Wir spielen arbeiten. Sechs Monate Bewerbungstraining: Wie Erwerbslose geregelte Tätigkeit üben sollen
Quelle: Artikel von Olaf-Michael Ostertag in Neus Deutschland vom 26.01.2013
Aus dem Text: „… Wir spielen arbeiten. Die vielen Menschen, die täglich in Bewerbungsschulungen herumsitzen, werden von den Jobcentern vornehmlich aus einem Grund dorthin geschickt: Sie fallen damit aus der Arbeitslosenstatistik. In der Statistik werden nach Vorschrift nur die Hartz-IV-Beziehenden als arbeitslos geführt, die ausschließlich Geldleistungen beziehen und an denen sonst keine weitere »Maßnahme« vorgenommen wird. Schulungen, Praktika, Beschäftigungsmaßnahmen, die berüchtigten Ein-Euro-Jobs und alles, was sonst noch im Katalog der Hilflosigkeiten verzeichnet ist, führen zur Streichung aus der Statistik. (…) Lauter Menschen, die die reine Lehre der Betriebswirtschaft für unbrauchbar erklärt hat, da sie den Prozess behindern, die geringstmögliche Leistung zum höchstmöglichen Preis abzugeben. Tatsächlich sind häufig die Klienten der Jobcenter im wahrsten Sinne des Wortes »leistungsbereiter« als die fälschlicherweise so bezeichneten »Leistungsträger der Gesellschaft«. Das System ist so eingerichtet, dass es eine perfekte Blockade des kreativen Potenzials eines großen Teils der Bevölkerung bildet. In den Firmen sorgt die Drohung mit dem Absinken in die Jobcenter-Menschenmühle für Zurückhaltung der eigenen Kreativität und somit für die Verfestigung der gegebenen Hierarchie, im Hartz-IV-System die Drohung mit der Existenzvernichtung für eine fatalistische Duldungsstarre…“