Finanzmarktkrise, SPD-Gabriel, Juncker und die EU-Verschuldensdebatte / Anheizen oder runterkochen – seltsam unentschiedenes Europa
Jetzt könnte es “langsam” (ob die Krise dazu die Zeit lässt?) interessant werden. Nur sind wir darauf vorbereitet? Denn wir wissen nicht, was sie tun!
Kommentierte Presseschau von Volker Bahl vom 22.6.2014
Schuldenlockerung nur diskutieren – oder die Finanzbranche an die Leine nehmen? Gabriel und die EU-Verschuldensdebatte / Anheizen oder runterkochen
Auf der Titelseite der Süddeutschen steht am 20. Juni 2014: Neuer Angriff auf Merkels Sparpolitik – Rom und Paris fordern von der Kanzlerin Zugeständnisse bei den Schulden, wenn sie die Wahl Jean-Claude Junckers zum Kommissions-Chef mittragen. (= nicht im Netz) In der FR (= auch nicht im Netz) steht “Löcher in den Stabilitätspakt” – Gabriel heizt Debatte um zulässige Verschuldung an.
Da steht man nun etwas verdattert da, denn einerseits steht Gabriel wohl klar beim Stabilitätspakt auf Merkels Seite. Das hat Thorsten Hild schon klar herausgestellt: (http://www.wirtschaftundgesellschaft.de/2014/06/sigmar-gabrieleurokrise-gabriel-wird-es-wohl-nie-verstehen/ ). Auch der Tagesspiegel sieht das bisher eindeutig so (http://www.tagesspiegel.de/themen/sigmar-gabriel/ )
Und nun noch ein Zitat aus dieser FR vom 20.6.2014 (= im Anheiz-Artikel): “Gabriel sieht sich als Brückenbauer: “Ich trete für eine vermittelnde Position ein und will Italienern und Franzosen eine Brücke bauen, wie sie parallel zu den notwendigen Reformen auch Investitionen in Wachstum und Arbeitsplätze finanzieren können”, sagt er dem Tagesspiegel. Sonst wachse nicht nur die Arbeitslosigkeit, sondern auch der antieuropäische Nationalismus. Sturheit helfe nur Marine Le Pen und ihrer rechtsradikalen Partei in Frankreich”. (= da hat er ja recht – und wenn er recht hat kann man das ja auch sagen – nur ob ein solcher “Vorstoß” ökonomisch weiterbringt, oder muss er nicht ziemlich chancenlos bleiben)
Was also nun?
Einfach von Italien lernen? Italien ist das einzige Land, in dem die systematische Enttäuschung zu einer „Revolte“ zur radikalen Umgestaltung der politischen Landschaft – gerade für Europa – geführt hat: Eine bald mehrheitliche Regierung gegen das Spardiktat von Europa. (vgl. die Seite 2 f. (Untere Hälfte) bei https://www.labournet.de/?p=60434)
Die alt- “neue” Welt der Sozialdemokraten – mit Stabilitätspakt und nur ein klein wenig auch gegen ihn? Aber Top-Ökonomen Krugman und Schulmeister gegen Deutschland in der Eurokrise
Irgendwie bekommt Juncker die Unterstützung der Linken in Europa – Voraussetzung dafür jedoch ist, eine flexiblere Auslegung des Stabilitäts- und Wachstumspaktes – dennoch im Grundsatz überhaupt keine Veränderung am Stabilitätspakt aus Deutschland!” (http://www.sueddeutsche.de/politik/treffen-der-eu-sozialdemokraten-juncker-bekommt-linke-unterstuetzung-1.2009916 ) Da versteht man doch diese sozialdemokratische Welt nicht mehr!
Dabei war für die Großen im Euroland der Stabiltätspakt schon “immer” instabil. (http://www.berliner-zeitung.de/archiv/ausgabendisziplin-in-europa-laesst-sich-nicht-durch-maastrichter-paragrafen-erzwingen-der-pakt-als-prinzip,10810590,10212472.html )
Und mit dem Fiskalpakt wollte diese Eurozone mit dem sog. “Fiskalpakt” den finalen Schritt ans Ende jener Sackgasse wagen, in die die EU schon mit den Maastricht-Kriterien vor 20 Jahren einbog – wie Stephan Schulmeister angesichts der “Austeritäts-Starrhalsigkeit” erbittert feststellen muss. (http://www.nachdenkseiten.de/upload/pdf/120613_stephan_schulmeister_fiskalpakt-strangulierung_von_wirtschaft_und_sozialstaat.pdf ) Aber jetzt gibt es keinen “Ausstieg” aus dieser Sackgasse, sondern für Gabriel nur ein wenig Luft.
