Ein Riss geht durch Europa – so titelte die „Süddeutsche“ am 22. März – jedoch den Riss auf Grund eines Versagens der EU unter der Herrschaft der Finanzmärkte meinte sie nicht!
Kommentierte Presseschau von Volker Bahl vom 25. März 2014
Die „Süddeutsche“ bezog diesen Riss allein auf die Konfrontation der EU in der Ukraine mit Russland`s Putin. Mir liegt daran, an dieser Stelle deutlich zu machen, dass diese EU sich unter dem Regime der Finanzmärkte selbst in einer tiefen Krise befindet – und „nach alter deutscher Väter Sitte“ (wie z.B. weiland Bismarck 1879 / 1880 die innenpolitische Stagnation durch eine äußere Krise zu überwinden trachtete) diese innereuropäische Krise durch eine äußere Krise – in der Ukraine – in den Griff zu bekommen versucht. (Siehe zu dieser Krise der Eurozone noch einmal „Wetten auf Europa“ – Deutsche Bundesregierung als Teaparty für Europa, (https://www.labournet.de/?p=55249)
So wurden zum allgemeinen Vorteil Deutschlands auch noch die Zinsen für die Südländer nach oben getrieben – und damit eine ökonomische und soziale Spaltung in Europa („Riss“) vorangetrieben und weiter vertieft. (Vgl. dazu noch insbesondere auch die Seite 2 (im letzten Link) „Ein weiterer Faktor, der die Spaltung in Europa vorantreibt: die Zinsen“)
Meine These, dass das „Zentrum“ der gegenwärtigen Krise eine ökonomische und soziale Krise Europas ist, könnte sich noch heftig zuspitzen, wenn sich all die „Europa-Herum-Wurstler“ im jeweils möglichst eigenen Interesse „zu früh gefreut haben“ – weil die nächste Finanzkrise schon auf uns zu rollt (http://sz-magazin.sueddeutsche.de/texte/anzeigen/41712/Freut-euch-nicht-zu-frueh ).
Es ist gegenwärtig sicher nicht einfach die etwas recht komplexen Zusammenhänge klar herauszuarbeiten, dennoch soll es einmal versucht werden – nach dem aktuellen Stand sowie dem gerade besten Wissen.
Auf diese zerissene „innere Situation“ der Eurozone trifft nun die Ukraine-Krise!
Und so fand ich vor einer Woche noch dies von Antje Vollmer, die mir als „altem“ Friedensbewegten aus dem Herzen und dem Verstand spricht – und jetzt finde ich in der TAZ (22. / 23. März 2014) wieder ein Gespräch zwischen Gregor Gysi und Karin Göring Eckardt, das leider – von der grünen Seite – nicht in seiner ganzen Genese dieses klare analytische Niveau von Antje Vollmer einhält. Deshalb zunächst noch einmal zu ihren Aussagen: Antje Vollmer „Auch die Grünen scheinen mir sehr geschichtsvergessen“. Die Grünen agieren, als kennten sie kein Heute und kein Morgen, sondern nur den starken Moment der euphorischen Gesinnung. Das ist politischer Narzismus, aber keine Lösung des realen Konflikts.
Die Grünen ähneln jetzt der SPD 1914.
Nach 1989 bestand der Fehler des Westens darin, dass er der besiegten Sowjetunion auch keine Rolle in einer Friedensordnung angeboten hat, obwohl sie darauf einen legitimen Anspruch gehabt hätte. Immerhin hat sie die Länder des östlichen Europas ohne Blutvergießen in die Freiheit ziehen lassen. Das hätte man honorieren müssen. Stattdessen fand Gorbatschow keinen Partner für seine Idee des „gemeinsamen Hauses Europa“.
Putin ist die (russische) Antwort auf diese historische Erfahrung – des Versagens – vor allem von Europa – in dieser Phase des Triumphalismus.
Und: Ich habe immer gewußt, dass wir für den Bruch des Völkerrechts im Kosovo-Krieg irgendwann von Russland oder China die Rechnung präsentiert bekommen.
Es ist völlig unsinnig den Maidan zu einer rechten Bewegung zu erklären. (vgl. dazu auch noch eine Analyse dieser Rechten bzw. Rechtsextremen in der Ukraine „The Extreme Right in Ukraine“ (http://library.fes.de/pdf-files/id-moe/09407.pdf ). Aber der Protest ist durch leichtfertige Ermutigungen und Versprechen, die der Westen nie einhalten kann, eskaliert.
