[Berlin] »Solidarisches Grundeinkommen« – Neusprech des Jahrhunderts
Dossier
„Arbeitszwang für alle. Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller will sich mit einem »solidarischen Grundeinkommen« profilieren„. Mit diesem kritischen Beitrag von Alexander Nabert zum Thema war die Sache für uns gegessen. Kann doch im LabourNet die Kritik an Arbeitszwang, Kombijobs und sog. sozialem Arbeitsmarkt rauf und runter gelesen werden, fast die kompletten 20 Jahre unseres Bestehens hindurch. Doch wer konnte es ahnen: Die SPD steigt darauf ein und will ein »solidarisches Grundeinkommen« als Alternative zu Hartz IV verkaufen!? Und der DGB lobt sie dafür („Arbeit statt Arbeitslosigkeit finanzieren“)… Daher sehen wir uns leider gezwungen, die wichtigsten Informationen zum „neuen“ Konzept und die wichtigsten Kritiken daran bzw. Stellungnahmen dazu in einem Dossier zusammen zu fassen. Neu: Solidarisches Grundeinkommen in Berlin: Die Nicht-Überwindung von Hartz IV
Die wichtigsten Informationen zum „neuen“ Konzept
- Modellprojekt „Solidarisches Grundeinkommen“ – Berlin erprobt eine Alternative zu Hartz IV
„… 250 Berliner Arbeitslose fangen heute neu an: Sie gehen wieder arbeiten – sie kontrollieren, ob in den Gebäuden der staatlichen Wohnungsbaugesellschaften alles sauber und in Ordnung ist, sie helfen in Pflege- und Altenheimen und Kindergärten. Der Berliner Regierende Bürgermeister Michael Müller nennt weitere Berufsbilder im Rahmen seines Projekts „Solidarisches Grundeinkommen“. (…) Müller will vor allem Menschen beschäftigen, die erst vor kurzer Zeit arbeitslos wurden. Bevor sie Hartz IV beziehen, sollen sie dauerhaft und sozialversicherungspflichtig beschäftigt und nach Tarif bezahlt werden. Die Arbeiten bei öffentlichen Einrichtungen, die sie übernehmen, sollen nicht mit regulären Jobs konkurrieren. „Der Staat ist solidarisch mit denen, die Arbeit suchen, und bietet eine wirklich gute Jobperspektive und nicht nur eine kurzfristige Maßnahme – und umgekehrt sind die, die arbeiten können und arbeiten wollen, auch solidarisch und bringen sich mit ihrer Arbeitskraft ein, damit Dinge in unserer Stadt besser laufen.“ (…) Die Berliner FDP kritisiert das Beschäftigungsprojekt als viel zu teuer und „nicht zielführend“. Die Partei schlägt vor, die Arbeitslosen in den ersten Arbeitsmarkt zu integrieren, anstatt ihnen „Ersatzbeschäftigungen“ zu geben. (…) Müllers Projekt muss unterschieden werden vom „bedingungslosen Grundeinkommen“ – einer Idee, für die die Linke steht. Der Linken-Vorsitzenden Katja Kipping schwebt ein ganz anderes „Grundeinkommen“ als Müller vor. (…) Kipping hält den Begriff „Solidarisches Grundeinkommen“ für den Modellversuch in Berlin für irreführend…“ Beitrag von Sebastian Engelbrecht vom 1. Juli 2019 bei Deutschlandfunk (Audiolänge: 3:19 Min., aufrufbar bis zum 19. Januar 2038)
- Neue Alternative zum Arbeitslosengeld – Berlin macht Ernst: Ab 2019 soll ein Solidarisches Grundeinkommen erprobt werden
„Fair bezahlt, unbefristet und sozialversicherungspflichtig. So soll das neue Solidarische Grundeinkommen ausgestaltet werden, dass Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller (SPD) vor gut einem Jahr zum ersten Mal in die Debatte eingebracht hat. Um die Idee für das Solidarische Grundeinkommen zu erproben, könnte nun in einem ersten Schritt ab Mitte 2019 ein Pilotprojekt in Berlin gestartet werden. Insgesamt 1000 Stellen sollen neu zur Verfügung gestellt werden. Ziel ist es, »eine Alternative zu Hartz IV« zu schaffen, wie aus Senatskreisen am Mittwoch verlautete. Insbesondere Beziehern von Arbeitslosengeld I soll so ein Abrutschen in den Arbeitslosengeld-II-Bezug und damit häufig einhergehende Dauerarbeitslosigkeit erspart bleiben. Das Instrument soll »frühestmöglich greifen«. Soweit der Plan. Richtig im Konsens abgesprochen ist das Projekt allerdings im rot-rot-grünen Senat noch nicht. Vor allem fehlt darüber hinaus auch eine tragfähige Abmachung mit Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD), über dessen Förderprogramme das Gros der Mittel für den Piloten des Solidarischen Grundeinkommens finanziert werden soll. Eine entsprechend nötige Öffnungsklausel für die Bundesförderungen gibt es nämlich noch nicht. (…) In einem ersten Schritt könnten neue Stellen für das Pilotprojekt nur bei kommunalen Unternehmen entstehen. Als »mögliche Beschäftigungsfelder« wurden etwa Assistenztätigkeiten für Hausmeister in öffentlichen Einrichtungen oder Conciergedienste bei Wohnungsbaugesellschaften identifiziert. Weitere Vorschläge betreffen Mobilitätsbegleitungen im Öffentlichen Personennahverkehr oder unterstützende Tätigkeiten für ältere Menschen, etwa als Einkaufshilfen. Auch Tätigkeiten in Kultureinrichtungen und der Flüchtlingshilfe seien denkbar, ist zu hören…“ Beitrag von Martin Kröger bei neues Deutschland vom 4. Oktober 2018
- Zukunft der Grundsicherung: Hartz IV bleibt ein Makel – das Grundeinkommen ist möglich
„Das solidarische Grundeinkommen ist finanzierbar – und eine Chance für Arbeitsminister Hubertus Heil und die SPD, schreibt Berlins Regierender Bürgermeister. (…) Ich bin überzeugt, dass es keinen Sinn macht, weiter auf Hartz-IV-Reformen zu setzen. Dieses System wird nicht mehr gerecht. Nur durch eine neue soziale Agenda wird es uns gelingen, auf die Herausforderung der Digitalisierung der Arbeitswelt zu reagieren. Herzstück müsste dabei die Ergänzung, im besten Fall die Abschaffung, von Hartz IV zugunsten eines neuen Systems sein, um Langzeitarbeitslosen wieder eine Chance zu geben. Wir brauchen jetzt ein neues Recht auf Arbeit…“ Gastbeitrag von Michael Müller vom 23. März 2018 beim Tagesspiegel online (Michael Müller (SPD) ist Regierender Bürgermeister von Berlin)
- DGB begrüßt Müllers Vorstoß, Hartz IV abzuschaffen
