Blick auf 2017: Wo haben Politik und Medien noch „tatsächlichen“ Grund auf dem sie „bauen“ könnten?

Kommentierte Presseschau von Volker Bahl vom 5.1.2017

Oxi! Basta! Enough! Build another Europe!Ein etwas verstörter Blick auf 2017: Wo gibt es für Politik und die darüber reflektierenden Medien noch eine „substantielle“ Grundlage, auf der wir „unsere“ Zukunft aufbauen könnten? Oder doch überall nur „schwimmende“ Unterlagen, die kein Fundament mehr eine Zukunft für unser Europa abgeben könnten? Zunächst ein – außer in sporadischen Einzelfeldern – weitgehendes Versagen der Politik, das komplettiert wird durch ein „unterkomplexes“ neoliberales Erkärungsmuster der Medien – eingebettet in ein institutionell neoliberal festgemauertes Europa sowie eine Erosion sozialer Normen wie auch der Meinungsfreiheit und Demokratie durch die heraufziehende sogenannte Informationsgesellschaft.

Einige der gravierenden Fehlentwicklungen unserer Zeit: Nehmen wir zunächst die Schwachstellen von Politik und Medien jeweils aufs Korn

Die inhaltslose, nur – im allgemeinen – vor sich hinschwadronierenden Medien – immer nur auf der Jagd nach Quote oder Auflage auf der einen Seite und eine von den brennenden Problemen (durfte je die alles zerfressende Ungleichheit für sie zum Anliegen werden?) dieser Zeit entkernte Politik auf der anderen Seite.

Ja, wirtschaftliche und soziale Gerechtigkeit wird durch die so wegweisenden wirtschaftlichen Sachverständigen („Sachverständigenrat“) bei uns gleich zum „Unthema“ erklärt, da es bei uns schon längst „vollendet“ sei. (Vgl den diesbezüglichen Abschnitt auf der Seite 3 „Gerechtigkeit in Deutschland ist laut diesem SVR schon längst „vollendet“: Deshalb ist für den SVR eine Diskussion über Verteilung einfach überflüssig.“ bei https://www.labournet.de/?p=106557)

Und auch wenn der Wahlkampf 2017 vielleicht in diese konturlose Politik ein wenig Bewegung bringen wird, so muss es wohl dennoch einige Zeit so bleiben, weil bisher erscheinen Lösungen zur Überwindung der Krise(n) weiterhin fern! Und ohne dass „unser“ politik-medialer Komplex als Fisch dies bemerken will: Der Fisch stinkt vom Kopf her!

Politik- und Medienversagen als sich ergänzender demokratieschädlicher sich jeweils gegenseitig selbst verstärkender „Circulus vitiosus“ (= laut Duden „Teufelskreis“)

Zum ersten: Wie die politische Klasse die Verdrossenheit über sich selbst erzeugt: „Offensichtlich wollen und können die Politiker einen echten Diskurs weder aufgreifen noch die weiter eskalierende Diskussion sortieren. Hier liegt ein wesentlicher Grund für die tiefe Kluft zwischen Wählern und Gewählten.“ (Thomas Leif / „Die Zeit“: http://www.zeit.de/politik/2016-12/politikverdrossenheit-demokratie-debatte-entfremdung-waehler-populismus externer Link)

So kann man den gegenwärtigen Stand einer Diskursallergie und Analyseabstinenz der politischen Klasse bei der von ihnen vorgetragenen und vehement beklagten „Verächtlichmachung“ und Diffamierung von Politikern und des politischen Betriebes insgesamt beobachten.

Es gibt dann in dieser so erklärungsarmen Politik in stürmischen Zeiten kaum überprüfbare und nachvollziehbare Lösungsansätze – geschweige denn größere Entwürfe, die sich der Historiker Wolf Lepenies wünscht: Gemeint sind Konzepte auf dem Niveau eines Marshall-Planes oder eines New Deal. (Vgl. zum New Deal noch einmal Stephan Schulmeister: „Die Große Depression, der New Deal und die Bewertung durch den Mainstream und die Krise Europas“: http://stephan.schulmeister.wifo.ac.at/fileadmin/homepage_schulmeister/files/New_Deal_Keynes_Gesellschaft_2015.pdf externer Link pdf)

Dazu kommt zweitens noch, findet Thomas Leif, die wachsende faktische – großkoalitionäer getriebene – Symbiose der Parteien. Das Besondere dabei ist der Befund, das sich die wahrgenommene Verschmelzung der Parteien auffallend gleichmäßig über alle Altersgruppen erstreckt – und weitgehend unabhängig vom Bildungsstand und der Parteipräferenz ist. So kommt es durch diesen so offensichtlich wahrgenommenen Gleichklang zu dem Eindruck von prinzipienlosen und des Politischen entkernten Parteien als „Volksvertreter“. Leif entdeckt hierin ein „heimliches Gesetz der diskussionlosen Geschlossenheit“.

