Folgen von COVID-19 und Long-COVID auf den Krankenstand (und das Leben) der Lohnabhängigen
Dossier
„Die Coronapandemie bestimmt seit mehr als zwei Jahren Gesellschaft, Alltag und unser Gesundheitssystem. Immer mehr rückt ein weiteres medizinisches Phänomen in den Fokus: Long-COVID, also die längerfristigen Folgen einer Corona-Erkrankung. In einem Sonderkapitel des TK-Gesundheitsreports 2022 wurden dazu die Daten ausgewertet. Von den TK-versicherten Erwerbstätigen, die im Jahr 2020 eine COVID-19-Diagnose mit Virusnachweis (PCR-Test) erhalten haben, war im Jahr 2021 knapp ein Prozent mit der Diagnose Long-COVID krankgeschrieben. Damit sorgt Long-COVID insgesamt betrachtet bei den Erwerbstätigen bisher zwar nur für einen relativ geringen Anteil am Gesamtkrankenstand – die Betroffenen sind jedoch vergleichsweise lange Zeit krankgeschrieben, im Durchschnitt 105 Tage. Zum Vergleich: Im Schnitt war jede TK-versicherte Erwerbsperson im letzten Jahr 14,6 Tage arbeitsunfähig gemeldet…“ Aus der TK-Meldung vom 6.7.2022
zum TK-Gesundheitsreport 2022 – siehe diesen und dazu:
- Neoliberalisierung des Gesundheitswesens: Corona durch Willenskraft besiegbar? Long Covid nur noch ein psychosomatisches Todesrisiko?
„Esoteriker*innen aller Couleur können aufatmen: Corona ist die erste Krankheit, die nur durch Willenskraft besiegt wurde! Durch Autosuggestion ist es uns gelungen, eine Krankheit auszulöschen. Natürlich nicht medizinisch – die Krankheit wütet weiter, unter den Alten, Kranken, Immungeschwächten; mit jeder Infektion steigt die Chance, an Long Covid zu erkranken. Aber gesellschaftlich haben wir uns davon überzeugt, dass die Krankheit nicht mehr existiert. Der Krankenstand wird von der Politik als »Faulheitsproblem« behandelt; Krankmeldungen sollen sanktioniert werden, während das Gesundheitssystem in Trümmern liegt. Wird überhaupt über Covid gesprochen, dann über die »Aufarbeitung« der Lockdowns – als handele es sich um die Nazi-Zeit. Der Autor Paul Schuberth spricht schon von »Pandemierevisionismus«. (…) Krankheit wird neoliberalisiert: Jeder ist selbst verantwortlich, Gesundheit als kollektive Aufgabe ist ausgelöscht. Krankenversicherungen unterstützen das, indem sie Fitness-Apps fördern – Corona-Impfungen soll man aber selbst zahlen. Wer krank wird, hat einfach nicht genug Sport gemacht. (…) Eine »Aufarbeitung« braucht die Lockdown-Zeit insofern, als sich hier wohl der Hass der Oligarch*innenklasse auf kollektiven Gesundheitsschutz formiert hat. Viele von ihnen waren erstmals mit staatlichen Maßnahmen konfrontiert, mussten ihr Verhalten ändern, konnten sich nicht rauskaufen. Ihre Lehre daraus: Nie wieder soll das Gemeinwohl den Profit schmälern können. Nicht zuletzt wegen Covid zerschlagen sie jetzt alle Einrichtungen, die dem noch entgegenstehen.“ (sehr schöner) Kommentar von Leo Fischer vom 14.02.2025 in ND online(„Long Covid nur noch ein psychosomatisches Todesrisiko?“)
- Die Zahl der Long-Covid-Fälle steigt – ein Problem, das die Unternehmen nicht durch Jagd auf Kranke lösen können und die Gesellschaft nicht durch Leugnung
- Zahl der Long-Covid-Fälle steigt
„Das Risiko, an Long Covid zu erkranken, bleibt bestehen. Die Zahl der Betroffenen nimmt laut Gesundheitsminister Lauterbach zu. Aussicht auf Heilung gebe es kaum.