Wir bringen nicht einmal das Geld für einen Marshall-Plan für Griechenland auf, wir werden nicht fertig mit der Korruption und den Oligarchen in Rumänien und Bulgarien – und trauen uns eben mal zu, die Ukraine zu beglücken. Das ist nicht glaubwürdig. (Berliner Zeitung: http://www.berliner-zeitung.de/politik/antje-vollmer–auch-die-gruenen-scheinen-mir-sehr-geschichtsvergessen-,10808018,26548482.html ) Dieses Interview beruht auf einer Analyse, die Antje Vollmer schon früher – zusammen Hauke Ritz – ausführlicher in der FR vom 25. Januar 2014 veröffentlicht hatte: „Mutwillig verspielt“ – 25 Jahre nach dem Mauerfall -(www.nachdenkseiten.de/?p=20268#h04 )
Finden Gysi und Göring-Eckardt zu einer angemessenen Antwort auf diese – auch ökonomische – Herausforderung?
Interessanterweise bewegt sich noch Gysi weitestgehend auf dieser mit Antje Vollmer auch von mir so favorisierten „Linie“: „Die Ukraine soll doch eine Brücke sein zwischen Europa und Russland“ – und eben nicht der westliche Nato-Prellbock gegen Russland (vgl. dazu das Streitgespräch zwischen Göring-Eckardt und Gysi in der TAZ vom 22.März 2014 – http://www.taz.de/!135345/ – ausführlich ist dieses Gespräch unter http://www.taz.de/1/archiv/print-archiv/printressorts/digi-artikel/?ressort=sw&dig=2014%2F03%2F22%2Fa0186&cHash=3cf9359254e30a0d18864000143c341f noch nachzulesen).
Bleiben wir zunächst bei diesem Gespräch, weil es uns jenseits offizieller sich selbst-verstärkender „aufgeblasener“ politischer Rhetorik, geschürt durch eine starke „Emotionalität“, doch ein wenig tiefer schürfen lässt – und auch Unsicherheiten aufdecken kann – in dieser so schwierigen Situation.
So hebt Gysi hervor, dass sich die Grünen nicht genügend von den Faschisten in der Ukraine und auf dem Maidan distanziert hatten. – Einen Sachverhalt übrigens, den der Liberale Günther Verheugen – weitaus schärfer noch – als einen „Tabubruch“ bezeichnet, dem wir auch noch applaudieren, dass wir zum ersten Mal in diesem Jahrhundert richtige Faschisten in eine Regierung lassen. (http://www.deutschlandfunk.de/verhaeltnis-eu-russland-gefahr-einer-spirale-nach-unten.694.de.html?dram:article_id=280378 )
Man kann ja immer wieder dankbar sein, dass solche „elder statesman“ noch die angemessenen Worte finden. (siehe auch den obigen Link zu den extremen Rechten in der Ukraine)
Ja, meint Gysi noch weiter: Der Preis für die Herstellung der deutschen Einheit und die Mitgliedschaft von ganz Deutschland in der Nato sollte doch sein: keine Osterweiterung der Nato. Was aber ist passiert? Das Gegenteil. Polen, die baltischen Staaten und weitere Staaten wurden Mitglieder der Nato… Jetzt bezahlen wir den Preis für diese Arroganz des Westens. (Vgl. auch die Rede von Gysi zur Ukraine im Bundestag (http://www.linksfraktion.de/reden/ukraine-es-gibt-weg-diplomatie/ )
Demgegenüber meint Göring-Eckardt, Putin verfalle in das alte Blockdenken von Russlands alter Stärke in der Zeit von vor 1990. Deshalb müssten wir mit ihm auf Augenhöhe verhandeln. Denn: wir haben Freiheit, Demokratie und Rechtsstaat zu verteidigen – unsere Werte und die Souveränität unserer osteuropäischer Nachbarn…
Hier möge mir erlaubt sein, anzumerken, dass Europa diese Werte hochzuhalten noch nicht einmal in den eigenen Grenzen gelingt – wie z.B. in Ungarn, das es sich erlaubt, Parlaments-Rechte mit den Füssen zu treten (siehe das Sachbuch über Ungarns Rechtsextreme: Herrscher ohne Grenzen (http://www.taz.de/Sachbuch-ueber-Ungarns-Rechtsextreme/!135334/ ). Zu den die ungarische Philosophin Agnes Heller erst einmal meint, dass es zu den Aufgaben der Europäischen Union gehört, diesen Rechten Einhalt zu gebieten (http://www.taz.de/Ungarn-und-die-Nazis/!135269/ )
