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Carrefour nutzt in Saudi-Arabien offenbar gleiche „Arbeitsvermittlungsagentur“ wie Amazon, um Arbeitsmigranten auszubeuten und zu betrügen

"Everything you need to know about the Kafala System, and why it’s a form of modern day slavery" bei Yalla! Let's Talk.Laut Amnesty International wurden Arbeitsmigranten, die in Saudi-Arabien an den Franchise-Standorten des französischen Handelsriesen Carrefour beschäftigt waren, von Personalvermittlungsagenturen getäuscht und zu Überstunden gezwungen wurden, ohne dafür entschädigt zu werden. Zudem wurden ihnen freie Tage verweigert und sie erhielten nicht den vereinbarten Lohn. In dem neuen Bericht: «I fear going to work »: Labour exploitation at Carrefour sites in Saudi Arabia» externer Link dokumentiert Amnesty International auch, wie Arbeitsmigranten in erbärmlichen Unterkünften untergebracht waren. Sie lebten mit der stetigen Angst, entlassen zu werden, wenn sie sich beschwerten oder sich weigerten, zusätzliche Überstunden zu leisten…“ Medienmitteilung vom 21. Oktober 2024 bei Amnesty Schweiz externer Link („Saudi-Arabien: Von Carrefour beschäftigte Arbeitsmigranten ausgebeutet und betrogen“) – siehe mehr daraus/dazu:

  • Weiter in der Medienmitteilung vom 21. Oktober 2024 bei Amnesty Schweiz externer Link: „… «Carrefour ist nach den internationalen Menschenrechtsnormen verpflichtet, dafür zu sorgen, dass es in seinen Betrieben, einschliesslich der Franchiseunternehmen, nicht zu Menschenrechtsverletzungen kommt. Jetzt sollten Carrefour und Majid Al Futtaim handeln, um die Missstände zu beheben – dazu gehört auch die dringende Entschädigung der Betroffenen. Ausserdem müssen sie sicherstellen, dass den Beschäftigten in ihren Betrieben nie wieder Schaden zugefügt wird.»
    Amnesty International veröffentlicht den Bericht zwei Wochen, bevor der Verwaltungsrat der Internationalen Arbeitsorganisation eine bahnbrechende Beschwerde externer Link gegen die saudi-arabische Regierung prüfen wird, in der es um Lohndiebstahl, Zwangsarbeit und das Verbot von Gewerkschaften geht. Die Beschwerde wurde von der globalen Gewerkschaft Building and Wood Workers‘ International (BHI) im Juni 2024 eingereicht, unterstützt von Amnesty International und anderen Organisationen.
    Betrogen, überarbeitet und unterbezahlt
    Die jüngsten Recherchen von Amnesty International folgen auf einen 2023 von der Organisation veröffentlichten Bericht externer Link, der Menschenrechtsverletzungen in Amazon-Niederlassungen in Saudi-Arabien aufdeckte, an denen ebenfalls eine der jetzt untersuchten Arbeitsvermittlungsagenturen beteiligt war. Die neueste Untersuchung basiert auf Interviews und Informationen von 17 Männern aus Nepal, Indien und Pakistan. Sie alle arbeiteten zwischen 2021 und 2024 in verschiedenen Carrefour-Filialen in Riad, Dammam und Dschidda. Angestellt waren sie jedoch fast alle bei Arbeitsvermittlungsagenturen, die Arbeitskräfte an Majid Al Futtaim vermitteln.
    Um sich einen Arbeitsplatz zu sichern, zahlten die Arbeitsmigranten an Personalvermittler*innen in ihren Heimatländern eine durchschnittliche Gebühr von 1200 Dollar. Sie nahmen dafür oft hochverzinste Schulden auf, obwohl solche Gebühren nach saudischem Recht verboten sind und auch die Standards von Majid Al Futtaim selbst dies verbieten. Fast alle Befragten wurden von den Vermittler*innen über die Art und die vermeintlichen Vorteile der Arbeitsplätze in Saudi-Arabien belogen oder getäuscht.  (…)
    In Saudi-Arabien mussten die Männer harte Arbeit leisten und erhielten wiederholt nicht den vollständigen Lohn. Sie berichteten, dass sie regelmässig mehr als 20 Kilometer pro Tag zurücklegen und 60-Stunden-Wochen arbeiten mussten, manchmal bis zu 16 Stunden pro Tag. Dies galt vor allem in Zeiten, in denen das Geschäft boomte, wie z. B. während dem Ramadan. Die Betroffenen, die in Supermärkten, Lagerhäusern oder Distributionszentren für den Onlinehandel tätig waren, gaben an, dass ihnen vom Management immer wieder die freien Ruhetage gestrichen worden seien. Ein solches Vorgehen stellt sowohl eine Verletzung saudi-arabischer Gesetze als auch der Standards von Majid Al Futtaim dar. (…)
    Die von den Arbeitsvermittler*innen bereitgestellten Unterkünfte waren häufig schmutzig und überfüllt, was erneut den eigenen Anforderungen von Majid Al Futtaim widerspricht. Die Arbeiter gaben an, dass sie zu sechst oder zu acht in einem Raum schlafen mussten, den einer von ihnen als «Kuhstall» bezeichnete.
    Die Arbeitsmigranten sprachen von einer Kultur der Angst. Arbeitnehmer, die ihre Beschwerden direkt bei den Managern der Carrefour-Niederlassungen vorbrachten, sagten, dass sie ignoriert wurden oder man ihnen sagte, sie sollten sich stattdessen mit den Arbeitsvermittlungsunternehmen auseinandersetzen. Angestellte, die protestierten, sahen sich Vergeltungsmassnahmen seitens der Vermittlungsagenturen oder durch die Leitung der Carrefour-Niederlassungen ausgesetzt. Dadurch wurde weitere Kritik im Keim erstickt. Obwohl Majid Al Futtaim gegenüber Amnesty International erklärte, dass das Unternehmen Vergeltungsmassnahmen verbiete, gegen Angestellte die «berechtigte Anliegen» vortrügen, berichteten die befragten Arbeitnehmer*innen, dass ihnen mit Lohnausfall oder Entlassung gedroht wurde, wenn sie sich weigerten, Überstunden zu leisten.
    Mutmassliche Zwangsarbeit
    Die Erfahrungen der von Amnesty International befragten Arbeitsmigrant*innen zeigen, dass die beiden Schlüsselelemente von Zwangsarbeit – unfreiwillige Arbeit und Androhung von Strafen – in den Franchisebetrieben der Carrefour-Gruppe in Saudi-Arabien nachweisbar sind. (…)
    «Es ist allgemein bekannt, dass Arbeitsmigrant*innen in Saudi-Arabien trotz einiger Reformen weiterhin dem Kafala-Sponsorensystem des Landes unterworfen sind, keinen garantierten Mindestlohn erhalten und keine Gewerkschaften gründen dürfen. Es gibt keine Entschuldigung dafür, dass Carrefour seine Beschäftigten nicht vor Ausbeutung schützt, und keine Rechtfertigung dafür, ihnen die ihnen zustehende Entschädigung vorzuenthalten», sagt Marta Schaaf. «Die grosse Gefahr der Ausbeutung in Saudi-Arabien unterstreicht die Notwendigkeit einer grundlegenden Reform des Arbeitsrechtssystems des Landes. Der Verwaltungsrat der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) sollte dringend eine Untersuchung der Verletzungen von Arbeitnehmerrechten einleiten und sicherstellen, dass Saudi-Arabien seine Arbeitsgesetze und -praktiken vollständig mit den entsprechenden internationalen Normen in Einklang bringt.» Als Reaktion auf die Untersuchungsergebnisse von Amnesty International erklärten die Carrefour-Gruppe und Majid Al Futtaim, dass sie eine interne Untersuchung über die Behandlung von Arbeitsmigrant*innen in ihren saudi-arabischen Betrieben eingeleitet hätten. (…)
    Dokumentierte Ausbeutung lässt nichts Gutes für den Bau von Stadien für die WM 2034 hoffen
    Nach dem Bericht über Ausbeutung in Lagern von Amazon in Saudi-Arabien vom Oktober 2023 hat Amnesty International zum zweiten Mal innert eines Jahres Betrug, Täuschung und Menschenrechtsverletzungen bis hin zu Menschenrechtshandel von Arbeitsmigrant*innen in Saudi-Arabien dokumentiert. Die dokumentierten Verstösse sollten auch dem internationalen Fussballverband Fifa zu Denken geben, welcher an seinem Kongress im Dezember 2024 die Vergabe der Fussball-Weltmeisterschaft 2034 an Saudi-Arabien bekannt geben möchte…“

Grundinfos:

Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=223784
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