Die Knackpunkte beim “European Green Deal”

Dossier

degrowth 2014„Als erster Kontinent soll Europa bis 2050 klimaneutral werden. Doch wie soll das gehen? Der “European Green Deal”, den die EU–Kommission am Mittwoch vorstellt, muss viele Hürden überwinden (…) Damit der „Green Deal“ funktioniert, braucht die EU mehr Geld. Deutschland und andere Nettozahler wollen jedoch keine höheren Beiträge zahlen. In den laufenden Verhandlungen über das künftige EU-Budget bis 2027 rufen sie zum Sparen auf. (…) Bisher wird der Preis für das Treibhausgasüber ein Emissionshandels-System festgelegt. Es hat sich jedoch als ineffizient erwiesen – der Preis war zunächst viel zu niedrig, ausgerechnet die größten Dreckschleudern bekamen ihre Zertifikate kostenlos. Die EU hat zwar Besserung gelobt – doch von einer funktionierenden Steuerung über den Preis ist sie weit entfernt…“  Beitrag von Eric Bonse (Lost in Europe) vom 11. Dezember 2019 externer Link und dazu:

  • Klimapolitik unter Druck von rechts: [Selbst] Der European Green Deal könnte schon bald beerdigt werden New
    „Vor knapp fünf Jahren präsentierte EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen den »European Green Deal«: ein Konjunkturpaket, mit dem die Europäische Union bis 2050 klimaneutral und »das Wirtschaftswachstum von der Ressourcennutzung abgekoppelt« werden soll. Dieser »Grüne Deal« stellte einerseits eine Reaktion auf die Proteste der Klimabewegungen der 2010er Jahre dar, war andererseits von den relevanten wirtschaftlichen und politischen Kräften vor allem aber auch als Strategie gedacht, um den europäischen Kapitalismus an eine sich verändernde geopolitische und -ökonomische Konstellation anzupassen. Denn schon damals war klar, dass der Aufstieg Chinas die Konkurrenz vor allem im Bereich der Hochtechnologie, aber auch bei erneuerbaren Energien und der E-Mobilität anfachen würde. Entsprechend nahm die EU, noch verstärkt durch die Pandemie, Hunderte Milliarden Euro in die Hand, um die eigene Wirtschaft industrie- und wettbewerbspolitisch zu stärken. Nur fünf Jahre später jedoch ist die klimapolitische Situation in Europa eine völlig andere. Ein gutes Beispiel dafür ist Österreich, wo die rechtsextreme Freiheitliche Partei Ende September mit knapp 29 Prozent die Nationalratswahl gewann. In ihrem Wahlprogramm »Festung Österreich« stellt die FPÖ fest, dass »Klimahysterie« und entsprechende Politiken den Wohlstand massiv gefährden. Fahrzeuge mit Verbrennungsmotoren dürften steuerlich nicht benachteiligt werden, heißt es im Programm, eine CO2-Steuer wird ebenso abgelehnt wie der European Green Deal. (…) »Eigenverantwortung statt Verbote«, so lautet die gängige Formel, die vor allem die Reichen schützen soll. (…)  Gleichzeitig sorgen sich die politischen und wirtschaftlichen Eliten wegen niedrigerer Wachstumsraten – sprich: geringerer Möglichkeiten der Vermögensakkumulation – und wachsender geopolitischer Konkurrenz. (…) Der aggressive klimapolitische Rückschritt hat sicherlich mehrere Ursachen. Doch zwei Aspekte sind besonders wichtig: Projekte wie der »Green Deal«, die den Kapitalismus ökologisch modernisieren sollen, verschärfen die soziale Ungleichheit, weil sie die Transformationskosten auf Beschäftigte und von Armut betroffene Menschen abwälzen. In diesem Sinne sorgt der anstehende Umbau für Verunsicherung und Unmut. (…) Ein zweiter Aspekt kann als Verteidigung der »Petro-Maskulinität« bezeichnet werden. Der Begriff stammt von der Politikwissenschaftlerin Cara Daggett und soll veranschaulichen, dass Männlichkeit im 20. Jahrhundert wesentlich mit dem fossilen Kapitalismus verbunden war: Emblematisch in diesem Zusammenhang sind große Autos. Das Versprechen der autoritären Rechte besteht darin, die guten alten Zeiten und die damit einhergehenden Geschlechterverhältnisse zu erhalten bzw. wiederherzustellen. (…) Vieles deutet darauf hin, dass der Europäische Green Deal schon bald beerdigt werden könnte. Schuld daran sind nicht nur die falschen Versprechen der autoritären Rechten, sondern auch die Fehler der Mitte-Parteien, die den Betroffenen der Transformation keine Alternativen anbieten.“ Artikel von Ulrich Brand vom 8. November 2024 in Neues Deutschland online externer Link
  • Petition: Kein Geld für Atom und Gas!
    Die EU-Kommission plant, Investitionen in Atomkraft und Erdgas im Rahmen der EU-Taxonomie als nachhaltig einzustufen – das unterläuft den European Green Deal und gefährdet den Klimaschutz in Europa. Denn so könnten Milliarden an Investitionen in veraltete, hochriskante und klimaschädliche Technologien fließen. Die Nutzung der Atomkraft ist hochgefährlich, sehr teuer, nicht versicherbar und allein schon aufgrund der ungelösten Endlagerfrage nicht nachhaltig. Erdgas ist durch die CO2- und Methanemissionen extrem klimaschädlich und damit eine klimapolitische Sackgasse.
