Treffen der Finanzminister in Brüssel: Ein Rahmen für die Griechenland-Hilfe
Kommentierte Presseschau von Volker Bahl vom 21.11.2012
Der Streit zwischen dem IWF und den Euro-Ländern dauert an. Zum Auftakt des Finanzministertreffens in Brüssel sind sich die Parteien uneins über die Milliardenauszahlung an Griechenland.
Lagarde (IWF) dringt darauf – neben dem Auszahlungsmodus – ein „glaubwürdiges Programm“ für Griechenland zu verabschieden, dass Griechenland spätestens 2020 wieder auf eigenen Beinen stehen kann. Um das zu erreichen fordert Lagarde, dass die Euro-Länder der Regierung in Athen einen Teil der Schulden erlassen.
Schäuble lehnt das bisher strikt ab. Er werde in der Eurokrise keinem Beschluss zustimmen, die den Reformdruck auf einzelne Länder minderten, sagte er am Dienstag im Bundestag. (SZ: http://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/treffen-der-finanzminister-in-bruessel-rahmen-fuer-griechen-hilfe-1.1528696 )
Wie nannte diese Haltung von Deutschland – jetzt eben von Schäuble – Jens Berger kürzlich so zutreffend: „Wenn marktkonformer Zynismus ein Land vor die Hunde gehen lässt“ (www.nachdenkseiten.de/?p=14982 – und vielleicht weiter noch zum europäischen Kontext den Abschnitt „…Griechenland voran – aber doch „gemeinsam“ auf dem Weg nach unten“ auf der Seite 10 bei archiv.labournet.de/diskussion/eu/wipo/krise_bahl42.html – oder allgemeiner noch wie die Krisenpolitik in der Eurozone gegenüber Südeuropa die soziale Dimension der EU bedroht: http://library.fes.de/pdf-files/id/ipa/09444.pdf )
In dieser Studie unter dem Titel „Eurokrise, Austeritätspolitik und das Europäische Sozialmodell“ von Klaus Busch/ Christoph Hermann/ Karl Hinrichs und Thorsten Schulten wird die deprimierende Prognose gewagt: „Sollte der ökonomische Pfad der Austerität trotz aller Widerstände bis 2014/2015 durchgehalten werden und dann in eine neue Aufschwungphase münden, wäre das politische Desaster für die europäische Sozialdemokratie und die europäischen Gewerkschaften perfekt.“
Fängt mit den Deutschland-Bonds ein neues gemeinsames Denken an?
Und doch gibt es auch Hoffnung. Wir werden zwar – noch! – nicht über Eurobonds – diese Vergemeinschaftung der Schulden in Europa – sprechen – denn Kanzlerin Merkel hatte ja dem Wähler versprochen, „solange ich lebe, wird es Eurobonds nicht geben“ (www.spiegel.de/politik/ausland/kanzlerin-merkel-schliesst-euro-bonds-aus-a-841115.html ).
Wolfgang Thierse – der Vizepräsident des Deutschen Bundestages – aber will schon einmal langfristig darüber reden (www.zdf.de/ZDF/zdfportal/web/heute-Nachrichten/4672/23208354/b43fbc/Thierse-will-langfristig-dar%C3%BCber-reden.html ).
Die „Zeit“ macht sich jedoch darüber lustig, was dieses neue Zeitmaß „ein Merkleleben lang“ nicht alles heißen könnte – und lässt sich darüber in einer Glosse aus. (www.zeit.de/politik/ausland/2012-06/merkel-glosse ) Jedoch über eine „Vergemeinschaftung“ der Schulden auf der Ebene des deutschen Nationalstaates – nämlich „Deutschland-Bonds“ können wir nicht nur reden, sondern diese kommen jetzt schon einmal (www.fr-online.de/wirtschaft/gemeinsame-anleihen-deutschland-bonds-sollen-2013-kommen,1472780,20915006.html ).
Es könnte ja sein, dass die Deutschen aus einem solchen Einführungsprozess etwas lernen – nämlich wie man Schulden für alle mit gleichen Zinsen belastet und die Spekulation dann auch aus der Eurozone fernhält?
Nur mit dem Blick auf Griechenland, bedeutet das verheerende Spardiktat – angeblich zur Herstellung von Disziplin (Schäuble) – auch noch den „politischen Selbstmord“ für die griechische Demokratie – aufgezwungen durch die ökonomisch-vorherrschende Export-Nation Deutschland – und zum Nutzen der Spekulanten auf die Staatsschulden. (www.sueddeutsche.de/politik/hilfe-fuer-griechenland-die-kleine-bittere-wahrheit-1.1527781 )
Ja, so bringt Merkel`s Deutschland Griechenland, einst die „Wiege der Demokratie“ für Europa, bei, was davon bei ihrer „marktkonformen Demokratie“ noch übrig bleiben darf.