Neue Frontex-Verordnung: Aufrüstung der Festung Europa

Dossier

Ferries, not Frontex„Die Europäische Union baut eine Grenztruppe mit 10.000 Einsatzkräften auf, den größten Teil stellt die Bundespolizei. Frontex erhält außerdem mehr Kompetenzen und verändert ihre Organisationsstruktur. Mit einer „Ständigen Reserve“ („Standing Corps“) von 10.000 zusätzlichen Einsatzkräften perfektioniert die EU-Grenzagentur Frontex die Abschottung der Europäischen Union. (…) Die neue Grenztruppe soll Übertritte an den Außengrenzen Europas verhindern sowie Rückführungen und Abschiebungen durchführen. (…) Frontex hat außerdem ihre Überwachungsfähigkeiten verstärkt. Die Grenzagentur betreibt das Überwachungssystem EUROSUR, das unter anderem die Küstenregionen von Algerien, Tunesien und Libyen überwacht. Hierfür testet Frontex den Einsatz von Drohnen, die ursprünglich für das Militär entwickelt wurden. Die Ausforschung dieses „Grenzvorbereichs“ vor Nordafrika wird nun auf neue Gebiete ausgeweitet. (…) Ein erstes operatives Abkommen mit einem Drittstaat hat die Grenzagentur mit Albanien geschlossen, der Einsatz begann im Mai dieses Jahres. Weitere Abkommen mit den Regierungen in Bosnien, Serbien, Mazedonien und Montenegro sind bereits verhandelt, müssen dort aber noch den Gesetzgebungsproz

  • Frontex: Knüppel an der Außengrenze. Nach der letzten Änderung ihrer Verordnung erhielt die EU-Grenzagentur Frontex erweiterte Kompetenzen New
    „Mit zwei Verordnungen haben der Rat der Europäischen Union und das EU-Parlament Frontex mit erweiterten Mitteln und Kompetenzen ausgestattet. Seit 2016 darf die EU-Grenzagentur Fahrzeuge, Flugzeuge und Drohnen anschaffen. Die 2019 abermals geänderte Verordnung bestimmt den Aufbau einer als »Ständige Reserve« bezeichneten Einheit mit 10 000 Beamten, die direkt dem Hauptquartier von Frontex in Warschau unterstehen und bis 2027 vollständig rekrutiert sein sollen. Derzeit besteht sie aus rund 2000 Beamten. Sie werden an den EU-Außengrenzen eingesetzt und sollen eigenständig Abschiebungen organisieren. Zudem betreut die Ständige Reserve den Betrieb einer riesigen neuen Datenbank für Reisende aus Drittstaaten. Insgesamt 3000 Angehörige der Ständigen Reserve werden von Frontex als »Kategorie 1« selbst uniformiert und bewaffnet. Zu den Einsatzmitteln für die Ausübung von Zwang zählen außerdem Schlagstock, Handschellen und Reizstoffe. Eine solche EU-Polizeitruppe ist bislang einmalig. Damit verlässt die EU erstmals das Prinzip, dass Frontex-Personal grundsätzlich aus den Mitgliedsstaaten abgeordnet wird. Oberste Vorgesetzte der Einheit ist die aus Lettland stammende Aija Kalnaja, eine der drei Vizedirektorinnen bzw. -direktoren der Agentur. Den Posten des neuen Abschiebechefs erhielt der deutsche Bundespolizist Lars Gerdes. Frontex errichtet unter seiner Leitung ein »Europäisches Rückkehrzentrum«. Es bietet den Mitgliedsstaaten ein »komplettes Dienstleistungsangebot« an, darunter auch die Bereitstellung von »Begleit- und Unterstützungsbeamten für Abschiebungen«. Frontex kümmert sich um die Vorbereitung und Durchführung von Abschiebeflügen und erledigt auch erforderliche Maßnahmen im Zielland der Betroffenen. (…) Uku Särekanno aus Estland wurde im vergangenen Jahr zum dritten Vize-Direktor für »Informationsmanagement