Auch nach dem Ende der Coronapandemie erkranken nach Angaben von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach weiterhin Menschen an Long Covid. „Die Zahl der Betroffenen mit Long Covid wächst“, sagte der SPD-Politiker bei einem Treffen mit Vertretern aus Wissenschaft und Gesundheitswesen sowie Betroffenen in Berlin. „Millionen Menschen werden sich diesen Winter wieder mit Covid infizieren“, sagte Lauterbach. Ein Teil davon werde auch ME/CFS beziehungsweise Long Covid entwickeln. Für Geimpfte und Menschen, die bereits eine Infektion durchgemacht haben, sei das Risiko niedriger, bestehe aber weiterhin. Aussicht auf Heilung gibt es Lauterbach zufolge bislang kaum. Zudem ist die Versorgung von betroffenen Patientinnen und Patienten nach Angaben der Charité-Professorin Carmen Scheibenbogen nach wie vor ungenügend. Die Ärztin leitet die Immundefekt-Ambulanz der Berliner Universitätsmedizin. ..“ Agenturmeldung vom 17. September 2024 in der Zeit online - Ups, jetzt habe ich das böse Wort gesagt
„Führungskräfte reden nicht gern darüber, aber heute muss es sein. Denn viele Arbeitskräfte leiden mittlerweile unter Long Covid oder ME/CFS. Für Unternehmen wird der hohe Krankenstand zum Problem. Zeit zu handeln. (…)
Die Pandemie ist keineswegs zu Ende; aktuell steuern wir – fast unbemerkt von der Öffentlichkeit – mal wieder auf den Höhepunkt einer Welle zu. Covid ist nicht nur ein Schnupfen. Es kann Gefäße, Organe und Gehirn schädigen und die Anfälligkeit für andere Erkrankungen stark erhöhen. Bei jeder einzelnen Infektion liegt das Risiko, Long Covid zu entwickeln, irgendwo zwischen 5 und 15 Prozent. Und je häufiger wir infiziert waren, desto größer wird dieses Risiko. Klingt beängstigend, oder? Nur: Angst bringt uns bei diesem Thema nicht weiter. Denn sie löst im Gehirn Abwehrreflexe aus. Wir wollen dann nichts mehr von dem Angstmacher hören. Wir verdrängen, verschweigen und belächeln das Problem. Und das trifft nicht nur Alte und Vorerkrankte. Sondern auch Menschen im Berufsleben. Ihre Lohnbuchhalterin. Ihren Datenschutzexperten. Und Ihre Vorstandskollegin.Was das alles mit strategischem Management zu tun hat? Nun, Risiken zu erkennen und zu begrenzen ist ein zutiefst strategischer Ansatz. Und angesichts des sich verschärfenden Fachkräftemangels ist es für viele Unternehmen eine Katastrophe, wenn ein immer größerer Teil ihrer Belegschaft wegen einer nicht behandelbaren Erkrankung dauerhaft ausfällt. (…)Falls Sie jetzt noch tiefer in die Thematik einsteigen wollen, empfehle ich Ihnen das Buch der Ärztin und Long-Covid-Betroffenen Natalie Grams: „Entschuldigen Sie bitte, dass ich störe, aber wir müssen über Long Covid und ME/CFS sprechen“ . Sie hat es mit größter Anstrengung geschafft, über ihre Erfahrungen zu schreiben, und dabei ihren Humor nicht verloren. Auch weil ihr Arbeitgeber sie immer unterstützt hat…“ Newsletter von Britta Domke vom 18.09.2024 im manager magazin– nur als ein Beispiel der unternehmerischen Debatte
- Zahl der Long-Covid-Fälle steigt
- Long Covid – Anerkennung von Covid-19 als Berufskrankheit
„Eine Infektion mit Corona am Arbeitsplatz kann Sie als Arbeitnehmer belasten und über Jahre krank machen. Anhaltende Erschöpfung, Atembeschwerden und Konzentrationsstörungen. Diagnose: Long Covid. Wenn Sie sich dann an den Arbeitgeber wenden, werden Ihre Beschwerden nicht ernst genommen. Die Unfallversicherung hilft Ihnen. Das Wichtigste in Kürze:
– Wenn Sie an Ihrem Arbeitsplatz mit Corona infiziert wurden und erkrankt sind, können Sie dies als Arbeitsunfall anerkennen lassen.
