Verhandlungen bei der WTO zum Verbot von Zöllen auf elektronische Übertragungen: Digitalwirtschaften ärmerer Länder sollen weiter schutzlos bleiben
„Die Verhandlungen zum Verbot von Zöllen auf elektronische Übertragungen am Rand der Welthandelsorganisation gehen weiter. Ein geleaktes Dokument zeigt den aktuellen, festgefahrenen Stand. Vor allem die Digitalwirtschaft ärmerer Ländern könnte unter der Dominanz der großen Digital-Exporteure leiden. Die größten Technologieunternehmen der Welt sitzen in den USA und China. Für diese Unternehmen nimmt die Bedeutung von ärmeren Ländern wie Indien oder Nigeria immer weiter zu: Einerseits als Lieferanten von Daten, andererseits als Abnehmer für die daraus erstellten Produkte. Das hat einige Nachteile für dortige Tech-Unternehmen und Regierungen.Die Unternehmen müssen mit internationalen Riesen konkurrieren, mit deren Kapital, Know-How und lang gewachsenen und gut gepflegten Lobbybeziehungen . Für die Regierungen fallen damit Steuereinnahmen weg, denn internationale Unternehmen bezahlen oft dort Steuern, wo sie am wenigsten bezahlen müssen . (…) Ein permanentes Moratorium könnte neben finanziellen Einbußen auch noch andere negative Folgen für ärmere Länder haben. Der Bericht des Third World Networks warnt, dass ein permanentes Moratorium Entwicklungsländer „in Handschellen und mit Augenbinde ins finanzielle Unbekannte führen“ würde…“ Beitrag von Maximilian Henning vom 9. März 2021 bei Netzpolitik , siehe mehr dazu:
- [DGB und Brot für die Welt] Kein WTO-Abkommen zugunsten digitaler Monopole!
„Vertrauliche Entwürfe aus WTO-Verhandlungen über neue Regeln für digitale Geschäfte sind an die Öffentlichkeit geraten und lassen eine weitere Deregulierung der Digitalwirtschaft befürchten. Damit droht eine noch stärkere Monopolisierung von Profit und Macht über Daten. Die aktuellen Verhandlungen müssen gestoppt und durch einen transparenten, demokratischen Aushandlungsprozess ersetzt werden. (…) Zu den problematischen Vorhaben der verhandelnden Staaten zählt zum Beispiel das Verbot, den Zugang zu Algorithmen und Quellcodes einzufordern. Ein solches Verbot könnte es Regulierungsbehörden unmöglich machen, zu kontrollieren, ob die Datensicherheit und Rechtmäßigkeit von Software (z. B. in Autos oder bei medizinischen Geräten) gewährleistet ist. Mit Blick auf Plattformen würde es erheblich erschwert werden, Plattformbetreiber für die Inhalte, die Dritte auf ihren Websites posten, zur Verantwortung zu ziehen. Für die Länder des Südens spielt es eine große Rolle, Steuern und Zölle zu erheben, um eine eigene Digitalwirtschaft aufzubauen. Das E-Commerce-Abkommen in der geplanten Form würde dies verhindern. (…) Der DGB hat sich gemeinsam mit der Hilfsorganisation Brot für die Welt positioniert und appelliert an die Bundesregierung und die EU-Kommission, die E-Commerce-Verhandlungen innerhalb der WTO zu stoppen. (…) Digitalkonzerne tragen gesellschaftliche Verantwortung, der sie nachkommen müssen. Staaten dürfen nicht daran gehindert werden, z.B. einen starken Datenschutz und den Schutz der Persönlichkeitsrechte durchzusetzen oder auf digitale Geschäftsmodelle zuzugreifen, wenn demokratische Grundwerte verletzt werden. Die Digitalisierung muss dem Gemeinwohl dienlich sein. Datennutzung, digitale Geschäftsmodelle und künstliche Intelligenz müssen nach demokratischen und sozialen Standards organisiert werden können. Das geplante E-Commerce-Abkommen könnte eine solche Entwicklung torpedieren. Die derzeitigen Gespräche auf WTO-Ebene gehen in die falsche Richtung.“ DGB-Klartext Nr. 4/2022 vom 27. Januar 2022 zur DGB- und Brot für die Welt-Stellungnahme „Statt WTO-E-Commerce-Abkommen digitale Souveränität stärken“ - Geheime Gespräche in Genf: Der Handelsvertrag, der das Internet prägen könnte
„Hinter verschlossenen Türen verhandeln Mitgliedsstaaten der Welthandelsorganisation seit Jahren über ein Abkommen, das die digitale Welt prägen könnte. Während davon praktisch nichts nach außen dringt, haben Digitalkonzerne in Brüssel eine Lobby-Offensive gestartet. (…) Einige der größten Tech-Konzerne der Welt haben bei der Europäischen Union wegen eines Handelsvertrages lobbyiert, der große Auswirkungen auf die Zukunft des Internets haben könnte. Konzerne wie Microsoft, Google, Facebook sowie Lobbyverbände der Technologiebranche sprachen zumindest 16 Mal in den vergangenen zwei Jahren hinter verschlossenen Türen mit Vertretern der EU-Kommission über ein geplantes e-Commerce-Abkommen zwischen Mitgliedsstaaten der Welthandelsorganisation (WTO). Gesprächsnotizen der Treffen, die netzpolitik.org durch Informationsfreiheitsanfragen erhielt, geben einen noch nie dagewesenen Einblick in das Lobbying rund um den Handelsvertrag. Seit 2017 verhandeln die USA, China und 84 weitere WTO-Mitglieder über einen neuen Rechtsrahmen für den internationalen elektronischen Handel. Die Regeln, die für 90 Prozent des globalen Handels gelten sollen, betreffen zahlreiche digitale Regulierungsthemen, darunter grenzüberschreitende Datenflüsse und Software-Quellcode…“ Beitrag von Alexander Fanta vom 30. Juni 2021 bei Netzpolitik