und -verfahren« ernannt. Zuletzt war er bei der EU-Agentur für das Betriebsmanagement von IT-Großsystemen (eu-Lisa), die ebenfalls in Estland ihren Sitz hat, für die Einführung neuer Datenbanken zuständig. Die Agentur betreibt unter anderem das neue Europäische Reiseinformations- und -genehmigungssystem (Etias). Alle visumfrei in die EU Reisenden müssen bald vor ihrem Grenzübertritt persönliche Daten über ein Formular hinterlegen. Anschließend werden die Angaben mit anderen europäischen Polizeidatenbanken abgeglichen. Das Etias erteilt dann entweder die Freigabe oder eine Einreiseverweigerung. Frontex verwaltet mit perspektivisch rund 250 Beamten die Zentralstelle von Etias, ein Teil von ihnen ist bereits rekrutiert…“ Artikel von Matthias Monroy vom 28. März 2023 in Neues Deutschland online externer Link
  • Frontex: EU-Grenzschutzagentur im freien Fall 
    Frontex, die Europäische Agentur für die Grenz- und Küstenwache, wurde 2004 gegründet, um die EU-Mitgliedstaaten und Schengen-Länder beim Schutz der Außengrenzen zu unterstützen. 2005 nahm Frontex die Arbeit auf – und wurde seither europaweit massiv ausgebaut. Regelmäßig werden der Agentur Menschenrechtsverletzungen vorgeworfen – etwa „Pushbacks“, also die illegale und oft gewaltvolle Zurückweisung von Menschen. Nachdem auch Ermittlungen gegen Frontex-Chef Fabrice Leggeri aufgenommen wurden, trat dieser von seinem Amt zurück. Ist das eine Chance für eine Reform der Agentur? Oder ist Frontex letztlich das Symbol einer krisengeschüttelten europäischen Migrationspolitik?Video des Beitrags von Johanna Siegel und Marion Roussey bei arte externer Link (7 Min., Frankreich 2022)

    • Siehe auch den Thread von Matthias Monroy vom 4. Mai 2022 externer Link: „Ein ehemaliger #Frontex-Polizist aus der #Schweiz erklärt der Zeitung „Le Temps“ seine Erlebnisse in zehn Missionen an europäischen Landgrenzen: https://letemps.ch/suisse/un-exagent-suisse-frontex-brise-lomerta externer Link
      Die Rede ist von einer „Omertà“, die in der EU-Grenzagentur herrscht. Die Ausbildung für Frontex-Einsätze erfolge in jedem Herkunftsland der Beamt:innen sowie während einer Woche im Rahmen eines „European Border Guard Training“. In der Praxis gebe es aber „eklatante Unterschiede“ bei der Anwendung der gepredigten Beachtung von Menschenrechten. Die Beamt:innen in den Schengen-Ländern des „alten Europas“ achteten demnach mehr darauf als jene aus osteuropäischen Ländern, „die manchmal gerade einmal 20 Jahre alt sind“. Einige hätten gerade erst den Militärdienst absolviert und einen eher militärischen Blick auf Migration. Nachts würden Geflüchtete, die sich im Wald versteckt haben, mit Stöcken „aufgeweckt“ um sie in Lager zurückzubringen. Ein Frontex-Kollege habe sich mit 2000 Euro von einem Schleuser bestechen lassen, damit er das Studium seiner Tochter finanzieren könne. Der Beamte habe mit seinen Vorgesetzten in Bern über die Missstände gesprochen, aber nie erfahren ob dies nach Warschau weitergeleitet wurde. Aus Gewissensgründen hat er die Arbeit bei Frontex beendet. Am 15. Mai stimmt die Schweiz über die weitere Teilnahme an Frontex ab…“
    • Siehe zu letzterem unser Dossier: Frontex-Referendum: NEIN zur Finanzierung und personellen Unterstützung von Frontex durch die Schweiz!