Und weil diese Defizite der Politiker noch nicht genug sind, kommt noch ein drittes Konfliktfeld hinzu – das ernsthafte Repräsentationsdefizit, das den Parteien eben auch gleich als schwerwiegendes Legitimationsdefizit – mit Hilfe von AfD & Co. – um die Ohren zu fliegen droht. (Siehe wiederum das Problem der Ungleichheit) Aber auch in diesem Feld gibt es vor allem eine pathologische Lernunfähigkeit der Parteien. (http://www.zeit.de/politik/2016-12/politikverdrossenheit-demokratie-debatte-entfremdung-waehler-populismus externer Link)

Eine hervorragende Ergänzung mit den Medien-Analysen von Wolfgang Lieb: Unter dem Strich bleibt als Fazit: Politik und Medien bilden einen sich selbst gegenseitig verstärkenden Wechselkreis an Inkompetenz und Realitätsblindheit – diesen „Circulus vitiosus“ – gegenüber den großen Krisen unserer Gesellschaft.

Wolfgang Lieb bearbeitet im Prinzip das gleiche Feld wie Thomas Leif in seinem gerade vorgestellten Essay – jedoch mit dem Unterschied, dass Lieb anders als Leif nicht politikzentriert ansetzt – was ja gerade die Stärke dieses Ansatzes ist -, sondern vielmehr „medienzentriert“ mit seiner Analyse die aktuelle Situation erklärt. So konzentriert sich Wolfgang Lieb auf die Frage, welchen Realitätsgehalt der Vorwurf „Lügenpresse“ hat. Einen Begriff, den er wegen seines fehlenden analytischen Gehalts zunächst vollkommen ablehnt, um dann dennoch auf das Versagen der Medien in ganz zentralen Politikfeldern einzugehen (http://www.blog-der-republik.de/alles-luege-oder-was-medienlandschaft-und-kritik-in-deutschland/ externer Link), nimmt er sich sehr konkret Politikfelder vor, an denen er ganz konkret verdeutlicht – wohl in breitem allgemeinen Konsens -, wie die Medien im Großen und Ganzen bei ihren Analysen gegenüber der Realität versagt haben.

Was z.B. bei der Frage der Außenpolitik in internationalen Spannungsregionen („Krieg und Frieden“) die Ukraine Krise war, das sieht er auf dem Gebiet der Wirtschaft im Bereich der Großen Finanzkrise wiederum als ein allgemeines Versagen der Analyse. (Siehe hierzu auch noch den Brief der Wissenschaftler an die Bundesregierung wegen ihres Versagens bei der angemessenen Regulierung der Banken: https://www.labournet.de/?p=109061 – aber auch vorher schon „Wird es endlich etwas mit der Finanztranzaktionssteuer? Sie könnte wenigstens ein kleiner Schritt zur Regulierung der Finanzmärkte werden.“: https://www.labournet.de/?p=106262)

Dies ist für ihn auch nicht allein auf ein Defizit der jeweiligen Personen zurückzuführen, sondern gerade auch auf die strukturellen Bedingungen der Medien (grob gesagt: überhaupt gar keine Zeit für ausreichende Recherchen.) (http://www.wirtschaftundgesellschaft.de/2016/12/alles-luge-oder-was-medienlandschaft-und-kritik-in-deutschland-von-wolfgang-lieb/ externer Link)

Jedoch wie eine aktuelle Reportage über den „Spiegel“ (70 Jahre Spiegel – 70 Jahre Sturmgeschütz der Demokratie? (http://www.taz.de/!5367424/ externer Link) aufzeigt, genügt die Recherche auch gar nicht mehr den gegenwärtigen Anforderungen einer – auch hochtechnisierten – Mediengesellschaft mehr: „Jedenfalls – nachdem anonyme Whistleblower die „Panama-Papers“ über die Süddeutsche veröffentlicht hatten hatten Redakteure des Spiegel in einem internen Brandbrief gefordert, dass die Redaktion sich endlich fit machen müsse für den Umgang mit den investigativen Instrumenten der heutigen Zeit, also den gigantischen datenbergen von Whistleblowern und der sicherten Kommunikation – mit Informanten, aber auch untereinander. Es ging darum, in der Aktivistenszene bekannt und empfänglich für exklusive Stoffe zu werden: Informanten, die sich an uns wenden, sollen die Sicherheit haben, dass sie bei dieser Zeitung in sicheren Händen sind!