Dabei hatte der amerikanische Top-Ökonom Paul Krugman doch schon lange diesen ökonomischen Makel, den Deutschland mit Maastricht Europa oktroyiert hatte, gegeißelt. (http://www.europa-magazin.ch/.3bb688ef/cmd.14/audience.D )
Als “große” Dummheit hatte er dieses falsche Schuldenregime, das aus den ökonomischen Ungleichgewichten mit dem Lohndumping/Exportüberschuss-Regime aus Deutschland entstanden war, angesehen. (http://www.handelsblatt.com/politik/konjunktur/nachrichten/top-oekonom-teilt-aus-paul-krugman-uebernehmen-sie/9020674.html ) (auch weiter noch “Deutschland und Europa – eine schicksalhafte Beziehung” (http://www.gegenblende.de/++co++9d865050-ecb4-11e3-b6f5-52540066f352 )
Ja, sind das Verrückte an der Macht, verzweifelte Krugman? (http://www.heise.de/tp/news/Verrueckte-an-der-Macht-1999354.html ) Und in Frankreich mit seinem Hollande sah Krugman dann nur noch rückgratlose Politiker. (http://www.nachdenkseiten.de/?p=19975 )
Und nun wird mit diesem “Wischi-Waschi” für Europa und seinem weiter „sakrosankten“ Schuldenregime weder die Rückgratlosigkeit beendet, noch die Eurokrise gelockert werden – und damit auch der Vormarsch von Marie Le Pen in Frankreich beendet werden.
Dabei gab es doch schon einen Macht- und Meinungskampf um den Weg für Europa – Sparkurs oder nicht?
Hatten da nicht schon die Chefs der Wirtschaftsredaktionen von zwei großen Tageszeitungen einen Schlagabtausch geführt? Alexander Hagelüken für eine Fortführung dieses „alternativlosen“ Sparens mit Merkel. ( (http://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/massnahmen-der-europaeischen-zentralbank-geldverschwender-ohne-weitblick-1.1987424 )
Während Robert von Heusinger ein Versagen der gesamten europäischen Rettungspolitik erkannte: Zu viele Sparanstrengungen, zu rasche Strukturreformen, zu wenig Impulse für das Wirtschaftswachstum – ganz anders als in den USA. Deshalb: Ohne Konjunkturprogramm, ohne mehr Staatsverschuldung wird auch Europa nicht aus der gegenwärtigen Wachstumsschwäche finden. (http://www.fr-online.de/meinung/leitartikel-kein-recht-auf-positive-zinsen,1472602,27359882.html )
So war der Meinungskampf wieder einmal heraus aus der unsäglichen „Alternativlosigkeit“ der marktkonformen Demokratie der Kanzlerin Merkel doch schon einmal angerissen. (https://www.labournet.de/?p=59703)
Und dieser Meinungskampf um den Sparkurs in Europa wurde gerade in Italien im Europawahlkampf einmal schon fulminant demokratisch legitimiert. (vgl. „Die italienische Regierung steht gegen das – ökonomisch falsche – Spardiktat in Europa: Ein praktisches Ende für die „Alternativlosigkeit“? – vor allem auf der Seite 4 bei https://www.labournet.de/?p=60434)
Doch erst einmal die Plutokraten fragen? Denn wir wissen nicht, was sie tun – oder doch wie Roosevelt die Banken an die Leine nehmen?
Da meint einer doch im Focus: Erst einmal die Plutokraten fragen (http://www.focus.de/finanzen/news/staatsverschuldung/erst-mal-plutokraten-fragen-auch-gabriel-unterstuetzt-die-ieee-kommentar_id_5812277.html ). Ausführlich wurde dies, um Klarheit in die Finanzkrise zu bringen, noch einmal in einer Broschüre zur Wirtschafts- und Finanzkrise von Prof. Engartner für die Schüler aufgedröselt (http://www.boeckler.de/pdf/schule_th_finanzkrise_2013.pdf ).
