Warnstreik bei Amazon in Winsen (Luhe) am 17./18. Dezember 2023 gegen krankmachende Arbeitsdichte im Weihnachtsgeschäft

Arbeitsunrecht: Der Weihnachtsmann bestellt NICHT bei AmazonVereinte Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di) in Niedersachsen-Bremen ruft am Sonntag, den 17.12.23, und am Montag, den 18.12.23, die Amazon-Beschäftigten am Standort in Winsen (Luhe) durchgängig zum Streik auf. In Winsen beginnt die Aktion am Sonntag um 19:30 Uhr in der Nachtschicht und wird bis Montag, 23:15 Uhr fortgesetzt. Der Grund für die Aktion mitten im Weihnachtsgeschäft: Amazon weigert sich nach wie vor, die Tarifverträge des Einzel- und Versandhandels Niedersachsen anzuerkennen und einen Tarifvertrag „Gute und gesunde Arbeit“ zu verhandeln. „Die Amazon Kundschaft wird gerade zu Weihnachten dazu angeregt, immer mehr zu bestellen und zu konsumieren“, sagt Nonni Morisse, Gewerkschaftssekretär für Amazon im Landesbezirk Niedersachsen-Bremen. „Die Gesundheit der Beschäftigten leidet aber gerade massiv unter der daraus folgenden Leistungs- und Arbeitsdichte“, sagt Morisse weiter. Die Folge: Bei Amazon in Winsen häufen sich die Berichte von immer mehr Kündigungen wegen Krankheitstagen…“ Pressemitteilung vom 15.12.2023 des ver.di-Landesbezirks Niedersachsen Bremen (per e-mail) und nun Berichte:

  • „Der Weihnachtsmann streikt nicht“ hat Amazon vorher im Betrieb verkündet – der Warnstreik bei Amazon in Winsen hat das Gegenteil bewiesen New
    • Auch in der Frühschicht beteiligten sich heute starke Kolleg:innen mitten im Weihnachtsgeschäft an dem #Streik bei #Amazon HAM2 in #Winsen. Sie sind nicht alleine: in #München wird ebenfalls bei Amazon gestreikt und mit @LAB_Amazon
       streikt in #Trapagaran eine delivery station
      “  Tweet von ver.di Amazon Niedersachsen-Bremen vom 18.12.23 externer Link mit Fotos
    • „#Streik bei #Amazon HAM2 in #Winsen! „Der Weihnachtsmann streikt nicht“ hat Amazon vorher im Betrieb verkündet. Die Nachtschicht hat das Gegenteil bewiesen. Viele LKW haben sich bis zum Ende vom Gewerbegebiet gestaut und konnten bis eben nicht abgefertigt werden…“ Tweet von ver.di Amazon Niedersachsen-Bremen vom 17.12.23 externer Link mit Fotos
    • Warnstreik: Amazon-Mitarbeiter in Winsen fordern Tarifvertrag
      Video der Sendung „Hallo Niedersachsen“ am 18.12.2023 externer Link
    • Solidarität gibt es u.a. von Amazon Streiksoli Hamburg und auf ihrem Twitter-Acc externer Link einige Videos des Streiks, siehe für diese aber v.a. den Account von hedi tounsi externer Link oder auch auf Instagram externer Link
    • Streik bei Amazon: Kommen die Geschenke trotzdem pünktlich?“ Deutschlandswichtigste Frage als Überschrift des Artikels von André Lenthe vom 18.12.2023 im Hamburger Abendblatt online externer Link – und darin: „… „Bei Amazon gibt es immer wieder Kollegen, die eine Abmahnung bekommen, weil die Manager glauben, sie würden zu lange auf dem Klo sitzen“, sagt ein Mitarbeiter, der am Streik beteiligt ist. Auch ein Blick aufs Handy während der Arbeitszeit führe sofort zu einer Abmahnung. Gerade in Winsen, so lauten die Berichte der Streikenden, gebe es immer wieder Kündigungen wegen zu vieler Krankheitstage. Dabei setze der Arbeitgeber trotz hoher Gewinne immer wieder auf alle verfügbaren Härten des Arbeitsrechts. „Gerade im Weihnachtsgeschäft werden viele befristete Arbeitskräfte eingesetzt, die auf Vertragsverlängerung hoffen und bangen, aber meist nach Weihnachten wieder vor die Tür gesetzt werden“, sagt Gewerkschaftssekreter Nonni Morisse. Daher sei man mit der Streikbeteiligung unter den festbeschäftigten Mitarbeitern sehr zufrieden. Die hohe Streikbereitschaft würde noch einmal den Druck auf das Unternehmen erhöhen, endlich faire Arbeitsbedingungen für die Beschäftigten zu schaffen…“
    • Betriebsgruppe verdi bei Amazon Winsen: kämpferisch und viele Mitglieder! Vorbild für ganz verdi?!
      Die Amazon-Streiks sind etwas Besonderes. Sie stimmen kaum mit dem gewohnten Bild von „deutschen“ Streiks überein. Der Hauptgrund ist, daß die Belegschaft und damit die Streikenden aus 90 Nationen stammen, die meisten aus arabischen und afrikanischen Ländern.
      Zur Schicht um 19 uhr 30 kamen die ersten Busse eine halbe Stunde früher mit ihrer „Fracht“, die sie am Bahnhof Winsen aufgenommen hatten. Die KollegInnen waren aus Richtung Hamburg und Lüneburg gekommen. Auf einem Platz vor dem Amazon-Eingang hatten verdi-Kollegen einen überdachten Stand aufgebaut. Dort konnten sich die Streikenden in die Listen für das Streikgeld eintragen. Als die Busse ankamen, bot sich ein spannendes Bild. Während Vorarbeiter versuchten, aus dem Bus Kommende zum Amazon-Eingang zu lenken, skandierten die Unterstützer und schon anwesende Streikende: Streiken! Streiken! Man kannte sich ja und auf den Eingang Zusteuernde wurde eingeredet und am Ärmel gezogen: Komm streiken! Manchmal mit Erfolg. Etliche gesellten sich zu den Streikenden und wurden verdi-Mitglied. Dann wartete man auf den nächsten Bus. Bei lauter Musik und in ausgelassener Stimmung, trotz Kälte und Wind, wurde getanzt und gesungen.
      Nachdem der letzte Bus gekommen war gingen die Streikenden, es waren etwa 120, zur Einfahrt, an dem die LKW ankamen. Die ankommenden LKW-Fahrer hielten an und es bildete sich in den nächsten Stunden ein langer Stau, denn die LKW kamen in dichter Reihenfolge. Erstaunlicherweise kam keine Polizei! (Wurde sie nicht gerufen? Mußten alle Lüneburger Polizisten den Weihnachtsmarkt beschützen? Solidarisierten sie sich etwa durch ihr Nichtkommen mit den Streikenden?)
      Nach einiger Zeit entschlossen sich die Streikenden, den Warenfluß zu den Weihnachtskunden nicht mehr zu unterbrechen und machten sich durchgekühlt aber frohen Mutes auf den Heimweg. Und es stand ja auch noch der Streik bei den nächsten beiden Schichten an!
      Wieweit die Streiks bei Amazon in Winsen und anderswo materiell Jeff Bezos treffen, sei dahin gestellt. Auf jeden Fall sind sie Aktionen der Aufklärung über die Arbeitsverhältnisse! Für die Belegschaften sind sie ein Zeichen: Wir können uns wehren. Und unsere Forderungen werden bekannt.
      In der Mitgliederzeitschrift Publik von verdi wird jedesmal die Zahl von Eintritten in Bezirken angegeben – obwohl die Gesamtmitgliedschaft schrumpft, seit vielen Jahren! Um dem abzuhelfen, sollten sich verdi-Gremien vielleicht ein Beispiel an Amazon Winsen nehmen! Vor vier Jahren waren es dort nur 30 Mitglieder, jetzt sind es 500 und es werden immer mehr! Wodurch? Weil Hauptamtliche/AktivistInnen und UnterstützerInnen eine lebendige und kämpferische Gewerkschaftspraxis betreiben!
      …“ Beitrag von Dieter Wegner vom 19.12.2023 bei Jour Fixe der Gewerkschaftslinke Hamburg externer Link

Siehe zum Thema auch unser Dossier: [Nur in USA?] Amazons LagerarbeiterInnen wesentlich häufiger und schwerer verletzt

Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=217103
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