AOK-Bericht: Kränkungen machen krank. Beschäftigte mit als fair eingeschätzten Führungskräften haben weniger Fehltage

Chef„… Diesen Zusammenhang zwischen erlebter Gerechtigkeit und Wohlbefinden am Arbeitsplatz untersuchte der »Fehlzeitenreport 2020«. (…) Diejenigen, die ihren Vorgesetzten die besten Noten für Fairness geben, kommen durchschnittlich auf nur 12,7 Arbeitsunfähigkeitstage pro Jahr. Dagegen weist die Gruppe der Berufstätigen, die ihren Chef als eher ungerecht wahrnehmen, im Durchschnitt 15 Fehltage auf. Fehlende Fairness von Führungskräften löst offenbar zunächst emotionale Irritationen aus: Von den Befragten berichteten 23 Prozent über Gefühle der Gereiztheit, rund ein Fünftel über Lustlosigkeit, eine ebenso große Gruppe über Erschöpfung und Schlafstörungen. Es folgen dann auch körperliche Beschwerden: Rücken- und Gelenkschmerzen traten bei einem Viertel der Befragten auf. Ein Zehntel der Befragten klagt über wiederkehrende Kopfschmerzen. In der Gruppe derer, die mit ihren Führungskräften zufrieden sind, liegen die hier abgefragten gesundheitlichen Beschwerden insgesamt nur bei einem Viertel der Angaben jener, die sich ungerecht behandelt fühlen…“ Artikel von Ulrike Henning in neues Deutschland vom 30. September 2020 externer Link zum Fehlzeiten-Report 2020. Siehe diesen und mehr zum Thema:

  • [Karenztag als Wahlkampf-Testballon] Allianz-Chef fordert, Lohnzahlung am ersten Krankheitstag zu streichen New
    „Oliver Bäte, Chef des Versicherungskonzerns Allianz, hat vorgeschlagen, die Lohnfortzahlung am ersten Krankheitstag zu streichen. Bäte empfahl die Maßnahme aufgrund des hohen Krankenstands in Deutschland. „Ich schlage vor, den Karenztag wieder einzuführen. Damit würden die Arbeitnehmer die Kosten für den ersten Krankheitstag selbst tragen“, sagte der Vorstandschef im Interview mit dem Handelsblatt. (…) Der Allianz-CEO sprach sich zudem dafür aus, Gesundheitsleistungen zu kürzen. „Wir müssen darüber sprechen, was wir uns in einer alternden Gesellschaft noch leisten können.“ Allein die gesetzlichen Krankenkassen hätten im vergangenen Jahr 289 Milliarden Euro ausgegeben, die Beiträge stiegen Jahr für Jahr weiter. „Gleichzeitig steht Deutschland bei der Zahl der Arztbesuche auf Platz 7. Das ist doch irre“, sagte Bäte. Für die Wiedereinführung von Karenztagen wie in anderen Ländern hatte sich kürzlich auch Monika Schnitzer, Chefin der Wirtschaftsweisen, ausgesprochen. Bäte nannte als Beispiele Schweden, Spanien und Griechenland. In Deutschland war der sogenannte Karenztag in den Siebzigerjahren abgeschafft worden. (… ) Hans-Jürgen Urban, Vorstandsmitglied der IG Metall, bezeichnete es als „unverschämt und fatal“, den Beschäftigten Krankmacherei zu unterstellen. Die deutsche Wirtschaft gesunde nicht mit kranken Beschäftigten, sondern mit besseren Arbeitsbedingungen…“ Meldung vom 6. Januar 2025 in der Zeit online externer Link, siehe dazu noch:

    • DGB: Finger weg von der Lohnfortzahlung im Krankheitsfall!
      Zum Vorschlag des Allianz-Chefs, ein Statement von Anja Piel, DGB-Vorstandsmitglied: „Finger weg von der Lohnfortzahlung im Krankheitsfall! Niemand braucht aktuell Vorschläge, die noch mehr Beschäftigte dazu bringen, krank zu arbeiten. Das Bild zu Krankschreibungen zeigt keinen Handlungsbedarf. Nach OECD-Zahlen gibt es keinen dramatischen Anstieg der Fehlzeiten in Deutschland, weder im Vergleich mit anderen EU-Staaten, noch im Zeitverlauf (…) Die Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall ist ein soziales Schutzrecht, das ab dem ersten Krankheitstag gilt. Nur so ist gewährleistet, dass kranke und erholungsbedürftige Beschäftigte tatsächlich gesund werden können. Diese Absicherung ist ein hohes Gut angesichts des Umstands, dass immer mehr Menschen trotz Krankheit arbeiten. „Präsentismus“, also krank bei der Arbeit zu erscheinen, ist branchenübergreifend weit verbreitet. Schon vor Corona gaben etwa 70 Prozent der Beschäftigten an, mindestens einmal im Jahr krank zur Arbeit erschienen zu sein und im Durchschnitt fast neun Arbeitstage pro Jahr trotz Erkrankung gearbeitet zu haben (…) Präsentismus schadet aber nicht nur der eigenen Gesundheit sondern führt auch zur Ansteckung von Kolleg*innen. Deshalb ist Präsentismus auch wirtschaftlich besonders schädlich: die Folgekosten sind etwa doppelt so hoch wie die Kosten krankheitsbedingter Fehlzeiten (…) Dieser Vorschlag aus der Wirtschaft ist zutiefst ungerecht: Finanzielle Auswirkungen einer alternden Gesellschaft gehören keinesfalls alleine auf den Rücken der Beschäftigten, um im Umkehrschluss Arbeitgeber zu entlasten, Boni für Vorstände zu sichern und Dividenden der Shareholder zu steigern. Ein leistungsfähiger und solidarischer Sozialstaat ist Garant für gesellschaftlichen Frieden und Demokratie im Land.“ DGB-Pressemitteilung vom 6. Januar 2025 externer Link
    • Krank zur Arbeit? Streit um Krankenstand
      Gehen Beschäftigte in Deutschland oft krank zur Arbeit oder macht der eine oder andere einfach mal blau? Der Allianz-Chef stößt mit einem brisanten Vorschlag zu den Fehltagen auf Widerspruch…“ dpa-Meldung am 07. Januar 2025 bei Ihre Vorsorge externer Link
    • [Debatte über Karenztag] Darum hat Deutschland so einen hohen Krankenstand
      Ein erstaunlich informativer Beitrag am 07.01.2025 bei web.de externer Link

Siehe den Fehlzeiten-Report 2020 externer Link: Erlebte Gerechtigkeit am Arbeitsplatz beeinflusst die Gesundheit der Beschäftigten

Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=178923
nach oben