– So können Sie Leistungen von Ihrer Unfallversicherung erhalten.
– Ist Ihre Long-Covid-Erkrankung schwerer, können Sie eine Geldrente beanspruchen.
Wann gilt Corona als Berufskrankheit? Besonders wenn Sie in der Gesundheits- oder Wohlfahrtspflege tätig sind, sind Sie einer hohen Infektionsgefahr ausgesetzt. Ihre nachweislich im beruflichen Zusammenhang stehende Infektion mit dem Corona-Virus wird von der Berufsgenossenschaft als Berufskrankheit anerkannt. Dies gilt auch für mögliche Langzeitfolgen und auch, wenn Symptome erst zu einem späteren Zeitpunkt auftreten (Long-Covid/Post-Covid)...“ Beitrag von Rechtsanwalt Aaron Albrecht vom 15.08.2024 bei anwalt.de - Post Covid, Long Covid oder CFS: Covid-19-Spätfolgen sorgen für lange Ausfallzeiten
„Im vergangenen Jahr wurden deutlich weniger Menschen wegen Post Covid, Long Covid oder wegen eines chronischen Erschöpfungssyndroms (CFS) krankgeschrieben als 2021 und 2022. Die Betroffenen waren jedoch auch 2023 lange arbeitsunfähig. Im Fall von Long Covid dauerte die Krankschreibung einschließlich Infektionszeit knapp 65 Tage. Das geht aus neuen Krankenstandsdaten hervor, die das Wissenschaftliche Institut der AOK (WIdO) heute veröffentlichte. Danach lag 2023 der allgemeine Krankenstand mit 6,6 Prozent zwar leicht unter dem „historischen Höchststand“ von 2022 (6,7 Prozent), aber erneut deutlich über den Durchschnittswerten der vergangenen Jahre. (…) Etwa zehn Prozent der Menschen mit Spätfolgen seien mehrfach arbeitsunfähig geschrieben worden, so das WIdO. Statistisch betrug die Dauer der Arbeitsunfähigkeit bei Long-Covid-Erkrankungen 36,6 Tage – 64,4 Tage unter Einbeziehung der akuten Infektion zuvor. Bei Post-Covid-Erkrankungen waren es 31,7 Tage je Fall, bei CFS 29,9 Tage. „Dies sind im Vergleich zu anderen Erkrankungen sehr lange berufliche Ausfallzeiten“, sagte WIdO-Geschäftsführer Helmut Schröder. „Offenbar ist es in vielen Fällen eine Herausforderung, den Betroffenen wieder den Weg in den betrieblichen Alltag zu ebnen.“ Sowohl akute Covid-19-Infektionen als auch die Spätfolgen wurden am häufigsten bei Beschäftigten in Sozial- und Gesundheitsberufen diagnostiziert. Entsprechend dem hohen Frauenanteil in diesen Berufen waren Frauen von beruflichen Fehlzeiten überdurchschnittlich oft betroffen. Laut Schröder wird die Analyse der Covid-19-Langzeitfolgen allerdings generell erschwert „durch die Verteilung des Krankheitsgeschehens auf diverse Abrechnungsdiagnosen, unterschiedliche Dokumentationsgewohnheiten bei den Leistungserbringern und die Vielzahl unterschiedlicher Folgeerkrankungen von akuten Covid-Infektionen“. Deshalb sei die tatsächliche Anzahl der Betroffenen „möglicherweise höher, als es die vorliegenden Zahlen vermuten lassen“.“ AOK-Update vom 28. Februar 2024 - Long Covid in Deutschland auf der Basis von Arbeitsunfähigkeiten: Die Zahl der Betroffenen ist überschaubar, die aber haben lange Ausfallzeiten
