EZB landet Proganda-Coup im deutschen Interesse – aber da kommt Soros mit einem „Gegenschlag“ den Südländern zu Hilfe
Kommentierte Presseschau von Volker Bahl vom 13.4.2013
Deutsche Wahl-Propaganda durch die EZB – mit einem EZB-Vermögensbericht: Traue keiner Statistik…
Die Deutschen sind die Ärmsten im Euro-Raum“, ist in seriösen Zeitungen zu lesen, die sich auf ihre Wirtschaftskompetenz etwas einbilden. Auf den ersten Blick gibt die Erhebung der Europäischen Zentralbank (EZB) das her… Der zweite Blick verrät, dass die Erhebung zu kurz greift… Niveaulos wird die Argumentation…, wenn aus der Erhebung der Schluss gezogen wird, sollen sich doch diese reichen Krisenländer selber retten. Dass das nicht funktionieren kann, zeigt der Vergleich der Netto-Auslands-Positionen. Länder die per saldo im Ausland verschuldet sind, können sich nicht selber retten.
Deutschland dagegen ist die Gläubiger-Nation schlechthin. Ganz Euroland ist bei den Deutschen verschuldet.
Deshalb retten diese „Rettungs“-Pakete in erster Linie nicht Griechenland oder Spanien, sondern vor allem das Auslandsvermögen der Deutschen.. Deshalb liegt die Rettung im nationalen deutschen Interesse.
(http://www.fr-online.de/wirtschaft/ezb-vermoegensbericht-traue-keiner-statistik—,1472780,22332022.html )
Ja, dieser Propaganda-Coup der EZB war so schräg, dass selbst Marc Beise bei der Süddeutschen sich in seiner Wirtschaftskompetenz angesprochen fühlte: „Doch zu viele Faktoren fließen kaum in die Berechnung ein – in der sich deshalb nur wenig Wahrheit verbirgt.“ (http://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/ezb-studie-zu-reichtum-in-europa-empoerung-mit-ansage-1.1645915 , vgl. auch noch präziser Jens Berger, „Arme Deutsche? – Wie eine Statistik zur Meinungsmache verbogen wird: www.nachdenkseiten.de/?p=16819 )
Ganz einfach muss noch zusätzlich erwähnt werden, dass die Deutschen eher paarweise oder auch einzeln leben (= kleinere Einheiten), während die Südländer oft als Großfamilie (im „Eigenheim“) zusammenleben, so dass allein der Bezug zum Haushalt schon eine Verzerrung ist. Ja, und dann bevorzugen die Deutschen auch noch das Mieten (bei kleinerer Haushaltsgröße)
(www.sueddeutsche.de/geld/immobilien-warum-die-deutschen-mieten-statt-kaufen-1.1645266 ) Allerdings „wagt“ sich Marc Beise in der SZ nicht an die „Gläubiger- Verschuldungsrelationen“ in der EU, die einfach für eine europäische „Vermögensbilanz“ ins Zentrum gehören, um die Eurokrise zu verstehen.
Warum das jedoch im einzelnen so wichtig ist und die EZB den Reichtum der Deutschen so absolut unfair gewichtet, hat Stephan Kaufmann (auch in der FR – aber dort zunächst nicht im Netz) im einzelnen aufgedröselt: „Der Reichtum der Deutschen“ – Der Vergleich der Vermögen allein verzerrt das Bild. (http://www.mz-web.de/politik/wirtschaft/wirtschaftsleistung-der-reichtum-der-deutschen,20642162,22337228.html ) Und auch bei ihm taucht diese Verschuldung der Krisenländer als das Problem der deutschen Gläubiger auf.