    Die Pläne der Kommission bedrohen die Energiewende, weil Investitionen statt in Erneuerbare Energien und CO2-freie Flexibilitätsoptionen in fossile und atomare Technologien umgelenkt werden. Sie gefährden auch den Grundgedanken der Taxonomie als eine Art Nachhaltigkeitslabel: Wenn auch klimaschädliche und hochriskante Energieträger als nachhaltig gelten, wird das ganze Label entwertet – das hätte eine fatale internationale Signalwirkung. Nachhaltige Geldanlagen brauchen strenge, einheitliche Regeln. Diese sollte die Taxonomie liefern, statt Greenwashing zu ermöglichen.
    Wir fordern Sie auf: Verhindern Sie, dass dieser Plan umgesetzt wird! Stimmen Sie im EU-Ministerrat gegen den Vorschlag der EU-Kommission und klagen Sie, wenn nötig, vor dem Europäischen Gerichtshof gegen die Aufnahme von Atomkraft und Erdgas in die EU-Taxonomie.“ Petition und Kampagne mehrerer Umweltverbände bei Finanzwende externer Link
  • Greenwashing von Atomkraft und fossilem Gas: Von der Leyens schmutziger “Green Deal”
    „Die EU-Kommission will Atomkraft und Naturgas als nachhaltig anerkennen. Doch der Kompromiss, der mit Paris und Berlin ausgehandelt wurde, stößt auf Widerstand. Von der Leyen “Green Deal” wird schmutzig. Es war ein Silvesterböller der besonderen Art: Am 31. Dezember 2021, wenige Minuten vor dem Jahreswechsel, schlug die Europäische Kommission in Brüssel vor, Investitionen in Gas- und Atomkraftwerke unter bestimmten Voraussetzungen als klimafreundlich einzustufen. Die „Nacht- und Nebelaktion“ – so Österreichs grüne Klimaschutzministerin Leonore Gewessler – hatte den Effekt einer Bombe. Vor allem in Deutschland und Österreich hagelt es Proteste, 2022 beginnt im Zeichen eines schweren europa- und klimapolitischen Streits. Am lautesten und härtesten reagierte Wien. Die EU-Kommission habe einen „Schritt in Richtung Greenwashing von Atomkraft und fossilem Gas gemacht“, so Gewessler. “Sollten diese Pläne so umgesetzt werden, werden wir klagen”, schrieb die Grünen-Politikerin auf Twitter. Scharfe Kritik kommt auch aus Berlin…“ Meldung vom 3. Januar 2022 von und bei Lost in Europe externer Link (ab da im Abo), siehe dazu:

    • „… Derweil bleibt abzuwarten, ob die Regierungen den Vorschlag der Kommission annehmen. Trotz der ungewöhnlichen Terminierung seiner Veröffentlichung, die mehr nach einer Nacht- und Nebel-Aktion aussieht, kam der Vorstoß nicht überraschend. Die Diskussion wird bereits seit Wochen halb-öffentlich geführt und Telepolis hatte mehrfach darüber geschrieben. Unter anderem hatten wir schon Ende November externer Link über einen Entwurf der Kommission und die Pläne der österreichischen Regierung berichtet, gegen die Bevorzugung der Atomkraft zu klagen. Dort hatte 1978 ein Volksentscheid die Inbetriebnahme des AKW Zwentendorf verhindert, des einzigen in der Alpenrepublik je gebauten Atomkraftwerks. Wie die Bundesregierung sich verhalten wird, ist noch offen. Aus den Reihen der Grünen kam viel Kritik an dem Vorstoß in Sachen Atomkraft, doch zum Thema Erdgas ist bisher wenig zu hören. Das ist durchaus erstaunlich, denn schließlich ist Erdgas auch ein fossiler Brennstoff, bei dessen Verbrauch das Treibhausgas Kohlendioxid emittiert wird…“ Aus dem Artikel „Moderne Atomkraftwerke“ von Wolfgang Pomrehn am 5.1.2022 bei Telepolis externer Link
  • Der »Green New Deal« läuft auf eine Enttäuschung hinaus: Weniger Realismus wagen 
    „Der »Green New Deal« scheint eine Art eierlegender Wollmilchsau zu sein: Die Wirtschaft floriert, alle finden erträgliche Arbeit mit fairen Löhnen und der Untergang der Zivilisation findet nicht statt. Und das ohne Revolution, Generalstreik und Barrikadenkampf, weil der Staat einige Billionen investiert. (…) Ökologie und Ökonomie werden versöhnt, lautet das Versprechen. (…) Sicher wäre ein »Green New Deal« besser als nichts, sollten Solaranlagen und Windenenergie sowie die Infrastruktur für eine andere Form der Mobilität ausgebaut werden. (…) Bloß sind degrowth und Kapitalverwertung unvereinbar, ein ökologischer Kapitalismus ist unmöglich. Wahrscheinlicher ist, dass die Träume platzen und die Perspektivlosigkeit noch ärger wird. Um die Umweltzerstörung zu beenden, ist eine Abkehr vom Wachstum notwendig. Die Autoproduktion muss um 80 Prozent sinken, ebenso die Flugzeugbranche, die Produktion vieler chemischer Substanzen muss gestoppt, die Tierindustrie, die neben unendlichem Leid nach Angaben der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen 14,5 Prozent der weltweiten Treibhausgase produziert, abgeschafft werden. Unter kapitalistischen Bedingungen würde das Verelendung für Lohnabhängige bedeuten. Die notwendige Schrumpfung der Ökonomie ist ohne