Regelsatz zu gering: Hartz IV wird kleingerechnet

Dossier

Kampagne der Linkspartei: »Das muss drin sein.«: Sanktionsfreie Mindestsicherung statt Hartz IV!Seit Jahren rechnet die Bundesregierung den Hartz-IV-Regelsatz nach unten. Nach Monitor-Berechnungen müssten Empfänger monatlich 155 Euro mehr bekommen. Der Staat spart Milliarden. nsgesamt belaufen sich die Einbußen für Hartz-IV-Empfänger und Rentner auf rund zehn Milliarden Euro jährlich, wenn man den Betrag von 571 Euro mit dem derzeit gültigen Satz von derzeit 416 Euro monatlich vergleicht. „Diese Zahl ist vorgegeben worden, die wollte man erreichen“, glaubt Sozialwissenschaftler Stefan Sell von der Hochschule Koblenz. Man habe sie „durch die statistischen Manipulationen bei der Berechnung erreicht“. Die Bundesregierung räumt dazu gegenüber Monitor ein, die Frage der Höhe des Regelbedarfs und des soziokulturellen Existenzminimums sei „nicht vorrangig eine Frage des Berechnungsverfahrens – sie muss politisch beantwortet werden.“ (…) Experten wie Sell vermuten hinter dem Vorgehen der Bundesregierung vor allem die drohenden Einbußen bei der Einkommensteuer. Da das Bundesverfassungsgericht entschieden hat, dass der Grundfreibetrag sich direkt aus dem Hartz-IV-Satz-ableitet, würde sich der Freibetrag bei jedem Einkommensteuerpflichtigen schlagartig deutlich erhöhen. 155 Euro monatlich mehr Hartz IV hießen 1860 Euro mehr Freibetrag für jeden Steuerzahler pro Jahr. Der Fiskus würde nach Monitor-Berechnungen so automatisch 15 Milliarden Euro jährlich verlieren. Sell hält dies für den zentralen Grund, „warum die Politik eine Anhebung der Hartz-IV-Sätze scheut wie der Teufel das Weihwasser.“…“ Beitrag von Jan Schmitt vom WDR bei tagesschau.de externer Link (der ausführliche Monitorbericht externer Link, auf den sich dieser Beitrag bezieht, wurde am 17. Mai 2018 um 21:45 Uhr im Ersten gesendet). Siehe dazu:

  • Staatliche Grundsicherung: Wieviel ein Mensch zum Leben braucht New
    Millionen Menschen leben von der Grundsicherung: Sie soll ihnen eine würdige Existenz garantieren. Doch dieses Grundrecht werde verletzt, kritisiert der Politologe Andreas Aust. Die Bundesregierung arbeite mit Tricks, um den Bedarf kleinzurechnen. Wenn die Bundesregierung das Existenzminimum ermittelt, dann fragt sie nicht, „Was braucht der Mensch zum Leben?“, sondern sie vergleicht, wieviel Geld die Ärmsten in unserer Gesellschaft im Monat etwa ausgeben. Dieses Vorgehen nennt sich „Statistikmodell“. Es wirkt seriös und wissenschaftlich fundiert – leidet aber an massiven Defiziten. Denn die Bundesregierung traut ihrem eigenen Verfahren nicht. Würde sie sich konsequent an die Ergebnisse des Statistikmodells halten, lägen die Regelsätze für die Grundsicherung um mehr als ein Drittel höher, als sie es tatsächlich sind. Das heißt: der Regelbedarf müsste bei mindestens 570 Euro liegen, statt bei 424 Euro. Da hilft es nur, in die Methodik einzugreifen, damit die politisch gewünschten niedrigen Beträge für die Grundsicherung herauskommen. Ohne Willkür und statistische Tricks geht das nicht. (…) So gut wie alle Ausgaben, die mit gesellschaftlicher Teilhabe zu tun haben, wurden als „nicht regelsatzrelevant“ gestrichen oder massiv gekürzt. Letzteres gilt etwa für die Bereiche Mobilität, Freizeit und Kultur oder Gaststättenbesuche. Aber auch die Anschaffung eines gebrauchten Kühlschranks wird zu einer Herkulesaufgabe: fünfeinhalb Jahre müsste ein Hartz-IV-Berechtigter den dafür vorgesehenen Anteil für langlebige Verbrauchsgüter sparen, um dann bescheidene 112 Euro für einen alten Kühlschrank ausgeben zu können. Ausgaben der Referenzgruppe für politisch wenig opportune Produkte wie Alkohol oder Tabak fallen einfach unter den Tisch. (…) Geradezu abenteuerlich werden die Berechnungen der Bundesregierung, wenn es um den Bedarf von Kindern geht. Denn die Fallzahlen sind bei den konkreten Ausgaben viel zu klein, um daraus halbwegs seriöse Hochrechnungen abzuleiten. Doch das ficht die Bundesregierung nicht an, den Regelbedarf für Kinder dann eben ohne verlässliche statistische Grundlage zu ermitteln. (…) Schluss mit der Willkür! Wir brauchen eine transparente, methodisch saubere Ermittlung des menschenwürdigen Existenzminimums. Dazu sollte die Bundesregierung jetzt eine unabhängige Kommission einberufen. Die Regelsätze müssen den Bedarf ausreichend decken. Doch davon sind wir weit entfernt.“ Ein Einwurf von Andreas Aust vom 06.09.2019 beim Deutschlandfunk externer Link

  • [Petition für eine] Neuberechnung von ALG II / Hartz IV 
    „Die Bundesregierung hat in den letzten Jahren den Regelsatz für Hartz IV-Empfänger systematisch nach unten gerechnet. (…) Den ärmsten der Armen nimmt der Staat dadurch 25 Milliarden Euro pro Jahr. Das ist ungerecht und muss dringend geändert werden. Daher fordere ich hiermit die Neuberechnung der Hartz IV Sätze!…“ Petition von Sandra Schlensog bei change.org vom 23. Mai 2018 externer Link

Siehe auch im LabourNet Germany:

Und im LabourNet-Archiv u.a.:

Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=132208
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