Angesichts dieser jetzt schon aktuellen rechtsextremen Bedrohung in der EU – ohne klare Konsequenzen von Seiten der EU – mehren sich natürlich auch die Stimmen, die sagen, „wehret den weiteren Anfängen“ – und unterschätzt nicht die Rechstextremen in der Ukraine und speziell auf dem Maidan. (http://www.cicero.de/weltbuehne/swoboda-der-westen-unterschaetzt-die-ukrainischen-rechtsextremen/57253 )
Solchen Vorwürfen entgegnet Göring-Eckardt: Wir unterschätzen Swoboda, die rechte Partei in der Ukraine, nicht. Ich war selbst auf dem Maidan und habe mit vielen Menschen gesprochen, mit Bloggern, Frauengruppen, alten Frauen, die Brote schmierten. Alle haben sich ungefragt von den Rechten distanziert. (vgl. auch die Momentaufnahme dieses Prozesses auf dem Majdan bei: Claudia Dathe und Andeas Rostek (Hrsg.), „Majdan! Ukraine, Europa!“ (http://www.edition-fototapeta.eu/deutsch/buecher/majdan.htm ) – Dem Einwand Gysis, dass Swoboda aber derzeit fünf Minister – in Schlüsselpositionen – in der Regierung inne hat, widerspricht Göring-Eckardt folgendermaßen: das regt mich auch auf. Aber: Damit wird eine Demokratie auch fertig. Die Umfragen zur Wahl im Mai sehen beide rechten Parteien derzeit gemeinsam bei 5 Prozent. Das sind 5 Prozent zu viel, aber beileibe keine Ausreißer…
So fordert Göring-Eckardt weitere Sanktionen gegen Russland – was Gysi wieder mit dem früheren US-Außenminister Henry Kissinger kontert: „Sanktionen sind keine Strategie, sondern Ausdruck des Fehlens einer Strategie“ (vgl. dazu auch Henry Kissinger „Die Ukraine-Frage wird viel zu oft als Showdown dargestellt: Geht das Land an den Westen oder an den Osten? Aber um zu überleben und sich zu entwickeln, darf die Ukraine niemandes Vorposten sein.“ (http://www.ipg-journal.de:80/kommentar/artikel/henry-a-kissinger-eine-daemonisierung-putins-ist-keine-politik-298/ )
Ist die Ukraine doch noch als neutraler Brückenstaat machbar?
Und interessanterweise sind sich für diese Perspektive der Ukraine die Fachleute sehr unterschiedlicher „Herkunft“ ziemlich einig: Die USA denken weiter in ihren die Konfrontation anheizenden „Hollywood-Western-Klischees“, ohne dabei zu begreifen, dass es gilt, die Sicherheitsinteressen Russlands auch zu respektieren, erklärt der US-Historiker. (http://www.taz.de/Historiker-ueber-US-russische-Beziehungen/!134386/ )
Nun hat der österreichische Bundeskanzler Faymann diese Idee eines neutralen Brückenstaates den europäischen Regierungen auf einem EU-Gipfel noch nahe gebracht. (http://www.nachdenkseiten.de/?p=21166#h02 )
Nur – wie uns Albrecht Müller ausführlich durch die entsprechende Einbettung der deutschen Medien in die US-amerikanische Sicherheits- (oder besser „Unsicherheits“-) Philosophie zeigt, wird es zunächst einmal noch schwierig sein, „für diese vernünftige Lösung eine Gasse“ zu finden – sozusagen diesseits der ganzen westlichen Aggressions-Lüsternheit. (Vgl. Gedanken zur Ukraine – zur Rede Putins: http://www.nachdenkseiten.de/?p=21147 sowie http://www.nachdenkseiten.de/?p=21155 Teil II)
Dabei können wir dieses Engagement der deutschen Medien keinesfalls beim zerstörerischen Abdriften der Europäischen Währungsunion erleben – und diese Empathie einmal für Griechenland, Spanien und Portugal mitbekommen, wie sie diese Medien für den Maidan „scheinbar“ empfinden. Und schändlicherweise wird das ganze mediale Meinungsgebäude noch mit Propagandalügen unterfüttert (vgl. Jens Berger, „Wehe dem, der lügt“: www.nachdenkseiten.de/?p=21012 )
Wir bringen nicht das Geld für einen Marshall-Plan für Griechenland auf – aber wollen jetzt die Ukraine beglücken.