  • Rücktritt von Frontex-Chef Leggeri längst überfällig – PRO ASYL fordert kompletten Umbau der EU-Grenzschutzagentur, parlamentarische Kontrolle sowie einen unabhängigen Kontrollmechanismus 
    „… PRO ASYL begrüßt das Rücktrittsangebot von Fabrice Leggeri, Chef der EU-Grenzschutzagentur Frontex, als längst überfälligen Schritt. „Es ist skandalös, dass der Direktor einer EU-Agentur Menschenrechtsverletzungen jahrelang vertuschte, Beweise manipulierte und das Parlament belog“, sagt Karl Kopp, Leiter der Europa-Abteilung von PRO ASYL. Die Menschenrechtsorganisation zeigt sich beunruhigt darüber, dass es erst der hervorragenden journalistischen Arbeit des Spiegel und anderer Medien bedarf, um den nötigen Druck für den Rücktritt Leggeris zu erzeugen. Das Handeln von Frontex geht zulasten von Menschenleben. Durch illegale Pushbacks sterben Schutzsuchende an den Grenzen. Frontex vertuscht solche völkerrechtswidrigen Zurückweisungen nicht nur und manipuliert Beweise, sondern ist auch aktiv beteiligt an Menschenrechtsverletzungen. So trägt Frontex etwa durch die Luftüberwachung dazu bei, Flüchtlingsboote im Mittelmeer zu erkennen und übermittelt die Daten an die libysche Küstenwache. In der Folge werden die flüchtenden Menschen in die Folter- und Vergewaltigungslager Libyens zurückgeschickt. „Leggeris Rücktritt muss zum Anlass genommen werden, all das nun offen auf den Tisch zu bringen“, fordert Kopp. Der Rücktritt Leggeris kann aus Sicht von PRO ASYL nur der erste Schritt sein. Es gilt, die Behörde grundlegend zu reformieren. „Wir brauchen einen demokratischen, parlamentarisch kontrollierten Grenzschutz. Nötig ist eine unabhängige Überwachung von Frontex, um sicherzustellen, dass die EU-Agentur im Einklang mit dem Völkerrecht und der EU-Grundrechtecharta agiert“, erklärt Kopp. Das gigantische Frontex- Budget – aktuell etwa 750 Millionen Euro – muss massiv gekürzt werden, ebenso müssen die Verantwortungsbereiche reduziert und verändert werden. Im Rahmen einer Art „Abschottungskonversion“ muss ein ziviler europäischer Seenotrettungsdienst geschaffen werden, um das Massensterben zu beenden. Außerdem muss ein robuster, unabhängiger Überwachungsmechanismus an Europas Grenzen geschaffen und finanziert werden, der die Menschenrechtsverletzungen aufklärt, vor Gericht bringt und vor allem zukünftige Menschenrechtsverletzungen verhindert. Notwendig ist ein Gegenentwurf zu Frontex: eine Allianz für die Menschenrechte, die Rechtsstaatlichkeit an Europas Grenzen durchsetzt.“ Pressemitteilung von Pro Asyl vom 29. April 2022 externer Link
  • Neue Abteilung bei Frontex: Deutscher Polizeidirektor wird EU-Abschiebechef 
    „… Mit zwei neuen Verordnungen haben der Rat der Europäischen Union und das Parlament die Grenzagentur Frontex mit neuen Fähigkeiten und Kompetenzen ausgestattet. Seit 2016 darf Frontex Fahrzeuge, Flugzeuge und Drohnen anschaffen und nach Zustimmung eines Gaststaates über deren dortigen Einsatz entscheiden. Die Verordnung von 2019 externer Link bestimmt den Aufbau einer „Ständigen Reserve“ mit 10.000 Beamt:innen, die direkt dem Hauptquartier in Warschau unterstehen. Frontex kann außerdem die alleinige Vorbereitung und Durchführung von Abschiebeflügen übernehmen. Zudem verantwortet die „Ständige Reserve“ die Einrichtung und den Betrieb einer riesigen, neuen Datenbank für persönliche Reiseinformationen. Für die drei neuen Bereiche erhielt Frontex eine neue Kommandostruktur. Erstmals stehen dem Exekutivdirektor