„Berlins Regierender Bürgermeister Müller will einen Systemwechsel in der Sozialpolitik und fordert ein solidarisches Grundeinkommen. Unterstützung kommt vom Gewerkschaftsbund. (…) Am Wochenende legte Müller im Gespräch mit der „Berliner Morgenpost“ nach und forderte die Abschaffung von Hartz IV und einen Systemwechsel in der Sozialpolitik durch kommunale Jobangebote. Man müsse zur Kenntnis nehmen, dass es auch 15 Jahre nach Einführung der arbeitsmarkt- und sozialpolitischen Agenda 2010 durch die damalige rot-grüne Bundesregierung „keine gesellschaftliche Akzeptanz für Hartz IV“ gebe, sagte der Berliner SPD-Landesvorsitzende. Diese sei aber nötig in Zeiten des Umbruchs, in denen die Digitalisierung viele Jobs auch in Sektoren kosten werde, „von denen wir das noch kaum ahnen“ (…) Gewerkschaftsbund erfreut über Müllers Vorschlag DGB-Vorstandsmitglied Annelie Buntenbach begrüßte den Vorschlag: „Für viele bedeutet Hartz IV nicht nur ein Leben in Armut, sondern ist auch eine Sackgasse statt ein Weg in den Arbeitsmarkt. Der Vorschlag zeigt diesen Menschen eine Perspektive auf, weil er Wege in Arbeit eröffnet“, sagte Buntenbach dem Tagesspiegel. Wichtig sei, so Buntenbach weiter, „dass es sich um gute Arbeit handelt: sozialversicherungspflichtig und tariflich bezahlt. Dabei muss die Autonomie der Menschen gestärkt werden, sie entscheiden selbst, wie es weitergeht.“ Wenn Müllers Vorschlag so umgesetzt werde, könnte der Teufelskreis von Entmutigung und Langzeitarbeitslosigkeit für viele durchbrochen werden, so die DGB-Vorständin…“ Meldung vom 19. März 2018 beim Tagesspiegel online- DGB: „Arbeit statt Arbeitslosigkeit finanzieren“
„Das solidarische Grundeinkommen könnte Langezeitarbeitslose aus der Perspektivlosigkeit holen, glaubt DGB-Chef Reiner Hoffmann. Er argumentiert im Interview, dass erst durch eine geregelte Arbeit soziale Teilhabe möglich ist.“ Interview mit Reiner Hoffmann vom 29. März 2018 beim WDR 5 Morgenecho (Audiolänge: 6:43 Min.) - DGB-Chef begrüßt Grundeinkommen: SPD will Arbeitslose zum Mindestlohn kommunale Arbeit verrichten lassen
„Nachdem Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller (SPD) mit einem Beitrag im Berliner Tagesspiegel (Freitagausgabe) seinen Vorschlag zur Einführung eines sogenannten solidarischen Grundeinkommens erneut zur Debatte stellte, stößt die Idee nun auch bei DGB-Chef Reiner Hoffmann auf Zustimmung. »Das geht in die richtige Richtung«, sagte Hoffmann dem Handelsblatt (Mittwochausgabe). Müller hatte bereits im Herbst 2017 vorgeschlagen, Finanzmittel aus der Verwaltung der Arbeitsagenturen in Zukunft dafür zu nutzen, Arbeitslose zum Mindestlohn anzustellen. Dabei soll es sich um gemeinnützige Arbeit handeln, womit Müller Tätigkeiten in der Pflege, in Kindergärten und zur Erfüllung anderer kommunaler Aufgaben meint (…). Hoffmann sieht darin Ähnlichkeiten mit den Plänen im Koalitionsvertrag der Bundesregierung aus Union und SPD, wonach für 150.000 »schwer vermittelbare Arbeitslose« ein »sozialer Arbeitsmarkt« geschaffen werden soll. Der DGB-Chef warnte allerdings, dass es nicht zu Dumpinglöhnen kommen dürfe. »Statt beim Mindestlohn sollte man bei den unteren Tarifgruppen des öffentlichen Dienstes ansetzen«, sagte Hoffmann. Andere Gewerkschaftsvorsitzende können sich nicht mit der Vorstellung von einem »solidarischen« Grundeinkommens anfreunden. »Das Bemühen, möglichst vielen Menschen einen Arbeitsplatz zu geben, steht mir bei solchen Ideen zu wenig im Vordergrund«, hatte der IG-Metall-Chef Jörg Hofmann der Südwest Presse und der Märkischen Oderzeitung bereits vorige Woche gesagt…“ Meldung von und bei der jungen Welt vom 29. März 2018 - Und die IG Metall: „… Während Malu Dreyer hofft, dass Langzeitarbeitslose mit einem Grundeinkommen aus dem Hilfebezug herauskommen, hält IG-Metall-Chef Hofmann nichts von einem solchen staatlichen Regularium. »Das Bemühen, möglichst vielen Menschen einen Arbeitsplatz zu geben, steht mir bei solchen Ideen zu wenig im Vordergrund«, sagte Hofmann den Zeitungen der »Neuen Berliner Redaktionsgesellschaft«...“ Aus dem Beitrag „Schiefe Blicke auf Hartz IV. 18,2 Millionen Betroffene in zehn Jahren, nun stellen Grundeinkommensbefürworter das System in Frage“ vom 26.03.2018 beim ND online
- DGB: „Arbeit statt Arbeitslosigkeit finanzieren“
- SPD-Plan: Langzeiterwerbslose sollen gemeinnützige Arbeit leisten
„Der neue Sozialminister Hubertus Heil will vier Milliarden Euro ausgeben, um Langzeitarbeitslosen eine Beschäftigung zu bieten. Den freien Jobmarkt hat der SPD-Politiker dabei nicht im Sinn. (…) „Wir wollen Langzeitarbeitslose nicht von einer kurzfristigen Maßnahme zur nächsten schubsen, sondern vier Milliarden Euro bereitstellen, um Menschen eine langfristige Perspektive auf einem sozialen Arbeitsmarkt anzubieten“, sagte Heil den Zeitungen der Funke Mediengruppe. Langzeitarbeitslose gelten auf dem freien Arbeitsmarkt oft als kaum vermittelbar. Über Wege zu einer besseren Versorgung mit Arbeit wird seit Langem diskutiert. Heil sagte, er wolle ein Konzept entwickeln, das gemeinnützige Arbeit in den Mittelpunkt stelle…“ Beitrag vom 18. März 2018 von und bei Spiegel online
- Arbeitszwang für alle. Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller will sich mit einem »solidarischen Grundeinkommen« profilieren
„Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller hat ein »solidarisches Grundeinkommen« vorgeschlagen. Dies sollte als Drohung begriffen werden. (…) Müller fordert in dem Papier, Hartz IV teilweise zu ersetzen – durch ein »solidarisches Grundeinkommen«. Solidarität heißt dabei aber nicht etwa, dass prekär Beschäftigten, Armen und Erwerbslosen ein sanktionsfreies Grundeinkommen ausgezahlt würde. Stattdessen sollen Arbeitslose, die »es« auf dem sogenannten ersten Arbeitsmarkt nicht schaffen, nur dann ein Grundeinkommen erhalten, wenn sie gesellschaftlich sinnvolle Tätigkeiten wie etwa »Sperrmüllbeseitigung, Säubern von Parks, Bepflanzen von Grünstreifen« und dergleichen erledigen. Da das Grundeinkommen in Höhe des Mindestlohns liegen und sozialversicherungspflichtig sein soll, belaufe es sich auf etwa 1 200 Euro brutto, wenn diese Arbeit in Vollzeit ausgeübt werde, wie das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung ausgerechnet hat. (…) Müllers »solidarisches Grundeinkommen« ist weder solidarisch noch eine neue Idee. Erwerbslose sollen, wie schon mit dem Hartz-IV-Sanktionssystem, zum Arbeiten gezwungen werden. Die Arbeitsagenturen will Müller in »Arbeit-für-alle-Agenturen« umbenennen. Das kann durchaus als Drohung verstanden werden, auch wenn Müllers Aussagen von Worthülsen wie »Solidarität«, »Gleichheit«, »Gerechtigkeit« und »sozialer Sicherheit« flankiert werden. (…) Wenn Müller Wert darauf legen würde, dass jemand Müll in Parks sammelt, könnte er entsprechende Stellen ausschreiben lassen. Stattdessen präsentiert er eine an das Zeitalter des Mindestlohns angepasste Form der Ein-Euro-Jobs und verkauft das als großen sozialen Wurf angesichts der Veränderungen des Arbeitsmarkts durch die Digitalisierung...“ Artikel von Alexander Nabert in der JungleWorld vom 09.11.2017