Wir konnten sehen, wie Griechenlands soziale Lage immer fragiler geworden ist, wie Niels Kadritzke es ausmalt (siehe den vorletzten Absatz auf der Seite 1 bei https://www.labournet.de/?p=55249). Aber dennoch erscheint es ziemlich aussichtslos diese Bestimmung unsererer europäischen Gesellschaften durch die Finanzmärkte zu überwinden (vgl. die Seite 4 bei dem letzten Link)
Da erklärt doch der Europa-Rechtler Fischer-Lescano auch noch: Die Sparauflagen für Mitglieder wie Griechenland verschlimmern die Lage dort nicht nur – sie sind auch noch rechtswidrig zustande gekommen. (vgl. den ganzen Absatz auf der Seite 6 bei https://www.labournet.de/?p=51131) Woraus wir nur „lernen“ können, neoliberale Regelbindung geht vor Recht!
Die ideologische Verbohrtheit über diese neoliberalen „Regelbindungen“ jede Stützung der Wirtschaft durch so etwas wie einen Marshall-Plan möglich zu machen, müsste ja vorher an ihr Ende kommen, bis Europa die Ukraine ökonomisch auffangen könnte. Da ist es vielleicht angebracht, noch genauer auf die Situation der Ukraine zu blicken, die Stephan Kaufmann uns ein Stück weit analysiert hat:
Ukraine vor der Pleite: Geteiltes Land, geteilte Wirtschaft – und das zweierlei Maß des IWF
Ab 2000 erlebte das Land einen Aufschwung – getragen von den guten Beziehungen der östlichen Ukraine zu Russland. Doch dann brachen dem ukrainischen Wirtschaftswunder ab 2006 alle Pfeiler weg. Ab 2008 gewährte der Internationale Währungsfonds (IWF) – für Europa und die Eurozone als Teil der sog. „Troika“ wohlbekannt – eine Kreditlinie von 17 Milliarden Dollar und setzte – wie auch sonst gewohnt – Bedingungen: Freigabe des Kurses der Landeswährung Hrywnja, Streichung von Staatsausgaben, und ein Anheben der inländischen Gaspreise. Das Geld des IWF floss, doch das „Reformprogramm lief rasch aus der Spur“, so ein IWF-Bericht.
Kaum eine der Forderungen des IWF wurde erfüllt – denn sie waren unpopulär: Die Freigabe der Hrywnja hätte eine deutliche Abwertung der Währung bedeutet. Importe würden dadurch teurer. Zudem hatten viele Ukrainer Kredite in Auslandswährung aufgenommen, deren Rückzahlung mit der Aufwertung viel teuerer geworden wäre. Nicht umgesetzt wurde auch die Forderung des IWF nach geringeren Lohn- und Rentenerhöhungen. Zwischen 2004 und 2008 hatten sich die Gehälter der öffentlich Beschäftigtren fast verdoppelt. Oh, was wäre da in der Eurozone „fällig“ gewesen“?
Aber auch eine dritte Forderung des IWF wurde nicht erfüllt: Die Angleichung der Gaspreise im Inland an das Import-Niveau. Bis heute subventioniert Kiew massiv den Gaspreis, private Haushalte zahlen nur einen Bruchteil dessen, was der staatliche Energiekonzern Naftogaz seinen ausländischen Lieferanten zahlen muss. Nur: Im Gegensatz zu vergleichbaren Fällen – siehe wieder Griechenland – nahm der IWF jedoch die Blockade-Haltung der ukrainischen Regierung hin.
Die steigenden Defizite und die politischen Unruhen brachten dieses System 2013 an seine Grenzen. Nun ist der IWF wieder vor Ort. (http://www.fr-online.de/ukraine/ukraine-vor-der-pleite-geteiltes-land–geteilte-wirtschaft,26429068,26503530.html )
Armes Griechenland, das du mit einem ganz anderen Maß gemessen wirst – aber du hast das Pech keine Grenze zu Russland zu haben, das jetzt – auch mit Geld – „niederkonkurriert“ werden muss.