Darüber hinaus ist es für investigative Recherchen genauso wichtig, Anschluß an die Welt und damit an andere Medienhäuser zu haben. Allein beim bedeutendsten Verbund, dem Journalisten Konsortium ICIJ mit Sitz in Washington, ist der Spiegel außen vor – und damit bei Recherchen wie „Offshore Leaks“, „Lux-Leaks“ und Panama-Papers, die allesamt in der „Süddeutschen Zeitung“ erschienen. (http://www.taz.de/!5367424/ externer Link)

Und dabei kann man durchaus erkennen, wie es zu dieser die ganz Europa beschädigenden Konstellation kam: Ein Blick zurück auf dieses Stück deutsche und europäische Politik- und Wirtschaftsgeschichte, aus dem es anscheinend kein „Entrinnen“ mehr gibt, weil alle sich ihm unterwarfen!

So wurde – Stück für Stück – die neoliberale Wende durchgesetzt, wie man sich beim Ableben des deutschen Ökonomen Hans Tietmeyer durchaus hätte sich noch einmal vergegenwärtigen können: Er verkörperte im wahrsten Sinne des Wortes so ein wesentliches Stück der deutschen Wirtschaftsgeschichte – angefangen bei der neoliberalen Wende im Jahr 1982 (https://www.labournet.de/?p=109253).

Zusammengenommen bleiben so „zwischen“ Politik und Medien ganz konkret die wesentlichen Fragen unserer Gesellschaft unbeantwortet.

Oliver Nachtwey aus Göttingen hat diese Entwicklungen unter dem Titel „Abstiegsgesellschaft“ – einem der meistdiskutierten Bücher im Jahre 2016 ausgebreitet. (https://www.labournet.de/wp-content/uploads/2017/01/goes_nachtwey.pdf pdf)

Dieses Buch bietet – was selten geworden ist – ein politisch eingreifendes Denken, das mittels soziologischer Vorstellungskraft (C. Wright Mills) zusammenhänge herzustellen wagt, wo andere sich damit zu bescheiden Spezialisten zu sein. Befunde zu Ökonomie, Sozialpolitik, Arbeitssoziologie, Ungleichheits- und Protestforschung werden zu einer schillernden Deutung der heutigen Gesellschaft verknüpft. (Siehe weiter das ganze Heft dieser Besprechung noch „Einstürzende Überbauten“: http://www.zeitschrift-luxemburg.de/lux/wp-content/uploads/2016/12/LUX_1603_E-Paper.pdf externer Link pdf)

Besonders schwerwiegend macht sich das beim – häufig nur noch kritisierten – Thema Europa bemerkbar, dabei gibt es inzwischen durchaus ausreichend Stimmen die Zukunft eines gemeinsamen Europa zum Ziel haben. (https://www.labournet.de/?p=106977) Und vehement muss auch hier das Problem der wachsenden Ungleichheit zur politischen Behandlung eingefordert werden, wie es prominente Ökonomen fordern: Europa kann nur bestehen, wenn es sozial wird! (https://www.labournet.de/?p=107955) Dabei ist es „verrückt“ diese soziale Dimension – wie es die EU-Kommission bei einer europäischen Arbeitslosenversicherung anstrebt – nur unter dem neoliberalen Dogma einführen zu wollen. (Vgl. „Eine Europäische Arbeitslosenversicherung für die soziale Dimension von Europa, aber auch, um die assymetrischen Krisenschocks zu dämpfen“ bei http://www-labournet.de/?p=109359)

