Hartz“reformen“ vor dem Rückbau
Kommentierte Presseschau von Volker Bahl vom 30.03.2013
Jetzt gehen die Grünen – mit der SPD im Schlepptau – also doch dran einen „Eckpfeiler“ der Hartz-Reformen, die Minijobs zu „reformieren“ – ja, im eigentlichen Sinne diese doch aufzuheben. (Vgl. dazu http://www.fr-online.de/politik/geringverdiener-rot-gruen-will-minijobs-reformieren,1472596,22244912.html oder http://www.sueddeutsche.de/politik/bundestagswahl-gruene-wollen-ende-der-minijobs-1.1635520 )
Heftig bläst schon bei der Reform dieser einen Säule der Hartz-Gesetze den „VeränderInnen“ der Wind ins Gesicht. Aber dazu werfen wir erst noch einen kurzen Blick auf das Konzept.
Ein kurzer Blick auf das Gesamtgebäude der Harz-Arbeitsmarktreformen
Recht klar erklärt zu dem Gesamtkonzept der Hartz-Reformen I bis IV der Sozialrichter Jürgen Borchert : „Über Jahrzehnte wurde darauf geachtet, dass sich die Lohnspirale von unten nach oben drehte. Mit der Agenda 2010 wurde diese Richtung umgedreht.“ (vgl. dazu: http://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/sozialrichter-juergen-borchert-warum-die-agenda-als-erfolg-begriffen-wird-ist-mir-ein-raetsel-1.1623776 ) – Oder geben wir neben dem Juristen als Spezialist für das Recht des Sozialen auch noch dem Ökonomen und Wirtschaftsweisen Peter Bofinger das Wort : „Die Agenda 2010 hat nicht nur wenig genützt, sie hat auch erheblichen Schaden angerichtet. Der mit den Arbeitsmarktreformen ausgelöste Druck auf Arbeitslose hat dazu geführt, dass der Mindestlohnsektor vor allem in Westdeutschland deutlich gewachsen ist. Und dadurch hat die Ungleichheit in Deutschland stärker zugenommen als in den meisten anderen hochentwicklelten Ländern“.(vgl. dazu: http://www.taz.de/Debatte-Agenda-2010-und-2020/!112801/ )
Auch das Bundesverfassungsgericht hatte – ohne die Logik von Hartz grunsätzlich zu verändern – begonnen die Grundhaltung der Hartz-Gesetze auf den Prüfstand zu stellen, die Christoph Butterwegge im einzelnen analysiert: (Siehe www.nachdenkseiten.de/?p=4518
Es steht nämlich fest, dass das Arbeitsvolumen insgesamt nicht ausgeweitet wurde www.nachdenkseiten.de/?p=16451#h03 , so dass nur systematisch Verlierer erzeugt werden konnten, deren tristes Los es ist, die im Wettbewerb gesetzte Norm nie erfüllen zu können. ( vgl. dazu auch Klaus Dörre, „Das neue Elend : Zehn Jahre Hartz-Reformen“ http://www.blaetter.de/archiv/jahrgaenge/2013/maerz/das-neue-elendzehn-jahre-hartz-reformen-0 ). Wolf-Dieter Narr hatte dies mit einem scharfen sozialwissenschaftlichen Blick in der von ihm gewohnten kunstvoll gedrechselten Sprachform schon anlässlich des Bundesverfassungsgerichtsurteils ins richtige Licht gerückt (Siehe www.nachdenkseiten.de/?p=4678 ( – vgl.auch weiter noch den Überblick bei www.labournet.de/politik/erwerbslos/hartz/10-jahre-agenda-2010/ )
Trotz des Gegenwinds : „Raus aus der Minijob-Falle“
Nun so bläst den jetzigen ReformerInnen, die aus Erfahrung auch klug werden konnten, dennoch der Wind ins Gesicht – angefangen bei der FR : „Gegen Mini-Jobs spricht so gut wie nichts“ (Siehe http://www.fr-online.de/meinung/kommentar–gegen-mini-jobs-spricht-so-gut-wie-nichts,1472602,22241628.html ) bis hin „natürlich“ zu den Arbeitgebern, die jetzt auch noch vollkommen kontrafaktisch die „Brückenfunktion“ erhalten wissen wollen http://www.welt.de/politik/deutschland/article114872134/Arbeitgeber-fuer-Minijobs-Bruecke-in-Beschaeftigung.html . Nur gegenüber den Fakten sitzen sie dabei wieder einmal der puren Ideologie auf – denn der asoziale Unsinn dieser Minijobs als angebliche „Brücke in den Arbeitsmarkt“ ist inzwischen einfach – mögen es die politischen Urheber ( wie auch die Grünen ) ursprünglich so geglaubt haben – deutlich ans Licht gekommen.
Schon Anfang 2012 musste die Hans-Böckler-Stiftung auf Grund mehrerer Studien feststellen : die schlecht bezahlten Minijobs sind eine Sackgasse für Millionen – vor allem Frauen. (Siehe http://boeckler.de/38664_38677.htm ) Jüngst konnte dieser Befund durch das Delta-Institut für das Bundesfrauenministerium nur bestätigt werden : Den Minijobs kommt keine Brückenfunktion in den normalen Arbeitsmarkt zu – wie ursprünglich behauptet – sondern dies entpuppt sich als Ettikettenschwindel, denn sie entfalten eine langandauernde Klebewirkung in eine Welt von Dumpinglöhnen. (Siehe http://www.frauenrat.de/deutsch/infopool/nachrichten/informationdetail/back/11/article/minijob-brueckenfunktion-widerlegt.html )
„Raus aus der Minijob-Falle“ hatte deshalb schon lange die Arbeitsmarktexpertin und frühere stellvertretende DGB-Vorsitzende Ursula Engelen-Kefer gefordert. (Siehe http://www.taz.de/!108121/ ) Und nie wurde sie müde das immer wieder zu fordern, ob gegenüber der SPD im Vorwärts ( http://www.vorwaerts.de/85300/minijobs.html ) oder auf dem Internationale Frauentag (http://www.guetersloherblatt.de/regionales/11138591-ursula-engelen-kefer-zu-fallen-fuer-frauen )
Nur wenn es für Rot-Grün kein leeres Versprechen werden soll – angesichts der voraussichtlichen Mehrheiten in Deutschen Bundestag nach der Bundestagswahl ( Rot-Grün wird nach dem derzeitigen Stand der Prognosen keine eigene Mehrheit im Bundestag haben ) , dann sollte Rot-Grün sich offenhalten – zumindest für eine Minderheitsregierung unter Tolerierung durch die Linke. (Siehe dazu Katja Kipping https://www.youtube.com/watch?v=1D4s4tFQ6WU und zusätzlich noch Christoph Butterwegge www.nachdenkseiten.de/?p=16494 )