Klassen unter BerufsanfängerInnen: Bezahlung von Auszubildenden hierzulande extrem unterschiedlich

Dossier

Wer nicht ausbildet wird umgelegtWer Bäckerin oder Friseur werden will, muss mit wenig Geld über die Runden kommen. Auszubildende auf dem Bau, bei einer Bank oder in den Pflegeberufen stehen oft besser da. Eine Auswertung der Ausbildungsvergütungen in 20 Branchen, die das Tarifarchiv des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts (WSI) der gewerkschaftlichen Hans-Böckler-Stiftung am Dienstag vorgelegt hat, ergab eine große Spannbreite. So erhalten laut Mitteilung der Stiftung Auszubildende im thüringischen Friseurhandwerk im ersten Ausbildungsjahr lediglich 325 Euro pro Monat, Auszubildende im westdeutschen Bauhauptgewerbe im vierten Ausbildungsjahr dagegen bis zu 1.580 Euro – also fast das Fünffache. »Die großen Unterschiede haben vor allem etwas mit der unterschiedlichen Verhandlungsposition der Gewerkschaften zu tun«…“ Artikel von Felix Jota in der jungen Welt vom 14.07.2021 externer Link zur Auswertung des WSI-Tarifarchivs. Siehe dazu:

  • Fachkräftemangel macht es möglich: In vielen Tarifbranchen überdurchschnittliche Erhöhungen der Ausbildungsvergütungen zum Ausbildungssart New
    • Tarifvertragliche Ausbildungsvergütungen: Zwischen 710 und 1.650 Euro im Monat – Aufgrund des Fachkräftemangels kommt es in vielen Tarifbranchen zu überdurchschnittlichen Erhöhungen
      „Bei den durch Tarifvertrag festgelegten Ausbildungsvergütungen bestehen je nach Branche, Region und Ausbildungsjahr sehr große Unterschiede. Die Spannbreite reicht von 710 Euro pro Monat im Friseurhandwerk von Nordrhein-Westfalen im ersten Ausbildungsjahr bis zu 1.650 Euro im westdeutschen Bauhauptgewerbe, mit denen Auszubildende im vierten Ausbildungsjahr vergütet werden. Dies zeigt eine aktuelle Studie über 20 ausgewählte Tarifbranchen, die das Tarifarchiv des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts (WSI) der Hans-Böckler-Stiftung zum Beginn des neuen Ausbildungsjahres 2024 vorlegt. (…) „Dass in vielen Tarifbranchen die tarifvertraglichen Ausbildungsvergütungen deutlich stärker als die Löhne ansteigen, lässt sich bereits seit einigen Jahren beobachten“, sagt der Leiter des WSI-Tarifarchivs, Prof. Dr. Thorsten Schulten. „Auch im Ausbildungsjahr 2023/2024 hat sich dieser Trend weiter fortgesetzt. Tarifbranchen, in denen weniger als 1.000 Euro im Monat gezahlt wird, werden angesichts des bestehenden Fachkräftemangels immer weniger.“ (…) Die größten Zuwächse konnten mit jeweils 22,7 Prozent die tarifvertraglichen Ausbildungsvergütungen im ersten Ausbildungsjahr 2023/24 im ostdeutschen Bauhauptgewerbe sowie die baden-württembergische Textilindustrie erzielen. Ebenfalls um mehr als 20 Prozent angehoben wurden die Ausbildungsvergütungen in der ostdeutschen Süßwarenindustrie, dem brandenburgischen Einzelhandel und bei der Deutschen Bahn AG. In zehn Tarifbereichen stiegen die Ausbildungsvergütungen zwischen zehn und 20 Prozent und in weiteren neun Tarifbereichen zwischen fünf und zehn Prozent. In einigen wenigen Tarifbereichen stiegen die Ausbildungsvergütungen weniger als die gesetzliche Mindestausbildungsvergütung, die um 4,7 Prozent angehoben wurde. Hierzu gehören das Private Transport und Verkehrsgewerbe (NRW) mit einer Erhöhung von 4,5 Prozent, die Landwirtschaft (Mecklenburg-Vorpommern) mit 3,9 Prozent, die Metall- und Elektroindustrie (Baden-Württemberg und Sachsen) mit 3,3 Prozent und das Gebäudereinigungshandwerk mit 2,9 Prozent. Darüber hinaus gab es in vier Tarifbranchen seit Beginn des Ausbildungsjahres 2023 noch keine Erhöhung. Dazu zählen z.B. die Süßwarenindustrie von Nordrhein-Westfalen und die westdeutsche Floristik, die sich in laufenden oder bald beginnenden Tarifverhandlungen befinden…“ Pressemitteilung der Hans-Böckler-Stiftung vom 31. Juli 2024 externer Link