Es gibt ja auch die Meinung von kompetenten Analytikern, dass die neoliberale Konstellation mit der IT-Gesellschaft zusammenwächst und sich ergänzt zu einem Gesamt-Set – gegen die Menschen: Siehe der „Digitale Totalitarismus“ (http://www.taz.de/!5367252/ externer Link): „Die kalifornische Ideologie von heute reicht ans Ende des zweiten Weltkrieges zurück. Nach dem Horror der NS-Zeit glühte die Angst vor der Barbarei und die Unberechenbarkeit der Masse! Eine Antwort darauf war die Vernetzung der Computer. Und der Aufbau einer globalen Überwachung, die heute durch Regierungen und Konzerne gleichzeitig erfolgt. Klar zu sehen wird immer schwieriger. Mit Google und Facebook existieren Bewußtseinskonzerne, die mehr Einfluss haben, was Menschen in aller Welt denken, als jede Organisation zuvor. Und mit dem neoliberalismus entstand eine Ideologie, die unabhängig von politischen Gesellschaftsordungen funktioniert und die an die digitale Logik anknüpfen konnte. Den Preis dafür – eine immer größere Ungleichheit und die Ausbeutung der Natur zahlt die Mehrheit der Menschen an eine digitale Elite. Mit allen politischen Verwerfungen – der Rückkehr der Autokraten – die dies hervorruft.“ (http://www.taz.de/!5367252/ externer Link)

So bedrohen die rasanten technischen Entwicklungen die Menschen auch noch zusätzlich von einer weiteren „Seite“: Dazu kommt noch der unsicher und bedrohlich wirkende Weg in die „IT-Gesellschaft

Ich weiß jetzt nicht, inwieweit du das mitbekommen konntest, wie der Chaos Computer Club – der für mich immer ein sensibler Indikator für die IT- Entwicklungen war (noch zu Zeiten als der CCC ein Phänomen für die Hinterzimmer war), jetzt mit über 12 000 ausverkauften Plätzen in Hamburg tagte und dabei auch die Mitgliedszahlen wohl „explodiert“ sind. (https://www.ccc.de/de/tags/congress externer Link, http://www.sueddeutsche.de/kultur/chaos-computer-club-alle-computer-sind-kaputt-1.3314230 externer Link)

Wesentlich war für den CCC in diesem Jahr wohl die Botschaft, es ginge nicht an, die Technik ohne die Gesellschaft zu denken. (Fake News und Big Data waren daher die Themen (http://www.stuttgarter-nachrichten.de/inhalt.chaos-computer-club-fake-news-und-big-data-beschaeftigen-hackerkongress.914d52e1-69e4-4039-a75d-668d76dd635b.html externer Link)

CCC-Sprecherin Constanze Kurz hob hervor, dass sich so langsam die Erkenntnis durchzusetzen beginnt, dass Smartphones „ausgelagerte Gehirne“ sind. Deshalb sehen auch Bürgerrechtsbewegungen die größere Gefahr nicht in irgendwelchen Hackerangriffen aus Russland, sondern die größte Gefährdung für die digitalen Bürgerrechte gehen von den Machtzentralen des Westens aus. (Vgl. bei uns auch die diesbezüglichen Aktivitäten der Humanistischen Union (http://humanistische-union.de/ externer Link) – oder auch noch Netz-Zensur durch die Hintertür: https://www.heise.de/newsticker/meldung/33C3-Netzzensur-durch-die-Hintertuer-3583240.html externer Link)

Eine Schwachstelle sieht der CCC gerade bei den Nutzern, die mit einr schrecklichen Unverantwortlichkeit ihre Daten preisgeben: es herrscht ein großes Unverständnis über die Unvorsichtigkeit vieler Nutzer – denn: „Wenn ich ich privat kommunizieren möchte, warum benutze ich dann Whats-app?“. Hinter diesem beliebten Chat-App stehe schließlich Facebook: „Das ist ein Datensammelkonstrukt. Eine US-Firma, die im Zweifel auch den Geheimdiensten Zugriff ermöglichen muss“.

Ein zentraler Ansatzpunkt für die Gegenwehr muss daher die Medienkompetenz der Einzelnen werden statt gesetzlicher Maßnahmen wie Hoaxmap.org in einem Interview in Hamburg darlegen konnte. (https://netzpolitik.org/2016/interview-mit-hoaxmap-org-ueber-falschmeldungen-medienkompetenz-statt-gesetzliche-massnahmen/ externer Link) Jens Berger meint demgegenüber, warum fordert jetzt eigentlich keiner die Vergesellschaftung von Daten (http://www.nachdenkseiten.de/?p=36456 externer Link)

Philip von Becker verdeutlicht den alle Individualität aufhebenden Charakter der allseitigen Daten-Kontrolle mit dem plastischen Bild: Würden die Menschen nach Hause kommen, der Briefkasten wäre aufgebrochen, in die Wohnung wäre eingebrochen und alle Sachen wäre durchwühlt, dann würde es einen gewaltigen Aufschrei geben. Im Reich des Digitalen ist jedoch so etwas gängige Praxis, doch Widerstand dagegen rührt sich so gut wie keiner. (https://www.heise.de/tp/features/Im-Panoptikum-des-Datenkapitalismus-3574113.html externer Link)