Und wenn schon sonst keine Absicht zur Deeskaltation zur erkennen ist, könnten doch diese gewaltigen finanziellen Lasten so manches aufgewühlte Gemüt jetzt für „Demokratie, Rechtsstaat und Freiheit“ nach Osten vorstoßen zu müssen – wobei es wohl eigentlich doch wieder nur um die Freiheit der Finanzmärkte – wieder bei den sich jetzt dann auftürmenden Staatsschulden – man erinnere sich an die sogenannte „Schuldenkrise“ in Europa – gehen wird.
Ein Blick „zurück“ auf die „Bekämpfung“ der Krise in Europa: eine unzureichende Bankenunion – wieder zu Lasten des Steuerzahlers – und doch schon im „Angesicht“ der nächsten Finanzkrise
Zwar gab es jetzt in letzter Minute doch noch eine Einigung zur Bankenunion – doch das Europa-Parlament musste viele Abstriche machen. (http://www.taz.de/Einigung-zur-Bankenunion/!135268/ )
Es wäre ja ein solch enormer Fortschritt gewesen, wenn das Europa-Parlament von sich aus das Ziel eines Endes der Finanzkrise nicht nur in den Blick hätte nehmen können, und deshalb mit einem gezielten „Nein“ zu den bisher – und auch jetzt noch – so ineffizienten Plänen zur Bankenunion, eine wirksame Kontrolle der Finanzmärkte nach dem Grundsatz „für die Banken stehen allein die Banken ein“ – und eben nicht mehr der Steuerzahler! – hätte durchsetzen können. (vgl. dazu „Welche Rolle kann sich das Europa-Parlament in dieser Krise noch erkämpfen?“ unten auf der Seite 1 f. bei https://www.labournet.de/?p=52278)
So kommt der Finanzexperte Paul de Grauwe zu dem Schluss: „Das Schlüsselelement einer Bankenunion ist eine Institution mit finanzieller Schlagkraft. Die gibt es bis jetzt nicht, also haben wir keine Bankenunion.“ – sondern nur etwas, was sich so nennen darf. Und so ist diese Bankenunion nicht viel wert. (www.nachdenkseiten.de/?p=21159#h01 ) Damit meint die EZB-Direktorin Lautenschläger leben zu können (http://www.ad-hoc-news.de/ezb-direktorin-lautenschl-ger-begr-t-einigung-bei-bankenunion–/de/News/35962443 ). Aber diese war doch gerade von Schäuble für derartige „Beifallskundgebungen“ seiner für die Finanzkrise unzureichenden Politik ins EZB-Direktorium entsandt worden.
Deshalb meint Ingo Arzt in der TAZ zur Bankenunion: Angela Merkel glaubt, dass Putin in einer andere Welt lebt – aber im Februar sagte sie in London: „Nie wieder sollen die Steuerzahler für die Fehler von Banken und Finanzinstituten gerade stehen.“ Wenn sie jetzt ernsthaft glaubt, diese – sogenannte – Bankenunion hilft dabei, so lebt sie genauso in einer anderen Welt. (http://www.taz.de/1/archiv/digitaz/artikel/?ressort=me&dig=2014%2F03%2F21%2Fa0112&cHash=87569a43b4ef9f6a6f4c75ad5e5985fa )
So bleibt dieses größte Integrationsprojekt seit der Einführung des Euro – dank Deutschland – ein Torso oder einfach „ein Schutzwall mit Löchern“ (http://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/eu-bankenunion-schutzwall-mit-loechern-1.1918258 ). Während in den USA seit Beginn der Finanzkrise im Jahr 2008 fast 500 Institute geschlossen wurden, dürfen in Europa selbst die gruseligsten Zombiebanken weiterwursteln.
So vernünftig die Bankenunion auf lange Sicht zweifellos ist: Die Problem der europäischen Geldindustrie könnten „uns“ noch eine ganze Zeit lange teuer zu stehen kommen – uns Steuerzahler wohlgemerkt, erklärt uns noch Claus Hulverscheidt.
Aber es könnte ja sein, dass sich die ganzen „Bremser“ im Interesse der Finanzindustrie doch noch zu früh gefreut haben – sobald die nächst Finanzkrise schon wieder auf uns zu rollt (http://sz-magazin.sueddeutsche.de/texte/anzeigen/41712/Freut-euch-nicht-zufrueh ). Da könnte sich bald dieses zu kurz geschneiderte Hemd einer sogenannten Bankenunion als hilflose Makulatur erweisen, eine nächste Finanzkrise politisch zu „beherrschen“.