Massenelend nur in einer Gesellschaft der gesellschaftlichen Planung von Produktion und Verteilung von Gebrauchsgütern jenseits der Warenproduktion möglich. Darum braucht es eine radikale Linke, die Halbheiten und Widersprüche seziert sowie eine sozialistisch-ökologische Perspektive entwickelt und damit Orientierung bietet. Dazu gehört eine Strategie der »revolutionären Reformen« (André Gorz, 1967), was bedeutet zu fordern, was notwendig ist, und nicht, was unter dem Diktat des Kapitals als realistisch gilt. Die Abschaffung der Kapitalverwertung ist notwendig, aber keine eingängige Parole. Sie muss konkretisiert werden, um Menschen zu gewinnen, zum Beispiel in Fragen des Wohnens, der Gesundheitsversorgung und Pflege, Umwelt und Mobilität, vor allem aber der Arbeit, die gesamtgesellschaftlich reduziert werden muss, um allen ein Leben in Muße zu ermöglichen.“ Artikel von Peter Bierl vom 3. Mai 2021 aus der Jungle World 2021/22 externer Link – es gibt auch eine Gegenrede von Jörn Schulz: Der »Green New Deal« kann ein Schritt in Richtung Sozialismus sein externer Link (die wir nicht teilen)
  • Viel “Green”, wenig “Deal” – eine Zwischenbilanz 
    „Fast ein Jahr nach dem Amtsantritt von Kommissionschefin von der Leyen – und kurz vor dem Ende der deutschen Ratspräsidentschaft – ist der “European Green Deal” immer noch nicht in trockenen Tüchern. Das hat Gründe – eine Zwischenbilanz. (…) Denn bisher steht der “European Green Deal” nur auf dem Papier. Die EU-Staaten haben sich nicht einmal auf das Zwischenziel für 2030 verständigt, und die EU-Kommission ist die wichtigen Legislativakte schuldig geblieben. Das Team von der Leyen will die nötigen EU-Gesetze erst im Juni 2021 vorlegen, und der Rat will erst beim Gipfel im Dezember über das 2030-Ziel sprechen. Doch der Entwurf der Schlußfolgerungen lässt nicht viel erwarten. (…)Die EU-Staaten wollen das 2030-Ziel demnach “kollektiv” erreichen – nicht individuell. Das lässt für Staaten wie Polen und Tschechien, aber auch für Deutschland eine Hintertür offen. Zudem werden die “nationalen Bedingungen” und die “Wettbewerbsfähigkeit” betont. Auch die Energieversorgungs-Sicherheit wird herausgestellt – das klingt nach Ausnahmen für Gas und Kohle. Im Europaparlament sieht es leider nicht viel besser aus. Es hat zwar gefordert, die CO2-Ersparnis bis 2030 auszuweiten, auf 60 Prozent. Doch CDU/CSU und andere Konservative ziehen nicht mit, der Konsens ist futsch. Last but not least ist der deutsche EU-Vorsitz in der Klimapolitik abgetaucht. Berlin hat keine eigenen Initiativen ergriffen, sondern sich mit der Coronakrise herausgeredet. Die Agrarreform wurde in den Sand gesetzt. Dies lässt nichts Gutes für 2021 ahnen. Dann, nach dem Ende der EU-Präsidentschaft, könnte Deutschland wieder auf der Bremse stehen – und sich zum Beispiel bei den CO2-Vorgaben für Automobile querstellen. Die Debatte ist schon voll entbrannt…“ Beitrag von Eric Bonse vom 25. November 2020 auf Lost in Europe externer Link
  • Die falsche Hoffnung: Wenn der Green New Deal die beste Antwort auf die Klimakrise sein soll, dann gibt es keine Antwort 
    „In den letzten Monaten hat der »Green New Deal« (GND) vielen Linken Hoffnung gegeben: Mit ihm könne der Klimakollaps abgewendet werden. Nachdem sich die 2017 in den USA gegründete Graswurzelbewegung Sunrise Movement, aber auch Politiker*innen der Demokratischen Partei wie Alexandria Ocasio-Cortez und Bernie Sanders in den USA für den GND eingesetzt haben, hat sich die Begeisterung mit der Kampagne »Labour for a Green New Deal« längst auch auf Großbritannien ausgebreitet. (ak 656) (…) Eine Analyse des GND zeigt, dass dieser die politischen und wirtschaftlichen Realitäten, die zur Erderwärmung geführt haben, nur ungenügend berücksichtigt. Die Ursache für den Klimakollaps ist unser Wirtschaftssystem. Um zu funktionieren, verlässt sich der Kapitalismus auf die Logik des unendlichen Wachstums, der Verbrennung fossiler Brennstoffe und der kolonialen Ressourcengewinnung im Ausland. (…) Ohne Wirtschaftswachstum würde der Kapitalismus ins Stocken geraten, Rezessionen und ein Crash wären die Folgen. Betriebe würden pleite gehen, die Erwerbslosigkeit stiege, und soziales Elend griffe um sich. Die Folge: ein Dilemma für die Eliten in Politik und Wirtschaft. Denn sie sind nicht in der Lage, die Wirtschaft am Laufen zu halten und gleichzeitig den Klimawandel aufzuhalten. Die Verfechter*innen des GND indes weigern sich, dieses Problem anzuerkennen. (…) Die Pläne des GND legen zugrunde, dass sich Wachstum an ethischeren Standards messen lässt. Das verkennt die bittere Realität: Arbeitsplätze in dieser Wirtschaft sind an das Gebot »Wachse oder weiche« gebunden