„Erst vor kurzem wurde hier am 28. August 2022 über neue Zahlen Long Covid betreffend aus den USA berichtet, die darauf hindeuten, dass das bisher geschätzte Ausmaß wohl größer zu sein scheint: Das „Schattenmonster“ Long Covid bekommt Umrisse. Und die sind in den USA ziemlich groß. Nun kann man dazu anmerken, dass es sich zum einen um Zahlen die USA betreffend handelt, zum anderen aber auch die neuen Schätzungen auf Hochrechnungen basieren, die aus Haushaltsbefragungen resultieren. Wie ist die Situation in Deutschland? Dazu hat sich nun das Wissenschaftliche Institut der AOK (WIdO) zu Wort gemeldet: Krankschreibungen aufgrund von Long-COVID oder Post-COVID: Wenige Betroffene, aber lange krankheitsbedingte Ausfallzeiten
, so ist deren Bericht überschrieben. Danach zeigen den Daten der Krankenkasse, dass seit Pandemiebeginn mehr als jeder Fünfte durchgängig erwerbstätige AOK-Versicherte im Zusammenhang mit einer akuten COVID-19-Erkankung ausgefallen ist. In der Folge waren 3,8 Prozent dieser Personen aufgrund einer Long-COVID- oder Post-COVID-Symptomatik arbeitsunfähig. Das entspricht etwa 0,9 Prozent aller erwerbstätigen AOK-Versicherten. Und wie lange fallen die Erwerbstätigen aus? »Während eine akute COVID-19-Infektion mit durchschnittlich 9,5 krankheitsbedingten beruflichen Ausfalltagen verbunden war, sind es bei Beschäftigten mit einer anschließenden Long-COVID- oder Post-COVID-Symptomatik fast sieben Wochen.« (…)
Nach der Analyse des WIdO waren in Berufen der Gesundheits- und Krankenpflege sowie in Berufen der Kinderbetreuung und Kindererziehung die meisten Beschäftigten von Long-COVID- oder Post-COVID betroffen. (…)
Die WIdO-Analyse berücksichtigt nur Personen, bei denen vor einer dokumentierten Long-COVID- oder Post-COVID-Symptomatik eine AU-Meldung im Zusammenhang mit einer akuten COVID-19-Infektion in der ärztlichen Vorgeschichte dokumentiert war. Dieser methodische Hinweis ist durchaus von Bedeutung: »Bei 29 Prozent aller von Long-COVID oder Post-COVID betroffenen Beschäftigten wurde jedoch eine entsprechende Arbeitsunfähigkeitsmeldung dokumentiert, ohne dass zuvor eine Krankmeldung im Zusammenhang mit einer akuten COVID-19-Infektion verzeichnet worden war. Dies war bei knapp 28.000 Personen der Fall. In dieser Beschäftigtengruppe war die Dauer pro AU-Fall zudem deutlich geringer als bei denjenigen mit dokumentierter akuter COVID-19-Infektion in der Vorgeschichte. Erklärungen für diese „Lücke“ könnten falsch-negative Testergebnisse, symptomfreie bzw. nicht-detektierte Akut-Erkrankungen, Akut-Erkrankungszeiten bis zu drei Tagen Arbeitsunfähigkeit, unterschiedliche Dokumentationsgewohnheiten bei Leistungserbringern sowie das uneinheitliche, verhältnismäßig weit und eher unscharf definierte Erkrankungsbild von Long-COVID und Post-COVID sein.« (…)
»Die Literaturangaben variieren zwischen fünf und 40 Prozent aller Infizierten. Ich schätze, dass zehn bis 15 Prozent signifikante Long-Covid-Symptome entwickeln – egal, wie mild die akute Infektion verläuft. Wir reden hier, konservativ gerechnet, von zwei Millionen Patienten. Jede Corona-Welle zieht neue Fälle nach sich. Es trifft oft jüngere, vorher aktive Menschen. Diese Menschen werden buchstäblich aus ihrem Leben, ihrem Job gerissen. Das sind Mütter, Richterinnen, Polizisten. Die haben Geld verdient, Steuern und Sozialbeiträge gezahlt. Wir brauchen diese Menschen auf dem Arbeitsmarkt und nicht auf dem Krankenbett.«…“ Beitrag vom 16. September 2022 von und bei Stefan Sell - Wenn Arbeiten unmöglich wird: Mit Long Covid in den finanziellen Ruin