Die wichtigsten Kritiken und Bewertungen/Stellungnahmen
- Solidarisches Grundeinkommen in Berlin: Die Nicht-Überwindung von Hartz IV
„Das „Solidarische Grundeinkommen“ ist angelaufen. Erwerbsloseninitiativen halten die Idee des Regierenden Bürgermeisters für einen schlechten Scherz. (…) Das Ende von Hartz IV möchte Müller konkret mit dem sogenannten Solidarischen Grundeinkommen (SGE) einläuten. Laut Senatsverwaltung für Integration, Arbeit und Soziales sollen in diesem Jahr 250, bis Ende 2020 dann 1.000 Berliner eine gemeinwohlorientierte, sozialversicherungspflichtige Beschäftigung bei landeseigenen Unternehmen oder bei freien Trägern aufnehmen. (…) Mariam von der Solidarischen Aktion Neukölln findet, dass Müllers Programm ein „Scherz“ sei. Das Solidarische Grundeinkommen sei weder solidarisch, noch ein Grundeinkommen, sondern eine Arbeitsbeschaffungsmaßnahme, „weil es Jobs sind, die Leute machen, um dafür Geld zu bekommen“. Müllers Programm sei alles andere als eine „bedingungslose Existenzsicherung für alle“. Die Arbeitnehmer würden gar zu Bittstellern gemacht – obwohl sie ja „nicht netterweise etwas vom Staat bekommen, ohne dafür etwas zu leisten“. (…) „Die SPD versucht einen Begriff zu kapern, der für viele arme Leute mit Hoffnung verbunden ist: das Bedingungslose Grundeinkommen“, sagt Kratsch. Auch sie spricht von „altem Wein in neuen Schläuchen“, von einer Neuauflage der Arbeitsbeschaffungsmaßnahme. „Weil wir derartige Vorschläge kennen, diskutieren wir bei Basta wenig über solche Neuauflagen.“ Das Ende von Hartz IV bleibt beim Regierenden Bürgermeister Michael Müller also erst mal Rhetorik. Sebastian und seine Solidarische Aktion Neukölln wollen diesem mit öffentlich wirksamen Aktionen näherkommen. Sebastian war früher beim Bündnis Zwangsräumungen verhindern aktiv. Er erinnert sich daran, wie unbekannt das Wort Gentrifizierung vor Jahren noch war. Heute ist es das Stadtthema schlechthin. „Weil es mittlerweile auch die Mittelschicht und die Journalisten betrifft, die Artikel darüber schreiben.“ Wer selbst nicht betroffen sei, dem falle die Empathie zwar schwer, so Sebastian. Trotzdem versucht die Gruppe weiter auf das Jobcenter und seine Betroffenen aufmerksam zu machen. 2015 hatten Zwangsräumung verhindern und Basta dem Jobcenter Neukölln mit einer Aktion vor Ort den „Goldenen Knüppel“ verliehen, um dessen repressive Praxis zu problematisieren. Für die Solidarische Aktion, die gerade neue Aktionen plant, dient das als eine Inspiration.“ Beitrag von Volkan Agar vom 10. September 2019 bei der taz online
- Wirkt wie ABM für alle – »Solidarisch« mit falscher Zielgruppe? Chef der Bundesagentur für Arbeit kritisiert Programmatik der Hauptstadtkoalition
„Kommunen und Konzerne suchen billige Hilfskräfte. Bereits zum Start des vermeintlichen Berliner Modellprojektes »Solidarisches Grundeinkommen« am vergangenen Mittwoch lagen dem Senat der Hauptstadt mehr als 1.000 Angebote vor, wie die Arbeitsverwaltung noch am selben Tag auf Twitter lobte. Die Maßgabe wurde damit bereits übertroffen. Dem Chef der Bundesagentur für Arbeit (BA), Detlef Scheele (SPD), gefällt das nicht. Er fürchte den gleichen Effekt wie bei den Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen (ABM) in den 1990er Jahren, sagte er am Sonnabend der Nachrichtenagentur dpa. Seine Begründung: »Denn bei öffentlich geförderter Beschäftigung besteht im Prinzip immer die Gefahr des sogenannten Lock-in-Effekts: Man kommt nicht wieder raus.« Statt dessen müsse die Agentur auf Qualifikation setzen. (…) Auch anderweitig gehen Theorie und Praxis auseinander. Im Mai kritisierte die Grünen-Fraktion im Bundestag den Umgang mit Betroffenen. Die Parlamentarier hatten mittels einer »kleinen Anfrage« herausgefunden, dass die Teilnahme an einer solchen Maßnahme doch nicht so freiwillig ist, wie es die Regierungskoalition aus CDU/CSU und SPD bei der Einführung zugesichert hatte. Die Erwerbslosen erhalten nämlich mit der Zuweisung vom Jobcenter auch eine sogenannte Rechtsfolgebelehrung. Darin droht ihnen die Behörde mit Sanktionen, falls es Ärger mit den Coaches gebe und sie deshalb wieder zurück ins Hartz-IV-System fielen. »Wenn nach dem Abschluss des Vertrages wieder Zwang und Druck ausgeübt wird, dann ist das absurd«, resümierte damals die Grünen-Abgeordnete Beate Müller-Gemmecke…“ Beitrag von Susan Bonath in der jungen Welt vom 22. Juli 2019
- Grundeinkommen in Berlin: Falscher Name, gute Idee [???]
„… Empört zeigen sich vor allem Befürworter: Etikettenschwindel, Wortklau, so lauten die Vorwürfe gegen das Berliner Projekt. Tatsächlich ist das, was Berlin plant, weit weg von dem, was nahezu alle anderen der weit über 100 Grundeinkommenskonzepte, die weltweit kursieren, beinhalten. Zum einen geht es in Berlin um Geld gegen Leistung. Und nicht: Geld als Grundlage, eine Art Vertrauensvorschuss des Staates gegenüber dem Bürger in der Annahme, dass der etwas für die Allgemeinheit Sinnvolles damit anstellen wird. Zum anderen ist der verwendete Solidaritätsbegriff – die Projektmacher sprechen von „doppelter Solidarität“ – ein fraglicher: Wie solidarisch ist es von der Gesellschaft, Menschen, die in die Sozialkassen eingezahlt haben und in Zeiten der Arbeitslosigkeit trotzdem Schwierigkeiten haben, von staatlichen Zahlungen zu leben, Arbeit anzubieten? Zumal die Jobs oft in den niedrigen Lohnklassen angesiedelt sind oder im Mindestlohnbereich? Natürlich ist Kritik da berechtigt: Die Wortwahl war eine bewusste Provokation. Hinter dem Konzept steht nach wie vor ein Arbeitsbegriff, der stark an Erwerbsarbeit ausgerichtet ist. Und ein Gesellschaftsentwurf, in dem sich Teilhabe über Erwerbsarbeit definiert. Dennoch ist das Projekt – im Kern übrigens keine neue Erfindung, ähnliche Versuche, damals unter dem Schlagwort „Bürgergeld“, gab es schon – ein guter Ansatz…“ Kommentar von Lea Hampel vom 11. Juli 2019 bei der Süddeutschen Zeitung online , dem wor natürlich in dieser Bewertung nicht zustimmen können!
