Die Ausweitung des Sozialstaats und das bedingungslose Grundeinkommen gehören zusammen

Demonstration am 14. September 2013: Grundeinkommen ist ein Menschenrecht!„Das bedingungslose Grundeinkommen ist so populär wie verschrien. Was die einen als menschenwürdigen und existenzsichernden Gegenentwurf zum jetzigen Sozialstaat erachten, halten die anderen für privatistisch und neoliberal. Doch diese Frontstellung ist nicht nur unproduktiv, sie ist auch unnötig. (…) Richtig ist, dass es »neoliberale« BGE-Modelle gibt, wie etwa das von Milton Friedman. Diese laufen auf einen Abbau des Sozialstaats hinaus. Allerdings sind das nicht die einzigen BGE-Konzepte, da man sich dieser Problematik durchaus bewusst ist. Die meisten der im deutschsprachigen Raum diskutierten BGE-Modelle sind mit dem Anspruch einer echten Existenzsicherung verbunden. (…) Viele dieser existenzsichernden BGEs sind zudem gerade aus der Kritik am Neoliberalismus heraus entstanden. (…) Alte Menschen, Menschen mit körperlichen Einschränkungen oder Schwangere haben besondere Bedarfe. Wer hier nur einen Pauschalbetrag auszahlen möchte, schafft Ungerechtigkeiten. Nun gibt es BGE-Modelle, die durchaus Sonder- oder Mehrbedarfe kennen. Denjenigen, die sich mit den BGE-Ideen befassen, ist diese Problematik daher nicht völlig fremd. (…) Der konzeptionelle Bruch zwischen Bedingungslosigkeit und Bedarfsgerechtigkeit wirft die Frage auf, warum die BGE-Ideen dann aber unverzichtbar für die Weiterentwicklung des Sozialstaats sein sollen. Dazu lässt sich im Wesentlichen ein Punkt hervorheben. Derzeit gibt es nämlich keine sozialpolitische Vision, die der Sicherung der soziokulturellen Existenz, des guten Lebens und der Menschenwürde solch eine hohe Priorität beimisst wie die BGE-Ideen. (…) Ein zentrales Problem in der Auseinandersetzung mit dem BGE ist die Wirkmächtigkeit des marktfundamentalistischen Erwerbsmythos: Menschen sollen dazu gezwungen sein, sich durch den Verkauf ihrer Arbeitskraft am Leben zu halten. Überleben durch Lohnarbeit, das ist die Devise. Deshalb erscheint jedes Maß an Emanzipation von diesem Erwerbszwang als suspekt. (…) die Betonung des sozialen Charakters von Erwerbsarbeit wirkt zynisch gegenüber Fällen, in denen die realen Arbeitsbedingungen – niedrige Entlohnung, unbezahlte Überstunden, Befristungen – als belastend empfunden werden…“ Artikel von Sebastian Thieme vom 21. Dezember 2020 bei Jacobin externer Link

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