sind. Die Grünen New Dealer können keine qualitativen, ethischen Wertmaßstäbe anwenden, um das quantitative Wirtschaftswachstum zu erzeugen, das notwendig ist, um sowohl neue Arbeitsplätze zu schaffen als auch zig Millionen derzeit nutzloser Arbeitsplätze zu ersetzen. In der Tat sind gegenwärtig Millionen von Arbeitsplätzen sozial nutzlos – durch die Her- und Bereitstellung überflüssiger Produkte und Dienstleistungen existieren sie nur, um weiter Renditen einzufahren und die Wirtschaft wachsen zu lassen. Einfach gesagt, ethische Überlegungen können die kapitalistische Wirtschaft nicht durchdringen. Zweitens ignoriert der GND die Realitäten der erneuerbaren Energien. Erneuerbare Energien sind keine Wunderwaffe, wie alle Technologien haben sie ihre Grenzen. Eine kapitalistische Wirtschaft, die durch erneuerbare Energien angetrieben würde, wäre immer noch umweltschädlich. (…) Fakt ist: Das staatskapitalistische System ist eine unausweichliche wirtschaftliche und politische Realität, die die globale Erwärmung vorantreibt. Es ist in seinem Kern unvereinbar mit der Schaffung einer ökologischen Gesellschaft. Selbst die Umsetzung des besten Programms in ihm, – der GND oder Ähnliches – bedeutet eine anhaltende ökologische Katastrophe. Im Grunde hält somit der GND die grundlegenden Beziehungen des kapitalistischen Wirtschaftssystems aufrecht; er ist mit einer grünen Zukunft unvereinbar. Dies ist kein Aufruf zur Verzweiflung oder zur Resignation. Vielmehr ist es ein Weckruf, dass wir in der Linken und in der Klimabewegung dringend eine kritische Selbstreflexion und die Infragestellung unserer politischen Annahmen benötigen. Entscheidend ist, dass wir die theoretischen Debatten beleben…“ Beitrag von Rufus Jordana aus ak – analyse & kritik – zeitung für linke Debatte und Praxis Nr. 657 vom 18. Februar 2020 externer Link (erschien zuerst auf der britischen Website openDemocracy.net unter dem Titel »False hopes for a Green New Deal«. Übersetzung und leichte Kürzung: Guido Speckmann)
  • Weiße Haut, grüne Masken ‒ eine Kritik am „European Green Deal“: Das Problem ist, dass man in Europa nach 500 Jahren kolonialer Vergangenheit immer noch denkt, dem Rest der Welt überlegen zu sein 
    „Nach Ende der 25. Weltklimakonferenz (COP25), die in der ersten Dezemberhälfte in Madrid stattfand, hat sich, wie es zu erwarten war, im Hinblick auf eine globale Vereinbarung zum Klimaschutz wenig bis gar nichts bewegt (…) Trotz dieses traurigen Spektakels und parallel zu dessen Abschlusserklärung präsentierte die Präsidentin der Europäischen Union, Ursula von der Leyen, in Brüssel den sogenannten European Green Deal; dieser verfolgt allgemein ausgedrückt den Plan, Europa bis zum Jahr 2050 weltweit zum ersten kohlenstoffneutralen Kontinent zu machen. (…) Das offensichtliche Problem aller dieser Maßnahmen ist, auch wenn sie im Vergleich zu den Vorschlägen des gescheiterten COP25 durchaus viel konkreter sind, dass man in Europa nach 500 Jahren kolonialer Vergangenheit immer noch denkt, dem Rest der Welt überlegen zu sein. Darüber geht die Idee der Klimaneutralität vollständig hinweg und kümmert sich nicht nur nicht um die historischen Folgen, die seine industrialisierten Ökonomien in den letzten 200 Jahren hinsichtlich des ökologischen Fußabdrucks hinterlassen haben, sondern auch nicht um die vielen gegenwärtig Rohstoffe abbauenden Konzerne, die mit diesem europäischen grünen Pakt durch ihre Megakonzerne der Energiewirtschaft, des Bergbaus und der Agroindustrie die Südhalbkugel der Erde weiter verschmutzen werden. Ebenso sieht dieser Pakt über die historische Klimaschuld von Ländern wie England, Deutschland oder Frankreich gegenüber der Welt hinweg, und niemals zieht er die absurde Idee eines unendlichen ökonomischen Wachstums auf einem Planeten mit begrenzten Mitteln in Zweifel. Mit anderen Worten, auch wenn sich alle diese internen Maßnahmen als grün verkleiden, bleiben sie doch letztendlich ein kapitalistisches Projekt, auch weil sie zu Gesichtspunkten wie einer Dämpfung des Wachstums oder des Ökofeminismus nichts sagen. Auf der anderen Seite ist es kein Zufall, dass dieser neue Pakt von den europäischen Rechtsaußen so gut aufgenommen wird. Sie fangen an, die Verhandlungen zu Klimafragen zu verlassen, um einem neuen Grünen Nationalismus Raum zu geben, der vorbringt, dass „die Staatsgrenzen die besten Verbündeten der Umwelt“ seien, wie die Partei Marine Le Pens anmerkte. Europa will angesichts seiner wirtschaftlichen Schwäche gegenüber China einen neuen umweltbezogenen Rassismus anstoßen, um weiterhin die ärmeren Länder auszuplündern, während es gleichzeitig seine Grenzen gegen Migranten aus dem Süden der