    • Tarifliche Ausbildungsvergütungen
      Aktuelle Untersuchung des WSI-Tarifarchivs in der Hans-Böckler-Stiftung: Zwischen 710 und 1.650 Euro im Monat – Aufgrund des Fachkräftemangels kommt es in vielen Tarifbranchen zu überdurchschnittlichen Erhöhungen…“ Meldung vom 31. Juli 2024 der DGB-Jugend externer Link und weitere zum Start unter https://jugend.dgb.de/ausbildung externer Link
    • Siehe auch bei ver.di die FAQ zum Ausbildungssart: Deine Ausbildung – das musst Du wissen externer Link und das Infoportal zur Ausbildung externer Link
  • Tarifvertragliche Ausbildungsvergütungen: Überdurchschnittliche Erhöhungen wegen Fachkräftemangels – Lohnunterschiede bleiben

    • Tarifvertragliche Ausbildungsvergütungen: Zwischen 620 und 1.580 Euro im Monat – Tarifvertragsparteien reagieren mit überdurchschnittlichen Erhöhungen auf Fachkräftemangel
      „Bei den durch Tarifvertrag festgelegten Ausbildungsvergütungen bestehen je nach Branche und Region sehr große Unterschiede. Die Spannbreite reicht von der gesetzlichen Mindestausbildungsvergütung, die im ersten Ausbildungsjahr bei 620 Euro pro Monat liegt und z.B. im Friseurhandwerk oder der ostdeutschen Floristik gezahlt wird, bis zu 1.580 Euro im westdeutschen Bauhauptgewerbe, mit denen Auszubildende im vierten Ausbildungsjahr vergütet werden. Dies zeigt eine aktuelle Auswertung von 20 ausgewählten Tarifbranchen, die das Tarifarchiv des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts (WSI) der Hans-Böckler-Stiftung kurz vor Beginn des neuen Ausbildungsjahres 2023 vorlegt. (…) Den größten Zuwachs konnte das Backhandwerk verzeichnen, wo die Ausbildungsvergütungen ab dem 1. August 2023 im ersten Ausbildungsjahr um 26,5 Prozent angehoben werden. Erhöhungen um 20 Prozent und mehr gab es außerdem im bayerischen Gastgewerbe, der westdeutschen Floristik und der Süßwarenindustrie Nordrhein-Westfalen. Über 10 Prozent stiegen die Ausbildungsvergütungen im sächsischen Gastgewerbe, in der Landwirtschaft (Mecklenburg-Vorpommern) und im Privaten Bankgewerbe. In der Mehrzahl der Branchen wurden die Vergütungen im Laufe des letzten Ausbildungsjahres zwischen 2,0 und 7,5 Prozent angehoben. (…) Die niedrigsten Ausbildungsvergütungen mit Beträgen von unter 800 Euro im Monat finden sich in drei Tarifbranchen: der Landwirtschaft im Bezirk Nordrhein mit 790 Euro, dem nordrhein-westfälischen Friseurhandwerk mit 610 Euro und der ostdeutschen Floristik mit 585 Euro. Die beiden zuletzt genannten Tarifbereiche liegen dabei unterhalb der aktuell gültigen gesetzlichen Mindestausbildungsvergütung von 620 Euro und sind somit unwirksam. In lediglich sieben der vom WSI untersuchten Tarifbranchen existieren bundesweit einheitliche Ausbildungsvergütungen, darunter das Bäckerhandwerk, das Private Bankgewerbe, die Druckindustrie, die Deutsche Bahn AG, das Gebäudereinigungshandwerk, der Öffentliche Dienst und das Versicherungsgewerbe. In 13 Tarifbranchen bestehen hingegen nach wie vor Unterschiede im Niveau der Ausbildungsvergütungen zwischen den west- und den ostdeutschen Tarifgebieten…“ WSI-Pressemitteilung vom 24. Juli 2023 externer Link, siehe auch:
    • Lohnunterschiede in der Ausbildung
      „… Die Unterschiede bei den tariflich festgelegten Ausbildungsvergütungen sind in Deutschland weiter beträchtlich. (…) Die gute Nachricht für viele Auszubildende: Die tarifvertraglichen Ausbildungsvergütungen in einigen Ausbildungsberufen sind in jüngster Zeit überdurchschnittlich stark angehoben worden, wie Thorsten Schulten vom WSI erklärte. Die Tarifvertragsparteien hätten damit auf sinkende Ausbildungszahlen und einen zunehmenden Fachkräftemangel reagiert, dem ohne eine deutliche Verbesserung des Vergütungsniveaus nicht begegnet werden könne. (…) In einigen wenigen Branchen gab es hingegen keine Erhöhungen. Die Ausbildungsvergütungen werden normalerweise im Rahmen der regulären Tarifverhandlungen zusammen mit den Löhnen der Beschäftigten verhandelt, erläuterte