Und hier steht dann auch die Verteilungsfrage im Zentrum die Thomas Piketty weltweit angeschnitten hat (“Das Ende der Mittelstandsgesellschaft”: http://www.gegenblende.de/++co++c1c062de-eb20-11e3-b588-52540066f352 ) und Jens Berger für Deutschland konkretisiert hat. (http://blogs.deutschlandradio.de/wem-gehoert-deutschland/2014/04/27/staatliche-bezuschussung-von-wohlhabenden-journalist-jens-berger-fordert-umverteilung/ )
So führt die Krisenursache eben nicht zu den Schulden, – wie so schüchtern jetzt die Sozialdemokratie es in Europa doch einmal anschneidet – sondern zu den Banken und hinter ihnen den Reichen als Problem.
Aber es gibt schon Zweifel an der Austerität als alleiniger Lösung auch von anderer Seite: IWF nimmt EZB in die Pflicht (http://www.fr-online.de/schuldenkrise/iwf-bericht-iwf-nimmt-ezb-in-die-pflicht,1471908,27545902.html ) – wegen dem Aufkauf von Staatsanleihen. Und die “Plutokraten” kommen auch noch weiter ins öffentliche Visier: Schattenbanken – Das 71-Billionen-Dollar-Problem (http://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/schattenbanken-das-billionen-dollar-problem-1.2004254 ).
Noch einmal möchte die Wirtschafts-Journaille wohl die nächste Banken-Finanzkrise nicht verschlafen. Aber es gibt ja noch altes aus der letzten Krise aufzuarbeiten – und so wird die Deutschen Bank schon einmal mit einer Milliardenklage überzogen – wegen den riskanten Hypothekenpapieren (http://www.fr-online.de/wirtschaft/deutsche-bank-milliarden-klage-gegen-deutsche-bank,1472780,27541992.html ).
Derweilen versucht Sven Giegold schon einmal “Licht ins Dunkel Profiteure der Bankenrettung” zu bringen: (http://www.sven-giegold.de/2014/licht-ins-dunkel-der-profiteure-der-bankenrettungen/ ) – mindestens 200 Milliarden Euro zu Lasten des deutschen Steuerzahlers sind es wohl schon einmal.
Da müsste es wie ein Aufschrei die Politiker treffen, wenn der Rechnungshof jetzt ganz banal feststellen muss, dass die “Haftung” der Banken nach der schön aus der Taufe gehobenen “Bankenunion” – erst in 100 Jahren greifen kann, so dass der Steuerzahler erst dann – in 100 Jahren! – nicht mehr zur Kasse gebeten wird. (http://www.handelsblatt.com/politik/deutschland/100-jahre-einzahlen-rechnungshof-kritisiert-bankenabgabe-als-zu-gering/10071254.html )
Ja, wenn man auf diese “Lage” so blickt, wird es wieder wahnsinnig interessant, dass Roosevelt in der “letzten” Weltwirtschaftkrise 1929 ff. sich als erstes an die Banken”Fesselung” gemacht hat, bevor er die Verschuldensproblematik in Angriff nahm, wie Stephan Schulmeister recht schön ausführt (http://www.wifo.ac.at/publikationen?detail-view=yes&publikation_id=47263 )
Also doch nicht erst die Plutokraten fragen – sondern erst einmal “an die Leine” nehmen. Nur ob dazu dann Gabriel/ Schulz/Juncker die politische Kraft haben werden?
Mei, so muss man erschüttert konstatieren, dass es seltsame Trostpflästerchen sind, die dort in Europa als “Kompromiss” mit Juncker gesucht werden. Seltsames unentschiedenes Europa – nach diesen Wahlen – frei nach dem Motto „Wasch mir den Pelz, aber mach` mich nicht nass“. Oder wird doch ein Weg gefunden, um mit einem klaren Votum gegen das Spardiktat – wie in Italien – die Demokratie und Europa zu „retten“? Oder gar doch noch zuerst die Banken an die Kandare nehmen, wie Roosevelt 1933 es vor allem mit dem „Glass-Steagall-Act“ vornahm? Warum also nicht schon einmal nach diesen „Sternen“ greifen, wenn die Politik so ohne weiteren Horizont für Europa in der Krise chancenlos borniert vor sich hin „wurschtelt“.