Jedoch die Euro-Rettung über den ESM ist O.K. – sagt das Bundesverfassungsgericht
Die Richter wissen, dass ein Ausstieg aus dem Euro für eine Exportnation wie Deutschland noch gefählicher wäre, als bei der Euro-Rettung über den ESM gewisse finanzielle Risiken einzugehen. Das Bundesverfassungsgericht ist eben keine „Alternative für Deutschland in roten Roben“ (http://www.taz.de/!135098/ ). Und so rettet Karlsruhe die Euro-Rettung, denn es findet die Politik ginge damit ein überschaubares Risiko ein – und weist die Klagen alle ab. (http://www.taz.de/!135075/ )
Die Krise als Chance für eine Neuausrichtung? Doch noch eine Wende für Europa durch die Ukraine?
An dieser Stelle einer bisher doch so tristen Bestandsaufnahme zur unbewältigten Krise in der Europäischen Union will ich auch nicht unterschlagen, dass zwei alte Männer durch die Ukraine doch noch einen Paradigmenwechsel für Europa heraufziehen sehen: Joschka Fischer und George Soros.
Und so meint Soros, von dem wir eben noch hörten, dass die Bundesregierung als Tea-Party für Europa fungiere (https://www.labournet.de/?p=55249) – gerade weil die Währungskatastrophe nicht undenkbar ist, dass diese Ukraine-Krise eine Chance für die EU sei, sich neu zu erfinden, denn sie war immer eine politische Union.“ Und weiter: „Die Kanzlerin ist auf einem guten Weg. – Endlich führt Merkel. Weil sie einen klaren Kurs gegenüber Russland fahre, moderat, aber entschieden – und offenbar die Kraft einer einigen EU zu erkennen beginne. – Obwohl da sicher auch ein bisschchen Hoffnung mitschwingt. (http://www.spiegel.de/politik/ausland/joschka-fischer-und-george-soros-diskutieren-ueber-ukraine-krise-a-959809.html )
Sozusagen die Ukraine-Krise als ein gemeinsam erlebbarer „Jungbrunnen“ für die ans Ende gekommen Europa-Idee unter der Knute der Finanzmärkte?
Und so glaubt auch Joschka Fischer in der augenblicklichen Situation an die Möglichkeit sich jetzt für Europa neu zu positionieren: Einheit ist jetzt ganz wichtig. Fischer sieht sogar große Chancen für einen Staatenbund. „Vielleicht ist das der Beginn der vereinigten Staaten von Europa.“ (http://www.n-tv.de/politik/Fischer-lobt-Merkel-und-schweigt-zu-Schroeder-article12506531.html )
So kommt – im Moment – die deutsche Kanzlerin bei den beiden gut weg (https://www.boell.de/de/2014/03/21/krise-der-ukraine-und-die-europaeische-union ). Mag darin für den Augenblick noch mehr Erwartung und Hoffnung liegen, dass die Kanzlerin angesichts der ukrainischen Herausforderung über manchen „alten“ Schatten zu springen bereit sein muss, so zeigt es doch auch die Möglickleiten diese Krise für Europa auch einmal positiv zu nutzen.
Auch die Gewerkschaften bei einem Strategie-Wechsel für Europa? Und bei der Energiewende eher nicht?
Jedenfalls suchen sich die Gewerkschaften eine klarere Position – oder überhaupt Position für Europa. Nur so können sie die bisherige ziemlich hilflose Rolle der europäischen Gewerkschaften, die neoliberal und national gegeneinander ausgespielt werden, überwinden. (vgl. „Selbstaufgabe der Gewerkschaften durch „Verzicht“ auf eine allgemeine Lohngestaltung – Gewerkschaften neoliberal und national gegeneinander ausgespielt?“ – Seite 7 f. bei https://www.labournet.de/?p=53716)
Jetzt aber hört man von einem Strategiewechsel bei den Gewerkschaften „Merkels Europa ist falsch“ (http://www.taz.de/!87595/ ) – und die Gewerkschaften demonstrieren vor dem EU-Gipfel am 4. April 2014, um eine Ende der Missachtung durch Brüssel auf die Tagesordnung für Europa zu setzen. (http://www.dgb.de/themen/++co++1949c77e-9ef6-11e3-87a9-52540023ef1a )
Dennoch wirkt es für einen solchen Perspektivwechsel irritierend, wenn die IG Metall die Energiewende weiter durch eine Befreiung der Industrie von der EEG-Umlage mehr hintertreiben als voranbringen will – und das unter der Überschrift „Klare Strategie gefordert“. Da haben wohl die „industriepolitischen Botschafter“ in der IG Metall wieder einmal die Oberhand über eine klare Perspektive für die Energiewende gewonnen. (http://www.wirtschaftundgesellschaft.de/2014/03/zitat-des-tagesbefreiung-der-industrie-von-der-eeg-umlageig-metall-womit-blos/ )
Vorerst nur Hoffnungen einer neuen Dynamik – aber noch keine „belastbaren“ Fakten zur Änderung in Europa – Und das größte Übel des „Risses“, die Arbeitslosigkeit, kommt gar nicht vor.
