[BGE] Die Bürde des Menschen ist unantastbar
„Wir erben die Sorge um die tägliche Existenzsicherung, die noch jedes System zementiert, obgleich sich ein bedingungslosen Grundeinkommen sogar mit dem Grundgesetz begründen lässt (…) Nicht hungern, nicht frieren, nicht missachtet sein – drei Grundbedürfnisse des Menschen, die vor allen anderen Bedürfnissen und Ansprüchen kommen. Macht hat, wer Nahrung, Wärme und Anerkennung zuteilen oder verweigern kann. Nichts davon ist selbstverständlich, wenn das Mädchen oder der Junge der elterlichen Fürsorge einmal entschlüpft ist und sich (Lohn-)Arbeit suchen muss. (…) „Verdingen“ hieß das früher, man macht sich buchstäblich zum Ding – beliebig benutzbar, verwertbar von Anderen. Wer nichts hat, verkauft sich selbst als Ware: seine Arbeitskraft, seinen Körper, seinen Verstand, seine Würde. Die Unsicherheit der Existenz ist die größtmögliche Gefährdung der Menschenwürde. (…) Der bekannteste und vielleicht wichtigste Artikel des Grundgesetzes sagt also, dass kein Mensch Angst um seine Existenz haben solle. Denn die Würde des Menschen liegt in seiner Selbstbestimmung (Pico dell Mirandola), und die verträgt sich schlecht mit Existenzangst und dem Zwang, Bullshit-Jobs anzunehmen oder aber um Hartz-IV-Almosen zu betteln. (…) Das BGE ist deshalb (auch) ein zutiefst demokratisches Projekt. Aber vor allem ist es emanzipatorisch. Emanzipation bedeutete ursprünglich: Befreiung aus der Sklaverei. (…) Das BGE wird den Kapitalismus nicht abschaffen, es kann aber dessen Zwang zur Lohnarbeit die Unausweichlichkeit nehmen und gleichzeitig die Arbeitslosen vom Brandmal angeblicher Nutzlosigkeit befreien. (…) Das Selbstbewusstsein der Massen ist es, was die Mächtigen am meisten fürchten. Deshalb wäre es wichtig, zwischen den Grundeinkommen-Befürwortern erst einmal einen Konsens über dessen Bedingungslosigkeit zu schaffen, bevor über Finanzierung und Ausgestaltung gestritten wird. Damit die entwürdigende Bürde der Existenzangst baldmöglichst der Geschichte angehört.“ Beitrag von Ralph Altmann vom 15. Mai 2020 bei Telepolis