Vorwurf des Bundesrechnungshofs: Arbeitsagentur manipuliert Vermittlungsstatistik
„Vermittelt wird nur, wer leicht vermittelbar ist: Der Bundesrechnungshof wirft der Agentur für Arbeit nach Informationen des SPIEGEL vor, nach diesem Prinzip eine bessere Erfolgsbilanz vorzutäuschen. Besonders Langzeitarbeitslose würden schlecht betreut.
In einem seit Monaten unter Verschluss gehaltenen Prüfbericht hat der Bundesrechnungshof der Bundesagentur für Arbeit (BA) vorgeworfen, sich vorrangig um leicht vermittelbare Arbeitslose zu kümmern, die anderen dagegen weitgehend zu ignorieren. In dem Papier ist nach Informationen des SPIEGEL die Rede von „Fehlsteuerungen“ und „Entwicklungen, die dem gesetzlichen Auftrag zuwiderlaufen“, die Prüfer prangerten zudem „Manipulationen“ zur Verbesserung der Erfolgsbilanz an und hielten es für nötig, alle Agenturen auf geschönte Statistiken überprüfen zu lassen. Dabei legten sie gegebenenfalls auch „personalrechtliche“ und „strafrechtliche Konsequenzen“ nahe…“ Artikel bei Spon vom 23.06.2013 . Siehe dazu:
- Brief BA an alle Kolleg_innen wg. Kritik BuReHof
„Sehr geehrte Kolleginnen, sehr geehrte Kollegen, die aktuelle Ausgabe des „Spiegel“ befasst sich unter Hinweis auf einen Bericht des Bundesrechnungshofes und Aussagen von Mitarbeitern der BA kritisch mit unserem Ziel- und Steuerungssystem. Wir stellen uns dieser Berichterstattung.
Es ist richtig, dass der genannte Prüfbericht Fehlanreize im Steuerungssystem und Manipulationen bemängelt. Aber – und das verschweigt der „Spiegel“ – er bestätigt das System des Führens über Ziele und stellt fest, dass sich das Steuerungssystem der BA bewährt hat und anerkannt ist. Als Vorstand wollen wir, dass in Ihrer täglichen Arbeit der Mensch im Mittelpunkt steht. Die guten Zahlen der Vorjahre sind das Ergebnis dieser Arbeit. Wir sind überzeugt, dass Sie alle diese Auffassung mit uns teilen. Ohne eine Zielsteuerung wären die Erfolge, auf die Sie stolz sein können, nicht möglich gewesen…“ Brief von Heinrich Alt, Vorstand Grundsicherung; Frank-J. Weise, Vorsitzender des Vorstands; Raimund Becker, Vorstand Arbeitslosenversicherung bei den Nachdenkseiten
- Tricksen für die Erfolgsbilanz mit sinkenden Erwerbslosenzahlen
„Der Bundesrechnungshof wirft der Bundesagentur für Arbeit Manipulation vor. Für Kritiker aus der FDP ist das ein Grund, die Abschaffung der BA zu fordern
Für viele Erwerbslose ist der jüngste Bericht des Spiegel zur Arbeit der Bundesagentur für Arbeit wahrlich keine Überraschung. Das Magazin zitiert aus einem bisher unveröffentlichten Prüfbericht des Bundesrechnungshofs, der der Bundesagentur für Arbeit auf mehreren Ebenen Mängel und Fehler vorwirft. Grundlage der Vorwürfe sind stichprobenartige Untersuchungen in 156 Arbeitsagenturen…“ Artikel von Peter Nowak in telepolis vom 24.06.2013 . Aus dem Text: „… Bei der heftigen und meist berechtigten Kritik an der BA ist man schnell geneigt, die Vorwürfe des Bundesrechnungshofes dem Sündenregister dieser Behörde anzuhängen. Doch die Kritik des Rechnungshofes ist vor allem Munition für die neoliberalen BA-Kritiker, wie sie in der FDP zu finden sind. Sie würden die Behörde am liebsten abschaffen. Besonders die Kritik daran, dass Langzeiterwerbslose zu wenig vermittelt werden, führt dazu, dass auch diese Erwerbslose noch mehr gefordert werden. Das bedeutet, dass sie noch mehr Bewerbungen schreiben, Bewerbungsgespräche führen, ungeliebte und schlecht bezahlte Jobs annehmen und immer mit der Drohung der Sanktionierung leben müssen. Manche Langzeiterwerbslosen sind froh, diesen behördlichen Zumutungen nicht ständig ausgesetzt sein und in eine Kategorie eingestuft zu werden, wo sie davon etwas verschont werden. Diese minimalen Freiräume, die es noch im Hartz IV-Regime gibt, will der Bundesrechnungshof mit seiner Kritik beseitigen…“
- Raumschiff Bundesagentur
Ein Kommentar zur Manipulation der Arbeitslosenstatistik durch die Bundesagentur für Arbeit von Inge Hannemann vom 26. Juni 2013 bei Wirtschaft und Gesellschaft von Thorsten Hild
- Bericht einer Arbeitsvermittlerin: Der Fehler liegt im System
„Dieser Text erreichte die Berliner Zeitung als Leserbrief. Die Absenderin arbeitet als Vermittlerin bei einer Berliner Arbeitsagentur. Sie erklärt, welche absurden Richtlinien sie und ihre Kollegen daran hindern, das zu tun, wofür sie eigentlich da sind: Menschen in Arbeit zu bringen…“ Beitrag in der Berliner Zeitung online vom 25.5.2013 . Aus dem Text: … So kann es passieren, dass wir viel Zeit aufwenden müssen, um für arbeitslos gewordene Spezialisten geeignete Berufsangebote zu finden. Tun wir dies, so haben wir aber – vermittlungsstatistisch gesehen – nichts geleistet. Da wir für solche Bemühungen keine sogenannten Credits bekommen, sondern nur der Vermittlungserfolg statistisch zählt, sagen unsere Vorgesetzten: ,Es ist besser, in einer Woche drei oder fünf Arbeitssuchende für ein halbes Jahr in ein Callcenter zu vermitteln als nur einen Spezialisten aus der Arbeitswelt in der gleichen Zeit auf eine adäquate neue Position.‘ Einer meiner Vorgesetzten hat mir gesagt: ,Wenn der Arbeitssuchende wirklich gut ist, findet er auch alleine eine neue Position, andernfalls ist er überqualifiziert und sollte mit dem zufrieden sein, was wir ihm anbieten.‘(…) Ich habe mein Leben lang versucht, meine Arbeit mit Verantwortungsbewusstsein und Freude zu verrichten. Dank den Politikern und meinen Vorgesetzten fällt mir dies aber schwer, seit ich zur Arbeitsagentur versetzt worden bin. Dies sollte man bedenken, wenn man auf uns unfähige Arbeitsvermittler schimpft.““