Welt weiterhin schließt, die in ihren Ländern immer mehr von Klimakatastrophen heimgesucht werden. Und so verschafft die Idee „weiße Haut, grüne Masken“ dem durch den antikolonialen Denker Frantz Fanon vorgestellten Theorem neue Aktualität. Wir können einen neuen von den großen Eliten Europas angetriebenen Ausgrenzungsprozess veranschaulichen, die sich gar nicht für den Planeten interessieren, der doch als umfassendes System des Lebens verstanden werden muss, sondern vielmehr dafür, die Bewahrung der Umwelt als bloßes Instrument zu benutzen, eine Welt über andere Welten zu errichten, die von ihnen selbst historisch ausgebeutet und ausgeplündert wurden…“ Beitrag von Andrés Kogan Valderrama vom 30. Januar 2020 bei amerika21 in der Übersetzung von Roland Häberle externer Link
  • Die EU will mit dem »European Green Deal« den Klimawandel aufhalten: Klima retten mit der Wirtschaft
    „Eine Billion Euro – so viel soll in den EU-Klimaschutzfonds des »European Green Deal« fließen, wie die EU-Kommission vergangene Woche bekanntgab. Allerdings wollen die neue EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen und ihr Stellvertreter, der für den »European Green Deal« zuständige Kommissar für Klimaschutz, Frans Timmermans, die Billion innerhalb der nächsten zehn Jahre zusammenbekommen, also etwa 100 Milliarden Euro im Jahr. Damit ist das Finanzvolumen für das zentrale Vorhaben der neuen Kommissionspräsidentin in etwa so hoch wie die Ausgaben für die Landwirtschafts- und Regionalpolitik der EU. Im Gegensatz zum Geld für spanische Bauern und rumänische Straßen sollen diese Mitel allerdings nicht – oder zumindest nicht vollständig – aus Steuergeldern stammen. Die EU soll nur Anstoßfinanzierungen und Bürgschaften leisten, die dann zu Investiti­onen in der anvisierten Höhe führen sollen. Das dringlichste Problem der Menschheit im 21. Jahrhundert soll, der herrschenden Ideologie folgend, privatwirtschaftlich gelöst werden. Das ist nichts Neues in der EU, und auch die Höhe der angestrebten Investitionen sprengt nicht den üblichen Rahmen (…) Nur zwei Tage nach der Bekanntgabe des »European Green Deal« veröffentlichte die Bundesregierung ihren eigenen Plan für den Kohleausstieg, der insgesamt etwa 40 Milliarden Euro für die Umstrukturierung der Kohlereviere in Nordrhein-Westfalen, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Brandenburg vorsieht. Man kann getrost davon ausgehen, dass die Verbalattacken Lieses, der für Nordrhein-Westfalen im Europäischen Parlament sitzt, vor allem den Zweck verfolgten, für die deutschen Kohlereviere Mittel aus dem JTF zu erwirken. Ob Deutschland, sollte es nicht bedient werden, den JTF scheitern ließe, bleibt abzuwarten. Immerhin sollen aus dem Fonds auch Regionen außerhalb Deutschlands unterstützt werden, in Ländern, die keine Haushaltsüberschüsse erzielen.“ Beitrag von Philippe Gigot vom 23. Januar 2020 aus Jungle World 2020/04 externer Link
  • Arbeitsplätze oder Klima? Die Katastrophe in Australien lässt die Unvereinbarkeit von Kapitalismus und Klimaschutz offen zutage treten 
    „Es scheint angesichts der apokalyptischen Bilder aus Australien unbegreiflich, dass die Rechtsregierung in Canberra weiterhin auf Kohleförderung und fossile Energieträger setzen will. (…) Die Befürworter eines „grünen“ Kapitalismus sind in solchen Fällen immer schnell mit der Propagierung des Green New Deals zur Stelle, bei dem ein infrastruktureller Umbau des Kapitalismus mit dem Aufstieg der „Ökobranche“ zum neuen ökonomischen Leitsektor einhergehen solle. Solarmodule, und Elektroautos statt Kohle, Gas und Erdöl – eine ökologische Transformation des Systems soll die Wirtschaft beleben und gleichzeitig das Klima schützen. (…) Das Problem dabei ist, dass der Kapitalismus inzwischen zu produktiv für eine ökologische Transformation ist. Klimaschutz kann nur jenseits des an seinen inneren Widersprüchen scheiternden Kapitals realisiert werden. Die bisherigen Erfahrungen, etwa bei der ökonomisch und ökologisch gescheiterten Energiewende in der Bundesrepublik, deuten eher darauf hin, dass ein Green New Deal ökonomisch, innerhalb des kapitalistischen Verwertungszwanges, nicht aufgeht, obwohl er technisch ohne weiteres möglich wäre. (…) Im Kapitalismus befindet sich die gesamte „Arbeitsgesellschaft“ am Tropf gelingender Verwertung von Kapital. Nur wenn in der warenproduzierenden „Wirtschaft“ im ausreichenden Maße aus Geld mehr Geld gemacht werden kann, gibt es Arbeitsplätze, genügend Steueraufkommen für den öffentlichen Sektor, für Kultur, Sozialleistungen, etc. Aus diesem Verwertungszwang des Kapitals resultiert der volkswirtschaftlich wahrnehmbare Wachstumszwang des Systems, der die