wir nicht, wohin mit dem strahlenden Müll.
Dieses Prinzip der Einheit ist kein Gesetz. Es ging auch schon anders, siehe die erfolgreiche Unterschriftenaktion bei ver.di zugunsten gewerkschaftlicher Vielfalt im Eisenbahnsektor, sprich zugunsten der DGB-Konkurrenz-Gewerkschaft GDL und gegen das Vorhaben zum Einheitlichen Tarifgesetz, das die DGB-Gewerkschaft EVG begünstigt hätte. Auch innerhalb einer Gewerkschaft kann der „betroffene“ Fachbereich die anderen nicht immer hinter sich versammeln..
Zur Bundesebene: Hier spielen „die Gewerkschaften“ in der öffentlichen Wahrnehmung die Rolle der Kohlelobby. Für die IG BCE trifft das zu. Doch ansonsten ist es eher Fassade; aber die reicht offenbar, um sie zu nutzen: als Kulisse für klimavergessene Gesetzesvorhaben wie den EEG-Deckel, der am 8.7. durch Bundestag und Bundesrat gewunken werden soll.
Aus ihrem „Klimaschutzplan 2050“ hat Sigmar Gabriel, seit 2013 Mitglied der IG BCE, seiner Kabinettskollegin Barbara Hendricks den Kohleausstieg „deutlich vor 2050“ gestrichen.
Wäre das ohne die Fassade der gewerkschaftlichen Kohlelobby auch so gegangen?
Mit Kohleausstieg und Strukturwandel muss jetzt begonnen werden. Die bisher in der Kohle Beschäftigten brauchen auf dem Weg hin zu erneuerbaren Energien größtmögliche Unterstützung.
Mit der ´klimaaktiven Mittagspause´ möchten die Beteiligten aus Gewerkschaften und Umweltschutz deutlich machen: die schöne Fassade der vielen bunten Gewerkschaftslogos, mit der sich auch die Kohlelobby schmückt, hat kein Fundament. Die entsprechenden Beschlüsse gibt es nur bei der IG BCE.
Gewerkschaftlichen Kohlelobbyismus in ihrem Namen lehnen die klimaaktiven GewerkschafterInnen ab und engagieren sich stattdessen in und außerhalb ihrer Gewerkschaften für einen sozialverträglichen Strukturwandel und für Klimagerechtigkeit.
Im Anschluss an die Aktion gab es spontan ein gut halbstündiges Gespräch mit der Vorsitzenden des DGB Berlin-Brandenburg, Doro Zinke. Eine Annäherung der unterschiedlichen Standpunkte der Klimaaktiven und der Berliner DGB-Chefin gab es aber nicht.
Bericht von Astrid Matthiae für die InitiatorInnen der ´klimaaktiven Mittagspause´ mit einem Foto von Christine Kühnel – wir danken!