Fabrice Leggeri drei Vizedirektor:innen zur Seite. Die Stellen wurden vor einem Jahr ausgeschrieben und im Oktober besetzt. Zusammen mit ihrem Vorgesetzten haben sie die alleinige Gestaltungsmacht über alle Einsätze. Die Frontex-Verordnung garantiert, dass keine andere Stelle gegenüber der Leitung der Grenzagentur weisungsbefugt ist. (…) Nach ihrer Einarbeitungszeit werden die Frontex-Vizedirektor:innen nun immer sichtbarer. Für die „Ständige Reserve“ ist die aus Lettland stammende Aija Kalnaja zuständig. Als eine ihrer ersten Amtshandlungen hatte sie auf dem „Ministerforum EU-Westbalkan“ im Dezember die Frontex-Einsätze in den westlichen Balkanstaaten vorgestellt. Seit 2019 operiert die Agentur mit uniformierten und bewaffneten Personal auch in Drittstaaten, zuerst in Albanien, anschließend in Montenegro und Serbien. Ähnliche Einsätze könnten bald in Senegal und Mauretanien stattfinden. (…) Den Posten des neuen Abschiebechefs bei Frontex erhielt der deutsche Bundespolizist Lars Gerdes. Frontex errichtet ein „Europäisches Rückkehrzentrum“ dessen Leitung Gerdes übernimmt. Es bietet den Mitgliedstaaten ein „komplettes Dienstleistungsangebot“ für Abschiebungen an, kümmert sich um deren Vorbereitung und Durchführung und erledigt auch alle erforderlichen Maßnahmen „nach der Rückkehr“. Die hierfür aufgestellten „Begleit- und Unterstützungsbeamte für Abschiebungen“ gehören zur „Ständigen Reserve“. (…) Den Betrieb der Zentraleinheit bei Frontex müssen die Antragssteller:innen finanzieren; für jede ETIAS-Genehmigung bzw. -ablehnung werden Gebühren in Höhe von sieben Euro fällig. Das System soll nächstes Jahr in Betrieb gehen und betrifft nach derzeitigem Stand rund 1,4 Milliarden Menschen aus über 60 Ländern.“ Beitrag von Matthias Monroy vom 8. Februar 2022 bei MiGAZIN externer Link. Siehe auch:

  • [Recherchen zu Frontex] Rund 180 Geflüchtete ertranken trotz Überwachung aus der Luft 
    „Frontex überwacht Europas Grenzen zunehmend aus der Luft. (…) BuzzFeed News Deutschland hat in den vergangenen fünf Monaten zahlreiche interne Frontex-Dokumente, tausende Flugdaten und Meldungen von Seenotrettungsorganisationen ausgewertet. Dadurch haben wir drei Fälle auf dem zentralen Mittelmeer rekonstruiert, bei denen Frontex-Flugzeuge in der Nähe waren, als insgesamt fast 250 Geflüchtete in Seenot gerieten. In den von uns rekonstruierten Fällen wurde den Menschen trotz der Frontex-Flugzeuge nicht rechtzeitig geholfen – und mehr als 180 Geflüchtete starben. Die Recherchen liefern zudem zahlreiche Hinweise für eine offenbar sehr enge Kooperation zwischen Frontex und der libyschen Küstenwache. Von April bis November 2020, so zeigen es interne Dokumente des Europäischen Auswärtigen Dienstes, fing die libysche Küstenwache insgesamt 94 Mal ein Boot mit Menschen ab. 70 Mal kreiste zuvor ein Flugzeug von Frontex in der Nähe, so geht es aus von uns ausgewerteten Flugdaten hervor. Die EU hat sich mit dem Einsatz von Flugzeugen offenbar eine legale Grauzone geschaffen, mit der sie die Verantwortung für ertrinkende Geflüchtete abschiebt. (…) Die Recherchen zeigen auch, dass das bisherige Vorgehen erst der Anfang einer noch viel weiter gehenden Strategie zu sein scheint: Von Langstreckendrohnen, Quadrokoptern bis hin zu Zeppelinen setzt Frontex mittlerweile neue, millionenschwere Technik ein oder plant, diese bald einzusetzen. (…) Die neue Strategie wird von Seenotretter:innen stark kritisiert. Es sei nicht hinnehmbar, dass Frontex vermehrt