- Armut, die sich lohnt: Die Inszenierung des Sozialschmarotzers hat Methode. Durch Spaltung soll die Gesellschaft wieder auf Kurs gebracht werden
„… Ausgerechnet jetzt, wo sich eine längst überflüssige Debatte über Hartz IV formt, werden die Florida-Rolfs (Kampagne der Bild im Jahr 2003) wieder hervorgezerrt. Wenige Tage nach der zynischen Behauptung von CDU-Gesundheitsminister Jens Spahn, Hartz IV bedeute nicht Armut, weicht das Entsetzen darüber offenbar der medialen Empörung über sogenannte Sozialschmarotzer. (…) Sollen die Deutschen wieder auf Kurs gebracht werden, damit weiter am Hartz-IV-System festgehalten werden kann? Das hat ja schon einmal bestens funktioniert. (…) Für die Wirtschaft ist Armut (…) die wichtigste nachwachsende Ressource. Langzeitarbeitslose bilden nicht nur das Reserveheer, das zu miserabel bezahlter Arbeit gezwungen werden kann. Sie geben die Drohkulisse ab, vor der die Wirtschaftsmächtigen arbeitspolitische Entscheidungen erzwingen können, die ihren eigenen Reichtum mehren und die Mittelschicht aus Angst vor Abstieg bei der Stange halten. Die Verarmung der Arbeitslosen und ihre Diffamierung und Kriminalisierung sind politisch erwünscht. Sie halten die Löhne niedrig, die Deutschland einen Exportvorteil verschaffen. Trotz vollmundiger Versprechen, das System Hartz IV zu ändern, wird die Große Koalition an der Niedriglohnpolitik festhalten. Etwa, wenn Ralf Stegner ein „solidarisches Grundeinkommen“ gegen unbezahlte kommunale Arbeit vorschlägt. Oder Angela Merkel Unternehmen einen Lohnkostenzuschuss für 150.000 Langzeitarbeitslose anbietet. Dabei werden die Ausbeuter ohnehin bereits staatlich subventioniert: Eine Million sogenannte Aufstocker müssen Hartz IV beziehen, weil die Löhne nicht zum Leben reichen. Das lässt sich die Regierung jedes Jahr mehr als zehn Milliarden Euro kosten.“ Beitrag von Kathrin Hartmann aus der Freitag Ausgabe 13/2018
- Alte Muster: Damit die „Hartz IV-Debatte“ nicht aus dem Ruder läuft, muss man „die“ einen gegen „die“ anderen in Stellung bringen. Und dann kann man im Windschatten etwas ganz anderes ansteuern
„… Selbst wenn irgendjemand in der SPD-Spitze was verändern wollte im Hartz IV-System – man muss mit Naivität geschlagen sein, wenn man nicht sieht, dass es dafür in der Großen Koalition keinen einzigen Ansatzpunkt geben wird. Jeder Vorstoß, der über das, was im Koalitionsvertrag steht, hinausgeht (und da steht neben dem neuen Regelinstrument für eine überschaubare Zahl an öffentlich geförderter Beschäftigung eben nichts drin), wird an der CDU/CSU abprallen. Insofern ist es ja auch durchaus rational, wenn die SPD-Strategen jetzt versuchen, die ausgebrochene Debatte wieder einzufangen, die Luft rauszulassen und zu hoffen, dass das bald aus dem öffentlichen Raum verschwindet. Vor diesem spezifischen Hintergrund ist es dann aber von besonderer Gefahr, dass sich zwischenzeitlich wie dargestellt eine ganz eigene Diskussionslinie aufgetan hat, die das Thema zu einem „Ausländer“-Thema verzerrt. Mit allen Folgen, die das haben kann. Und der Vollständigkeit halber sei hier abschließend auf eine zweite Diskussionslinie verwiesen, die im Windschatten der großen Begriffsschlachtschiffe segelt, die aber überaus problematisch werden kann, denn sie scheint einen Lösungsansatz zu präsentieren, der auch von anderen Debatten-Teilnehmern vorgetragen wird: gemeint ist hier der Übergangsbereich zwischen dem, was man im Grundsicherungssystem an Leistungen bekommen kann und dem, was sich aus einer Erwerbstätigkeit vor allem im Niedriglohnbereich (in dem übrigens jeder vierte abhängig Beschäftigte in unserem Land arbeiten muss) erwirtschaften lässt. (…) Wenn das aber die Stoßrichtung ist, dann wird verständlich, warum es in diesem Lösungsansatz a) keine höheren Leistungen im Hartz IV-System geben darf (dadurch steigt natürlich die Zahl der Aufstocker enorm an), besser wäre sogar eine Absenkung der heutigen Leistungen verbunden mit dem Legitimationsversuch, man können sich ja was dazu verdienen, b) auf keinen Fall die Sanktionen für nicht-konformes Verhalten abgeschafft werden dürfen, damit man ein entsprechendes Druckmittel hat, die Leute in die subventionierte Niedriglohnwelt zu drücken und c) warum es auf gar keinen Fall eine Erhöhung des gesetzlichen Mindestlohns oder gar die Wieder-Ausweitung von Tariflöhnen in die unteren Etagen des Arbeitsmarktes geben darf, denn das eigentliche Ziel ist es ja, die Unternehmen massiv auf der Lohnkostenseite zu entlasten. Man sieht, möglicherweise landen wir (wieder einmal) bei etwas ganz anderem, als das, was am Beginn der aktuellen Hartz IV-Debatte von dem einen oder anderen so geplant oder erhofft war.“ Beitrag von Stefan Sell vom 17. April 2018 bei Aktuelle Sozialpolitik
- Solidarisches Grundeinkommen: Warum die aktuelle Hartz IV-Debatte abgehoben und letztendlich auch verlogen ist
„Mit seinem Vorschlag für die Einführung eines „solidarischen Grundeinkommens“ hat Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller vor allem in der SPD die Debatte um Hartz IV neu entfacht. Deswegen aber nun eine Abschaffung des bei vielen Menschen verhassten Systems in Aussicht zu stellen, ist mindestens naiv, wenn nicht sogar versuchte Rosstäuscherei. (…) allein schon die Inaussichtstellung einer „Abschaffung“ des bei vielen Menschen mit Skepsis bis hasserfüllter Ablehnung verbundenen Hartz IV-Systems ist bei nüchterner Betrachtung gelinde gesagt naiv – und bösartig formuliert ein mieser Versuch, den Menschen eine Karotte für die Augen zu halten, die sie auf absehbare Zeit niemals werden erreichen können. Diese Bewertung mag etwas hart klingen, ist aber meiner Meinung nach gerechtfertigt, wenn man die derzeit realistisch erscheinenden (Nicht-)Veränderungsoptionen analysiert, die sich aus dem Vorschlag zum solidarischen Grundeinkommen ergeben würden. (…) Es geht also um ein Beschäftigungsprogramm für eine begrenzte Zahl an Betroffenen unter den Hartz IV-Empfängern, über das man sicher streiten kann (was auch zwischenzeitlich vielfach gemacht wurde). Aber aus der Gesamtperspektive von Hartz IV wäre das nur ein weiterer Baustein in der langen und wechselvollen Geschichte der öffentlich geförderten Beschäftigung. Dafür nun die Begrifflichkeit „solidarisches Grundeinkommen“ zu verwenden, ist offensichtlich politisch motiviert und eine veritable Rosstäuscherei für die Hartz IV-Empfänger – vor allem, wenn das dann auch noch als Möglichkeit verkauft wird, Hartz IV insgesamt „abzuschaffen“ oder „zu überwinden“ (…) das hier diskutierte Modell von Müller ist ja nun gerade nicht bedingungslos, denn es ist explizit und unauflösbar an die Aufnahme einer bestimmten Erwerbsarbeit gebunden. Wobei die Instrumentalisierung der Begrifflichkeit durch einige Sozialdemokraten – das muss man fairerweise anmerken – nicht auf Michael Müller selbst zurückgeht, der sich in seinem Artikel aus dem letzten Jahr ausdrücklich von einem bedingungslosen Grundeinkommen distanziert hatte…“ Kommentar von Stefan Sell vom 11.4.2018 bei Makronom
- Hartzilein, du musst nicht traurig sein. Kritische Astrologie – Der Kampfbegriff und seine Macht über unser Leben.