„Zehn Prozent aller Corona-Infizierten leiden an Long Covid, schätzt das Robert Koch-Institut. Betroffene, die deshalb nicht mehr arbeiten können, fühlen sich vom Sozialsystem alleingelassen. Konzentrieren kann Cornelia Eichhorn sich 45 Minuten lang. „Danach setzen körperliche Symptome ein“, sagt sie. Schmerzen und Schwindel plagen sie jeden Tag. Ihre Lunge nimmt noch immer zu wenig Sauerstoff auf, dadurch hat sie Herzprobleme. Im November 2020 infizierte sich Cornelia Eichhorn mit Corona – bei ihrer Mutter, nachdem die sich im Krankenhaus angesteckt hatte. Seitdem ruht Eichhorns Arbeitsverhältnis, sie ist krank. (…) Am 9. Mai ist ihr Krankengeld ausgelaufen. Seitdem befindet sie sich in der sogenannten „Aussteuerung“, erklärt sie. „Ich befinde mich eigentlich gerade so ein bisschen im Niemandsland unseres Sozialsystems, weil keiner gerade so richtig zuständig ist für mich.“ Sie hat einen Antrag auf Erwerbsminderungsrente gestellt. Eine Rente auf Zeit, für zwei, drei oder fünf Jahre, das würde schon helfen. (…) Doch die Anerkennung ist nicht nur bürokratisch und kompliziert – besonders für jemanden, der unter den Post-Covid-Symptomen leidet. Sie gehe auch viel zu schleppend voran, beobachtet der Sozialverband VdK. „Im Moment ist es so, dass die Renten- und Unfallversicherung oft sehr rigide sind und die Anerkennung von Long-Covid-Erkrankungen noch nicht so umfassend funktioniert, wie das für unsere Mitglieder und viele andere Menschen in Deutschland gut wäre“, sagt VdK-Präsidentin Verena Bentele. Die Anerkennungsquote bei den Berufskrankheiten sei mit 80 Prozent schon recht hoch, so der VdK. Aber nur 25 Prozent der Anträge würden dauerhaft anerkannt. Bei den Arbeitsunfällen, wo rechtsfest nachgewiesen werden muss, dass man sich am Arbeitsplatz angesteckt hat, sind es nur 30 Prozent. (…) Die Zahlen dieser Anträge sind erschreckend hoch. 2019, vor der Corona-Pandemie, gingen gut 80.000 Verdachtsanzeigen auf eine Berufskrankheit bei der Gesetzlichen Unfallversicherung ein. 2021 waren es mehr als 220.000 – davon betraf der Großteil mit gut 150.000 Anträgen Covid-19. Die Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung äußert sich dazu auf Anfrage von tagesschau.de nicht. Die Deutsche Rentenversicherung Bund erklärt schriftlich: „Anträge auf Erwerbsminderungsrente werden erst gestellt, wenn über einen längeren Zeitraum keine Besserung der körperlichen Einschränkungen zu erkennen ist und eine gesicherte medizinische Prognose der zukünftigen Leistungsfähigkeit erstellt werden kann. Zudem wird nach dem Leitsatz ‚Reha vor Rente‘ versucht, durch geeignete Rehabilitationsleistungen eine Erwerbsminderung abzuwenden.“ (…) Cornelia Eichhorn war schon zweimal zur Reha. Arbeiten kann sie trotzdem nicht. Im Moment hofft sie wie viele andere Betroffene weiter auf die Erwerbsminderungsrente…“ Beitrag von Vera De Wel vom 25. Juli 2022 bei tagesschau.de - Long Covid und die dadurch verursachten Personalausfälle