auf Flugzeuge setze, um Menschen an den europäischen Außengrenzen abzufangen, kritisiert zum Beispiel Felix Weiß von „Sea-Watch“. Auch „Sea-Watch“ überwacht mit Booten und Flugzeugen das zentrale Mittelmeer auf der Suche nach Geflüchtetenboote – wenn sie nicht in europäischen Häfen oder Flughäfen festgehalten werden. „Unsere beiden Flugzeuge, Moonbird und Seabird, können an dutzenden Fällen beweisen, wie Frontex versucht, begangene Verbrechen zu vertuschen, Beweise aus dem Verkehr zu ziehen, ihre direkte Kooperation mit der sogenannten Libyschen Küstenwache zu verschleiern und damit jegliche Transparenz ihrer Mission zu begraben“, sagt Weiß. Laut Weiß sei dies auch am 21. April 2021 der Fall gewesen, als das Boot mit den 130 Geflüchteten in Seenot geriet…“ Beitrag vom 20. Mai 2021 von und bei BuzzFeed.News externer Link
  • EU-Recht: Niemand kann Frontex stoppen. Der Frontex-Direktor kommandiert seit dem 1. Januar eine eigene, bewaffnete Polizeitruppe. Das verstärkt das eklatante Kontrolldefizit der Grenzagentur 
    „Frontex ist eine Agentur, die der Rat der Europäischen Union 2004 mit der Verordnung (EG) Nr. 2007/2004 ohne Parlamentsbeschluss eingerichtet hat. Im Rahmen des Vertrags von Lissabon wurde sie nachträglich über mehrfach vorgenommene Änderungen parlamentarisch legitimiert – zuerst mit der Änderungsverordnung 1186/2011 auf Grundlage von Artikel 77 Absatz 2 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union. Als Leitungsorgan der Grenzagentur fungieren der Exekutivdirektor Fabrice Leggeri und seine inzwischen drei Stellvertretenden. Leggeri ist gemäß der aktuellen Verordnung von den anderen EU-Organen sowie den Mitgliedstaaten „in der Wahrnehmung seiner Aufgaben völlig unabhängig“. Er darf „Weisungen von Regierungen oder sonstigen Stellen weder anfordern noch entgegennehmen“. Das betrifft auch die Agentur als solche, die „in operativen und technischen Fragen unabhängig und rechtlich, administrativ und finanziell autonom sein“ sollte. Frontex besitzt demnach eine eigene Rechtspersönlichkeit und verfügt über Durchführungsbefugnisse. Es gibt kein Organ, das Frontex gegenüber eine Fachaufsicht übernimmt. Ein umfassendes Weisungsrecht, wie es in Deutschland Minister für ihnen nachgeordnete Behörden innehaben, existiert für die Grenzagentur nicht. (…) Die vielfach nachgewiesenen Verletzungen internationaler Konventionen im Rahmen von verbotenen Zurückweisungen Geflüchteter („Push Backs“) in der Ägäis verweisen auf ein grundlegendes Kontrolldefizit von Frontex-Missionen. (…) Mit der „Kategorie 1“ des neuen „Standing Corps“ verfügt Frontex seit dem 1. Januar dieses Jahres über ein Kontingent von bis zu 3.000 Beamten, die von der Agentur bewaffnet und von Direktor Leggeri kommandiert werden. Damit gibt Frontex das Prinzip auf, dass die eingesetzten Beamten aus den Mitgliedstaaten entsandt werden müssen. So schwinden auch die Einflussmöglichkeiten der Regierungen und Parlamente der Mitgliedstaaten auf die Agentur. Aus Gemeinsamen Operationen können die Regierungen ihr dorthin sekundiertes Personal abziehen, wenn etwa die Unvereinbarkeit des Einsatzes mit Konventionen festgestellt wird. Über die Fortführung von Einsätzen der „Kategorie 1“ entscheidet hingegen allein Frontex-Direktor Leggeri. Die neue Eingreiftruppe kann deshalb nicht mehr wie üblich aus den nationalen Parlamenten operativ kontrolliert werden. (…) Der Zweck von Frontex bestand ursprünglich in der Unterstützung der Mitgliedstaaten durch eine Koordinierung von gemeinsamen Maßnahmen. Die EU-Grenzagentur verselbständigt sich aber zusehends. Ihre Abschaffung zu fordern ist deshalb keine linke „Cancel Culture“, wie es rechte Kreise nun darstellen, sondern eine demokratische Pflicht.“ Beitrag von Matthias Monroy vom 14. März 2021 bei Telepolis externer Link