Sogar etwas pikiert nimmt Robert von Heusinger diese Propaganda zugunsten der „armen“ Deutschen zur Kenntnis: Unter der Überschrift „Deutsche Denkfehler“ fragt er angesichts dieser gewollten Verzerrung europäischer Realitäten: „Statt die Unterschiede in den einzelnen Ländern zu bestaunen, neugierig zu werden und Fragen zu stellen, verliert sich das Land in eine nationalistische Neid-Debatte. Wie armselig ist das denn?“ (http://www.fr-online.de/meinung/leitartikel-deutsche-denkfehler,1472602,22354222.html )
Und so beginnen die Deutschen die Eurokrisen-Debatte wieder einmal so zu drehen, dass sie die Opfer sind! (vgl. dazu auch Wolfgang Lieb, „Die Deutschen zwischen Verfolgungs- und Größenwahn“: www.nachdenkseiten.de/?p=16747 )
Umso erschreckender ist es, dass ausgerechnet die Europäische Zentralbank als oberster Wächter des Geldes in der Euro-Zone zwei Dinge erstaunlich durcheinander wirft: Den Krisenländer fehlt es nicht an Vermögen – in dem sie in ihren eigenen vier Wänder selbst wohnen – sondern an Geld.
Das ist ein entscheidender Denkfehler: Die Krisenländer sind per saldo im Ausland verschuldet. Jeder Einwohner Spaniens steht im Schnitt mit gut 20 000 Euro beim Ausland in der Kreide, jeder Italiener mit 5 000 Euro. Und jeder Einwohner Deutschlands? Er besitzt statistisch gesehen ein Auslandsvermögen in Höhe von 12 000 Euro! Ganz Euroland ist bei den Einwohnern Deutschlands verschuldet.
Nur der Gläubiger kann retten. Deshalb hilft diese ganze Statistik der EZB überhaupt nicht in der Eurofrage!
Müssen wir jetzt am geldpolitischen Verstand der EZB zweifeln, die so fundamentale volkswirtschaftliche Wechselbeziehungen nicht „auf die Reihe bekommt“? Oder war es doch „nur“ eine bewußte Irreführung, um weiterhin Deutschlands Dominanz im Euro-Raum zu rechtfertigen? Gerade auch letzteres würde das Image einer geldpolitischen Neutralität der Zentralbank im Euro-Raum sehr beschädigen.
Es war also sehr geschickt, dieses zentrale Machtverhältniss durch diesen Propaganda-Coup der EZB vernebeln zu lassen. Gerade dieses Schuldner-Abhängigkeits-Verhältnis hatte ja der Sozialwissenschaftler Claus Offe in das Zentrum der Machtverhältnisse in Europa gestellt: „Um ein Land wirtschaftlich unter Kontrolle zu bringen, musste man es früher besetzen. Heute braucht man das nicht mehr. Man kann ein Land buchstäblich in Besitz nehmen – indem man auf dem Wege dauerhafter Exportüberschüsse sich dessen Wirtschaft aneignet und seine Souveränität dadurch zerstört, dass man seine Haushaltshoheit und andere Elemente seiner Souveränität zerstört.“ (vor allem S. 2 bei www.labournet.de/?p=21892)
Dieser EZB-Propaganda kommt Investor Soros aktuell in die Quere – und den Südländern zu Hilfe. – Kommt die Legende von der „Schuldenkrise“ an ihr Ende? –
Es ist überhaupt nicht neu, dass Soros – oder auch Flassbeck – den Zeitpunkt langsam für gekommen halten, dass es eine Trennung in der Eurozone geben müsse, damit Europa „gemeinsam“ wirtschaftlich überleben kann. (vgl. „…zur Ergänzung… die Erzählung des/der „Alten vom Meer“ auf der Seite 18 ff. bei www.labournet.de/politik/eu-politik/eu-krise/eukrise-allg/die-deutsche-kanzlerin-gibt-jetzt-in-und-fur-europa-das-paulinchen-mit-dem-feuerzeug/)
Aber jetzt sprach Soros vor großem Publikum an der Frankfurter Universität (http://www.welt.de/finanzen/article115156501/Soros-legt-Deutschland-den-Euro-Austritt-nah.html ) und schon erhält er ein deutschlandweites Medienecho für seine vehementen Querschüsse gegen das „alldominante“ deutsche Krisen-Erklärungs-Modell (http://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/us-star-investor-soros-empfiehlt-deutschland-austritt-aus-dem-euro-1.1645081 )
Und im Spiegel begründet er das wieder etwas ausführlicher in einem Essay:“Falls jemand den Euro verlässt, sollte es Deutschland sein.“ (http://www.spiegel.de/wirtschaft/starinvestor-george-soros-deutschland-soll-eurobonds-zustimmen-a-893142.html , vgl. auch www.nachdenkseiten.de/?p=16811#h08 ) Wozu dann die TAZ anmerkt: Im Grunde hat Soros` Analyse etwas Selbstverständliches bloßgelegt. Wenn Deutschland weiter vom Euro profitieren will, der hierzulande für günstige Exportbedingungen sorgt, muss es aufhören, das Fundament des Hauses zu unterspülen.