„… Da seit den Nullerjahren nur noch die Leute in der SPD Mitglied sind, die rücksichtslos Hartz IV durchgesetzt haben, soll an seinen Grundfesten selbstverständlich nicht gerüttelt werden. Das »solidarische Grundeinkommen«, das Müller ins Spiel brachte, klingt zwar nach Umverteilung, ist aber lediglich der langgehegte Traum der SPD von einem »sozialen Arbeitsmarkt«, in welchem eine sozialindustrielle Reservearmee von Langzeitarbeitslosen die ohnehin schon üppigen Löhne in der Pflege- und Suppenküchenbranche drücken hilft. Die »freiwilligen Feuerwehren«, so ergänzte der Minister nun bei »Anne Will«, könne man etwa ruhig mit Langzeitarbeitslosen auffüllen. Wenn einer schon für die Gesellschaft wertlos ist, kann man ihn anscheinend auch ohne weiteres in den Flammentod schicken. Mit solchen und ähnlichen Plänen, so Heil, werde man schon »in fünf Jahren« nicht mehr von Hartz IV sprechen, diesem »Kampfbegriff«. Hier offenbart sich ganz der Konfuzianer Heil: Erst Hartz IV als Kampfmittel im Klassenkampf nach unten einführen, dann die aufgeheizte Kampfstimmung beklagen, schließlich das Wort als »Kampfbegriff« verbieten und alle, die noch unter ihn fallen, zusammen mit den dazugehörigen Gesetzestexten ins Feuer schicken…“ Kolumne von Leo Fischer vom 10.04.2018 in der Jungle World
- Zur Diskussion um das „solidarische Grundeinkommen“
„Innerhalb der SPD findet nach den provozierenden Äußerungen von Gesundheitsminister Jens Spahn eine Scheindebatte über die Reform der Hartz IV-Gesetze statt. Eine Auseinandersetzung über die gesellschaftlichen Folgen und negativen Auswirkungen der Agenda 2010 wäre sehr zu begrüßen, aber die derzeit geführten Diskussionen zielen lediglich auf eine Umbenennung und keine positiven Veränderungen ab. (…) In der Öffentlichkeit diskutiert man derzeit über das „solidarische Grundeinkommen“, einem Vorschlag von Berlins Bürgermeister Michael Müller, die „gemeinnützige Arbeit“, ein Ansinnen des Arbeitsministers Hubertus Heil, indem Hartz IV-BezieherInnen neben den Jobcenterleistungen Tätigkeiten in 1-Euro-Jobs erbringen müssen und das Bremerhavener Modell der „0-Euro-Jobs“, was bedeutet, dass Leistungsempfänger ohne jegliche Entlohnung zur Arbeit gezwungen werden können. Alle von den SPD Politikern geäußerten Vorschläge sind nichts anderes als eine Fortsetzung des bisherigen Hartz IV-Systems: Aufrechterhaltung des Sanktionsregimes, Fortsetzung der Unterdeckung der Existenz durch zu geringe Regelleistungen und Unterkunftskosten und ein neues Programm für die Kommunen zur Schaffung von Billigstarbeitsplätzen für Tätigkeiten „die vorher für die Kommunen nicht finanzierbar waren“. Das Ganze soll dann nur nicht mehr „Hartz IV“ genannt werden…“ Erneute (s.u.) Bewertung von Harald Thomé vom 07.04.2018
- Die Verachtung hinter dem solidarischen Grundeinkommen
„… Auch wenn der „soziale Arbeitsmarkt“ bzw. das „solidarische Grundeinkommen“ als Alternative zu ALG II angepriesen wird, soll es sich zuallererst um ein Instrument handeln, was Langzeitarbeitslose wieder in eine Erwerbstätigkeit führt. Bereits seit Jahren werden die Langzeitarbeitslosen, deren Anzahl sich in den letzten Jahren nur marginal verändert, regelmäßig von der Politik als Thema erkannt. Meist geschieht dies entweder kurz vor oder nach den Wahlen, ggf. kommt es dann zu kurzen Ergebnissen, danach verliert sich das Thema wieder. Ob Arbeitsbeschaffungsmaßnahme, Arbeitsgelegenheit mit Mehraufwandsentschädigung, Ideen wie Peter Hartz‘ Minipreneure – die Überlegungen sind ebenso zahlreich wie bisher wirkungslos. Auch die vielgerühmten Weiterbildungsmaßnahmen entpuppen sich weiterhin als sinnfrei. Statt dass zielgerichtet „gefördert“ wird, werden Maßnahmen überbucht, ALG-II-Empfänger ohne weitere Überlegung in diese Maßnahmen geschickt. (…) Nun stellt sich die Frage, inwiefern einem Drogensüchtigen dadurch geholfen werden soll, dass er in eine Erwerbstätigkeit gepresst wird. Hier zeigt sich schon gegenüber dem Erkrankten eine Verachtung, wenn er statt Hilfe zur Überwindung der Suchtkrankheit und deren Ursachen zu erhalten, mit einem „strukturierten Tagesablauf“ zum Mindestlohn abgespeist wird. Doch nicht nur denjenigen, die unter den Vermittlungshemmnissen leiden, ist die Idee des „sozialen Arbeitsmarktes“ gegenüber asozial. Sie zeigt sich insbesondere auch asozial gegenüber jenen, die von diesem Arbeitsmarkt profitieren sollen. (…) Wer diese Ideen dann noch mit den Attributen „Sozialer Arbeitsmarkt“ oder „solidarisches Grundeinkommen“ verknüpft, der hat entweder die Bedeutung der Begriffe sozial und solidarisch nicht verstanden oder will sie absichtlich (weiter) pervertieren – ganz im Sinne des Dogmas „sozial ist, was Arbeit schafft“. Egal wie.“ Kommentar Alexander und Bettina Hammer vom 07. April 2018 bei telepolis
- Deine Arbeit ist doch nichts wert – Hausmeisterschnitte und Babysitten. Die Verachtung hinter dem solidarischen Grundeinkommen