„Beim Blick auf die derzeitigen Coronazahlen drängt sich schnell eine Frage auf: Was ist eigentlich aus der sommerlichen Entspannung geworden, die es 2020 und 2021 noch gegeben hatte? In diesem Jahr ist plötzlich von einer „Sommerwelle“ die Rede und wer sich mal im Familien- und Freundeskreis umhört, stößt vermutlich ganz schnell auf den ein oder anderen Fall«, so dieser Bericht. Und man muss anfügen: Dass derzeit zahlreiche Firmen mit erheblichen coronabedingten Ausfällen an Personal konfrontiert sind, sollte sich herumgesprochen haben. (…) Aber es sind nicht nur die Ausfälle durch Corona-Fälle, die sich derzeit häufen und dann auch noch in die Urlaubszeit fallen, wo die Belegschaften sowieso schon ausgedünnt sind. Sondern man muss auch zur Kenntnis nehmen, dass die glücklicherweise in der Mehrzahl auf ein bis zwei Wochen begrenzten coronabedingten Abwesenheiten bei einer auf den ersten Blick kleinen, aber eben nicht unbedeutenden Gruppe an Menschen ergänzt werden durch teilweise sehr lange Ausfallzeiten bei denjenigen, bei denen sich Long Covid herausgebildet hat (…) Der Gesundheitsreport der Techniker Krankenkasse (TK) zeigt, dass von den Erwerbstätigen, die bei der TK versichert sind und sich 2020 mit Corona infiziert haben, im Jahr 2021 knapp ein Prozent mit der Diagnose Long Covid krankgeschrieben war. Insgesamt ist damit nach den vorliegenden Zahlen nur eine geringe Anzahl von Menschen an Long Covid erkrankt – diese fallen dafür aber lange bei der Arbeit aus. Im Durchschnitt sind die Betroffenen 105 Tage krankgeschrieben.« (…) „Die Zahl der Long-COVID-Betroffenen erscheint mit knapp einem Prozent relativ gering. Aber das sind nur die Patientinnen und Patienten, die auch mit dieser konkreten Diagnose krankgeschrieben worden sind – wir gehen zusätzlich von einer hohen Dunkelziffer aus“, wird Jens Baas, der Vorstandsvorsitzender der Techniker Krankenkasse, zitiert. Die tatsächliche Zahl könnte laut Baas etwa viermal höher liegen, betroffen könnten demnach rund vier Prozent aller Covid-Infizierten sein – allerdings fehlen auch hier derzeit verlässliche Daten. Das aQua-Institut für angewandte Qualitätsförderung und Forschung im Gesundheitswesen, von dem die Daten für die TK aufbereitet wurden, hat tiefer in die Daten geschaut: »Inklusive der Verdachtsfälle hatten insgesamt 13,1 Prozent (mehr als jede und jeder achte) der TK-versicherten Erwerbstätigen 2020 eine COVID-19-Diagnose. Es zeigt sich, dass bei dieser Gruppe laut Modellrechnung sogar rund 1,6 Prozent aller verursachten Fehlzeiten auf längerfristige Auswirkungen dieser Coronaerkrankung zurückzuführen sind. Das entspricht in etwa 1,3 Millionen Fehltagen.« Aber auch diese Zahlen basieren ausschließlich auf nachgewiesenen Arbeitsunfähigkeiten. Viele Menschen lassen sich mit Long-COVID-Symptomen gar nicht krankschreiben. Hinzu kommt: Für den neuen Gesundheitsreport konnten bisher nur die Fehlzeiten der Betroffenen COVID-Erkrankten aus dem ersten Pandemiejahr ausgewertet werden, die Entwicklung im zweiten Corona-Jahr ist in der bisherigen Auswertung noch nicht enthalten. Bereits Long-Covid-Betroffene mit leichtem Krankheitsverlauf waren 2021 durchschnittlich 90 Tage arbeitsunfähig gemeldet.“ Beitrag von Stefan Sell vom 7. Juli 2022 auf seiner Homepage - Siehe den 62-seitigen TK-Gesundheitsreport 2022 „Zwei Jahre Coronapandemie: Wie geht es Deutschlands Beschäftigten? Teil 2“
Siehe zuletzt [TK-Gesundheitsreport 2021] Ein Jahr Corona: Krankenstand niedrig – psychische Belastung hoch