menschliche Zivilisation akut bedroht. (…) Um diese reaktionäre „Arbeitsplatzideologie“ zu entkräften, könnte sich die Einführung eines bedingungslosen Einkommens – aller Problematik zum Trotz – als sinnvoll erweisen. Auch wenn dies binnenkapitalistisch zuerst nur den Charakter einer besseren Stütze annehmen würde, könnte damit endlich der tatsächlich gegebene Zusammenhang zwischen Reproduktion der Arbeitskraft der Lohnabhängigen und der Reproduktion des Kapitals aufgehoben werden. Dem Kapital wären ein zentraler Machthebel und eine wichtige ideologisch Argumentationsfigur genommen. Hierauf aufbauend, könnte dann im Rahmen einer Transformationsbewegung neue Formen gesellschaftlicher Reproduktion ausgelotet und erkämpft werden, die nicht mehr dem irrationalen Zwang zur tautologischen Verwertung des Werts untergeordnet sind…“ Beitrag von Tomasz Konicz vom 13. Januar 2020 bei Telepolis externer Link
  • Die Ideologie des «Green New Deal»: Weder neu noch grün 
    „… GND ist inzwischen zu einem tagespolitischen Modewort verkommen, dessen genauer Gehalt nicht immer klar auszumachen ist. Explizit oder unausgesprochen bildet er die Grundannahme eines breiten Spektrums politischer Akteure: vom Institut Solidarische Moderne bis zu den Grünen. Immerhin lassen sich aber folgende Grundüberzeugungen herausschälen, die mit diesem Schlagwort untrennbar verbunden sind: Das zur Aufrechterhaltung der ökonomischen Stabilität für notwendig befundene Wachstum lässt sich in genügendem Maße vom Energie- und Ressourcenverbrauch entkoppeln. Allein sog. «marktkonforme» Instrumente kommen für den ökologischen Umbau in Frage. Die Wahl des Begriffs deutet darauf hin, dass der GND eine Renaissance alter keynesianischer Rezepte der Krisenbewältigung darstellt, die man nun schlicht mit dem Präfix «Öko» versieht. Sehen wir näher zu. (…) Die «Entkoppelungsthese» hält keiner näheren empirischen Überprüfung stand. Erneuerbare Energien sind nicht unerschöpflich, haben ein begrenztes Potenzial und werden aufgrund der geringeren Energiedichte nie die noch vorhandenen fossilen Quellen ersetzen können. (…) Solange uns suggeriert wird, dass die nötigen Reduktionen des Umweltverbrauchs auf rein technischem Weg erreicht werden können, kann der eigentlichen politischen Frage ausgewichen werden, die da lautet: Wie bauen wir eine solidarische Gesellschaft auf einer wesentlich schmaleren materiellen Ressourcenbasis auf? Vor allem die Grünen sind heute Protagonisten dieser Ideologie der rein technischen Machbarkeit. (…) «Der Klimawandel ist eine Menschheitsaufgabe, und uns fällt nichts anderes ein als Marktlösungen.» In diesem Satz Elmar Altvaters schwingt Resignation und Verzweiflung mit. Eine «intelligente Ausnutzung der Marktgesetze» gilt als der Königsweg des ökologischen Umbaus. Fridays for Future sind dieser allgemeinen Stimmung ebenso aufgesessen wie das renommierte Potsdam Institut. Man könnte eine Reihe von Gründen dafür anführen, warum dessen Instrumente, insbesondere die CO2-Steuer, letztlich wirkungslos bleiben müssen. (…) Selbst Ingo Arzt, Redakteur der Taz und Ökokapitalist par excellence, hat unlängst festgestellt: «Würde CO2-Ausstoß so teuer, dass der Klimakollaps ausbliebe – er würde nichts anderes bedeuten als einen Einbruch des Energie- und Rohstoffverbrauchs, ein Ende der Geschäftsmodelle eines Teil der multinationalen Unternehmen…» Er gesteht damit implizit ein, dass die Verwirklichung ökologischer Nachhaltigkeit einen Regulierungsbedarf mit sich bringt, der im kapitalistischen Rahmen schlicht nicht mehr denkbar ist. Eine überzeugende linke Antwort auf das Dogma von den marktkonformen Lösungen bestünde darin, konkret an den einzelnen Sachbereichen entlang die ordnungspolitischen Alternativen aufzuzeigen. Dies wäre die dringend notwendige «revolutionäre Reformpolitik», die das jetzt unmittelbar Notwendige mit Exitstrategien aus dem System verbindet. (…) Der GND knüpft bewusst an Franklin Roosevelts Versuch an, die Systemkrise in keynesianischer Manier zu bewältigen. Unabhängig von der historischen Bewertung gilt: Eine solche Strategie funktioniert, wenn überhaupt, nur, wenn es brachliegende Wachstumspotenziale zu aktivieren gibt. Aus rein stofflichen, ökologischen Gründen ist uns dieser Weg aber versperrt. Alle politischen Programme, die unter dem Schlagwort «Ökokeynesianismus» aufgelegt werden, müssen sich die Frage nach dem «materiellen Reboundeffekt» gefallen lassen…“ Artikel von Bruno Kern in der SoZ 1/2020 externer Link
  • Klimaschutz, Green New Deal for Europe und was die Industrie dazu sagt