  • Keine Waffen für Frontex
    Die neue Frontex-Verordnung bestimmt den Aufbau einer „Ständigen Reserve“ („Standing Corps“), die bis 2027 aus 10.000 Polizist*innen für Kurz- und Langzeiteinsätze bestehen soll. Die meisten Einsatzkräfte werden wie bislang üblich aus den Mitgliedstaaten entsandt, 3.000 von ihnen unterstehen aber als „Kategorie 1“ direkt dem Hauptquartier in Warschau. Sie sollen zum 1. Januar 2021 abrufbereit sein. Die Beamt*innen der „Kategorie 1“ tragen erstmals einheitliche EU-Uniformen, außerdem wird die neue Grenztruppe mit Einsatzmitteln zur Ausübung von Zwang bewaffnet; genannt werden Dienstpistole, Schlagstock, Handschellen und Reizstoffe. Allerdings beinhaltet die neue Verordnung hierfür keine Rechtsgrundlage. Mit ihrem Sitz in Warschau gilt Frontex nach polnischen Gesetzen und dem Sitzabkommen mit der polnischen Regierung nicht als Einheit, die Waffen oder Munition anschaffen, registrieren, lagern oder in Einsatzgebiete transportieren darf. Zusammen mit der EU-Kommission sucht Frontex jetzt nach Lösungen. Ungeachtet der rechtlichen Unsicherheit hat die Agentur eine Ausschreibung für die Pistolen, Munition und „nicht-tödliche Ausrüstung“ vorbereitet und Gespräche mit Waffenlieferanten geführt. Diese hätten im Falle einer Auftragsvergabe die schnelle Lieferung versprochen…“ Artikel von Matthias Monroy vom 24. November 2020 bei CILIP externer Link
  • Keine Waffen für Frontex: Die Europäische Union baut erstmals eine Grenztruppe mit einheitlichen Uniformen auf. Ihre geplante Ausrüstung mit Dienstpistolen, Schlagstock und Pfefferspray könnte rechtswidrig sein 
    „Kurz bevor die meisten europäischen Staaten in den ersten Corona-Lockdown gingen, hatte der türkische Präsident im Februar dieses Jahres tausende Geflüchtete an die westliche Landgrenze bringen lassen und sie zur Weiterreise über den Grenzfluss Evros nach Griechenland aufgefordert. Die Regierung in Athen reagierte mit einer drastischen Verstärkung polizeilicher und militärischer Einheiten, die mit Tränengas, Gummigeschossen und Pistolenschüssen gegen die Schutzsuchenden vorgingen, mindestens eine Person wurde dabei auf türkischer Seite erschossen. Auch die türkische Jandarma hat angeblich Schusswaffen eingesetzt und dabei auf Grenzbeamte auf der anderen Seite des Zauns gezielt. Die Europäische Union unterstützt die griechische Operation seit über sieben Monaten mit einem „Soforteinsatzteam für Grenzschutzzwecke“. Hierfür hat die EU-Grenzagentur Frontex rund 100 Beamte nebst „technischen Einsatzmitteln“ an den Evros-Fluss verlegt, vorausgegangen war eine Anforderung aus Griechenland. „Evros 2020“ ist der erste Frontex-Einsatz in einer „robusten“ Umgebung, viele der aus den EU-Mitgliedstaaten entsandten Polizisten tragen dafür ihre Montur zur Aufstandsbekämpfung. Wohl eher symbolisch hat die österreichische Spezialeinheit Cobra ihren Polizeipanzer „Survivor“ und kleine Drohnen mitgebracht. Die Bilder des gesamten Einsatzes wirken martialisch. (…) Bislang war Frontex in allen Missionen auf Zusagen für Personal und Ausrüstung von einzelnen Regierungen angewiesen, bald kommandiert die Agentur aber eine eigene