das WSI. Damit hängen sie auch mit der Verhandlungsposition der jeweiligen Gewerkschaft zusammen, die von Branche zu Branche und von Region zu Region sehr unterschiedlich ist. Dementsprechend existierten bei der Höhe der Ausbildungsvergütungen deutliche Unterschiede. (…) Mit den Änderungen des Berufsbildungsgesetzes wurde zum 1. Januar 2020 eine Mindestausbildungsvergütung eingeführt. Die Azubis müssen nun mindestens 80 Prozent der branchenüblichen tariflichen Vergütung erhalten, mindestens 620 Euro monatlich. Doch, auch das haben die Zahlen des WSI gezeigt, wird diese Mindestvergütung nicht immer eingehalten: Im nordrhein-westfälischen Friseurhandwerk und der ostdeutschen Floristik müssen Azubis mit deutlich weniger Geld auskommen. Die Unternehmen unterlaufen hier die gesetzlich abgesicherte Untergrenze für Ausbildungsvergütungen. Kristof Becker von der Gewerkschaftsjugend kritisiert dies scharf und fordert eine Erhöhung: »Die Mindestausbildungsvergütung haben wir als Gewerkschaften erkämpft, nun reichen die vor Jahren vereinbarten Vergütungen angesichts der hohen Inflation leider nicht mehr aus. Die Mindestausbildungsvergütung muss deshalb noch vor der nächsten regulären Anpassung dringend um mindestens 130 Euro steigen – branchenübergreifend und bundesweit.«“ Artikel von Christopher Wimmer vom 24. Juli 2023 in Neues Deutschland online externer Link
    • Siehe auch unser Dossier: Keine Verschlechterung für Auszubildende wegen Corona
  • Ausbildungsvergütung: Wer hat wie viel in der Tasche? 
    „… Die Ausbildungsvergütungen richten sich nicht nach dem Ausbildungsberuf, sondern nach dem Wirtschaftsbereich, zu dem der Ausbildungsbetrieb gehört und der Region, in der er liegt. Nur in wenigen Branchen spielen zusätzlich auch die Ausbildungsberufe noch eine Rolle. Der Mindeststandard ist gesetzlich geregelt. Für alle ab 2020 begonnenen Ausbildungsverhältnisse gilt die Mindestausbildungsvergütung, die in den kommenden Jahren stufenweise erhöht wird. 2021 liegt dieser Mindestbetrag bei 550 Euro. Davon profitieren vor allem Auszubildende in Betrieben, die keinen Tarifvertrag haben. Deutlich besser fährst Du jedoch, wenn in Deinem Betrieb ein Tarifvertrag gilt. (…) In unserer Tarifinfo haben wir alle Angaben zu den Löhnen, Gehältern, Entgelten und Ausbildungsvergütungen in unseren Branchen zusammengetragen. Dort findest Du auch Infos zu den aktuellen Ausbildungsvergütungen. (…) Es gibt Bereiche, in denen bisher keine Tarifverträge zustande gekommen sind – vor allem im Handwerk. Wenn ein Arbeitgeber nicht Mitglied im Arbeitgeberverband ist, ist er an die Tarifverträge nicht gebunden. In diesem Fall greifen manchmal so genannte „Allgemeinverbindlichkeitserklärungen“, mit denen das Bundesarbeitsministerium bestimmte Tarifverträge für allgemein verbindlich erklärt. (…) Nur wenn Du Mitglied der IG Metall bist, kannst Du die tariflich vereinbarte Ausbildungsvergütung und andere tarifliche Leistungen im Streitfall auch rechtlich durchsetzen. Tarifverträge gelten nur für Beschäftigte und Azubis, die Mitglied einer Gewerkschaft sind. (…) Meistens gewähren Unternehmen die tariflichen Leistungen auch Azubis oder Beschäftigten, die keiner Gewerkschaft angehören. Warum? Man stelle sich vor, nur Gewerkschaftsmitglieder würden von Tarifverträgen profitieren. Dann würden die Beschäftigten massenhaft in die Gewerkschaften eintreten! Nur: Für Nicht-Mitglieder kann der Arbeitgeber auch von einem Tag auf den anderen die Leistungen kürzen. Gewerkschaftsmitglieder sind dagegen geschützt.“ Info der IG Metall vom 13. August 2021 externer Link
  • Auswertung des WSI-Tarifarchivs vom 13.07.2021 externer Link : Tarifvertragliche Ausbildungsvergütungen: Zwischen 325 und 1.580 Euro im Monat – Pflegekräfte in öffentlichen Einrichtungen an der Spitze – Erhebliche Unterschiede je nach Branche und Region
Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=191824
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