Ja, selbst bei der allseits so populären Videoüberwachung kann kein Erfolg gemeldet werden (= Kein Anschlag wurde durch Videoüberwachung verhindert, erklärt die Bundesregierung . (https://netzpolitik.org/2017/bundesregierung-bislang-keine-anschlaege-mit-videoueberwachung-verhindert/ externer Link) Wo soll da also die größere Sicherheit herkommen? (https://www.labournet.de/interventionen/grundrechte/kommunikationsfreiheit/datenschutz/videoueberwachung/ausweitung-der-videoueberwachung-nicht-mehr-sicherheit-sondern-weniger-grundrechte/)

Auch bei den Viren wurde dort Aufklärungsbedarf gesehen. So wurde in Hamburg auch eine neue Organisation vorgestellt „Security without borders“. Sie soll Aktivisten Menschenrechtler und Journalisten helfen, ihre Rechner vor Viren zu schützen. Es ist auch unverständlich, wieso die Milliarden-Industrie der Antiviren-Programme im Gegensatz zur Medizin keine Studien vorlegen müsse, die die Wirksamkeit ihrer Programme belegen. Schließlich vertrauten Hunderte Millionen Menschen dieser Schutz-Software. (http://www.sueddeutsche.de/kultur/chaos-computer-club-alle-computer-sind-kaputt-1.3314230 externer Link)

Also will die Politik doch eher auf die umfassende Kontrolle der Menschen setzen – als ihre Probleme politisch zu lösen?

Dazu können wir noch einmal einen Blick auf diesen „Digitalen Totalitarismus“ von Kai Schlieter werfen (http://www.taz.de/!5367252/ externer Link).

Mehr Hacker in den Bundestag: Die Erkenntnisse der Hacker-Kommunity können sonst nicht in Politik umgesetzt werden!

Der IT-Bürgerrechtler Christopher Soghoian diagnostiziert dies denn auch als die offenen Flanken der Demokratie. Und dabei problematiisert er recht offen auch die Rolle der Hacker in diesem Prozess zur weiteren Kontrolle: „Hacker können sehr gut die Schwächen unserer technischen Altlasten verdeutlichen. Aber der Hacker-Gemeinde fällt es schwer, den Ball ins Tor zu bringen. Es hätte – zum Beispiel – nicht so einfach für die NSA sein dürfen, Angela Merkels Telefon abzuhören. Aber Deutschlands Telefon-Netzwerke hatten Schwachstellen, die Hacker schon längst kannten. Aber da Politiker nicht mit den Hackern zusammenhocken und ihre Erfahrungen aufnehmen, konnten diese Erkenntnisse, die auf Hacker-Kongressen vor kleinem Publikum präsentiert wurden, keine politisch relevante Durchschlagskraft erlangen. Auch die Medien schrieben über diese Erkenntnisse – nur fünf oder sechs Jahre später sind die Netze noch immer angreifbar. Das zeigt, die Hacker-Kommunity kann sehr wohl zeigen, was kaputt ist. Aber es fällt deutlich schwerer politischen Druck auszuüben, damit etwas – gemäß den Anforderungen eines demokratieschützenden Datenschutzes – repariert wird. (http://www.sueddeutsche.de/kultur/it-sicherheit-rechte-und-linke-lieben-ueberwachung-1.3319718 externer Link)

Wenn – wie bisher – eben nur Nerds Nerds treffen, dann ändert sich die Gesellschaft nicht. Man muss eben den Laien die Dinge erklären – und den Politikern. Wir brauchen eben mehr Hacker in den Bundestag. (Vgl. weiter auch noch: „Landnahme im Informationsraum – die zunehmende Beschäftigungsunsicherheit“: https://www.labournet.de/?p=95338)

Wie wirken sich diese neuen Medien dann – weitgehend noch unbekannt – auf den gesellschaftlichen Diskurs über die anstehenden sozialen Probleme aus?