„… Schon gegenüber den erst auf „nur wer arbeitet, soll auch essen“ geprägten (Langzeit)arbeitslosen zeugt die Idee des „solidarischen Grundeinkommens“ von Verachtung, doch diese ist nicht nur auf dieses Klientel beschränkt. Vielmehr wird auch der Wert der Erwerbstätigkeit an sich weiter nach Unten verschoben. Der von Gerhard Schröder bereits vielgepriesene Niedriglohnsektor wird so dem Götzen der Wettbewerbsfähigkeit weiterhin als Opfergabe dargeboten. Wer nun als Erwerbstätiger mit einem noch auskömmlichen Einkommen in den Chor des „nur wer arbeitet …“ einstimmt, der muss sich den Vorwurf der Kurzsichtigkeit oder der Verblendung gefallen lassen. Sicher gelingt es einigen noch weiterhin, sich einzureden, dass ihre Arbeitsplätze ja nie in Gefahr sein werden. Doch es stellt sich die Frage, wer durch das weitere Ersetzen von auskömmlich bezahlten Arbeitsplätzen durch solche, die von dem Heer der zur Aufnahme gezwungenen Arbeits“losen“ besetzt werden, langfristig profitieren wird. Sich damit zu rühmen, wie es einst Gerhard Schröder tat, dass ein Niedriglohnsektor entstanden ist, ist nur dann wirklich nachvollziehbar, wenn die Absenkung der Lohnnebenkosten für die Arbeit“geber“ als ruhmreiche Tat zur Erhaltung der Wettbewerbsfähigkeit gefeiert wird. (…) Diejenigen, die im ALG-II-Bezug stehen, werden zur steten Konkurrenz und zum Schreckensbild für jene, die noch einer auskömmlichen Erwerbstätigkeit nachgehen und stets fürchten, sollten sie bestimmte Ansprüche anmelden oder gar als Querulant gelten, sich denjenigen anschließen zu müssen, auf die sie nun teilweise noch herabsehen. ALG II wirkt insofern nicht nur auf die (Langzeit)arbeitslosen, sondern auch gleichzeitig auf alle anderen, es ist eine permanente Drohkulisse…“ Beitrag von Alexander und Bettina Hammer vom 6. April 2018 bei Telepolis
- dm-Gründer Götz Werner: „Wir müssen Armut endlich abschaffen“
„dm-Gründer Götz Werner befürwortet ein bedingungsloses Grundeinkommen. Den Vorschlag Michael Müllers zum solidarischen Grundeinkommen nennt er eine „mephistophelische Blendgranate (…) Dass wir als Gesellschaft so produktiv sind, wie niemals zuvor in unserer Geschichte. Wir können immer mehr Menschen mit Gütern und Dienstleistungen vorsorgen, gleichzeitig müssen wir dafür viel weniger Arbeitskraft aufwenden. Wir leben also im Grunde im Schlaraffenland und trotzdem leisten wir uns noch Armut. Wir lassen es zu, dass rund 20 Prozent – also jeder fünfte – von Armut oder sozialer Ausgrenzung betroffen sind. Immer noch müssen Menschen betteln oder sind wohnungslos. Das ist ein Skandal! Wenn wir nicht jetzt damit anfangen, Armut endlich wirksam abzuschaffen, wann denn bitte dann? (…) Zunächst müssen die Politiker führender demokratischer Parteien anerkennen, dass wir alle längst eine Gesellschaft geschaffen haben, in der es ohne bedingungsloses Grundeinkommen nicht mehr geht. Dann müssten wir in einem demokratischen Prozess festlegen, welche Höhe angemessen ist, um bescheiden, aber menschenwürdig zu leben. Das Grundeinkommen muss also spürbar über der Armutsgrenze liegen. Dann schauen wir uns die Finanzierungsmöglichkeiten an: Ich plädiere für eine Reform hin zu einer reinen Konsumbesteuerung. Mit der Kosumbesteuerung lassen wir das Kapital in Ruhe arbeiten, frei von Zugriffen, bevor die Wertschöpfung in konsumfähige Leistung für die Menschen zum Ende gekommen ist.“ Carsten Werner im Gespräch mit Götz Werner vom 6. April 2018 beim Tagesspiegel online – Anm.: Das Kapital „in Ruhe arbeiten“ lassen? Genau hier liegt vielleicht das Problem, warum sich ein ausreichend hohes BGE nicht realisieren lässt: Es stört das kapitalistische Warenprinzip der Arbeit.
- Die Kur für das selbstverursachte Problem. Die Medien schreiben über ein etwaiges Aus für HartzIV und über ein solidarisches Grundeinkommen – dahinter steckt blanke Verachtung, Teil 1
„… Dabei ist die Debatte um das „Solidarische Grundeinkommen“ eine Debatte, die bereits seit Jahren geführt wird – nur wurden verschiedenste Begriffe für das genutzt, was z.B. der Bundesarbeitsminister Hubertus Heil nun als „Alternative zu ALG II/HartzIV“ anpreist. Hinzu kommt, dass es hier nicht einmal darum geht, allen ALG-II-Empfängern zu helfen, sondern nur darum, dass einmal öfter der Langzeitarbeitslose als Mittel zur Imagekorrektur entdeckt wurde. (…) Seit der Zeit der Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen hat sich in Bezug auf die „Integration von Langzeitarbeitslosen“ wenig geändert. Stets wird auch noch die stupideste Arbeit damit verbrämt, dass sich Menschen ohne Erwerbstätigkeit nutz- und wertlos fühlen würden. Perfide wird diese Argumentation dadurch, dass die Politik, die ihre ABMen anpreist, sich Mühe gibt, dieses Gefühl zuerst zu wecken und zu verstärken. (…) Die Parole, dass nur derjenige, der arbeitet, auch essen soll, wird mantrahaft wiederholt, bis der ALG-II-Empfänger selbst daran glaubt, wertlos zu sein. Ist er dann an diesem Punkt angelangt, wird für das vorher gegebenenfalls gar nicht vorhandene Problem die Lösung dargeboten: Arbeit, zu welchem Lohn auch immer, welcher Art auch immer und zu welchen Bedingungen auch immer. (…) Das Dogma, dass nur die Erwerbsarbeit zu einem finanziellen Auskommen führen darf, hat sich derzeit so stark festgesetzt, dass bereits die offene Überlegung Sabina Jeschkes (als Expertin für Künstliche Intelligenz derzeit in den Medien) in Bezug auf eine Umkehr von diesem Gedanken als logische Folge von Automation und Robotik, als gefährlich angesehen wird…“ Beitrag von Alexander und Bettina Hammer vom 04. April 2018 bei telepolis
- Hartz IV: Vorsicht bei der Reform-Reform
„Die Hartz-Reformen waren spektakulär erfolgreich, gesellschaftliche Akzeptanz fanden sie nie. Aktuell werden Alternativen diskutiert, ein staatlicher „sozialer Arbeitsmarkt“ etwa. Ein Irrweg.
