Bundesverfassungsgericht bleibt europatreu
Kurzer Überblick von Volker Bahl vom 23.6.2016
Zwei Tage vor der Brexit-Entscheidung in Großbritannien leistet sich das Bundesverfassungsgericht keinen EZB-Eklat gegen die europäische Rechtsprechung und bleibt in der Spur, indem es die OMT-Klagen gegen das Handeln der EZB (Europäischen Zentralbank) abweist. (http://www.bundesverfassungsgericht.de/SharedDocs/Pressemitteilungen/DE/2016/bvg16-034.html;jsessionid=6EECA677391D3EF66C0C8F40215EA234.2_cid383 )
- Der Spiegel meint zwar, „zähneknirschend“ hätte das BVerfG das getan (http://www.spiegel.de/wirtschaft/soziales/europaeische-zentralbank-bundesverfassungsgericht-scheut-den-euro-eklat-a-1098881.html )
- Die Süddeutsche erklärt dieses Urteil – weit weniger konfrontativ – „als ein kunstvolles Duett der gerichtlichen Kontrolle der EZB durch beide Gerichtshöfe.“ (http://www.sueddeutsche.de/politik/karlsruher-urteil-zu-anleihenkauf-geradegerueckt-1.3043947 )
- Und der Jurist Heribert Prantl fasst diese Auseinandersetzung zwischen den beiden Gerichtshöfen noch in das plastische Bild eines Huhns: Draghi darf wie ein Huhn eben nicht nur brüten, sondern auch fliegen. Nur Adler werden, das darf er nicht.So ist diese Entscheidung nicht der von den Klägern Gauweiler & Co. gewünschte Donnerschlag…, das ist ein Handschlag der Karlsruher mit den Luxemburger Richtern. (http://www.sueddeutsche.de/politik/bundesverfassungsgericht-karlsruher-ezb-urteil-handschlag-statt-donnerschlag-1.3043858 )
Zur Vertiefung noch etwas über die Rolle der EZB in Europa: Was war es eigentlich, was die EZB in Europa so strittig werden ließ?
Die auf lange Zeit so niedrigen Zinsen, die gerade die Deutschen so erbosten: Dabei machte schon der DGB deutlich, dass es der in Europa verordnete Sparkurs war – für Deutschland die „schwarze Null“ – die durch die Geldpolitik nicht aufgehoben,geschweige denn beseitigt werden konnte, um wieder ökonomisch voran zu kommen.
Der Sparkurs ist die Geldverschwendung und nimmt uns die Zukunft – nicht die niedrigen Negativzinsen. (http://www.dgb.de/themen/++co++a3a97030-33c9-11e6-bdc0-525400e5a74a )
Aber nicht die EZB konnte dieses ökonomische Dilemma überwinden, denn sie war mit ihren Möglichkeiten an die Grenze gestoßen – oder: „Die EZB hat ihre Munition verschossen“ (https://www.labournet.de/?p=94981)
Die Diskussion über ein an alle verteiltes „Helikoptergeld“ (Friedman) konnte zwar diese Defizite auf Seiten der Politik noch einmal zur Diskussion anregen, aber keineswegs – da nach dem heutigen Verständnis politisch nicht praktikabel – nicht aufheben. (https://www.labournet.de/?p=96407)
Der von der Politik in die Hand genommene Stein gegen die Geldpolitik der EZB fällt somit auf die eigenen Füsse zurück: die Politik ist jetzt in der Verantwortung, was die Europaabgeordneten aus drei Euroländern in einem Gastbeitrag der Frankfurter Rundschau noch einmal am 23. Juni (!) deutlich gemacht haben. (http://www.fabio-de-masi.de/de/article/1065.die-eu-muss-in-die-zukunft-investieren.html )
Die EU – und Deutschland voran – muss investieren, wenn sie doch einmal etwas gegen den politischen Rechtsdrall in Europa „unternehmen“ will.