So wichtig es ist, sich offen zu halten für neue Möglichkeiten, so sehr ist es doch erst einmal angebracht, die bisher noch „herschenden“ Tatsachen ins Auge zu fassen. Und so bleibt es weiterhin erst einmal beim Stillstand als Markenzeichen auch dieser Großen Koalition. (http://www.fr-online.de/meinung/koalition-aus-cdu-csu-und-spd-markenzeichen-stillstand,1472602,26620950.html )
Und weiter bleibt es in der EU durch Krise und Austerität bei einer stagnierenden Ungleichheit in Europa, wie Michael Dauderstädt u.a. von der FES festhalten. (http://library.fes.de/pdf-files/wiso/10578.pdf ) Ja, in der Bilanz zu hundert Tage Große Koalition kommt das größte Problem für die Deutschland und die EWU, die Arbeitslosigkeit überhaupt nicht vor. (http://www.nachdenkseiten.de/?p=21169 )
So wird die neoliberale Doktrin auch hier, dass die Arbeitslosigkeit für die (Finanz-) Wirtschaft sehr nützlich sei, gleich auch noch indirekt zum regierungsoffiziellen Dogma erhoben. (vgl. zu Friedman`s Konzept einer „natürlichen Arbeitslosenrate“ noch einmal Stephan Schulmeister auf der Seite 5 f. der „Lernwiderstände…“ (http://stephan.schulmeister.wifo.ac.at/fileadmin/homepage_schulmeister/files/Lernwiderstand_Schulmeister_01_01.pdf )
Damit wird vorerst auch Deutschland weiter „zerrissen“ zwischen Wohlstand und Verarmung (https://www.blaetter.de/archiv/jahrgaenge/2014/maerz/zwischen-wohlstand-und-verarmung-deutschland-vor-der-zerreissprobe ). Und die massenhafte Altersarmut wird vorprogrammiert. (www.nachdenkseiten.de/?p=21143 )
Stolz präsentiert dagegen der Finanzminister Schäuble den „schuldenfreien“ Etat (erstmals seit 1969 – der noch keynesianischen Periode) – und der DGB muss feststellen, dass das Staatsvermögen verfällt. Und ausgerechnet das reiche Deutschland hinke bei den öffentlichen Investitionen im europäischen Vergleich hinterher, obwohl der riesige Investitionsbedarf in marode Brücken, Straßen, Schienen und kommunalen Bauten längst angegangen werden müsste. (http://www.dgb.de/themen/++co++b1c6e394-ab6a-11e3-b7a6-52540023ef1a )
Und so hat sich beim kommunalen Eigentum auch noch ein Substanzverlust von 42 Milliarden Euro seit 2003 als Loch aufgetan. (http://idw-online.de:80/de/news576157 ) Aber die neoliberale „Pflichtaufgabe“ des Sparens beim Staate, um die Investitionen von Real- zu Finanzanlagen zu verlagern, wurde wieder erfüllt.
Ob das noch Sinn gibt, angesichts der sozialen Zuspitzung fragt keiner mehr. So fällt es mir „unheimlich“ schwer eine Neuausrichtung der EU-Politik durch die Herausforderungen der Ukraine-Krise auszumachen.
So könnte nach diesen Maßstäben die analytische Aussage von George Soros, dass die deutsche Bundesregierung doch die Teaparty für Europa ist, zunächst einmal entlang dieser Fakten angemessener bleiben (https://www.labournet.de/?p=55249) – gegenüber den jetzt vorgebrachten Wunschträumen in Richtung Kanzlerin.