Ra(s)tlos in Seattle: Vor 25 Jahren kam die WTO in den USA zu einer Tagung zusammen. Die Proteste dagegen waren das Fanal der Antiglobalisierungsbewegung

Protest gegen WTO-Ministerkonferenz in Seattle 1999„Im Abstand eines Vierteljahrhunderts lässt sich ungefähr ermessen, in welcher Weise sich seither die Welt politisch und ökonomisch verändert hat und wie sie sich zugleich gleich geblieben ist. (…) Die Welt schien unipolar, und die Industrienationen des Nordens, allen voran die USA, waren bestrebt, zwecks Absatz- und Profitmehrung ihrer Kapitale gleichsam allen Staaten allgemeingültige Regeln aufzuerlegen. Das Stichwort lautete Liberalisierung des globalen Handels. Diesem Ziel verpflichtet war damals vor allem die 1994 gegründete Welthandelsorganisation (WTO), deren 135 Mitgliedstaaten ab dem 30. November 1999 zu ihrem dritten Ministertreffen im US-amerikanischen Seattle zusammenkommen sollten. Gegen solche Pläne mobilisierten unterschiedlichste Organisationen, deren jeweilige Anliegen einander – objektiv betrachtet – teils schroff widersprachen…“ Artikel von Daniel Bratanovic in der jungen Welt vom 30. November 2024 externer Link und mehr daraus/dazu:

  • Weiter aus dem Artikel von Daniel Bratanovic in der jungen Welt vom 30. November 2024 externer Link: „… Zum Widerstand gegen das Treffen in Seattle hatte zuerst das Netzwerk Peoples Global Action aufgerufen. Unterstützung signalisierten Gewerkschaften und etliche internationale Organisationen, die in einer gemeinsamen Erklärung einen sofortigen Stopp der weiteren Liberalisierung des Welthandels verlangten. (…) Den Protest in Seattle selbst hatte insbesondere das Direct Action Network, ein Zusammenschluss antikapitalistischer und anarchistischer Gruppen, monatelang vorbereitet. Vor Beginn der Tagung am 30. November besetzten Aktivisten in der Nähe des Tagungszentrums die wichtigsten Kreuzungen, einige errichteten später aus Zeitungskästen Barrikaden. Aus unterschiedlichen Vierteln der Stadt strömten immer mehr Demonstranten vom Gewerkschaftsdachverband AFL-CIO angeführt in Richtung Kongresshalle. Eine von der schieren Masse – rund 50.000 Teilnehmer – und den Blockaden überforderte Polizei setzte Pfefferspray, Tränengas und Blendgranaten ein, konnte aber nicht verhindern, dass etlichen WTO-Delegierten der Zugang zum Convention Center verwehrt blieb. Gegen Mittag schließlich wurde die Eröffnungszeremonie der WTO-Tagung abgesagt. (…) Dass die Proteste – für Zeit und Ort zweifellos groß und heftig – maßgeblich für das Scheitern der WTO-Tagung verantwortlich waren, dürfte ein Mythos sein. Zu groß waren einfach die Interessendivergenzen der beteiligten Staaten – der großen kapitalistischen untereinander wie auch die gegenüber den globalen Habenichtsen. Bis zum heutigen Tag existieren keine allgemein anerkannten, global gültigen Handelsbestimmungen. Und von der WTO, wenn auch nicht aufgelöst, war schon lange nichts mehr zu hören. Gleichwohl – Ironie der Geschichte – haben nicht zuletzt Freihandelsregeln einigen Staaten den ökonomischen Aufstieg beschert. Der in Seattle abwesende Elefant hieß schon damals China.Einer zum damaligen Zeitpunkt arg gerupften und desorientierten Linken schien der Protest indes wieder Leben einzuhauchen. Die »Schlacht von Seattle« war ihr Fanal, der Kampf gegen die »Globalisierung« für einige Jahre ihr zentrales Thema.“

Siehe auch:

Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=224587
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