Es ist wirklich seltsam, dass gerade jetzt über ein „solidarisches Grundeinkommen“ diskutiert wird. Zugegeben, der Begriff klingt gut. Ein bisschen nach „bedingungslosem Grundeinkommen“, also nach einer Basissicherung für alle. In Wirklichkeit geht es um etwas anderes: Ein Parallelsystem soll etabliert werden, in dem der Staat selbst Leute mit sehr geringen Vermittlungschancen auf einem „sozialen Arbeitsmarkt“ beschäftigt. Alles schon mal da gewesen: Das frühere Label „Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen“ (ABM) war sperriger, es verfolgte aber einen ähnlichen Ansatz. (…) Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen waren das wohl schädlichste aller Ost-Programme. Nur selten fanden ABM-Beschäftigten wieder normale Jobs; auf dem normalen Arbeitsmarkt galten sie als stigmatisiert. Wenn es schlecht lief, verrichteten sie sinnlose Tätigkeiten, die kaum jemand brauchte, zum Beispiel indem sie sich an Dorfverschönerungsaktionen beteiligten, die keine eigentliche Wirtschaftstätigkeit darstellten, sondern eigentlich Sache von Ehrenamtlichen hätten sein sollen. Wenn es gut lief, erledigten sie Arbeiten, die eigentlich reguläre Unternehmen hätten ausführen sollen, Bauarbeiten etwa oder Grünflächenpflege. Zudem schuf ABM kaum kontrollierbare kommunale Nebenhaushalte, die viel Raum für finanzielle Mauscheleien boten…“ Eine Kolumne von Henrik Müller vom 1.4.2018 beim Spiegel online
- Etikettenschwindel: Das jetzt in der SPD diskutierte solidarische Grundeinkommen ist die alte Aufstockerei mit Schikane
„… Es ist überhaupt kein Grundeinkommen gemeint, jedenfalls nicht im Sinne der genannten Modelle. Heil und Müller verwenden diesen positiv assoziierten Begriff, um etwas völlig anderes zu verkaufen: Arbeitslose sollen einer »gemeinnützigen Arbeit« nachgehen und dafür höhere Leistungen als beim Arbeitslosengeld II erhalten. Es ist also die alte Aufstockerei, die staatliche Subventionierung unterbezahlter Lohnverhältnisse – allerdings in einem geplanten »sozialen« Arbeitsmarkt, der noch stärker den Kontrollen und Schikanen der Vermittlungsinstanzen unterworfen sein wird. Das heißt, der Staat zahlt jetzt nicht nur die Löhne – deren seit Jahrzehnten andauernde Stagnation ist selbstverständlich kein in der SPD behandlungsbedürftiges Problem -, sondern liefert gleich die Arbeit dazu. Da wird dann gesprochen von Müllsammeln im Park, von einfachen Pflegedienstleistungen und anderen Tätigkeiten am unteren Qualifizierungsrand. Und natürlich nicht deshalb, weil diese Arbeit sonst nicht gemacht würde; sondern weil man die dort fälligen Lohnerhöhungen abwenden möchte. Wo man jederzeit Zehntausende Langzeitarbeitslose hinschaffen kann, kann man die Löhne ruhig weiter verschimmeln lassen…“ Kommentar von Leo Fischer bei neues Deutschland vom 31. März 2018
- Solidarisches Grundeinkommen! Berliner Bürgermeister Müller auf Diebestour?
„Der regierende Bürgermeister von Berlin Michael Müller (SPD) ist sehr besorgt. Seine Stadt Berlin hat noch über Jahre hinaus die ‚Rettung‘ der Berliner Banken abzubezahlen, die Milliarden an Kosten aus Steuergeldern verursachen. Zu diesen finanziellen Verpflichtungen hinzu kommt noch die sehr teure Bauruine des geplanten Flughafens, der ebenfalls ein ‚Fass ohne Boden‘ ist. Da ist es nicht verwunderlich, dass er nach ‚Goldgruben‘ zur Sanierung des Haushaltes von Berlin suchen lässt. Eine solche wurde endlich gefunden! Das „Solidarische Grundeinkommen“ wäre die ‚Goldgrube‘ für die Berliner Senatspolitiker. Die Bundesregierung soll einige Milliarden locker machen, um damit Lohnarbeitsplätze für sogenannte Langzeitarbeitslose zu finanzieren. Die Langzeitarbeitslosen bekämen dann, statt Hilfe zum Lebensunterhalt und zu den Kosten der Unterkunft, die zum Teil von den Kommunen wie Berlin zu finanzieren sind, 1200 Euro aus den Bundesmitteln des Sozialministeriums. Berlin und andere Kommunen würden so nicht nur dieses Geld sparen, sondern könnten auch umsonst von der Arbeitskraft der Menschen profitieren, da diese die Stadtreinigung und andere Tätigkeiten übernehmen müssten, die ansonsten große Summen kosten. (…) Doch den Arbeitslosen bringt das ‚Solidarische Grundeinkommen‘ rein gar nichts, denn es ist nichts Anderes, als die Weiterentwicklung der sogenannten „1 Euro Jobs“…“ Beitrag von Siegfried Buttenmüller vom 29. März 2018 bei scharf links
- Hartz IV: Trickserei und Dummheit der SPD
„Der SPD geht es mit dem „solidarischen Grundeinkommen“ nicht um die Arbeitslosen. Der Vorschlag ist nicht mehr als soziale Schaumschlägerei. Die SPD hat Angst, auch in dieser großen Koalition wieder Wähler zu verlieren. Diese Angst ist berechtigt. Sie ist aber keine Entschuldigung für das wüste Gemisch von Dummheit und Trickserei, mit dem sie uns derzeit zu unterhalten versucht. Trickserei ist es, von „solidarischem Grundeinkommen“ zu reden, wenn man damit meint, Langzeitarbeitslose sollten in staatlich finanzierte Arbeitsplätze überführt werden. Mit Grundeinkommen hat das nichts zu tun. Es handelt sich um eine Arbeitsbeschaffungsmaßnahme. Das wären 1,7 Millionen Dauerjobs für arbeitslose Hartz-IV-Empfänger. Parole: Arbeitslose in den Staatsdienst. (…) Es geht bei dieser Diskussion überhaupt nicht um die Arbeitslosen. Weder um die in der Statistik noch um die realen. Es geht bei diesen Vorstößen um die SPD. „Hartz IV“ soll abgeschafft werden. Nicht weil es ungerecht, unzumutbar, ineffizient ist. Hartz IV soll abgeschafft werden, weil, wann immer das Wort erwähnt wird, die soziale Kompetenz der Sozialdemokratie infrage gestellt wird…“ Leitartikel von Arno Widmann vom 29. März 2018 bei der Frankfurter Rundschau online
- Doppelter Etikettenschwindel – das solidarische Grundeinkommen der SPD ist weder ein Grundeinkommen, noch beendet es Hartz IV