Grenztruppe. Die letztes Jahr beschlossene neue Frontex-Verordnung regelt den Aufbau einer „Ständigen Reserve“ („Standing Corps“), die bis 2027 insgesamt 10.000 Polizisten für Kurz- und Langzeiteinsätze umfassen soll. 3.000 von ihnen stehen dann als „Kategorie 1“ im Sold von Frontex, ihre Kräfte sollen schon zum 1. Januar des kommenden Jahres ausgebildet und abrufbereit sein. Die Beamten der „Kategorie 1″ tragen einheitliche Uniformen, auch dies ist ein Novum. (…) Schließlich soll die neue EU-Grenztruppe mit den üblichen Einsatzmitteln zur Ausübung von Zwang bewaffnet werden, also Dienstpistole, Schlagstock, Handschellen und Reizstoffe (Pfefferspray oder sogar Tränengas). Dabei hat Frontex offenbar nicht bedacht, dass die neue Verordnung hierfür keine Rechtsgrundlage beinhaltet. Die Grenzagentur hat ihren Sitz in Warschau, in polnischen Gesetzen ist Frontex aber nicht als Einheit erwähnt, die Waffen oder Munition anschaffen, registrieren, lagern oder in Einsatzgebiete transportieren darf. Auch das Sitzabkommen, das Frontex mit der polnischen Regierung abgeschlossen hat, ermöglicht dies nicht…“ Beitrag von Matthias Monroy vom 30. Oktober 2020 bei Telepolis externer Link

  • Frontex hat ein Waffenproblem 
    Gemäß der neuen Verordnung sollen 3.000 Einsatzkräfte Frontex direkt unterstellt werden. Erstmals befehligt die Europäische Union damit eine Polizeitruppe mit einheitlicher Uniform. Allerdings gibt es keine Rechtsgrundlage für den Erwerb von Waffen, Munition und „nicht-tödlicher Ausrüstung“. Bis 2027 will die EU-Grenzagentur eine „Ständige Reserve“ von 10.000 GrenzpolizistInnen aufbauen. Das Personal, das bis zum kommenden Jahr bereits zu fast zwei Dritteln rekrutiert sein soll, unterteilt sich in vier Kategorien externer Link . 3.000 zusätzliche Kräfte der „Kategorie 1“ sollen direkt dem Hauptquartier der Agentur in Warschau unterstehen und sind dann unmittelbar bei Frontex angestellt. Derzeit sind dort rund 1.500 meist zivile BeamtInnen tätig. Für den Aufwuchs verlegt Frontex 2024 seinen Sitz externer Link in einen ebenfalls in der polnischen Hauptstadt errichteten Neubau. Mit 1.500 BeamtInnen für „langfristige Entsendungen“ stellt die „Kategorie 2“ einen vergleichsweise kleinen Teil der „Ständigen Reserve“. Dabei handelt es sich um Personal der Mitgliedstaaten, das für mindestens 24 Monate zu Frontex abgeordnet wird. Die deutsche Bundespolizei wird zunächst 61 PolizistInnen abstellen, später sollen es insgesamt 225 werden. Für Kurzzeitentsendungen der „Kategorie 3“ will Frontex 5.500 BeamtInnen aus den Mitgliedstaaten mobilisieren, in der „Reserve für Soforteinsätze“ weitere 1.500. Hier greift die Agentur auf die bestehenden „Soforteinsatzteams“ externer Link zurück, die bislang nur in Griechenland zum Einsatz kamen. (…) Aus den Mitgliedstaaten entsandte Einsatzkräfte sind mit den dort üblichen Einsatzmitteln bewaffnet, darunter Dienstpistole, Schlagstock, Pfefferspray, Tränengas oder Handschellen. Auch das Personal der „Kategorie 1“ soll mit Waffen, Munition und anderen Einsatzmitteln für die Ausübung von Zwang ausgestattet werden. Dabei ergeben sich jedoch rechtliche Probleme, denn Frontex hat offenbar nicht bedacht, dass die neue Verordnung keine Rechtsgrundlage externer Link für eigene Schusswaffen beinhaltet…“ Artikel von Matthias Monroy vom 23. September 2020 bei cilip externer Link
Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=157764
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