    Der aufmerksame Zeitungsleser dürfte überrascht gewesen sein, als er Mitte des Jahres die Botschaft aus dem arbeitgebernahen Institut der deutschen Wirtschaft in Köln erhielt, der Staat sollte ein 450 Mrd. Euro großes Investitionsprogramm (Deutschlandfonds) beschließen, um die Digitalisierung und den Klimawandel zu meistern.(1) Bislang forderten stets Gewerkschaftler und alternative Wirtschaftspolitiker große Investitionsprogramme, scheinbar gegen den Widerstand der Industrie. Und nun stellte sich die Industrie an die Spitze der Bewegung und machte selbst die Klimakatastrophe zum Thema. Haben linke Politiker die Unternehmer unterstützt, als sie zur „Schaffung von Arbeitsplätzen“ hohe Investitionsprogramme forderten? Dies scheint zumindest so, wenn die Industrie nun Gleiches wünscht. Tatsächlich profitieren in der schwach gewordenen Industriekonjunktur die Wirtschaftsvertreter besonders von staatlichen Nachfrageimpulsen. Infrastrukturinvestitionen und vor allem die Digitalisierung verbessern die Rahmenbedingungen der Wirtschaft, nicht nur um durch Kostensenkungen den inländischen Profite zu mehren, sondern auch, um daraus die Konkurrenzstärke zu gewinnen, die für weitere Eroberungszüge auf dem Weltmarkt erforderlich ist. Nahe liegt, diese nationale Kraft durch weitere Kooperationen zu verstärken. (…) Der deutsche BDI, die größte italienische Arbeitgeberorganisation Confindustria und das Medef verkündeten Anfang Dezember 2019 ihre Kooperation, um ihre Wirtschaftsinteressen gegen die EU-Kommission durchzusetzen. Sie forderten eine Erhöhung der Investitionen in der EU um jährlich 250 bis 300 Mrd. Euro, begleitet von nationalen Förderprogrammen. Damit Europa eine Führungsrolle in der digitalen Wirtschaft erreichen könne, müsse man unabhängig werden von nichteuropäischen Techniken. Kurz: Europe first! „Europa ist der größte Markt, der größte Importeuer und Exporteuer der Welt, aber politisch ein Zwerg. Darin steckt eine Herausforderung an die Politiker“, sagte Vincenzo Boccia (Confindustria) (3) Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen strickte daraus folgende Sätze: „Europa muss auch die Sprache der Macht lernen“. Die sogenannte „soft power“ reiche heute nicht mehr aus, wenn sich die Europäer in der Welt behaupten wollten. „Das heißt zum einen, eigene Muskeln aufbauen, wo wir uns lange auf andere stützen konnten – zum Beispiel in der Sicherheitspolitik“. Die EU brauche mehr militärische Fähigkeiten. Zum anderen müsse sie die vorhandene Kraft stärker nutzen, um europäische Interessen durchzusetzen.(4) Dem von den Industrieverbänden geforderten Investitionsprogramm gab sie den Namen „Green New Deal for Europe“: „Wir müssen Klimaschutz und Wachstum versöhnen“, sagte sie und verschiedene Industriezweige, darunter die Chemieindustrie, die Mineralöl- und Metallindustrie stellten sich sofort hinter die Klimaziele…“ Artikel von Guenther Sandleben vom Dezember 2019 bei trend.infopartisan externer Link
  • Klimaschutz als Weltmarkteroberung: Der Green Deal zielt auf die globale Stärkung der europäischen Industrie 
    Die EU-Kommission hat ihr Klimaschutzprogramm vorgelegt. Der »Green Deal« soll »Emissionen senken, Arbeitsplätze schaffen, unsere Lebensqualität verbessern«, verspricht Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen. Der Plan wird allgemein begrüßt. Kritik konzentriert sich nur auf zwei Punkte: Der Plan sei zu vage und seine Maßnahmen möglicherweise nicht ausreichend, um den Klimawandel zu bremsen. Einig scheint man sich aber dabei zu sein, dass Klimaschutz das Ziel des Green Deal ist. Doch bloß um die Senkung von CO2-Emissionen geht es der Kommission offensichtlich nicht. Ihr erklärter Wille, Europa »zum ersten klimaneutralen Kontinent« zu machen, verfolgt den Zweck, europäische Unternehmen beim Klimaschutz in eine Führungsposition zu bringen. (…) Die Senkung der CO2-Emissionen gilt heute auch unter kapitalistischen Gesichtspunkten als notwendig. Denn der Klimawandel ist auf Dauer teurer als der Klimaschutz. (…) n dieser Betrachtungsweise hat das globale Wirtschaftswachstum die Seite gewechselt: Vom Verursacher des Klimawandels wird es zu seinem potenziellen Opfer. Daher soll es zu seinem eigenen Wohl vor seinen Folgen geschützt werden. Daraus folgt umgekehrt: kein Klimaschutz, der dem Wachstum schadet. (…) Vor diesem Hintergrund ist das erklärte Ziel Europas, Industriemarktanteile hinzuzugewinnen, ein offensives Programm gegen die Konkurrenz. Der europäische Think Tank Bruegel weiß, wie es erfolgreich sein kann: »Europas Green Deal muss die Dekarbonisierung zu einer Gelegenheit machen, die europäische Industrie zu beleben.« (…) Damit »grüne« Technologie zu einer Profitquelle wird, kümmert sich die EU-Kommission auch um die alten, »braunen« Industrien. Denn ihre Produktionsmethoden sind bislang vielfach kostengünstiger als die der neuen. Um Klimatechnologie konkurrenzfähig zu machen, wird daher die Anwendung alter Technik per politischem Beschluss unrentabler gemacht: Die Setzung von Preisen für CO2-Emissionen verteuert klimaschädlichere Industrieproduktion und schafft so überhaupt erst einen Markt für klimaneutrale Technologie. Damit dieser Markt ein Weltmarkt und Europas Klimatechnik zum Exportschlager wird, müssen CO2-Preise weltweit verankert werden…“ Artikel von Stephan Kaufmann vom 14.12.2019 in ND online externer Link , siehe dazu auch:
  • Eine neue Wachstumsstrategie: Der „European Green Deal“
    Gegen Widerstände aus mehreren osteuropäischen Staaten und von Teilen der deutschen Industrie treibt EU-Kommmissionspräsidentin Ursula von der Leyen die Pläne für einen „European Green Deal“ voran. Während von der Leyen erklärt, es gehe dabei um den Klimaschutz, handelt es sich tatsächlich um eine neue Wachstumsstrategie. Diese soll, wie Experten konstatieren, einerseits mit Hilfe umfangreicher Investitionen die stagnierende Wirtschaft ankurbeln, andererseits der deutsch-europäischen Industrie zu einer führenden Position auf dem Feld modernster klimaschonender Technologien verhelfen. Erfahrungen aus der Branche der erneuerbaren Energien zeigen, dass eine globale Spitzenstellung dabei nur mit Hilfe umfangreicher Investitionen zu erlangen ist. Weil diese in Deutschland und der EU zuletzt ausblieben, haben die einst hoffnungsvollen deutschen Solarunternehmen ihre ehemalige globale Führungsposition an die Konkurrenz aus China verloren. Das Streben nach einer Spitzenstellung bei den klimaschonenden Zukunftstechnologien geht mit dem politisch-militärischen Weltmachtstreben Berlins einher. Der „European Green Deal“, für den EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen energisch wirbt, ist laut Angaben der EU-Kommission im Kern „eine neue Wachstumsstrategie“. Im Hintergrund stehen vor allem ökonomische Überlegungen. So werden im Falle eines ungebremsten Klimawandels gewaltige Ausgaben befürchtet. Schon jetzt kosteten Überflutungen „unsere Bürger mehr als fünf Milliarden Euro im Jahr“, während „unsere Wirtschaft jedes Jahr fast zehn Milliarden Euro durch Dürren verliert“, erklärte von der Leyen am Mittwoch im Europaparlament – „und das ist nur der Anfang“. Demnach rentiert es sich finanziell, in klimaschonende Technologien zu investieren. Dabei dienen die Investitionen der Kommissionspräsidentin zufolge insbesondere zwei Zielen. Zum einen sollen sie die Wirtschaft ankurbeln: Der „Green Deal“ werde „Arbeitsplätze schaffen“, wird von der Leyen zitiert; allzu lange habe man in Brüssel nur „auf die Reduzierung von Haushaltsdefiziten“ geschielt und notwendige Investitionen ignoriert, urteilt die Londoner Ökonomin Mariana Mazzucato, Autorin einer Analyse für die EU-Kommission. Darüber hinaus müsse die EU international „wieder zum Vorreiter im Klimaschutz werden“, fordert von der Leyen. Damit erhielte die deutsch-europäische Industrie eine globale  Führungsposition auf dem Feld weltweit benötigter klimaschonender Technologien…“ Eigener Bericht vom 13.12.2019 von und bei german-foreign-policy.com externer Link
  • Weiter im Beitrag von Erik Bonse (Lost in Europe) vom 11. Dezember 2019 externer Link: „… Umstritten ist auch, wie sich verhindern ließe, dass die EU ihre Industrie mit riesigem Aufwand auf Klimaneutralität trimmt – während der Markt mit Billigimporten aus „schmutzigen“ Drittländern überschwemmt wird. Letztlich werde sich dieses Problem nur mit einer Import-Steuer – der so genannten „Carbon Border Tax“ – lösen lassen, sagen Experten. Doch in der Steuerpolitik gilt das Einstimmigkeits-Prinzip; ein einziger EU-Staat könnte den Plan mit seinem Veto durchkreuzen. Zudem ist unklar, ob eine solche Steuer mit den Regeln der Welthandelsorganisation WTO vereinbar wäre. In Brüssel hat daher schon die Suche nach Alternativen begonnen – es ist nur eine von vielen Hürden für einen „European Green Deal“ (…) Wie reagiert das Europaparlament auf den “Green Deal”? Kommissionschefin von der Leyen und ihr Klimakommissar Timmermans wollen am Mittwoch eine “Roadmap” vorlegen, die EU-Gesetze sollen später folgen. Den Abgeordneten, die den “Klimanotstand” ausgerufen haben, dürfte das alles viel zu langsam gehen. Sie diskutieren in einer Sondersitzung in Brüssel über die Pläne…“
  • Siehe auch: Das Ende einer Großideologie? Mit dem Green New Deal gegen Neoliberalismus?
  • Wir erinern an unsere Rubrik im LabourNet-Archiv: “Green New Deal” (GND) ?
Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=159198
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