[Nun auch die IG Metall] Sozialstaat erneuern: Warum Hartz IV nicht bleiben darf, wie es ist
„… Die IG Metall verfolgt bei Hartz IV einen doppelten Ansatz: Zum einen geht es darum, das Hartz IV-System neu zu gestalten und wesentliche Teile zu überwinden. Genauso wichtig sind Reformen, die darauf zielen, dass ein Grundsicherungsbezug von vornherein vermieden wird. Dazu muss vor allem der Schutz der Arbeitslosenversicherung ausgebaut werden. (…) Aus Sicht der IG Metall muss die Bezugsdauer des Arbeitslosengeldes I auf bis zu 36 Monate verlängert werden, nach Lebensalter gestaffelt. Die Voraussetzungen für ALG I-Bezug müssen erleichtert werden. (…) Die IG Metall fordert außerdem eine deutliche Anhebung des Hartz IV-Regelsatzes. Außerdem müssen bei besonderem Bedarf Einmalzahlungen gewährt werden – zum Beispiel, wenn die Waschmaschine kaputt geht. Eine Grundsicherung stellt das soziale und kulturelle Existenzminimum dar, das nicht unterschritten werden darf. Kürzungen der Grundsicherung – wie sie die derzeitige Sanktionspraxis bedeuten – lehnt die IG Metall daher ab. Besonders kritisch ist die schärfere Sanktionierung von unter 25-Jährigen. Auch die Zumutbarkeitsregeln sind aus Beschäftigungssicht kontraproduktiv. Erwerbslose können heute zu Arbeiten gezwungen werden, die unterhalb ortsüblicher Löhne entlohnt werden. Das fördert Billigkonkurrenz. Weder sozialer Status noch Qualifikation sind geschützt. Es macht aber keinen Sinn, einen Meister als Hilfsarbeiter arbeiten zu lassen. Seine Qualifikation geht dabei schleichend verloren. Wichtigstes Ziel bleibt: Vermeiden, dass Menschen überhaupt auf Grundsicherung angewiesen sind. Dazu braucht es Tarifbindung und Qualifizierung…“ Stellungnahme der IG Metall zu Hartz IV vom 17. Dezember 2018 . Siehe dazu:
- Wie schafft man Hartz IV wieder ab? Hoffen und Warten auf „linke Mehrheiten“ – bei Wahlen – bei der IGM
„… Dann zählt sie die Folgen auf bis heute: Niedergang der SPD und Erstarken der AfD. Und kritisiert die mangelnde Aufarbeitung der Hartz-Gesetzgebung durch die SPD. In dem Interview fehlt jedoch das Entstehen der Hartz-Gesetze durch die Schröder/Fischer-Regierung, mit maßgeblicher Begleitung seitens der Bertelsmann-Stiftung und der DGB-Gewerkschaften, gerade der IGM!Die Gewerkschaftsvorstände änderten erst ihren Ton und schwenkten auf partielle Kritik um, als kritische Stimmen von der Basis immer lauter wurden. (…) Die Täter möchten zu Heilsbringern werden. Wobei ich (DW) nicht weiß, welche Rolle Katrin Mohr vor 15 Jahren gespielt hat. Auf jeden Fall kann sie sich bei den Nachdenkseiten bedanken, daß sie sich und ihre Sichtweise, ganz im Sinne des IGM-Vorstandes, dargestellen konnte. (…) Und einen „gerechten und fairen Sozialstaat“ kann die Kollegin Mohr sich nur ohne CDU/CSU vorstellen. Und nur eine SPD-Grüne-Regierung konnte die „Hungerpeitsche für Erwerbslose“ 2003-2006 schaffen, weil eine CDU-Regierung damals zuviel Gegenwind bekommen hätte – auch von den Gewerkschaften. Aber nach dem Motto: Einer muß die Drecksarbeit ja machen, schwang die SPD die Hungerpeitsche und opferte sich – wieder mal – in bedingungsloser Sozialpartnerschaft für die Interessen des Kapitals. Und eine rot-grüne Regierung, zusammen mit der Linkspartei soll die Hungerpeitsche wieder in den Instrumentenkasten des Staates zurücklegen? Ziemlich viel hilfloses Wunschdenken bei der politischen Referentin der IGM!“ Kommentar von Dieter Wegner vom 04.08.2019 bei Jour Fixe der Gewerkschaftslinke Hamburg zu Katrin Mohr und „Das Hartz-IV-System als Hungerpeitsche für Erwerbslose“
- [Katrin Mohr/ IG Metall] „Das Hartz-IV-System als Hungerpeitsche für Erwerbslose“
„Eine Erneuerung des sozialstaatlichen Sicherungsversprechens ist dringend notwendig“, sagt Katrin Mohr. Die politische Sekretärin beim Vorstand der IG Metall stellt im Interview mit den NachDenkSeiten fest: Kaum kamen von SPD und Grünen Überlegungen für eine Veränderung von Hartz IV, war der Aufschrei aus neoliberalen Kreisen zu hören. Mohr geht davon aus, dass Reformen, die den Sozialstaat substanziell verbessern wollen, auf harten Widerstand stoßen werden. „Umso wichtiger ist es“, sagt Mohr, „die gesellschaftlichen Mehrheiten für einen guten Sozialstaat, die es ja durchaus gibt, zu stärken, zusammenzuführen und politisch wirkmächtig werden zu lassen. Ein Interview über die schwerwiegenden Auswirkungen der Agenda 2010 und was Politik unternehmen muss, um die Unterstützung der Armen und Schwachen in unserer Gesellschaft zu verbessern…“ Interview von Marcus Klöckner mit Katrin Mohr vom 28. Juli 2019 bei den Nachdenkseiten – ohne eine Wort zur gewerkschaftlichen Beteiligung, aber auch ohne eine Frage danach… (daher auch nicht wirklich zitierwürdig)- Siehe dazu lesenswerte „Leserbriefe zum Interview mit Katrin Mohr von der IG Metall – harte Meinungen und bittere Erfahrungen Gewerkschaften betreffend“ am 31. Juli 2019 bei den NachDenkSeiten mit teilweise drastischer Kritik an der IG Metall
- Siehe zum Hintergrund der Debatte unser Dossier: Erst habt ihr uns den Begriff “Reform” versaut, jetzt wollt ihr eure Scheisse (bisschen) reformieren? Weg mit den Hartz-Gesetzen oder gar nichts!