(http://www.taz.de/Kommentar-Deutsche-EU-Finanzpolitik/!114325/ )
Indes meint Stefan Reinecke in der TAZ wenig optimistisch weiter: „Indes spricht wenig dafür, dass diese Botschaft auch ankommt. Denn die deutsche Selbstwahrnehmung ist narzistisch verformt. Obwohl Deutschland von der Krise profitiert, fühlt man sich irgendwie als Opfer der EU und der „Faulenzer“ in Südeuropa.“
Nur dazu gibt Andrea Rexer in der Süddeutschen zu bedenken: “ Doch auch wenn aus Sicht der gesamten Eurozone ein Austritts Deutschlands das kleinere Übel wäre – für Deutschland wäre es das größere. Es wäre eine der teuersten Handlungsalternativen: Die neue deutsche Währung würde aufwerten, die Exporte würden womöglich einbrechen – von den politischen Kosten einmal ganz abgesehen.“
(http://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/george-soros-zur-euro-krise-die-schuld-fuer-die-schulden-1.1645930 )
Aber dafür dann doch endlich einen Kompromiss zu finden, der die Deutschen von dieser „teuersten Handlungsalternative“ befreit (vgl. „Das würde der Austritt aus dem Euro kosten“ (http://www.fr-online.de/wirtschaft/d-mark-forderungen–das-wuerde-der-euro-ausstieg-kosten,1472780,22353218.html ) – und gleichzeitig die Südländer von der drückenden Zinslast auf ihre Schulden, an denen dann „nur“ die Deutschen verdienen – auf der Grundlage dauernder Exportüberschüsse – das könnte doch jetzt dann vielleicht möglich werden? Und die zerstörerische Wucht der durch die EU / Troika erzwungenen Austeritätspolitik müsste dabei gleichzeitig ihr Ende finden!
So könnte es am Ende doch anders ausgehen als die Cleverle von der EZB sich zur Stützung ihrer einseitigen Politik vorgestellt hatten, die nämlich genau der Spaltung bei den Zinsen in Europa keineswegs entgegenarbeitet, damit die Schulden bei den Deutschen weiter optimal – mit möglichst hohen Zinsen! – weiter bedient werden können. (www.nachdenkseiten.de/?p=16662#h01 )
Wegen dieses so gravierend unterschiedlichen Zinsniveaus in den Euroländern meinte Ulrike Herrmann schon „Die Währungsunion ist Geschichte“ – schon auf Grund dieser Tatsache – aber im Interesse Deutschlands noch.
Ja, glaubwürdig war die als sog. „Schuldenkrise“ getarnte Finanzkrise ohnehin nie (vgl. www.labournet.de/politik/wipo/finanzmaerkte/steuerpolitik/offshoreleaks-und-jetzt-statt-krisenberichterstattung-eine-krimi-oder-romanschriftstellerei/ – dort vor allem die Seite 4)
Die politische Richtung, die ja im Gegensatz zu Soros den Aussstieg wirklich wünscht – und nicht nur als Druck- und Verhandlungsmasse im Prozess der „Euro-Rettung“ eingesetzt wissen will, um in diesem Euro-Krisen-Verhandlungs-Prozess auch den Südländern eine Chance zu geben – diese „Alternative für Deutschland“ könnte jedoch insoweit „wahlentscheidend“ werden, als es zu einer Frage wird, auf welcher Seite – der rechten oder der linken – sie mehr einbricht und dort Stimmen wegnimmt. (http://www.fr-online.de/meinung/leitartikel-zur-alternative-fuer-deutschland-die-aufschrei-alternative,1472602,22344944.html )