„Kritische große Worte sind es, die da in den letzten Tagen von hohen SPD-Funktionären zu hören waren. „Schluss mit Hartz IV“, so tönte Berlins OB Michael Müller und Parteigranden wie Malu Dreyer und Ralf Stegner stimmten ein. Ein „solidarisches Grundeinkommen“ solle künftig „eine Alternative zu Hartz IV“ bilden. Selbst Bundesarbeitsminister Hubertus Heil zeigte sich offen für den Vorschlag. Schluss mit Hartz IV? Grundeinkommen? Will die SPD jetzt etwa den Teufel mit dem Beelzebub austreiben? Nein. Was hier betrieben wird, ist vielmehr ein doppelter Etikettenschwindel. Und das ist jammerschade, denn die Idee hinter dem „solidarischen Grundeinkommen“ ist zumindest ein interessanter Ansatz für weitergehende Diskussionen und sollte nicht durch komplett unrealistische Erwartungen und parteipolitische Instrumentalisierung beschädigt werden. (…) Was stellen Sie sich unter einem „Grundeinkommen“ vor? Die Allermeisten denken bei „Grundeinkommen“ spontan an das Modell eines „bedingungslosen Grundeinkommens“, das seit langer Zeit durchs politische Feuilleton schwebt und von den NachDenkSeiten immer wieder scharf kritisiert wurde. Dieses bedingungslose Grundeinkommen muss definitionsgemäß bedingungslos sein, also ausschließlich jedem Bürger ausgezahlt werden – unabhängig davon, ob er erwerbstätig ist oder nicht, ob er keinen Cent oder eine Million Euro verdient. Ferner muss das Grundeinkommen in der Höhe ausreichen, um ein menschenwürdiges Leben zu führen, um zumindest theoretisch nicht mehr auf zusätzliche Einnahmen angewiesen zu sein. Mit all dem hat das „solidarische Grundeinkommen“ von Michael Müller allerdings überhaupt nichts zu tun. Und was stellen Sie sich unter einem „Schluss mit Hartz IV“ vor? Hier denken sicher die Allermeisten vor allem an ein Ende der Sanktionen und den damit verbundenen Zwang, auch schlechte und schlecht bezahlte Arbeitsangebote anzunehmen. Auch der bürokratische Aufwand mit Wortmonstern á la „Schonvermögen“ und „Bedarfsgemeinschaft“ sollte bei einem Ende von Hartz IV wohl der Geschichte angehören. Auch dies ist beim „solidarischen Grundeinkommen“ nicht vorgesehen. In den wenigen vorhandenen Umrissen eines solchen Modells ist vielmehr überhaupt nicht zu erkennen, wie es überhaupt Hartz IV „ablösen“ sollte, da es eine vollkommen andere Aufgabenstellung hat…“ Beitrag von Jens Berger vom 29. März 2018 bei den NachDenkSeiten
- Zur Diskussion um das „solidarische Grundeinkommen“
„Diese Diskussion ist eine Farce, sie zielt im Wesentlichen auf eine Umfirmierung der Hartz-Gesetze, auf „solidarisches Grundeinkommen“ ab, um damit endlich für die SPD den Hartz IV- Makel zu beseitigen. Daher jetzt die Nebelkerzen wie „Es macht keinen Sinn, weiter auf Hartz-IV-Reformen zu setzen“. Alle von den SPD Politikern kommenden Vorschläge sind nichts anderes als Weiterführung der bisherigen SGB II-Systems: Aufrechterhaltung des Sanktionsregimes, Fortsetzung der Unterdeckung der Existenz und stattdessen noch ein Programm für die Kommunen auf Billigstarbeitsplätze für Tätigkeiten „die vorher für die Kommunen nicht finanzierbar waren“. Das Ganze soll dann nur als „kein Hartz IV“ mehr gelten.
Im Detail:
Zunächst ist dieses „solidarische Grundeinkommen“ immer an die Annahme einer Beschäftigung gebunden. (Prinzip: Entweder oder. „Dieses Einkommen müsste versteuert werden, sei außerdem mit Arbeit verbunden „in Bereichen, die unserer Gemeinschaft zugutekommen“.“) Laut den Aussagen von Herrn Müller sollen die anderen Personen, die einer solchen Tätigkeit nicht nachgehen wollen, im Hartz IV System bleiben. Von einer Abschaffung von Hartz IV, existenzsichernden Regelbedarfen oder Altersrentnern und einer Befreiung von Sanktionen kann also für diese keine Rede sein.
Dann, der vorgesehene Bruttolohn von 1.500 Euro ist zudem alles andere als eine gute Bezahlung. Mit 1.500 EUR bleibt sogar noch ein aufstockender Hartz IV-Anspruch: Brutto-EK bei einer alleinstehenden Person, abzüglich Sozialversicherungsbeiträgen mit Alv-Versicherung = 1.106,02 € netto.
Dahingegen der Bedarf einer Person in Berlin, da kommt ja Herr Müller her: 416,- EUR Regelbedarf + 404,- EUR Bruttokaltmiete + Grenzwert Heizkosten Gas 78,50 € = 898,50 EUR.
Nettoeinkommen 1106,02 EUR abzüglich Grundfreibetrag von 100 EUR, abzüglich 200 EUR Erwerbstätigenfreibetrag ergibt = 806,02 EUR anrechenbares Einkommen. Das bedeutet: der Müllerische Bezieher von „(un)solidarischem Grundeinkommen“ hätte noch einen Aufstockungsanspruch von 92,48 EUR.
Das bedeutet: ein Mensch mit diesem Bruttoeinkommen von 1.500 Euro verbleibt im aufstockenden SGB II – Leistungsbezug.
Gleichzeitig schlägt Arbeitsminister Hubertus Heil noch nicht einmal eine versicherungspflichtige Beschäftigung, sondern nur „gemeinnützige Arbeit“ mit Mehraufwandsentschädigung = 1-EURO-Jobs zu Hartz IV vor. Im Grunde nach zwei gleiche Modelle: Aufrechterhaltung des Sanktionsregimes, keine Nachhaltige Arbeitsmarktintegration, kein menschenwürdiges Dasein wegen Fortsetzung der Unterdeckung in den Regelleistungen.
Notwendige Reformen wären:
die zu geringen Regelleistungen im SGB II/SGB XII und AsylbLG deutlich anzuheben, und damit die Kinder- und Altersarmut effektiv „zu bekämpfen“ und damit die Lebensbedingungen von derzeit rd. 7 Mio. Menschen, die von diesen Leistungen kurzfristig und dauerhaft leben müssen unmittelbar zu ändern (und damit rassistischen Parteien den Boden für ihre Hetze zu entziehen). Dann geeignete Arbeitsmarktintegration anbieten, Fortbildung, Qualifizierung, Umschulungen und einen sozialversicherungspflichtigen zweiten Arbeitsmarkt.
Stattdessen wird wieder der gleiche Mist, wie bei Einführung von Hartz IV gemacht: SGB II-Berechtigte dauerhaft durch 1-Euro – Jobs/Müllerische Aufstockungsjobs zu beschäftigen und damit den Betroffenen eben keine soziale und gesellschaftliche Sicherheit zu geben, sondern sie zu ewiger prekärster Arbeit zu verdammen und noch systematisch reguläre Stellen damit zu vernichten.“ Aus dem Thomé Newsletter 12/2018 vom 25.03.2018