Dabei ginge es auch noch darum, wie kann man dieses auch mediale aufbrechende Feld einer gesellschaftlichen Verständigung noch besser sozialwissenschaftlich ausleuchten – für die Zukunft: Das hast du eventuell auch schon gesehen – mir kam dabei nur die Idee, dass man das wahrscheinlich – in der ganzen Breite – nur „aufklären“ kann – mit der „interpretativen Sozialforschung“, um es „ganz“ verstehen zu können ! (hier mit Gabriele Rosenthal (https://www.socialnet.de/rezensionen/6250.php externer Link) oder noch aus Erlangen: http://www.soziologie.phil.uni-erlangen.de/courses/2012/268-interpretative-sozialforschung externer Link)

Hier kommen wir dann wieder auf die mehr die mehr konkreten, praktischen Beispiele einer Manipulation durch z.B. Facebook & Co.: Netz des Irrsinns oder Irrsinn des Netzes: „Enthemmungseffekte und Aufschaukelungszusammenhang“

Robert Misik sieht nicht im Internet die einzige Ursache für den Aufstieg des Rechtspopulismus – dennoch kann man vor der Tatsache die Augen nicht verschließen, dass ohne die Verbreitung des Internets und der Social Media -Revolution eben dieser Rechtspopulismus nicht in dieser Form denkbar wäre. (https://www.taz.de/Archiv-Suche/!5365494&s=&SuchRahmen=Print/ externer Link) Es entsteht ein Hass, den es ohne die „Echokammern“ in den Social Media nicht gäbe.

Die Journalistin und Netzexpertin Ingrid Brodnig hat in einer Reihe von Büchern diese „Enthemmungseffekte“ der Netzkommunikation beschrieben (https://www.brodnig.org/2014/05/14/wo-die-meinungsmutigen-irren/ externer Link). Im Netz bewegen wir uns zunehmend in Echoräumen, in denen man Bestätigung nur für das erfährt,was man ohnehin schon denkt (diese berüchtigten Logarithmen…)

In diesem Zusammenhang wendet sich Misik auch gegen die These, dass der Verdruss und der Hass, die ohnehin vorhanden sind, im Internet nur sichtbar würden (Sichtbarkeits-These). Aber diese These übersieht die „ansteckende Wirkung“ solcher Kommunikation. Wer dann jeden Tag mit 20 Falschmeldungen bombadiert wird, (https://netzpolitik.org/2016/wie-sich-die-debatte-um-fake-news-zum-problem-fuer-presse-und-meinungsfreiheit-entwickelt/ externer Link), verfällt dann in eine „Stimmung“, die er / sie so ohne weiteres vorher gar nicht hatte.

So beginnt Ingrid Brodnig ihr jüngses Buch mit der Anektode eines Gesprächs mit einer der sogenannten „besorgten Bürgerinnen“: Vor Jahren hatte sie sich noch überhaupt nicht für Poitik interessiert und sich jetzt aber auf diesen Pseudomedien von Pegida, Anti-Islam-Blogs etc. herumtreibt.

Ihr Hass wird also nicht „sichtbar“, es gäbe ihn das Desinformations-Bombardement schlichtweg überhaupt nicht.

In Österreich hatte die Geschichte des Chefredakteurs des „Falters“, Florian Klenk, etwas Furore gemacht, denn jemand hatte unter ein Posting von ihm geschrieben: „Kann den wer anzünden“. Klenk hätte wegen dieser Auforderung zur Gewalttat diesen Boris verklagen können – aber er entschied sich für ein Treffen. Und nun erwies sich dieser „Boris“ als völlig normal. Kleinstadt, guter Job,gehobener technischer Angestellter, Eigenheim, schickes Auto, fähig sich gewählt auszudrücken…

Aber seit der Füchtlngswelle hatte er sich gezielt immer wider „systemkritische“ Nachrichten geholt – und irgendwann hat ihm der Algorithmus nur noch gezeigt, was er sehen wollte. Nach und nach hat dieser Boris dadurch immer aggressivere Postings „geteilt“. Er war in eine Parallelwelt gedriftet… Boris hat danach ausprobiert, was mit ihm passiert, wenn er ganz auf diese – für ihn zur Gewohnheit gewordenen – „Echokammern“ bewußt verzichtet – und wie sich das eigene Weltbild wieder verändert, wenn man die Welt wieder breiter zu sehen bekommt. (https://www.taz.de/Archiv-Suche/!5365494&s=&SuchRahmen=Print/ externer Link)

Auf gesetzliche Maßnahmen gegen diese Fake-News zu setzen, wird daher zum – auch nicht mehr rücknehmbaren – Holzweg, der bei Gefährdung von Presse- und Meinungsfreiheit politisch auf keinen Fall beschritten werden darf. (https://netzpolitik.org/2016/wie-sich-die-debatte-um-fake-news-zum-problem-fuer-presse-und-meinungsfreiheit-entwickelt/ externer Link)

Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=109520
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